Factum: München ermisst konsequent gemäß der Rechtsprechung des BGH!

15:17 Uhr

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Initiative AW3P

z.H. Herr Steffen Heintsch
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Bericht

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Es ist immer wieder zu lesen, das der Gerichtsstandort München nicht die Rechtsprechung des BGH umsetzt; eng verbandelt mit der Unterhaltungsindustrie sei; in Bayern nicht nur bei Horst Seehofer die Uhren anders ticken; man ein Sippenhaftungs-Standort wäre; Gelegenheitsgutachten anordne bzw. akzeptiere; keine Ahnung von der ultrakomplizierten P2P-Technik besäße; zu überzogene Anforderungen mit „Detailliertheit und Plausibilität“ stelle usw. usf. Nur sollte man sich dann einmal die Frage stellen und vor allem sachlich beurteilen, ob es wirklich den Tatsachen entspricht, oder wir unsere (vorsichtig ausgedrückt) Defizite dahinter verbergen wollen bzw. einem andern als sich selbst den „Schwarzen Peter“ zuschieben.

Factum: München ermisst konsequent stur, gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Blenden wir aus der weiteren Betrachtungsweise den geografischen Standort aus, bleiben an Kritikpunkten aus – unserer – Sichtweise,
a) keine nennenswerte Siege;
b) zu strenge Rechtsprechung;
c) überzogene Anforderungen an den Beklagten mit „Detailliertheit und Plausibilität“;
d) lebensfremde richterliche Denklogik;
e) fehlende Kenntnisse der hoch komplizierten P2P-Technik (Gelegenheitsgutachten)

2010, einmal vielen belächelt, andermal aber nicht immer verstanden, legte der Bundesgerichtshof (BGH) seinen Kurs bei Filesharing Fällen fest. Vom „Sommer unseres Lebens“, „Morpheus“ über „BearShare“ bis hin zu „Tauschbörse III“ wurde dieser fortgeführt und stetig ausgebaut. Denn der BGH soll als höchste Instanz z.B. in Zivilverfahren das Recht wahren und fortbilden.

Welchen Kurs liegt bei Filesharing Fälle in Karlsruhe an?

Spätestens mit dem BGH-Entscheid: „Tauschbörse III“ sollte eigentlich für jeden klar und deutlich sein, das der BGH die Verteidigung gegen den erhobenen Vorwurf auf zwei Rechtsinstitute („Täterschaftsvermutung“ / sekundäre Darlegungslast) dogmatisiert und deren Anforderungen stetig konkretisiert. Sicherlich bleiben hier noch viele Fragen offen, aber es wird deutlich, ein pauschaler Sachvortrag wird in der „Zeitrechnung nach BB“ nicht mehr ausreichen, wenn der beklagte Anschlussinhaber (AI) seiner sekundären Darlegungslast gerecht werden will.

Grundlage: Tatsächliche Vermutung und sekundäre Darlegungslast

I. Tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des AI

Grundlage
Vermutung!

– ist der AI selbst nicht Täter, muss er die gegen ihn streitende tatsächliche Vermutung seiner Verantwortlichkeit für den Vorwurf entkräften;
– Anscheinsbeweis;
Annahme eines typischen bzw. der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der AI seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft – bewusst und alleine – kontrolliert

Beachte
Wird mittels Sachvortrag die Vermutungsgrundlage beseitigt, entfällt diese Vermutung. Regelmäßig höchstrichterlich dann, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung,
a) nicht hinreichend gesichert war;
b) bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde

Das heißt
a) der AI muss seine eigene Täterschaft bestreiten und zugleich Tatsachen und Umstände darlegen, wonach zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen seinen Internetanschluss benutzen konnten und als möglicher Täter infrage kommen können, oder das sein Internetanschluss nicht hinreichend gesichert war;
b) wird die tatsächliche Vermutung vom AI nicht entkräftet, hat dies zur Folge, dass der AI Verantwortlich für die Rechtsverletzung gemacht werden kann und somit als Täter haftbar (verschuldensunabhängig).

Hinweis
In einem sog. Single-Haushalt oder bei fehlenden Mitnutzern i.V.m. einem hinreichend gesicherten Internetanschluss wird der Anscheinsbeweis bestehen bleiben.

II. Sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers

Grundlage
Bewältigung von Wissens-, Wahrnehmungs- sowie Informationsdefiziten

– kein typischer Geschehensablauf ausreichend;
– die konkreten Umstände der Tat entziehen sich dem Wahrnehmungsbereich der beweisbelasteten Partei (Kläger) ;
– der Gegner der beweisbelasteten Partei (AI) hat – allein – über die die Kenntnisse über Tatumstände und kann sich die sich Kenntnisse über Tatumstände mit – zumutbarem – Aufwand verschaffen

Beachte
Unabhängig von der tatsächlichen Vermutung

Das heißt
a) Beweislast bleibt beim Kläger, der AI muss nicht beweisen, das er nicht Verantwortlich für den Vorwurf ist;
b) bei Mitnutzer ist ein pauschaler Sachvortrag zur theoretischen Möglichkeit,
aa) des Internetzugriffs;
ab) eines Tauschbörsenbesuches;
nicht mehr ausreichend
c) es kommt konkret auf die Situation am Internetzugang zum Vorwurf an;
d) Kommt der AI der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vortrag unbeachtlich und er muss die von der beweisbelasteten Partei vorgetragenen Tatsachen – auch wenn diese nicht bewiesenen sind – im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, als zugestanden gegen sich gelten lassen;
e) Kommt der AI seiner sekundären Darlegungslast nach, ist es wieder an den Kläger, darzulegen und vor allem zu beweisen wer der wahre Täter ist

Und nein, diese Grundlagen wurden mir von keinem Ghostwriter vorgegeben oder schon gar nicht selbst kreiert. Dieses kann jeder selbstständig – der will – in den BGH Entscheidungen zu Filesharing Fällen nachlesen.

BGH – Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 -„Sommer unseres Lebens“
BGH – Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – „Morpheus“
BGH – Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – „BearShare“
BGH – Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – „Tauschbörse I“
BGH – Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 7/14 – „Tauschbörse II“
BGH – Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – „Tauschbörse III“

Nur stellt dieses wahrscheinlich ein großes Problem dar. Denn Anwälte, „Foren-Experten“ und selbst Beklagte lesen und propagieren bei dem BGH Entscheid „BearShare“ nur zwei Sätze

(…) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. (…)

(…) Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. (…)

Alle anderen aus den Zusammenhang gerissene Entscheidungsgründe sind unwichtig für uns. Denn schon ein kleines Stück weiter – weit ab unserer Aufmerksamkeit – steht

(…) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (…)

Tatsächlichen Vermutung = Anscheinsbeweis?

Nun werden die meisten aufmerksamen Leser denken, das die tatsächliche Vermutung der Verantwortung für den Vorwurf kein Anscheinsbeweis wäre, sondern nur eine vom BGH aufgestellte lebensfremde und strittige Vermutung. Ich glaube hier liegt man falsch, denn in den Grundsatzentscheidungen aus Karlsruhe steht es doch schwarz auf weiß.

BGH – Urteil vom 12. 05. 2010 – I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens“
(…) Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht zwar eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. (…)

BGH – Urteil vom 15. 11. 2012 – I ZR 74/12 – „Morpheus“
(…) Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (…)

BGH – Urteil vom 08. 01. 2014 – I ZR 169/12 – „BearShare“
(…) Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. (…)

BGH – Urteil vom 11. 06. 2015 – I ZR 75/14 – „Tauschbörse III“
(…) Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. (…)

Und man sollte bitte einmal davon abgehen, das vielleicht ein Amtsgericht „A“ oder ein Landgericht „B“, ein Anwalt „C“ oder ein „Foren-Experte „- wie zum Beispiel „hoffnung2“ – dieses nicht so sehen können oder wollen. Die tatsächliche Vermutung der Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers für den Vorwurf basiert auf der Annahme eines typischen Geschehensablaufs, nämlich das typischerweise der Anschlussinhaber derjenige ist, der seinen Anschluss nutzt und daher für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (Weber / Dombrowski, ZUM 2016, 380 – „Sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing“). Es geht um keine Beweislastumkehr, wie eben oft propagiert. Der Anscheinsbeweis ist zwar nicht legaldefiniert, aber in den regelmäßigen Begriffserläuterungen liest man,

Anscheinsbeweis [lat.: „prima-facie„; dtsch.: „auf dem ersten Blick„]:
Wenn ein Sachverhalt erfahrungsgemäß auf einen bestimmten typischen Geschehensablauf hindeutet und diesen somit beweist. Der Anscheinsbeweis kann durch den Gegenbeweis des atypischen Kausalverlauf [völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten ist] erschüttert werden.

Nur ein Beispiel aus Filesharing-Klage-Tagen vor dem BGH – Urteil vom 12. 05. 2010 – I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens“

AG Frankfurt am Main – Urteil vom 12.08.2009 – Az. 31 C 1738/07-17:

(…) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Rechtsverletzung begangen hat. Ein Anscheinsbeweis setzt voraus, dass ein Sachverhalt vorliegt, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann (BGH, Urteil vom 29.06.1982, VI ZR 206/80, zitiert nach Juris). Der Beklagte hat – insoweit von der Klägerin unwidersprochen – vorgetragen, dass der Internetanschluss nicht nur von ihm, sondern auch von seinem Sohn genutzt wird. Zudem wohnt der Beklagte nicht allein, sondern zusammen mit seinem Sohn und seiner Ehefrau. Nutzt der Inhaber des Anschlusses diesem jedoch nicht alleine, kann nicht angenommen werden, dass es der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, dass gerade der Inhaber des Internetanschlusses diesen zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung genutzt und die Rechtsverletzung begangen hat (so im Ergebnis auch LG Mannheim, Beschluss vom 25.01.2007, 7 O 65/06, zitiert nach Juris).
(…)
Selbst wenn man einen Anscheinsbeweis annehmen wollte, hätte der Beklagte diesen entkräftet. Nach dem Ergebnis per Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht selbst begangen hat. (…)

Quelle: www.aufrecht.de

 

Und für die noch Skeptiker, dieser Anscheinsbeweis bzw. tatsächliche Vermutung der Verantwortung des Anschlussinhabers für den Vorwurf ist nichts für Filesharing extra Erfundenes, sondern gang und gäbe im Zivil- und Strafrecht. Zwei von vielen Beispielen,

Kammergericht Berlin – Hinweisbeschluss vom 20.11.2013 – Az. 22 U 72/13 – „Auffahrunfall“:

(…) Kommt es im Straßenverkehr zu einem Auffahrunfall, so spricht die allgemeine Lebenserfahrung und damit ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Auffahrende den Unfall verschuldet hat. Dieser Anscheinsbeweis kann nur dadurch erschüttert werden, dass der Auffahrende das Vorliegen eines untypischen Unfallhergangs darlegt. (…)

Quelle: http://openjur.de/u/673674.html

 

Oberlandesgericht Celle – Urteil vom 27.02.2004 – Az. 9 U 220/03 –  „Glatteis“:

(…) Denn bei Glatteisunfällen spricht ein Anschein dafür, dass die Unfallverletzungen bei Beachtung der Streupflicht vermieden worden wären, wenn der Unfall innerhalb der zeitlichen Grenzen der Streupflicht stattgefunden hat (…). Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist es bei einem Glatteisunfall zunächst notwendig und ausreichend, dass ein Glättezustand im Verantwortungsbereich des Streupflichtigen nachgewiesen wird; dies ist hier der Fall. (…)

Quelle: http://openjur.de/u/303142.html

 

München: Sippenhaft und Gelegenheitsgutachten!?

Wenn man sich jetzt mit der Rechtsprechung des Gerichtsstandortes München zu Filesharing Fälle vertraut macht, wird schnell deutlich, das hierzu Einheitlichkeit vorherrscht,

Abmahner (allgemein):
– Konsequente und fortführende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes;
– München verlangt nichts Unmögliches;

Abgemahnte (allgemein):
– München ermisst nicht gemäß den BGH Entscheiden zu Filesharing;
– Ermessensgrundlage der Münchener Richter zu streng, bis hin als Überzogen;
– Sippenhaft-Urteile;
– Gelegenheitsgutachten i.V.m. fehlendes Technikverständnis on Detail;
– Geklüngel (Golf- und Porsche-Club) usw. usf.

Erschwerend für meine Sichtweise, das eben andere Gerichtsstandorte – insbesondere Amts- und Landgerichte – eine andere Ermessensfrage zugrunde legen, entweder richtig oder falsch die Gesetze und höchstrichterliche Rechtsprechung umsetzen. Und, die Richter mögen mir alten Narr verzeihen, wird mit unterschiedliche Ellen gemessen bei einmal einem Klageverfahren hinsichtlich der Kanzlei „BaumgartenBrandt“, andermal bei den Kanzleien „Waldorf Frommer“, „Rasch Rechtsanwälte“ oder „.rka Rechtsanwälte“. Diese Beobachtung entspricht aber meiner rein persönlichen Meinung und ist nicht bewiesen.

Ein aktuelles Beispiel (LG Saarbrücken – Beschluss vom 18.03.2016 – Az. 7 S 16/15). Hier handelt es sich um ein Berufungsverfahren am Gerichtsstandort Saarbrücken der Berliner Kanzlei „BaumgartenBrandt“. Ehe man mir wieder etwas unterstellt. Ich möchte weder jemand bloßstellen, lächerlich machen oder anderes Böses unterstellen, noch anwaltliche Tätigkeit angreifen. Also weiter …

Amtsgericht

AI: nutzt keinen PC aufgrund eines Augenleidens – Täter: nein; benennt Mitnutzer (Ehefrau, 2 volljährige Söhne)
Mitnutzer: Täter: nein

Landgericht

– AI kam seiner sekundären Darlegungslast nach, indem er seine Täterschaft bestritt und namentlich 3 Mitnutzer benannte.
– Nach dem BGH besteht eine Nachforschungspflicht, hierzu hätte gehört , das der AI  die Mitnutzer konkret befragt, ob diese den Streitgegenstand in einer Tauschbörse heruntergeladen hätten.
– Aber, der AI hatte nach der Abmahnung die Mitnutzer zur Abmahnung befragt, alle drei hätten eine Tauschbörsenbenutzung bestritten = Nachforschungspflicht wurde nachgekommen.

 

Münchner Prinzip: Detailliertheit und Plausibilität

Wenn wir jetzt den Hinweisbeschluss der Saarbrücker Landesrichter mit denen aus München vergleichen, wird eines überdeutlich. In München fragen sich jetzt die Richter: „AI bestreitet und benennt Mitnutzer = kein Täter – Benannte Mitnutzer bestreiten = keine Täter – wer war es denn dann, wenn der Anscheinsbeweis (Rechtsverstoß) im Raum steht?“ Ist dies überzogen, zu streng, lebensfremd, entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung? Nein!

Der BGH gibt es doch glasklar – zumindest hierzu – vor, indem er zur sekundären Darlegungslast sagt,

BGH – Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12 – „BearShare“:

(…) Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (…)

Das heißt doch nichts anderes,

1. Mit Ermittlung des Rechtsverstoßes / Beauskunftung der Person hinter der P2P-IP-Adresse besteht der Anscheinsbeweis, das erst einmal diese – der AI als einziger ermittel- und zuordenbar (nicht der wahre Verursacher = Filesharer) – für den Rechtsverstoß verantwortlich ist;
2. Diesen Anscheinsbeweis kann er nach regelmäßiger Rechtsprechung erschüttern, wenn er vorträgt,
a) (…) wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (…);
b) (…) wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war (…);
3. Hieraus ergibt sich die sekundäre Darlegungslast des AI, die er gerecht wird, wenn er vorträgt,
(…) ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (…);
Hinweis: zumutbare Nachforschungspflicht;
4. Dabei kommt es aber nicht,
(…) auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt (…);
5. Wir der sekundären Darlegungslast nicht genügegetan, spricht wieder Anscheinsbeweis, das der AI für den Rechtsverstoß verantwortlich ist;
6. Und ja,
(…) Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. (…)

Deshalb ist es eben so, werden Mitnutzer benannt und bestreiten diese die Tat – es wird kein anderer Geschehensablauf das jemand anderer als der bestreitende AI als Täter infrage kommt aufgezeigt – dann muss der AI die Täterschaft eingestehen. Jeder Anwalt und „Foren-Experte“ wird jetzt laut vor Empörung aufrufen, aber es ist und bleibt denklogisch. Und wenn jetzt man nach zusätzlich aufzählt,
– „gruslige“ Sachvorträge seitens der Beklagten;
– Anpassung der Verteidigungsstrategie des Beklagten hinsichtlich den Hinweisen der Gerichte;
– Verteidigungswechsel des Beklagten zwischen Erst- und Berufungsgericht
dann liegt es nicht an München, sondern an unseren Defiziten bzw. Unfähigkeit mit den Gesetzen, Rechtsschriften und Rechtsprechung zurecht zu kommen. Und hier mit Rechtsprechung meine ich nicht nie der Amtsgerichte, sondern die Rechtsprechung des BGH.

Nach dem BGH Entscheid: „BearShare“ wurde eindeutig auf AW3P gesagt, das niemand weiß in welche Richtung die Rechtsprechung sich hinbewegt. Es kommt vor Gericht nicht an zu erzählen was alles möglich sein hätte können, sondern wie es letztendlich war. Und seit dem BGH Entscheid: „Tauschbörse III“ muss jeder erkennen, das mit einem pauschalen Sachvortrag zu keiner Klageabweisung mehr kommt, außer vielleicht wenn der Kläger von der Kanzlei „BaumgartenBrandt“ vertreten wird. Punkt.

 

AW3P = AfD-Wahlwerber bzw. -helfer und pro dehortator!

Mir persönlich ist es egal, ob irgend jemand mich auf eine bestimmte Schiene (AfD) stellt, oder einer Schublade (lat.: „dehortator„; dtsch.: „Abmahner„; „Deutsch-lateinisches Handelslexikon“, Auflage 1807, Georg Heinrich Lünemann) zuordnen möchte solange die Realität meine Sichtweise nicht widerlegt. Ich würde sofort meine Sichtweise ändern und Fehler eingestehen. Wer aber jetzt wirklich hofft, das der BGH Termin am 12.05.2016 (I ZR 272/14, I ZR 1/15, I ZR 43/15, I ZR 48/15 und I ZR 86/15) neue revolutionäre Erkenntnis – zumindest aus unserer Sicht – bringt, wird wohl erneut auf Sand gebaut haben. Warum sollten die Bundesrichter ihren Kurs (I ZR 121/08 , I ZR 74/12, I ZR 169/12, I ZR 19/14, I ZR 7/14 und I ZR 75/14) gerade 2016 ändern. Weil wir nicht in München obsiegen? Das wäre zu einfach gestrickt gedacht.

Der Erfolg bei der Verteidigung hängt davon ab, je eher man die die zwei Rechtsinstitute (Anscheinsbeweis, sekundäre Darlegungslast) on Detail verinnerlicht und einen qualitativen und vor allem plausiblen Sachvortrag tätigt, um dem gegenüber den Beklagten erhobenen Vorwurf zu exkulpieren. Beide Rechtsinstitute müssen dogmatisch getrennt werden. Sie bestehen unabhängig von einander und sind – im Zivilverfahren – auf verschiedene Ebenen relevant aufgrund verschiedener Ursachen, Zwecke und Rechtsfolgen (Weber / Dombrowski, ZUM 2016, 380 – „Sekundäre Darlegungslast und Anscheinsbeweis beim Filesharing“). Und man muss es mit aller Deutlichkeit sagen, wenn der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast ausreichen  nachkommt, dann liegt die Beweislast wieder beim Kläger.

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Steffen Heintsch für AW3P

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