DR. SCHMEL NOTAR FACHANWÄLTE RECHTSANWÄLTE: Landgericht Bremen, Beschluss vom 23.12.2015, Az. 7 S 2555/15

20:15 Uhr

In einem aktuellen Berufungsverfahren der Kanzlei BaumgartenBrandt, wurde die Berufung zurückgezogen.

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ReAnw_Burgsmueller

Rechtsanwalt Florian Burgsmüller
Fachanwalt für Strafrecht

 

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Landgericht Bremen, Beschluss vom 23.12.2015, Az. 7-S-2555/15 (Volltext)

 

(…) BESCHLUSS

in Sachen

Europool Europäische Medienbeteiligungs-GmbH
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Baumgarten und Brandt,

gegen

[Name]
– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Schmel & Partner GbR, Grashoffstraße 7, 27570 Bremerhaven

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin aus den auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens für zutreffend gehaltenen Gründen der angefochtenen Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme von 2 Wochen.

 

Gründe

 

Die zulässige Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Kammer folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet werden. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier nicht der Fall.

Mit der Berufung greift die Klägerin im Wesentlichen an, dass das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin im Hinblick auf ihre Aktivlegitimation und die Anforderungen an das Bestreiten der hierzu vorgetragenen Tatsachen verkannt habe. Hierzu beruft sie sich auf Rechtsprechung, nach der anerkannt sei, dass auch aus Indizien ohne unmittelbaren Beleg auf eine Rechtsübertragung geschlossen werden könne. Die Rechtsschutzgarantie der Klägerin würde faktisch leerlaufen, wenn, wie hier, nach Vorlage eines Lizenzvertrages, auf dessen Grundlage die Klägerin die kommerzielle Auswertung des Films vornimmt, ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen an einer beliebigen Stelle der Rechtekette zur unmittelbaren Verneinung der Aktivlegitimation der Klägerin führte. Ein Verletzer müsse vielmehr substantiiert darlegen, wen er für den Urheber hält, und die Gründe hierfür darlegen. Vorliegend sei die Klägerin nicht gehalten gewesen, den Verlauf der gesamten Rechtekette darzulegen, weil Indizien und Beweise für die Rechteinhaberschaft der Klägerin vorlägen. Dies sei zum einen die Tatsache, dass die Klägerin ihre Rechteinhaberschaft bereits im Auskunftsverfahren vor dem Landgericht Köln glaubhaft gemacht habe. Ferner habe sie mit Anl. K5 Auszüge aus dem mit der Ulysses GmbH geschlossenen Lizenzvertrag als Beweis vorgelegt, aus dem sich ergebe, dass die Ulysses GmbH auch in Vertretung der übrigen Co-Produzentinnen, gehandelt habe. Die übrigen Co-Produzentinnen seien in den vorgelegten Unterlagen namentlich benannt (Universum Film GmbH, A. Film A.S., Animaker Ltd. und Europool) und aus dem vorgelegten Auszug aus dem Vertragstext (Anl. K5) ‚ergebe sich, dass die Produzenten Europool die alleinigen und ausschließlichen Rechte zur Verwertung des Films einräumen. Es bestehe daher kein einziger Anhaltspunkt dafür, dass die Ulysses GmbH und die weiteren aufgeführten Produzentinnen nicht zur Rechteeinräumung befugt waren, so dass das Bestreiten der Aktivlegitimation des Lizenzgebers durch die Beklagte unerheblich und offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Die Beklagte hätte bei den aus dem Vertrag ersichtlichen Lizenzgebern ohne weiteres Nachforschungen anstellen können, dies sei ihr zumutbar gewesen. Auch andere Gerichte hätten keine Bedenken bezüglich der Aktivlegitimation der Klägerin gehabt.

Diese Rügen der Klägerin greifen jedoch nicht durch. Grundsätzlich ist zunächst derjenige, der von sich behauptet, Rechteinhaber zu sein, beweisbelastet für diesen Umstand (vergleiche z.B Kammergericht Berlin, Urteil vom 13. Juli 2009, 34 U 81/08). Dabei ist der Klägerin beizupflichten, dass unter bestimmten Umständen aus nachgewiesenen oder unstreitigen Indizien auf die Rechtsinhaberschaft geschlossen werden kann (vergleiche z.B. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 19. Dezember 2007, 5 U 15/07) und dass der Verletzer bei einer Urheberrechtsverletzung die Urheberschaft des Gläubigers bei Vorliegen bestimmter Umstände nicht mit bloßem Nichtwissen bestreiten darf (vergleiche z.B. OLG Hamm, Urteil vom 04. Juni 2008, 4 U 25/08). Die von der Klägerin zitierte Rechtsprechung soll nicht infrage gestellt werden. Die Umstände des vorliegenden Falles sind jedoch mit den Umständen der zitierten Entscheidungen nicht vergleichbar.

Zu Recht stellt das erstinstanzliche Gericht unter Hinweis auf § 8 Abs. 2 UrhG im Kern darauf ab, dass es bei der Rechteeinräumung durch Vertrag mit einer von mehreren Co-Produzentinnen nicht ausreicht, lediglich die Rechteeinräumung durch diese eine Co-Produzentin durch Vorlage des Vertragstextes nachzuweisen.

Die Klägerin beschränkt sich darauf, Auszüge aus dem Lizenzvertrag vorzulegen, aus denen sich jedoch eine Rechteeinräumung durch die übrigen Co-Produzentinnen nicht ergibt. Wenn die Beklagte auf diesen Umstand hinweist, stellt dies kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das Bestreiten der Beklagten ist schon allein deshalb nicht unsubstantiiert, weil zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es mehrere Co-Produzentinnen gab, und dass eine Rechteeinräumung durch alle diese Co-Produzentinnen zu erfolgen hatte. Aus dem Vertragstext ergibt sich lediglich, wie das Amtsgericht bereits herausgearbeitet hat, dass die Ulysses GmbH behauptet, zur Rechteeinräumung auch im Namen der übrigen Co-Produzentinnen befugt zu sein. Die Einräumung der Befugnis selbst hat die Klägerin nicht dargelegt. Die Klägerin legte zuletzt eine schriftliche Bestätigung der Geschäftsführerin der Ulysses. GmbH vom 27. März 2015 (Anlage K 5c) vor, die ebenfalls lediglich eine entsprechende Behauptung enthält. Dies ist nicht ausreichend. Sollte sich diese Behauptung allein auf den vorgelegten Vertragstext (Anl. K5) stützen, wäre der Vortrag aus den oben genannten Gründen unschlüssig. Sollten der Geschäftsführerin der Ulysses GmbH weitere Informationen vorliegen, die sich z.B. aus dem vollständigen Vertragstext oder separaten Bevollmächtigungen oder Rechteeinräumungen ergeben könnten, so wäre es der Klägerin auch zumutbar, diese Informationen bei ihrer Vertragspartnerin zu beschaffen, zu offenbaren und sie damit überprüfbar zu machen. Anders als in den von der Klägerin zitierten Fällen ist es nämlich vorliegend die Klägerin selbst, die aufgrund ihrer vertraglichen Beziehungen die Möglichkeit hat, die erforderlichen Informationen zu beschaffen, während die Beklagte als deutsche Verbraucherin nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten hat, Informationen von den internationalen verschiedenen Co-Produzentinnen zu erhalten.

Hiermit liegt der Sachverhalt ganz anders als z.B. in dem von der Klägerin zitierten Verfahren vor dem Kammergericht Berlin (Urteil vom 13. Juli 2009, 34 U 81/08), wo die Erben eines Opernsängers gegenüber einer Festspielleitung Ansprüche geltend machten; in diesem Fall ergab sich aus einem Vertragstext aus dem Jahr 1973, dass die Philharmonie die Rechte bei sämtlichen Solisten eingeholt hatte und dass sie die entsprechenden Erklärungen in Fotokopie erhalten hatte. Die Beklagte konnte keine Vertragstexte vorlegen. Das Kammergericht Berlin hielt die Indizien für ausreichend, um einen Rechteverlust des Klägers festzustellen. Ähnlich verhielt es sich bei einem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 10. März 1993, 6 U 211/92), wo ein Verleger einen Verlagsvertrag für die wissenschaftlichen Werke des Philosophen Husserl nicht vorlegen konnte, weil der ursprünglichen Halle an der Saale in der DDR ansässige Verlag bei seiner Übersiedlung nach Westdeutschland sämtliche geschäftlichen Unterlagen zurücklassen musste. Gleichzeitig war es jedoch u.a. unstreitig, dass die fraglichen Werke mit Zustimmung Husserls bei der Klägerin erschienen waren. Damit unterscheidet sich der Sachverhalt grundlegend von dem Vorliegenden. In einem anderen von der Klägerin bemühten Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 23. März 2012,6 U 67/11) waren die Klägerinnen als Lieferanten im zentralen Einkaufskatalog aufgeführt. Vor diesem Hintergrund hielt das Gericht ein pauschales Bestreiten der Beklagten für nicht ausreichend. Vorliegend ist weder vorgetragen, dass die Klägerin in entsprechenden Katalogen aufgeführt ist, noch ist das Bestreiten der Beklagten, worauf das Amtsgericht zu Recht hinweist, pauschal. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Rechtsinhaberschaft nicht lediglich mit Nichtwissen bestreitet, liegt der Fall zudem auch anders als in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19. April 2001, I ZR 238/98, wo dieser ausführt, dass ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zulässig war, weil die Partei ihren Informationspflichten nicht nachgekommen war; hier ging es jedoch, anders als im vorliegenden Fall für die Beklagte, um Vorgänge, an denen die betroffene juristische Person selbst beteiligt war. Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 24. Juni 2008, 4 U 25/08), bezieht sich lediglich auf ein pauschales Bestreiten und ist damit auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. In diesem Fall behauptete der Kläger, selbst Filmaufnahmen von einem tödlichen Fallschirmsprung gefertigt zu haben, und hatte dies durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen von Zeugen glaubhaft gemacht, die beobachtet haben wollten, wie der Kläger die Aufnahmen anfertigte. Für diese Fallkonstellation, die auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, entschied das Oberlandesgericht Hamm, dass zum einen grundsätzlich der Kläger die Beweislast für seine Rechteinhaberschaft trägt, dass jedoch in Anbetracht des substantiierten klägerischen Vortrages unter Vorlage von dem Grunde nach nicht angegriffenen eidesstattlichen Versicherungen ein substantiiertes Bestreiten der Beklagten erforderlich gewesen wäre. Auch der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg vom 19. Dezember 2007 (5U.15/07) zugrunde lag, ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Insbesondere lässt sich der Entscheidung gerade nicht entnehmen, dass auf den Nachweis einer Rechteinhaberschaft im Sinne einer lückenlosen Rechtekette verzichtet werden kann. Dort ging es um die Nutzung eines Musikstückes als Handyklingelton und es ergab sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass die Künstler selbst von einer Rechteinhaberschaft der Klägerin ausgehen. Diesem Umstand maß das Gericht erhebliche Indizwirkung zu, so dass es den Beklagten oblegen hätte, einzelfallbezogen konkrete Gegenargumente vorzutragen. In dieser Entscheidung betonte das Hanseatische Oberlandesgericht, dass grundsätzlich ein Anspruchsteller im Verletzungsprozess seine Rechte lückenlos nachweisen muss, und hielt lediglich ausnahmsweise das Bestreiten für unbeachtlich, da es – anders als vorliegend – lediglich pauschal und unsubstantiiert erfolgte.

Zu Recht weist das Amtsgericht ferner darauf hin, dass weder Entscheidungen durch andere Gerichte noch Entscheidungen aus dem Auskunftsverfahren für das hiesige Gericht bindend sind.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Anhaltspunkte können vorliegen, wenn das Gericht des ersten Rechtszuges die Beweislast verkannt hat, beweiswürdigende Darlegungen nachvollziehbarer Grundlage entbehren, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen wurde, Verfahrensfehler bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen sind oder Fehler bei der Bewertung des Ergebnisses der Beweisaufnahme vorliegen (vgl. BGH, NJW 2004, 1876; Heßler, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 529 Rn. 2). Nach Maßgabe dieser Kriterien ist die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden.

Insgesamt hat die Berufung demnach keine Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin mag innerhalb der im Beschlusstenor genannten Frist erklären, ob die Berufung zurückgenommen wird, was eine Ermäßigung der Gebühr gemäß Nr. 1222 der Anlage 1 zum GKG von 4,0 auf 2,0 zur Folge hätte.

Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Nach einstimmiger Auffassung der Kammer ist vorliegend eine Durchführung der mündlichen Verhandlung auch nicht aus sonstigen Gründen geboten. Dies kann allerdings dann der Fall sein, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts sich auf eine umfassende neue rechtliche Würdigung stützt und diese im schriftlichen Verfahren nicht angemessen erörtert werden kann (Heßler, in: Zoller, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 522 Rn. 40). So liegt es hier aber nicht. Die von der Kammer vertretene rechtliche Bewertung des festgestellten Tatsachenstoffes betrifft, soweit sie von der Beurteilung durch das Amtsgericht abweicht, lediglich einen Teil der Begründung und kann ohne weiteres im schriftlichen Verfahren sachgerecht erörtert werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung lässt hierfür jedenfalls keinen weitergehenden Erkenntnisgewinn erwarten.

Bremen, den 23. Dezember 2015, Landgericht, 7. Zivilkammer

 

gez.
[Name]
Für die Ausfertigung
Urkundsbeamt. der Geschäftsstelle des Landgerichts (…)