NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Urteil des Amtsgericht Bochum vom 07.12.2016, Az. 67 C 354/16. Keine ausreichende Überwachung sowie kein Verbot einer Tauschbörse gegenüber dem minderjährigen Kind (Verletzung der Aufsichts- und Belehrungspflicht)

08:29 Uhr

 

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Bericht

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Auch das AG Bochum bestätigte die von den Nimrod Rechtsanwälten vertretene Rechtsauffassung und verurteilte einen Rechtsverletzer als Anschlussinhaber für die Rechtsverletzung seines Sohnes. Es nahm für die Anwaltskosten einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR an. Den Schadensersatz bezifferte das Gericht antragsgemäß auf 600,00 EUR.

 

AG Bochum, Urteil vom 07.12.2016, Az. 67 C 354/16

 

(…) Beglaubigte Abschrift

67 C 354/16

Verkündet am 07.12.2016
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der [Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff u. Scheffen GbR, Emser Straße 09, 10719 Berlin,

gegen

[Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: [Name],

hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR freizustellen und an diese 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. DÜG seit dem 12.10.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu % der Klägerin und im Übrigen dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagtenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird gem. §§ 3 – 5 ZPO auf 1.709,00 EUR festgesetzt, wobei das Gericht den Wert des Feststellungsantrags auf etwa 100,00 EUR schätzt.

Tatbestand:

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz anlässlich mehrerer Vorfälle in der Zeit vom 06.07. – 22.07.2013. An diesen Tagen wurde nach den Ermittlungen der Klägerin das Spiel [Name] im Rahmen einer Tauschbörse vom Internetanschluss des Beklagten zum Download angeboten.

Zur Vorfallzeit hatte auch der minderjährige Sohn des Beklagten, der Zeuge [Name] Zugang zum Internetanschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zur IP-Ermittlung, der Rechteinhaberschaft und der Vorstellung zum Wert des Schadens bzw. Aufwendungsersatzanspruch wird auf den Inhalt der Klageschrift nebst Anlagen (Blatt 1 ff. d. A.) sowie Schriftsatz vom 02.11.2016 (Blatt 18 d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit freizustellen sowie den Beklagten zu verurteilen an sie einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der den Betrag von 510,00 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit nicht unterschreiten sollte sowie festzustellen, dass der mit dem vorgenannten geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultiert,

der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er behauptet der minderjährige Sohn des Beklagten habe nicht das vollwertige Spiel in einer Tauschbörse heruntergeladen sondern lediglich eine „Demo-Version“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Beklagten wird auf den Inhalt der Klageerwiderung vom 20.10.2016 (Blatt 13 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist auch nach dem Sachvortrag des Beklagten im Wesentlichen begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zunächst einen Zahlungsanspruch in Höhe von 600,00 EUR aus §§ 832 BGB, 97 I UrhG.

Auch nach dem Sachvortrag des Beklagten steht nämlich fest, dass an den von der Klägerin näher ermittelten Tagen das streitgegenständliche Spiel ob in einer Demo-Version oder in einer Vollversion vom Internetanschluss des Beklagten aus öffentlich angeboten worden ist.

Dabei handelt es sich auch dann um eine Urheberrechtsverletzung, wenn es sich lediglich um die Demo-Version des Spieles gehandelt hat.

Aus den Ermittlungen der Klägerin und den entsprechenden Auskünften folgt aber klar, dass es sich um die Vollversion des Spiels, wenn auch in englischer Sprache, handelt.

Es fehlt nämlich bei den Dateien der Zusatz „Demo-Version“.

Auch nach dem Sachvortrag des Beklagten kann nicht festgestellt werden, dass dieser seinen Sohn vor dem hier fraglichen Zeitpunkt ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass er nicht an „Tauschbörsen“ teilnehmen darf.

Zudem kann auch dem Sachvortrag des Beklagten nicht entnommen werden, dass er seinen Sohn bei der Internetnutzung ausreichend überwachte.

Zu beidem war der Beklagte nämlich im Rahmen seiner elterlichen Aufsichtspflicht verpflichtet. Dieser Aufsichtspflicht ist der Beklagte danach nicht hinreichend nachgekommen, so dass sich der Schadensersatzanspruch aus § 832 BGB in Verbindung mit § 97 I UrhG ergibt.

Wegen der fehlenden Belehrung war der Beklagte auch Störer im Sinne des § 97 UrhG.

Danach schuldet er die Freistellung der Klägerin von Rechtsanwaltskosten nach einem Wert von bis zu 10.000,00 EUR.

Dabei schätzt das Gericht den Wert der Abmahnung inkl. Unterlassung auf ein Vielfaches des Spielpreisen und entsprechend der Rechtsprechung auch des LG Bochums auf etwa 10.000,00 EUR.

Daraus errechnen sich Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR unter Berücksichtigung einer 1,3-fachen Gebühr in Höhe von 631,80 EUR und 20,00 EUR Postauslagen.

Wegen der Freistellung konnte die Klägerin allerdings keine Zinsen geltend machen, denn Zinsen schuldet der Beklagte nur für tatsächlich gezahlte Anwaltskosten. Nach der Darstellung der Klägerin sind die Abmahnkosten allerdings noch nicht gezahlt worden, so dass es an einem schon bestehenden Zinsschaden mangelt.

Auch wegen des Feststellungsantrags ist die Klage unbegründet, denn eine vorsätzliche unerlaubte Handlung kann das Gericht nicht feststellen.

Bei Verletzung der Aufsichts- und Belehrungspflicht handelt es sich lediglich um fahrlässige Taten. Etwas anderes hätte nur dann gegolten, wenn der Beklagte positiv wusste, dass sein Sohn die Tauschbörse nutzt. Dafür fehlt jeglicher Vortrag.

Im Übrigen folgt der Zinsanspruch aus den oben genannten Haftungsvorschriften.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bochum statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bochum,
Viktoriastr. 14,
44787 Bochum,

schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. (…)

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AG Bochum, Urteil vom 07.12.2016, Az. 67 C 354/16

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