Dr. Wachs Rechtsanwälte (Hamburg): Das Amtsgericht Hamburg weist unbegründete Filesharing Klage zurück – Beklagte trug Tatsachen vor, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen (2 Filme)

09:57 Uhr

Wie die Hamburger Kanzlei „Dr. Wachs Rechtsanwälte“ unterrichtet, hat das Amtsgericht Hamburg eine Filesharing Klage der Augsburger Kanzlei „Negele, Zimmel, Greuter, Beller Rechtsanwälte“ als unbegründet zurückgewiesen (Urt. v. 10.08.2017, Az. 32 C 208/16, – noch nicht rechtskräftig!). Die Beklagte hat ihre Täterschaft bestritten und der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast entsprochen, indem sie Tatsachen vorgetragen hat, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen.

 

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

 

Dr. Wachs Rechtsanwälte

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Die Beklagte wurde von der Kanzlei „Negele, Zimmel, Greuter, Beller Rechtsanwälte“ im Auftrag der „LFP Video Group LLC (Beverly Hills, Vereinigte Staaten)“ wegen einem Urheberverstoß an den Filmen: „Busty Beauties Car Wash“ und „Flynt Vault – Spinners“ abgemahnt. Gefordert wurden, jeweils zwei separaten Abmahnschreiben, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Zahlung eines Pauschalabgeltungsbetrag i.H.v. 850,00 EUR. Die Beklagte erhielt aber nur ein Abmahnschreiben, die Klägerin konnten das Gegenteil nicht beweisen.

Da die Zahlung verweigert wurde, reichten „Negele, Zimmel, Greuter, Beller Rechtsanwälte“ Klage am Amtsgericht Hamburg ein. Sie waren der Meinung, dass die Beklagte selbst für die Rechteverletzung verantwortlich, ihr geschiedener Ehemann nie Zugang zum Internet hatte und ein Gegenstandswert i.H.v. 20.000,00 EUR gerechtfertigt sei.

 

Amtsgericht Hamburg: Beklagte haftet weder als Täter noch als Störer

Das Amtsgericht Hamburg konnte sich der Meinung der Klägerin nicht anschließen.

(…) Die Beklagte hat ihre Täterschaft bestritten und der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast entsprochen, indem sie Tatsachen vorgetragen hat, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass in der streitgegenständlichen Zeit der Internetanschluss neben ihrem damals bereits volljährigen Sohn auch ihrem geschiedenen Ehemann, Herrn [Name], zur Nutzung überlassen worden sei und dieser die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen habe. Er habe zugegeben, über ihren Internetanschluss regelmäßig Filme heruntergeladen zu haben, wenn er zu Besuch war. Er habe auch ein Geständnis unterschrieben. (…)

 

Das Amtsgericht Hamburg weiter,

(…) Soweit sich die Klägerin – entgegen der Einlassung der Beklagten – darauf beruft, dass ein Herr [Name] keinen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten gehabt habe und die Beklagte Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung gewesen sei, obliegt nach den oben dargelegten Grundsätzen der Klägerin die Darlegungs- und Beweislast. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht erbracht. (…)

 

Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist macht es deutlich, dass sich ein Abgemahnter / Beklagter in Filesharing Angelegenheiten nicht selbst vertreten sollte, sondern einen auf Filesharing Klagen spezialisierten Anwalt beauftragen muss.

 

 

 

 

AG Hamburg, Urteil vom 10.08.2017, Az. 32 C 208/16

 

 

(…) – Abschrift –

Amtsgericht Hamburg

Az.: 32 C 208/16

Verkündet am 10.08.2017
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Urteil

IM NAMEN DES VOLKES

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: [Name],

gegen

[Name],
– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Wachs, Osterstraße 116, 20259 Hamburg,

erkennt das Amtsgericht Hamburg – Abteilung 32 – durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2017

für Recht:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz und Aufwendungsersatz wegen einer Verletzung von ausschließlichen Nutzungs- und Auswertungsrechten an den Filmen [Name] und [Name] durch das öffentliche Zugänglichmachen der Filme im Internet über eine sogenannte P2P-Tauschbörse (Filesharing-System).

Die Klägerin ist Herstellerin der streitgegenständlichen Filme.

Am [Name] Datum um [Uhrzeit] Uhr wurde durch die [Name] GmbH mittels der Software „[Name]“ ein / e Nutzer / in mit der IP-Adresse [IP] ermittelt, die / der zu diesem Zeitpunkt die Datei mit dem Hashwert [Hash], die zuvor visuell mit dem Film [Name] abgeglichen worden war – wobei eine Übereinstimmung festgestellt worden war – anderen Teilnehmern von Tauschbörsen zum Download anbot.

Am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr wurde durch die [Name] GmbH mittels der Software „[Name]“ ein / e Nutzer / in mit der IP-Adresse [IP] ermittelt, die / der zu diesem Zeitpunkt die Datei mit dem Hashwert [Hash], die zuvor visuell mit dem Film [Name] abgeglichen worden war – wobei eine Übereinstimmung festgestellt worden war – anderen Teilnehmern von Tauschbörsen zum Download anbot.

Die [Providername] übermittelte der Klägerin aufgrund von zwei Gestattungsanordnungen des Landgerichts [Name] die Daten, die zu den fraglichen Zeitpunkten den ermittelten IP-Adressen zugeordnet waren, nämlich den Namen und die Anschrift der Beklagten als Anschlussinhaberin.

Mit Schreiben vom [Datum] mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Rechtsverletzung vom [Name] ab. Die Beklagte wurde zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und Zahlung eines Pauschalabgeltungsbetrages in Höhe von 850,00 EUR aufgefordert (vgl. Anlagen K7).

Die Klägerin behauptet,
sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung der Filme [Name] und [Name]. Es bestehe zwischen der Klägerin und ihren Rechtsanwälten keine gesonderte Vergütungsvereinbarung, sondern es werde ausschließlich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abgerechnet. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin hätten die Beklagte mit Schreiben vom [Datum] hinsichtlich der streitgegenständlichen Rechtsverletzung vom [Datum] abgemahnt. Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Filme selbst über eine Tauschbörse anderen Nutzern zum Download angeboten. Es habe keine andere Person auf ihren Internetanschluss zugreifen können.

Die Klägerin ist der Auffassung,
die Beklagte hafte als Täterin für die Rechtsverletzung. Die Klägerin könne von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR (500,00 EUR je Film) beanspruchen. Zudem stehe ihr die Erstattung der im Rahmen der Abmahnungen angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 859,80 EUR netto (20.000,00 EUR Gegenstandswert) zu.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.859,80 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,
sie selbst habe die Rechtsverletzungen nicht begangen. Sie habe lediglich das Abmahnschreiben aus März [Jahr] erhalten. Ihr am [Datum] geborener Sohn, der Zeuge [Name], der über einen eigenen Laptop verfüge, habe auf Nachfrage erklärt, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen und auch auf dessen Computer hätte sich der in der Abmahnung genannte Film nicht befunden. Der geschiedene Ehemann der Beklagten und Vater des Zeugen [Name], Herr [Name], habe zugegeben, die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen zu haben. Herr [Name] sei ein Lebenskünstler, der über keinen festen Wohnsitz verfüge. Er habe den gemeinsamen Sohn öfter besucht und auch Zugang zum Internetanschluss gehabt. Bei einem Besuch am [Datum] habe er auch ein Geständnis unterschrieben. Die Beklagte habe einen handelsüblichen Router verwendet, der mit WPA2 und einem individualisierten Zufalls-Passwort gesichert gewesen sei.

Die Beklagte ist der Auffassung,
sie hafte nicht für die streitgegenständliche Rechtsverletzung. Zudem sei der beanspruchte Schadensersatz und der für die beanspruchten Rechtsanwaltskosten zugrunde gelegte Gegenstandswert von 20.000,00 EUR zu hoch bemessen.

Das Gericht hat die Beklagte persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll zu den mündlichen Verhandlungen vom 16.03.2017 und 20.07.2017 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Schadensersatz und / oder Erstattung von Abmahnkosten zu. Die Ansprüche ergeben sich insbesondere nicht aus §§ 97 Abs. 2, 97a Abs. 1 UrhG.

1.

Auf Schadensersatz haftet nach § 97 Abs. 2 UrhG derjenige, der die Verletzungshandlung vorgenommen hat, also Täter der Rechtsverletzung war. Dass die behauptete Rechtsverletzung durch die Beklagte vorgenommen wurde, hat die Klägerin nicht bewiesen.

Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Tätern verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – „Morpheus“; Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12, – „BearShare“; Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – „Tauschbörse III“, jeweils zitiert nach juris). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – „Everytime we touch“, Rn. 33, juris).

Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen daher nicht gerecht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerinnen als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 -, Rn. 33, – „Everytime we touch juris“).

Die Beklagte hat ihre Täterschaft bestritten und der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast entsprochen, indem sie Tatsachen vorgetragen hat, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen. Die Beklagte hat vorgetragen, dass in der streitgegenständlichen Zeit der Internetanschluss neben ihrem damals bereits volljährigen Sohn auch ihrem geschiedenen Ehemann, Herrn [Name], zur Nutzung überlassen worden sei und dieser die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen habe. Er habe zugegeben, über ihren Internetanschluss regelmäßig Filme heruntergeladen zu haben, wenn er zu Besuch war. Er habe auch ein Geständnis unterschrieben.

Soweit sich die Klägerin – entgegen der Einlassung der Beklagten – darauf beruft, dass ein Herr [Name] keinen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten gehabt habe und die Beklagte Täterin der streitgegenständlichen Rechtsverletzung gewesen sei, obliegt nach den oben dargelegten Grundsätzen der Klägerin die Darlegungs- und Beweislast. Diesen Beweis hat die Klägerin nicht erbracht.

Aus den Angaben der Beklagten und dem persönlichen Eindruck im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung ergaben sich keinerlei Anzeichen für die Unwahrheit der Angaben der Beklagten. Diese erschienen vielmehr glaubhaft. Insbesondere auch zu den zwei wortgleichen Erklärungen mit den unterschiedlich aussehenden Unterschriften hatte die Beklagte eine plausible Erklärung. Sie antwortete auf jede Frage detailreich und ohne zögern. Dies betraf auch sämtliche vom Gericht oder auch dem Klägervertreter gestellte Fragen zu Herrn [Name]. Daran, dass Herr [Name] existiert und der Vater des Sohnes der Klägerin, Herrn [Name], ist, bestehen schon aufgrund der vorgelegten Ausweiskopie und des vorgelegten Scheidungsurteils keine Zweifel.

Auch die auf Antrag der Klägerin durchgeführte Vernehmung des Zeugen [Name] blieb unergiebig im Hinblick auf die Behauptungen der Klägerin, Herr [Name] habe keinen Zugang zum Internetanschluss der Beklagten gehabt und die Rechtsverletzung nicht gestanden. Vielmehr bestätigte der Zeuge [Name] die Angaben der Beklagten, wobei auch er ebenfalls bereitwillig auf jede Frage ausführlich, detailreich und widerspruchsfrei antwortete. Der Zeuge machte Erinnerungslücken oder Unsicherheiten von sich aus deutlich und gab gleichzeitig auch Details an, welche die Angaben der Beklagten selbst weiter ergänzten. Er gab unter anderem an, sein Vater habe ihm gegenüber am Geburtstag seiner Mutter, der am [Datum] sei, geäußert, eine Erklärung wie die vorgelegte unterschrieben zu haben. Auch habe sein Vater bei Besuchen, die in den Jahren [Jahr] und [Jahr] regelmäßig stattgefunden hätten und insbesondere auch morgens erfolgt seien, Zugang zum Internetanschluss der Beklagten gehabt.

Angesichts des Inhalts und des Eindrucks der persönlichen Anhörung der Beklagten und der Zeugenvernehmung ist im Ergebnis davon auszugehen, dass Herr [Name] ernsthaft als alternativer Täter für die hier streitgegenständlichen Rechtsverletzungen in Betracht kommt und eine tatsächliche Vermutung für die Verantwortlichkeit der Beklagten nicht eingreift. Dies gilt auch unabhängig von der Frage, ob die durch die Beklagte vorgelegten Erklärungen vom [Datum] tatsächlich durch Herrn [Name] unterschrieben wurden. Eine weitere Beweisaufnahme zu dieser Frage – durch graphologisches Sachverständigengutachten – war daher nicht veranlasst.

2.

Die Beklagte haftet auch nicht als Teilnehmerin. Voraussetzung dafür wäre neben einer objektiven Gehilfenhandlung (Anstiftung oder Beihilfe) ein zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, einschließlich des Bewusstseins ihrer Rechtswidrigkeit (vgl. dazu: BGH, GRUR 2011, 152 – „Kinderhochstühle im Internet“). Dies kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht festgestellt werden.

3.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Aufwendungsersatzanspruch gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F.).

Die Beklagte haftet nicht als unmittelbarere Verletzerin im Sinne dieser Vorschrift, da nicht zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass sie die Rechtsverletzung begangen hat (siehe oben Ziffer 1).

Die Beklagte haftet auch nicht als Störerin im Sinne des § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F.). Anders als im Rahmen der Schadensersatzhaftung nach § 97 Abs. 2 UrhG haftet auf Kostenersatz nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG (a.F.) auch ein mittelbarer Verletzer (sog. Störer). Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (vgl. BGH GRUR 2014, 657, 659 – „BearShare“). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungs- bzw. Belehrungspflichten, voraus.

Für eine Belehrungspflicht der Beklagten steht vorliegend keine hinreichende Tatsachengrundlage fest. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung ist der Inhaber eines Internetanschlusses grundsätzlich nicht verpflichtet, volljährige Mitglieder seiner Wohngemeinschaft oder seine volljährigen Besucher und Gäste, denen er das Passwort für seinen Internetanschluss zur Verfügung stellt, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihnen die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 86/15 – „Silver Linings Playbook“, BGHZ 210, 224-232). Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze stehen keine konkreten Anhaltspunkte für eine Belehrungspflicht der Beklagten fest. Insbesondere folgte eine Belehrungspflicht nicht aus dem Zugang der ersten streitgegenständlichen Abmahnung vom [Datum]. Die Beklagte hat insoweit bestritten, diese Abmahnung mit Datum vom [Datum] erhalten zu haben. Beweis hat die Klägerseite nicht geführt. Ein solcher gelang der Klägerin auch nicht durch die Aussage des Zeugen [Name]. Dieser sprach in seiner Aussage lediglich von einer erhaltenen Abmahnung.

Ob eine etwaige Verletzung von Sicherungspflichten hinsichtlich des WLAN-Routers vorlag, kann vorliegend dahinstehen. Dass eine etwaige Verletzung kausal für die streitgegenständliche Rechtsverletzung geworden wäre, ist bereits angesichts der ernsthaften Möglichkeit der Täterschaft des Herrn [Name] nicht ersichtlich und ist auch nicht behauptet.

4.

Da die Hauptforderung aus den unter I. 1. – 3. genannten Gründen nicht begründet ist, besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf die als Nebenforderung geltend gemachten Zinsen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Hamburg
Sievekingplatz 1
20355 Hamburg

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung. Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

gez.
[Name]
Richterin am Amtsgericht (…)

 

 

 

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AG Hamburg, Urteil vom 10.08.2017, Az. 32 C 208/16

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