WBS-Law: Filesharing Sieg gegen Baumgarten Brandt – Copyright Vermerk auf DVD reicht nicht

16:24 Uhr

In einem aktuellen Filesharing Verfahren musste die Berliner Kanzlei Baumgarten Brandt eine Niederlage einstecken. Das Amtsgericht Magdeburg wies die Klage ab, weil die Abmahnkanzlei die Rechteinhaberschaft nicht ordnungsgemäß nachgewiesen hatte.

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WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesharing/filesharing-sieg-gegen-baumgartenbrandt-copyright-vermerk-auf-dvd-reicht-nicht-67211/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2016/04/AG-Magdeburg-Az-121-C-2248_14-121.pdf

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Baumgarten Brandt verschickte die Abmahnung wegen Filesharing  im Auftrag der „Europool Europäische Medien Beteiligungs-GmbH“. Die Abmahnkanzlei warf dem Anschlussinhaber vor, dass er den urheberrechtlich geschützten Film „Niko – ein Rentier hebt ab“ illegal über eine Tauschbörse im Internet verbreitet und dadurch eine Urheberrechtsverletzung durch Filesharing  begangen haben soll. Dabei berief das Unternehmen sich darauf, dass es über die erforderlichen Rechte für die Nutzung des Films verfügen würde. Dies ergebe sich aus einer Nutzungsvereinbarung, wonach ihr ausschließliche Rechte für den Bereich „On-Demand/Demand View“ eingeräumt worden seien. Die Definition könne dem Lizenzvertrag entnommen werden, der in englischer Sprache abgefasst war. Darüber hinaus berief sich die Klägerin auch darauf, dass sich auf der deutschen DVD ein Copyright Vermerk zu ihren Gunsten befindet.

Filesharing: Rechteinhaberschaft unklar

Das Amtsgericht Magdeburg entschied gleichwohl mit Urteil vom 21.04.2016 – Az. 121 C 2248/14 (121), dass der „Europool Europäische Medien Beteiligungs-GmbH“ weder die geltend gemachten Abmahnkosten von 555,60 Euro noch Schadensersatz in Höhe von 400 Euro zusteht. Denn sie hat nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen, dass ihr die notwendigen Rechte zum Vertrieb des Werkes im Internet eingeräumt worden sind.

Erforderliche Unterlagen fehlten

Zunächst einmal steht nicht fest, dass das Recht zur Verwertung im Internet unter die Formulierung „auf Abruf/Video-On-Demand“ fällt. Das Gericht konnte dies nicht überprüfen, weil Baumgarten Brandt – trotz Aufforderung durch die Richterin – weder das englische noch das deutsche Begriffsverzeichnis vorgelegt hatte. Er hatte lediglich das englische Begriffsverzeichnis zitiert. Dies reicht aber nicht aus, zumal die Gerichtssprache deutsch ist.

Copyright-Vermerk auf DVD hat hier keine Aussagekraft

Darüber hinaus reicht der Copyright Vermerk auf der DVD nicht als Nachweis bezüglich der Rechteinhaberschaft aus. Denn hieraus können lediglich Rechte auf das Recht zum Vertrieb als DVD geschlossen werden. Dies hat nichts zu tun mit den hier erforderlichen Vertriebsrechten im Internet.

Fazit WBS-Law:

Infolgedessen fehlt es hier bereits an einem schlüssigen Vortrag der Abmahnkanzlei im Auftrag der Klägerin wobei bezeichnend ist, dass diese die Aufforderung des Gerichtes auf Vorlage der notwendigen Unterlagen ignoriert hat. Darüber hinaus ist fragwürdig, ob sich Gerichte mit der Vorlage von Dokumenten in einer anderen Sprache zufrieden geben müssen. (HAB)

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Amtsgericht Magdeburg, Urteil vom 21.04.2016, Az. 121 C 2248/14 (121)

 

(…) hat das Amtsgericht Magdeburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 31.03.2016 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzungen in Anspruch.

Die Klägerin schloss mit der Ulysses GmbH, die im eigenen Namen als auch im Namen von Co-Produzenten handelte, einen Vertrag über Nutzungsrechte an dem Film Filmwerk „Niko – ein Rentier hebt ab“ ab. Nach Nr. 4 des Vertrages sind der Klägerin die alleinigen ausschließlichen Rechte für die Nutzung des Films gemäß den in der Vereinbarung genannten Bedingungen gewährt worden, unter anderem, neben weiteren Rechten, die „auf Abruf/Video-OnDemand-Rechte“, wie im Begriffsverzeichnis definiert. Die Vereinbarung bezieht sich auch auf das Gebiet von Deutschland.

Auf der deutschen DVD befindet sich ein Copyright-Vermerk zu Gunsten der Klägerin.

Die Klägerin behauptet, von dem Internetanschluss des Beklagten seien 29 Rechtsverletzungen im Zeitraum vom 10.11.2009 bis 07.12.2009 begangen worden, unter anderem am 11.11.2009 um 19:26:50 Uhr unter der IP-Adresse [IP] in dem der Beklagte über ein Peer-to-Peer-Netzwerk den streitgegenständlichen Film heruntergeladen und auf der Tauschbörse auch anderen Nutzern zum Download angeboten habe.

Dadurch sei die Klägerin in den von ihr erworbenen Rechten verletzt worden. Die Ulysses GmbH sei neben der Klägerin, der Universum Film GmbH, der A. Film NS und der Animaker Ltd. Co-Produzenten des streitgegenständlichen Films. Durch den Vertrag seien der Klägerin auch die ausschließlichen Nutzungsrechte im Hinblick auf die öffentliche Zugänglichmachung im Internet gewährt worden, indem der Klägerin nach dem Vertrag auch ausschließliche Rechte für den Bereich „On-Demand/Demand View“ übertragen worden seien. Die Definition ergebe sich aus den „Schedule of Definitions“ als Teil des gegenständlichen Lizenzvertrages. Dort sei auf Seite 23 der Bereich „On-Demand/Demand View“ wie folgt definiert. Anschließend folgt ein Zitat in Englisch. Insoweit wird auf BI. 101, 102 d. A. Bezug genommen. Nach dieser Definition soll es nach Vortrag der Klägerin in technischer Hinsicht ausdrücklich unerheblich sein, auf welche Weise der Film zur Verfügung gestellt werde. Damit sei also auch die öffentliche Zugänglichmachung des Films über das Internet mit umfasst. Des Weiteren ergebe sich das Recht der Klägerin auch daraus, dass der Klägerin gemäß dem Beschluss in dem Verfahren vor dem Landgericht Köln Auskunft von der Telekom über den Namen und die Anschrift des Nutzers der streitgegenständlichen IP-Adresse zu erteilen war.

Die Klägerin beantragte,
1. Die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 555,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dem vorgelegten Vertrag sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin Inhaberin der Rechte zur Vervielfältigung, Vertretung und öffentlichen Zugänglichmachung, insbesondere der ausschließlichen Online-Veröffentlichungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sei. Der Copyright-Vermerk entfalte ausschließliche Wirkung für die Rechte an dem Werk bezogen auf physikalische Datenträger, nicht aber für Rechte auf Verbreitung im Internet. Die Klägerin hat trotz Aufforderung durch das Gericht nicht eine deutsche Übersetzung des Begriffsverzeichnisses vorgelegt, aus dem die Definition bezüglich der Rechte auf „Abruf/Video-On-Demand“ hervorgeht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes begehrt. Insoweit ist die Klägerin gehalten, einen bezifferten Antrag zu stellen.

Die Klage ist im Übrigen auch unbegründet.

Die Klägerin hat nicht ausreichend dargelegt und bewiesen, Inhaberin der Rechte zum Vertrieb im Internet zu sein. Es ist nicht mit ausreichender Sicherheit feststellbar, dass das Recht zur Verwertung im Internet unter die Formulierung „auf Abruf/Video-On-Demand“ fällt. Ausweislich des Vertrages ist dort in einem Begriffsverzeichnis definiert, was unter den genannten Rechten gemäß Vertrag zu verstehen sein soll. Die Klägerin hat indes trotz Aufforderung weder das englische noch das deutsche Begriffsverzeichnis vorgelegt. Sie hat sich darauf beschränkt, das englische Begriffsverzeichnis zu zitierten. Die Gerichtssprache ist jedoch deutsch.

Aus dem Copyright-Vermerk auf der DVD kann ebenfalls nicht auf das Recht zum Vertrieb im Internet geschlossen werden. Dieses lässt Rückschlüsse nur auf das Recht zum Vertrieb als DVD zu.

Auf entsprechende Rechte der Klägerin kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass die Telekom zur Auskunft über den Inhaber der streitgegenständlichen IP-Adresse verurteilt wurde. Es ist nicht bekannt, auf welchem, möglicherweise unstreitig gebliebenen, Vortrag der Beschluss erging.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Mangels Hauptforderung hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Nebenforderungen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Magdeburg,
Halberstädter Straße 8,
39112 Magdeburg (…)

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AG Magdeburg, Urteil vom 21.04.2016, Az. 121 C 2248/14 (121)

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