Landgericht Bochum: Lizenzgebühr für einen Film gleich 600,00 EUR – Unkenntnis schützt nicht vor Strafe!

15:41 Uhr

Wie die Kanzlei: „s|t|s Schulz · Sozien – Rechtsanwälte | Notare | Fachanwälte“ (Essen) informiert, hat Landgericht Bochum (Urt. v. 18.03.2016, Az. I-5 S 165/15; JurPC Web-Dok. 63/2016; „LG Bochum: Ansprüche wegen Filesharings„) verschiedene Fragen des Filesharings entschieden.

Dabei folgte das Landgericht Bochum nicht der Auffassung des Amtsgerichts Bochum (Urt. v. 03.11.2015, Az. 39 C 285/15; JurPC Web-Dok. 192/2015; „AG Bochum: 270,20 EUR für das Anbieten eines Films in einer Tauschbörse„), dass die fiktive Lizenzgebühr für das Zugänglichmachen eines Films in einer Tauschbörse nur 200,00 EUR beträgt. Das Landgericht Bochum geht vielmehr von einer fiktiven Lizenzgebühr von 600,00 EUR für einen Spielfilm aus.

Landgericht Bochum:
(…) Für die kostenlose und unkontrollierte Weiterverbreitung eines urheberrechtlich geschützten Werkes im Wege des Filesharings in Internettauschbörsen existiert keine marktübliche Lizenz. Gibt es keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr gern. § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung des Tatrichters zu bemessen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14).

Danach legt die Kammer bei ihrer Schätzung zum einen das berechtigte Interesse der Rechteinhaber zugrunde, die sich dem Massenphänomen Filesharing ausgesetzt sehen, zum anderen berücksichtigt die Kammer, dass die in Anspruch Genommenen ein Anliegen an der Vermeidung einer Überkompensation haben. Vorliegend ist auch die Aktualität des Filmes im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung zu berücksichtigen. Angesichts der durchschnittlichen Marktpreise für aktuelle Filme erachtet die Kammer daher einen Betrag von 600,00 EUR als angemessen. (…)

Das Landgericht Bochum ist der Auffassung, dass die fehlende Kenntnis vom automatischen Upload der Dateien, nicht zum Ausschluss von Schadensersatzansprüchen führt. Derjenige, der ein Tauschbörsenprogramm benutzt, handele hinsichtlich der begangenen Urheberrechtsverletzungen zumindest fahrlässig, selbst wenn er keine Kenntnis von der Funktionsweise des Programms hat. Nach Auffassung des Gerichts sind die Internetnutzer verpflichtet, sich vor der Benutzung des Tauschbörsenprogramms über die Funktionsweise des Programms zu informieren (zur gegenteiligen Auffassung: Lorenz VuR 2011, 417).

Landgericht Bochum:
(…) Der Einwand des Beklagten, er verfüge über keine besonderen EDV-Kenntnisse, verfängt schon deshalb nicht, weil seine Kenntnisse offenbar ausreichten, um das entsprechende Internet-Programm herunter zu laden, zu installieren und damit soweit umgehen zu können, dass er Filme finden und herunterladen konnte.

Bei der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte der Beklagte nach Auffassung der Kammer erkennen können, dass neben dem Download auch Uploads erfolgen. Es ist nahezu lebensfremd anzunehmen, dass der Beklagte die Funktionsweise des Programms derart überblickt, dass er Filme findet und sodann herunterlädt, aber dabei nicht erkannt haben will, dass mit dem Herunterladen zugleich auch Dateien angeboten werden. Es hätte sich ihm die Frage aufdrängen müssen, wie es möglich ist, dass ein aktueller Film kostenlos zum Herunterladen bereitgestellt wird. (…)

Den Streitwert für den Unterlassungsanspruch berechnet das LG Bochum nach dem Doppelten des in Betracht kommenden Lizenzschadens. Nach diesem Streitwert sollen sich auch die Abmahnkosten richten.

Landgericht Bochum:
(…) Für die Streitwertbemessung eines Unterlassungsbegehrens, bei dem es um eine Verhinderung der zeitlich begrenzten ungenehmigten Verwendung einzelner Fotos durch privat- oder kleingewerblich tätige Dritte im Internet geht, ist Grundlage der Lizenzschaden, wobei der Lizenzsatz zu verdoppeln ist, weil mit dem Unterlassungsanspruch gleichgerichtete weitere Verletzungen verhindert werden sollen (OLG Hamm, Beschluss vom 13.09.2012, 22 W 58112). Zwar ist diese Konstellation einer Urheberrechtsverletzung nicht deckungsgleich mit dem Bereithalten eines Films zum Download im Internet im Rahmen von Tauschbörsen gleichzusetzen. Jedoch handelt es sich auch hierbei um eine Urheberrechtsverletzung, bei der ein urheberrechtlich geschütztes Werk, hier ein Film, im Internet genutzt wird, und zwar durch Einstellen in eine Internettauschbörse. Das Interesse des Rechteinhabers im Hinblick auf die Unterlassung dieser unberechtigten Verwendung ist daher grundsätzlich gleichgelagert. (…)

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LG Bochum, Urteil vom 18.03.2016, Az. I-5 S 165/15
Vorinstanz:
AG Bochum, Urteil vom 03.11.2015, Az. 39 C 285/15

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