NIMROD Rechtsanwälte: Urteil des Amtsgericht Braunschweig vom 13.05.2016 – Az. 119 C 1480/14 (Prüfpflichten des vertraglichen Anschlussinhabers)

00:16 Uhr

Das Amtsgericht Braunschweig bestätigt die Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte.

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NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff & Scheffen Rechtsanwälte GbR

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Bericht

Autor:
Oliver Kadler

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Beklagt waren ein Onkel und sein minderjähriger Neffe. Das Gericht stellte zunächst fest, dass das Bestreiten mit Nichtwissen bezüglich des Uploadvorganges nicht zulässig und insoweit unbeachtlich sei. Dem Beklagten zu 1.), dem Onkel, oblag insofern eine Informationspflicht der er nicht angemessen nachgekommen ist. Er hätte eigene Recherchen anstellen müssen, die neben der Befragung der weiteren Anschlussnutzer, unter anderem des Beklagten zu 2.), auch die Durchsuchung der Computer die über diesen Anschluss Zugang ins Internet haben, beinhalte.

Das AG Braunschweig vertritt ferner die Auffassung, dass aufgrund der Mehrfacherfassungen eine Fehlzuordnung des Anschlusses ausgeschlossen ist. Das Gericht schließt sich damit dem Vortrag der Klägerin an.

Der Beklagte zu 1.) ist als Störer der Urheberrechtsverletzung verurteilt worden. Das Gericht kam zu der Überzeugung, dass der Beklagte zu 1.) seiner ihm obliegenden Prüf- und Belehrungspflichten als Anschlussinhaber nicht nachgekommen ist.

Hinsichtlich des Beklagten zu 2.) stellt das Gericht – ebenfalls der Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte folgend – fest, dass ein 13, bzw. 14 jähriger normal entwickelter Junge die notwendige Verstandesreife und Einsichtsfähigkeit besitzt, die Gefährlichkeit von Internettauschbörsen zu erkennen. Das Gericht stützt sich bei dieser Argumentation auf ein Urteil des LG Bielefeld (4 O 211/14), welches mittlerweile vom OLG Hamm bestätigt wurde und ebenfalls von den NIMROD Rechtsanwälte erstritten wurde.

Den Lizenzschaden in Höhe von 510,00 EUR beurteilt das Amtsgericht als angemessen.

Amtsgericht Braunschweig, Urteil vom 13.05.2016, Az. 119 C 1480/14

 

(…) Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

[Name]
Klägerin

Prozessbevollmächtigte:
NIMROD Rechtsanwälte – Bockslaff & Scheffen, Emser Straße 9, 10719 Berlin

gegen

[Name]
[Name]
Beklagte

Prozessbevollmächtigte zu 1: [Name]
Prozessbevollmächtigte zu 2: [Name]

hat das Amtsgericht Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 22.04.2016 durch die Richterin am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

1. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, die Klägerin von Abmahnkosten in Höhe von 167,32 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 12.05.2015 freizustellen.

2. Der Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 510,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 12.05.2015 zu zahlen.

3. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Klägerin von Abmahnkosten in Höhe von 492,54 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 09.04.2014 freizustellen.

4. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 2) zu 1/3. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1) zu 1/4.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten zu 2) wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, es sei denn die Klägerin leistet zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

7. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 4.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Freistellung von Abmahnkosten sowie Zahlung von Schadensersatz nach Urheberrechtsverletzung.

Die Beklagten zu 1) und 2) sind Onkel und Neffe. Beide sind gelegentlich in der Wohnung der Mutter des Beklagten zu 1) in der [Anschrift] aufhältig. Der Beklagte zu 2) nutzt bei solchen Gelegenheiten manchmal einen im Wohnzimmer stehenden Computer.

Mit Abmahnschreiben vom 10.04.2012, 31.05.2013 und 06.08.2013 mahnte die Klägerin den Beklagten zu 1) wegen unberechtigten Hochladens des Computerspiels [Name] (Tatzeiten am 08.03.2012, 22:22:53 Uhr, 09.03.2012, 16:09:43 Uhr, 17.06.2012, 16:01:16 Uhr) ab und forderte ihn vergeblich zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung / Anerkenntnis von Schadensersatz / Freistellung von Abmahnkosten ab. Mit Abmahnschreiben vom 05.05.2015 mahnte die Klägerin den Beklagten zu 2) wegen unberechtigten Hochladens des genannten Computerspiels am 08.03.2012, 22:22:53 Uhr, ab und forderte ihn ebenfalls vergeblich zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und Zahlung / Anerkenntnis von Schadensersatz / Freistellung von Abmahnkosten unter Fristsetzung zum 11.05.2015 auf. Die Demoversion des Spiels ist seit dem 02.05.2012 auf dem Markt.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) sei Inhaber des Internetanschlusses in der Wohnung [Anschrift]. Von diesem Anschluss aus sei das Computerspiel [Name] für welches sie die ausschließlichen Nutzungs- und Vertriebsrechte innehabe, am 08.03.2012, 09.03.2012 und 17.06.2012 unberechtigt hochgeladen worden. Der Urheberverstoß sei von dem Beklagten zu 2) begangen worden. Die Klägerin meint, den Beklagten zu 1) treffe als Anschlussinhaber die Störerhaftung. Zu den Einzelheiten des Vortrags wird auf die Schriftsätze der Klägerin nebst Anlagen vom 27.05.2014 (Blatt 7-62 der Akte) und 08.06.2015 (Blatt 170-175 der Akte) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, sie von Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 09.04.2014 freizustellen;

2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an sie angemessenen Schadensersatz in Höhe von mindestens 510,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 09.04.2014 zu zahlen;

3. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, sie von Anwaltskosten in Höhe von 1.407,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 12.05.2015 freizustellen;

4. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an sie angemessenen Schadensersatz in Höhe von mindestens 510,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 12.05.2015 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) behauptet, seine Mutter sei vermutlich die tatsächliche, jedenfalls aber die faktische Anschlussinhaberin; er selbst nutze den Anschluss (unstreitig) gar nicht. Er meint, eine Störerhaltung könne ihn von daher nicht treffen. Der Beklagte zu 2) habe auch die ausdrückliche Anweisung erhalten, den Anschluss nicht für Onlinespiele, Down- oder Uploads zu nutzen. Im Übrigen bestreitet der Beklagte zu 1) mit Nichtwissen, dass das Computerspiel hochgeladen wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen vom 04.07.2014 (Blatt 68-74), 21.08.2014 (Blatt 82-85) und 21.10.2014 (Blatt 104-106 der Akte) verwiesen.

Der Beklagte zu 2) bestreitet, die Urheberrechtsverstöße begangen zu haben. Er habe seinem Onkel auf Nachfrage auch nichts von einer Demoversion des Spiels gesagt. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Schriftsatz vom 24.02.2016 (Blatt 197-201 der Akte) verwiesen.

Die Klage richtete sich zunächst nur gegen den Beklagten zu 1). Nach der Anhörung des Beklagten zu 1) im Termin vom 24.04.2015 erweiterte die Klägerin ihre Klage gegen den Beklagten zu 2), wobei sie den Vorwurf täterschaftlichen Handelns gegenüber dem Beklagten zu 1) ausdrücklich fallen ließ. Hinsichtlich der Einzelheiten des Termins vom 24.04.2015 wird auf das Sitzungsprotokoll (Blatt 149-151 der Akte) verwiesen; hinsichtlich der weiter erfolgten Anhörung des Beklagten zu 2) wird auf das Sitzungsprotokoll vom 2204.2016 (Blatt 217-221 der Akte) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist da das Amtsgericht Braunschweig gemäß § 105 UrhG in Verbindung  mit § 6 Abs. 2 Nr. 1 ZustVO-Justiz zuständig.

Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet.

A.

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) ein Anspruch auf Freistellung von Abmahnkosten in Höhe von 167,32 EUR aus § 97 a Abs. 3 UrhG n.F. zu.

Die Klägerin hat den Beklagten zu 2) mit Schreiben vom 05.05.2015 berechtigt abgemahnt. Der Beklagte zu 2) hat die Klägerin in ihren Urheberrechten verletzt, so dass sie einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG hat.

1.

Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Sie hat ihre Rechteinhaberschaft an dem Computerspiel [Name] detailliert durch Vorlage von Fotokopien der Spielhülle mit C-Vermerk sowie entsprechender Verträge belegt und kann sich auf die Vermutung des § 10 UrhG berufen.

2.

Das genannte Spiel wurde am 08.03.2012 um 22:22:53 Uhr, am 09.03.2012 um 16:09:43 und am 17.06.2012 um 16:01:16 Uhr von dem in der [Anschrift] bestehenden Internetanschluss aus durch den Beklagten zu 2) illegal zum Download angeboten. Dies steht nach den Recherchen der Klägerin über die Firma [Name] in Verbindung mit der Anhörung beider Beklagter in den Terminen vom 24.04.2015 und 22.04.2016 fest.

a)

Nach den detailliert vorgetragenen Recherchen der Peer to Peer Überwachungsfirma [Name] wurde die über ihren Hashwert genau identifizierbare Datei des Spiels von dem Anschluss in der [Anschrift] zu den einzelnen Tatzeitpunkten jeweils vollständig hochgeladen. Soweit der Vorgang des Hochladens vom Beklagten zu 1) mit Nichtwissen bestritten wurde, ist das Bestreiten unbeachtlich. Gemäß § 138 Abs. 4 ZPO ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über Tatsachen zulässig, die weder eigenen Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Geht es um Handlungen aus dem Wahrnehmungsbereich der Partei, so besteht eine Informationspflicht, sich das Wissen über die Geschehnisse zu beschaffen (vgl. BGH NJW 1990, 453). Dieser Informationspflicht hat der Beklagte zu 1) nicht Genüge getan. Er hätte sich über eigene Recherchen wie etwa Befragungen der Nutzer des Internetanschlusses sowie das Durchsuchen des Computers nach den Dateien bzw. dem Tauschbörsenprogramm zum Vorgang eines Down- bzw. Uploads kundig machen können und müssen. Erst wenn sich danach keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Down- bzw. Uploads ergeben, ist das Bestreiten mit Nichtwissen zulässig. Der Beklagte zu 1) hat zu derartigen Recherchen nichts vorgetragen.

Da es zur Mehrfacherfassung gekommen ist, erscheint die vom Beklagten zu 1) zudem eingewandte mögliche Fehlzuordnung ausgeschlossen. Zumindest ist das einfache Bestreiten des Beklagten zu 1) insoweit angesichts des substantiierten Vortrags der Klägerin nicht ausreichend.

b)

Die illegalen Downloads wurden nach Anhörung beider Beklagter zur Überzeugung des Gerichts vom Beklagten zu 2) ausgeführt. Beide Beklagte haben übereinstimmend angegeben, dass der Internetanschluss (auch) durch den Beklagten zu 2) genutzt wurde. Der Beklagte zu 1) hat darüber hinaus glaubhaft angegeben, seinen Neffen im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Urheberrechtsverstoßes nach dessen Computernutzung befragt zu haben. Daraufhin habe der Beklagte zu 2) ihm gegenüber den Sachverhalt so dargestellt, dass „nur eine Demoversion“ des Spiels hochgeladen habe. Das Gericht würdigt dies dahingehend, dass der Beklagte zu 2) seinen Tatbeitrag mit der Formulierung „Demoversion“ geringer erscheinen lassen wollte. Im Ergebnis handelt es sich dabei aber nachweisbar um eine Schutzbehauptung, da die Demoversion unstreitig erst seit dem 02.05.2012 auf dem Markt ist. Darüber hinaus hat die Demoversion notwendigerweise einten anderen Hashwert als das Spiel selbst und somit einen anderen Hashwert als denjenigen, den die Firma [Name] im Zusammenhang mit der Urheberrechtsverletzung ermittelt hat. Soweit der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner Anhörung in Abrede gestellt hat, die von seinem Onkel vorgetragene Aussage getätigt zu haben, und sich so eingelassen hat, dass es sich um ein „Missverständnis“ handeln müsse, erscheint dies unglaubhaft. Der Beklagte zu 1) hat mit der Begrifflichkeit „Demoversion“ ein zuvor nicht thematisiertes und ungewöhnliches Detail erwähnt; dieser Umstand spricht in hohem Maße für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben. Auch besteht für das Vorliegen eines „Missverständnisses“ bei dem einfach gelagerten Lebenssachverhalt kein Raum. Schließlich vermag das Gericht auch kein Motiv zu erkennen, weshalb der Beklagte zu 1) seinen Neffen fälschlich belasten sollte.

3.

Da die Klägerin in den vom Beklagten zu 2) ausgeführten Download des Computerspiels nicht eingewilligt hat, ist dieser auch rechtswidrig.

4.

Die Wiederholungsgefahr wird durch die mehrmalige Rechtsverletzung indiziert. Der Beklagte zu 2) hatte vor Abmahnung keine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben.

5.

Der Freistellungsanspruch besteht jedoch nur in Höhe von 167,32 EUR. Nach § 97 a Abs. 3 UrhG n.F. sind die Gebühren für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR zu berechnen. Bei einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nebst Pauschale in Höhe von 20,00 Euro zzgl. MwSt. errechnen sich Abmahnkosten in Höhe von 167,32 EUR.

II.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2) darüber hinaus ein Anspruch auf Ersatz des effektiven Lizenzschadens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 510,00 EUR zu.

1.

Der Beklagte zu 2) hat die Urheberrechte der Klägerin an dem Spiel [Name] verletzt (siehe oben unter A.I.).

2.

Der Beklagte zu 2) ist zur Überzeugung des Gerichts aufgrund ,der persönlichen Anhörung im Termin vom 22.04.2016 bei Begehung der Verletzungshandlungen auch deliktsfähig im Sinne des § 828 Abs. 3 BGB gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2005, 354) besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 823 Abs. 3 BGB, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein. Anhaltspunkte für Zweifel an der Einsichtsfähigkeit des zur Tatzeit 13bzw. 14-jährigen Beklagten zu 2) haben sich weder nach dem Beklagtenvortrag noch im Rahmen der Anhörung ergeben. Danach ist davon auszugehen, dass ein 13- bzw. 14-jähriger normal entwickelter Junge die nötige Verstandesreife und Einsichtsfähigkeit besitzt, die Gefährlichkeit von Internettauschbörsen zu erkennen (vgl. insoweit auch LG Bielefeld – Az. 4 0 211/14 – Rn 41).

3.

Der Beklagte zu 2) hat die Urheberrechtsverletzung mindestens fahrlässig begangen.

4.

Die Höhe des Lizenzschadens schätzt das Gericht auf 510,00 EUR, § 287 ZPO (so auch LG Bielefeld – Az. 4 0 211/14).

III.

Zinsen auf die Abmahnkosten und den Schadensersatz stehen der Klägerin in der beantragten Höhe nach vergeblicher Mahnung mit Fristsetzung zum 11.05.2015 ab dem 12.05.2015 zu, §§ 286, 288 BGB.

B.

I.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 1) daneben ein Freistellungsanspruch hinsichtlich Abmahnkosten in Höhe von 492,54 EUR aus § 97 a Abs. 1 UrhG a.F. aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zu.

1.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Rechtsverletzung beigetragen hat. Den Inhaber eines Internetanschlusses trifft dabei die Pflicht, seinen Internetanschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend zu schützen, damit dieser nicht für Urheberrechtsverletzungen missbraucht werden kann (vgl. BGH I ZR 121/08). Zu diesen Sicherungsmaßnahmen kann auch das Untersagen illegaler Internetnutzung und eine entsprechende Kontrolle gehören (vgl. BGH I ZR 169/12). Nach dem Vortrag der Parteien ist davon auszugehen, dass Inhaber des streitigen Internetanschlusses in der [Anschrift] ist. Die Klägerin hat vereinzelt vorgetragen, dass sie von dem lnternetprovider entsprechend beauskunftet wurde. Der Beklagte zu 1) hat dies nicht substantiiert bestritten. Er hat sich zur Frage der vertraglichen Anschlussinhaberschaft widersprüchlich eingelassen und meint, dass er infolge Ortsabwesenheit jedenfalls nicht der faktische Anschlussinhaber und daher nicht Störer sei. Dieser Argumentation vermag das Gericht nicht zu folgen. Für die Störereigenschaft ist maßgeblich auf die vertragliche Konstellation als Anknüpfungspunkt abzustellen. Mit der Einrichtung des Internetanschlusses hat der Beklagte zu 1) eine Gefahrenquelle geschaffen. Für die sich daraus ergebenden adäquat-kausalen Gefahrverwirklichungen haftet er als Störer. Dabei ist hier auf die Verletzung von Prüfpflichten abzustellen. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH I ZR 121/08). Der Beklagte zu 1) hat trotz Bestreitens der Klägerin weder substantiiert zu Zeitpunkten noch der Art und Weise der Wahrnehmung seiner Prüfpflichten als Anschlussinhaber gegenüber dem Beklagten zu 2) vorgetragen. Nach der Anhörung des Beklagten zu 2) im Termin vom 22.04.2016 ist zudem davon auszugehen, dass der Beklagte zu 1) seine Prüfpflichten schlicht gar nicht wahrgenommen hat. Der Beklagte zu 2) hat nämlich angegeben, dass er von illegaler Internetnutzung nur flüchtig über Freunde etwas wisse; mit dem Beklagten zu 1) habe er darüber gar nicht gesprochen. Selbst nach Erhalt des Abmahnschreibens vom 10.04.2012 hat der Beklagte zu 1) seine Prüfpflichten nicht in ausreichendem Maße wahrgenommen. Anderenfalls wäre es nicht zur Rechtsverletzung vom 17.06.2012 gekommen.

2.

Der Freistellungsanspruch besteht betreffend den Beklagten zu 1) in Höhe von 492,54 EUR. Das Gericht geht hinsichtlich der Abmahnkosten von einem angemessenen Gegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR aus § 287 ZPO.

Bei einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nebst Pauschale in Höhe von 20,00 EUR und MwSt. errechnen sich Abmahnkosten in Höhe von 492,54 EUR.

Eine Deckelung nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR gemäß § 97 a Abs. 3 n.F. kommt nicht in Betracht, da die an den Beklagten zu 1) gesandten Abmahnschreiben alle vor dem Inkrafttreten der Neuregelung am 09.10.2013 erfolgten.

II.

Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu 1) scheiden mangels Täterschaft des Beklagten zu 1) aus.

III.

Zinsen auf den Freistellungsanspruch stehen der Klägerin in der beantragten Höhe nach Zustellung des Mahnbescheids am 08.04.2014 ab dem 09.04.2014 zu, §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. der Baumbach’schen Formel.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich des Beklagten zu 2) auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO und hinsichtlich des Beklagten zu 1) auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Streitwertbemessung beruht auf § 3 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Braunschweig,
Münzstraße 17, 38100
Braunschweig. (…)

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AG Braunschweig, Urteil vom 13.05.2016, Az. 119 C 1480/14

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