16:00 Uhr
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Rechtsanwältin Kathrin Berger
Fachanwältin für Informationstechnologierecht,
Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht
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Bericht
Beschluss als PDF:
http://www.kathringibtdirrecht.de/wordpress/wp-content/uploads/2016/03/LG-SB-7-S-16_15.pdf
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In einem im Detail besonderen Filesharing-Fall hat sich das LG Saarbrücken in einem Hinweisbeschluss (Beschluss vom 18.03.2016, Az. 7 S 16/15, – hier – abrufbar) zu den Aussichten einer Berufung geäußert:
Ursprünglich hatten Rechteinhaber an einem Film gegen den Inhaber eines Internetanschlusses geklagt, über dessen Anschluss der Film via Tauschbörse im Internet verbreitet worden sein soll. Der Anschlussinhaber hat selbst jedoch keinen Computer genutzt, da er wegen eines Augenleidens nicht länger als 2 Minuten auf einen Bildschirm blicken kann. Das ist auch die Besonderheit des Falles – der Anschlussinhaber schied eigentlich schon aus diesem Grund als Täter aus. Genutzt wurde der Anschluss durch die Ehefrau und die beiden erwachsenen Söhne des Beklagten. Auf die Abmahnung hin angesprochen gaben jedoch alle drei an, keine Tauschbörse genutzt zu haben. Die Klage erster Instanz wurde daher abgewiesen. Die Rechteinhaber legten Berufung am LG Saarbrücken ein.
Das Landgericht beabsichtigt daher, die Berufung zurückzuweisen.
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Landgericht Saarbrücken, Beschluss vom 18.03.2016, Az. 7 S 16/15 (Volltext)
(…) hat die 7. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken durch [Namen der Richter] am 18.03.16 beschlossen:
I.
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass das Gericht beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordert.
Ungeachtet des weiteren Vorbringens in der Berufungsbegründungsschrift liegt zumindest der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler hinsichtlich der sekundären Beweislast nicht vor.
Das Amtsgericht hat die Anforderungen an den Umfang der sekundären Darlegungslast des Beklagten nicht verkannt.
Die Klägerin trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche erfüllt sind. Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und mithin als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.15 -1 ZR 75/14, Tz. 35 ff, 42 – Tauschbörse III, juris).
Diese Anforderungen hat das Amtsgericht nicht verkannt. Es hat ausgeführt, der Beklagte sei seiner Darlegungslast dadurch nachgekommen, dass er vorgetragen hat, sein Internetanschluss werde von ihm selbst nicht genutzt, sondern nur von seiner Frau [Name] seinem Sohn [Name] Jahrgang 1981, und seinem Sohn [Name] Jahrgang 1985. Des Weiteren hat der Beklagte angegeben, er könne auf Grund einer Sehbehinderung nicht länger als zwei Minuten auf einen Bildschirm blicken.
Zwar ist der Beklagte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch zur Nachforschung im zumutbaren Rahmen verpflichtet. Hierzu hätte zumindest gehört, dass er seine Ehefrau und seine erwachsenen Söhne befragt hat, ob diese den streitgegenständlichen Film über eine Tauschbörse heruntergeladen haben. Insoweit ist jedoch festzustellen, dass der Beklagte vorgetragen hat, auf die streitgegenständliche Abmahnung angesprochen, hätten sämtliche Nutzer des Anschlusses angegeben, keine Tauschbörse genutzt zu haben. Hieraus ergibt sich, dass der Beklagte der ihn treffenden Nachforschungspflicht nachgekommen ist. Unter diesen Umständen wäre es Sache der Klägerin als Anspruchstellerin gewesen, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, a.a.O., Tz. 37). Ein Antrag auf Vernehmung der Ehefrau und der Söhne des Beklagten ist jedoch nicht gestellt worden.
Der Beklagte haftet auch nicht als Störer. Er hat auch insoweit im Rahmen der sekundären Darlegungslast, die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Auch diese Anforderungen hat das Amtsgericht nicht verkannt.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass sein WLAN zum Verletzungszeitpunkt mit einem individuellen Passwort gesichert gewesen sei. Auch in dieser Knappheit sind diese Ausführungen dennoch ausreichend detailliert. Denn hiermit kommt inzident zum Ausdruck, dass das werkseitig voreingestellte Verschlüsselungspasswort seines Routers nach der Installation von ihm geändert wurde.
II.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme – ggf. zur Rücknahme der Berufung – binnen drei Wochen gegeben. (…)
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LG Saarbrücken, Beschluss vom 18.03.2016, Az. 7 S 16/15