Initiative AW3P: Ticket Abmahnungen der Kanzlei Lentze . Stopper Rechtsanwälte. Was gilt?

15:13  Uhr

Foto: AW3P

 

Für viele ist das Internet der Ort, wo man schnell und vor allem bequem dies oder das kauft oder verkauft. Insbesondere für Sportveranstaltungen oder Konzerten werden häufig auch Tickets zum Verkauf angeboten. Ein Grund kann sein, dass der Ticketinhaber selbst am Tag des Spiels oder Konzerts verhindert ist. Es gibt aber sicherlich auch viele halb-private Anbieter, die mit dem Verkauf der Tickets Geld verdienen wollen. Vielmals ist zu lesen, dass diverse Vereine der Fußball-Bundesliga abmahnen lassen, die eine Einzel- oder Dauerkarte für ein bestimmtes Spiel im Internet, beispielsweise über eine Auktionsplattform verkaufen.

Zitat Anwalt Blog:

(…) Wir haben Kenntnis von einer Abmahnung der Rechtsanwälte Lentze Stopper bezüglich Ticketverkauf erlangt. Dem Adressaten wird ein Verstoß gegen die ATGB wegen Anbietens von Karten über die Plattform „ticketbis“ vorgeworfen. Wie bereits in der Vergangenheit berichtet mahnen eine Vielzahl von Fußballvereinen wegen Verstößen gegen die Ticketbedingungen ab bzw. von – wie hier – Tickets zum Pokalfinale 2017. Die Abmahnung stützt sich auf die Allgemeinen Ticketbedingungen die ein Anbieten von Karten über Plattformen wie „eBay“, „viagogo“ und „ticketbis“ sanktionieren. (…)

Was ist dran an diesen Abmahnungen, sind diese überhaupt rechtens und wenn, was ist zu beachten. Diesbezüglich hat AW3P seine Fragen an die Münchner Kanzlei „Lentze . Stopper Rechtsanwälte“ gerichtet.

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Simon Karlin, LL.M.
Rechtsanwalt (Attorney)
Associate Counsel

 

LENTZE . STOPPER Rechtsanwälte
Widenmayerstraße 28, 80538 München
T: +49-89-856 333 10 | F: +49-89-856 333 129
E-Mail: info@lentzestopper.eu | Internet: http://www.lentzestopper.eu

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AW3P: Herr Rechtsanwalt Simon Karlin, danke erst einmal, dass Sie sich für die Beantwortung der Fragen Zeit genommen haben. Immer wieder liest man von Abmahnungen von z.B. eBay-Verkäufer, die eine Einzel- oder Dauerkarte für ein bestimmtes Spiel eines Fußball-Bundesliga-Vereins verkauft haben. Warum werden denn diese privaten Verkäufer überhaupt abgemahnt? Wenn ich eine Karte bzw. Ticket kaufe, dann ist es doch mein privates Eigentum! Das bedeutet, ich kann damit mache, was ich möchte. Oder etwa nicht?

Rechtsanwalt Simon Karlin: Auch wenn das jeweilige Ticket nach dem Erwerb im privaten Eigentum des Käufers steht, ist Grundlage eines Ticketvertrages mit dem Veranstalter jedoch die jeweils zugrundeliegenden AGB, hier in Form der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen (kurz: ATGB), denen der Käufer im Rahmen des Ticketkaufs jeweils zustimmt. Diese ATGB sehen in der Regel vor, dass eine Weitergabe bzw. Weiterveräußerung der Tickets nur unter den in den ATGB genannten Bedingungen erfolgen darf und gerade ein Angebot und / oder Verkauf auf dem nicht autorisierten Ticketzweitmarkt untersagt ist. Hintergrund dieser Regelungen ist vor allem die Erhaltung einer moderaten und sozialen Preisstruktur, denn die Clubs selber verkaufen die Tickets in der Regel unter Marktwert – dies dient vor allem auch dem Interesse der „echten“ Fußballfans. Zudem dient die Regulierung des unkontrollierten Wiederverkaufs der Sicherheit im jeweiligen Stadion, denn nur so kann eine Trennung der Fangruppen im Stadion gewährleistet werden.

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AW3P: Welche Verstöße bzw. Verletzungen können alles abgemahnt werden?

Rechtsanwalt Simon Karlin: In der Regel wird auf Grundlage der ATGB abgemahnt, dass ein Käufer seine Tickets auf dem nicht autorisierten Ticketzweitmarkt anbietet und / oder verkauft, insbesondere zu einem höheren Preis, als dem ursprünglichen Kaufpreis oder auf einer Ticketplattform im Internet. Zudem werden beim nicht genehmigten Weiterverkauf in der Regel nicht die ATGB abgebildet, wozu sich der Erstkäufer beim Vertragsschluss gemäß der ATGB jedoch verpflichtet hat. In Einzelfällen können darüber hinaus auch Marken- und / oder Überrechtsverletzungen Gegenstand einer Abmahnung sein. In Einzelfällen verstößt ein nicht genehmigter Weiterverkauf auch gegen das Wettbewerbsrecht und ist daher als „unlauter“ einzustufen.

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AW3P: Wenn ich eine Abmahnung erhalte, welche Ansprüche werden geltend gemacht bzw. welche Forderungen werden gestellt?

Rechtsanwalt Simon Karlin: Regelmäßig wird im Wesentlichen ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht, verbunden mit dem Anspruch auf Zahlung der durch die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten.

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AW3P: Kann ich eine solche Abmahnung ignorieren, man liest ja öfters über so genannte Abo-Fallen, oder wie muss ich darauf reagieren?

Rechtsanwalt Simon Karlin: Diese Fallkonstellation hat nichts mit den sog. „Abo-Fallen“ zu tun. Eine anwaltliche Abmahnung sollte grundsätzlich nicht ignoriert werden. Sollte auf das Abmahnschreiben, welches auf einem konkreten Verstoß gegen die ATGB beruht, nicht reagiert werden, können andernfalls weitere Kosten anfallen. Um jedoch sicherzustellen, dass ein Käufer bestmöglich informiert ist, ob er reagieren muss, bieten wir zum Beispiel an, dass sich jeder abgemahnte Ticketverkäufer kostenfrei bei einer eigens hierzu durch uns eingerichteten Hotline telefonisch melden kann, um den jeweiligen Einzelfall möglichst ohne großen Aufwand für die Betroffenen beilegen zu können. So kann verhindert werden, dass Mehrkosten für den Käufer entstehen.

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AW3P: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11.09.2008, Az. I ZR74/06) kann nur gewerblichen Verkäufern die Weiterveräußerung von Eintrittskarten untersagt werden. Warum werden dann Privatpersonen abgemahnt?

Rechtsanwalt Simon Karlin: Leider wird die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs oftmals falsch dargestellt, dort wird nicht zwischen privatem und gewerblichem Weiterverkauf differenziert, sondern entscheidend ist die wirksame Anerkennung der ATGBs durch den Käufer. Eine Weiterveräußerung muss immer im Rahmen wirksam einbezogener ATGB erfolgen, die gerade öffentliche Angebote / Verkäufe, etwa im Internet auf nicht autorisierten Ticketzweitmarktplattformen, untersagen. Gegen eine rein private Weitergabe eines Tickets im Freundes- oder Bekanntenkreis, weil man das Ticket ausnahmsweise nicht selbst nutzen kann, wird allerdings in der Regel nicht vorgegangen. Solche Fälle liegen aber beim anonymen Handel im Internet aber gerade nicht vor, sondern hier wird ausdrücklich gegen die ATGB der Clubs verstoßen.

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AW3P: Kann ich ein erworbenes Fußball Ticket privat im Bekanntenkreis weiterverkaufen bzw. verschenken?

Rechtsanwalt Simon Karlin: Grundsätzlich ja. Wie gesagt, können Tickets etwa in Fällen von Krankheit oder sonstiger kurzfristiger Verhinderung privat – nicht öffentlich – angeboten bzw. weitergegeben werden. Ansonsten besteht mittlerweile bei der Mehrzahl der Bundesligaclubs die Möglichkeit, die Tickets in solchen Fällen über den offiziellen clubeigenen Ticketzweitmarkt zum Verkauf anzubieten. Der Verkäufer bleibt so auch nicht auf seinen Kosten sitzen, da er dadurch sein Ticket legal und kontrolliert an einen Dritten zum Kaufpreis weiterveräußern kann.

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AW3P: Abschließend, wann und unter welchen Bedingungen darf ich als Privatperson überhaupt ein oder mehrere Fußball Tickets im Internet öffentlich verkaufen?

Rechtsanwalt Simon Karlin: Dies ist grundsätzlich nach den ATGB-Regelungen der Mehrzahl der Bundesligaclubs und sonstigen Veranstalter im Fußball nicht zulässig.

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AW3P: Herr Rechtsanwalt Simon Karlin, recht herzlichen Dank für die Beantwortung dieser Fragen.

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