Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies (München): Müssen Eltern Ihre Kinder verraten? Der Bundesgerichtshof verhandelt am 30. März 2017 den von unserer Kanzlei vorgetragenen „Loud“ Fall (OLG München – Az. 29 U 2593/15)

12:23 Uhr

 

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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies

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Bericht

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BGH – I ZR 19/16 – „Loud“

 

Sachverhalt

 

Über den Internetanschluss des beklagten Ehepaars war am 02. Januar 2010 illegal über eine Filesharing Tauschbörse das Musikalbum der Künstlerin Rihanna „Loud“ getauscht und damit auch angeboten worden. Wenig später erhielten die Beklagten von der auf Abmahnungen spezialisierten Kanzlei Rasch Rechtsanwälte eine Abmahnung wegen Filesharings, in der von Ihnen die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verlangt wurde. Die von unserer Kanzlei vertretenen Beklagten hatten auf diese Abmahnung allerdings nur eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und die Zahlung von Schadensersatz und Anwaltskosten verweigert. Erheblich später wurden die Beklagten dann von dem Tonträgerhersteller Universal Music und deren Kanzlei Rasch auf Zahlung von Anwaltskosten und Schadensersatz verklagt.

Im Prozess haben sich die Beklagten damit verteidigt, dass sie damals gemeinsam mit ihren drei volljährigen Kindern wohnten. Am fraglichen Abend hatten sie Besuch eines befreundeten Ehepaars und mit diesem gemeinsam im Wohnzimmer zu Abend gegessen und den Abend verbracht, ihr eigener Rechner im Wohnzimmer war ausgeschaltet gewesen. Zudem hatten sie keinerlei Interesse an dem heruntergeladenen Material, da sie selber nur klassische Musik hörten. Während des Abends hatten aber ihre Kinder Zugriff auf ihr WiFi-Netzwerk. Nach Eingang der Abmahnung hatten die beklagten Eltern ihre Kinder befragt und eines ihrer Kinder hatte daraufhin die Urheberrechtsverletzung in der Tauschbörse zugegeben. Das hatten die Eltern auch vor Gericht vorgetragen, sie waren allerdings der Meinung, dass sie schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet seien die Identität des Kindes preiszugeben, das den Verstoß begangen hatten, denn zum einen würden sie dadurch ihr Kind der Gefahr einer Strafverfolgung preisgeben, als auch zivilrechtliche Haftungsansprüche gegen dieses Kind begünstigen.

 

Vorinstanzen

 

Das Landgericht München (Urteil vom 01.07.2015, Az. 37 O 5349/14) und das OLG München (Urteil vom 14. Januar 2016, Az. 29 U 2593/15) waren anderer Meinung und haben die Eltern als direkte Täter der Urheberrechtsverletzung verurteilt, weil sie ihrer sogenannten sekundären Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen wären. Diese wäre nur erfüllt gewesen, wenn sie die Identität des verantwortlichen Kindes preisgegeben hätten.

 

Ausblick

 

Der BGH hat nun am 30. März 2017 zu entscheiden, ob dieses Urteil des OLG München Bestand haben kann.

Gerade jüngst wurden vom BGH die Urteilsgründe in der „Afterlife“ Entscheidung veröffentlicht (BGH I ZR 154/15 – „Afterlife“). Auch hier hatte der BGH im Familienverband die beiden widerstreitenden Grundrechte des Schutzes des geistigen Eigentums des verletzten Rechteinhabers aus Art. 14 GG mit dem Grundrecht der abgemahnten Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG zum Schutz der Familie abzuwägen im Wege der praktischen Konkordanz. In der „Afterlife“-Entscheidung hatte der BGH hier entschieden, dass innerhalb der Familie keine Verpflichtung des Anschlussinhabers besteht, etwa zum Nutzungsverhalten der anderen Familienmitglieder vorzutragen, zu deren Anwesenheit zum Tatzeitpunkt oder gar deren Rechner zu durchsuchen und die Ergebnisse mitzuteilen.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch noch, dass das Landgericht München mit Beschluss vom 17.03.2017 (Az. 21 S 24454/14) dem EuGH die Frage vorgelegt hat, ob die aktuelle Rechtsprechung des BGH noch gemeinschaftsrechtskonform ist.

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BGH – 30.03.2017 – I ZR 19/16 – „Loud“

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