Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Urteil des Amtsgericht Ingolstadt – Verweis auf zugriffsberechtigte Familienmitglieder sowie auf Sicherheitslücke am verwendeten Router befreit den Anschlussinhaber nicht von seiner Haftung („geknackter“ WLAN-Gastzugang; Beklagter ohne Anwalt)

15:28 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der in Anspruch genommene Anschlussinhaber bestritt die persönliche Tatbegehung und berief sich darauf, dass zum Verletzungszeitpunkt auch seine Ehefrau sowie sein Vater Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Diese würden über gute Computerkenntnisse verfügen und das Internet nach eigenem Ermessen nutzen. Auf Nachfrage hätten beide jedoch glaubhaft angegeben, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Deren Täterschaft könne jedoch nicht ausgeschlossen werden. Zudem sei auch ein unberechtigter Fremdzugriff nicht auszuschließen, da der Router des Beklagten zum einen von einer Sicherheitslücke betroffen gewesen sei und zum anderen er auch einen WLAN-Gastzugang mit „sehr einfachem Code“ eingerichtet habe, welcher gegebenenfalls von anderen Bewohnern des Hauses oder Gästen „geknackt“ worden sein könnte.

 

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Autor:
Rechtsanwalt Florian Aigner

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Aus dem Vortrag wird nicht ersichtlich, dass eine Alleintäterschaft der Ehefrau oder des Vaters des Beklagten ernsthaft In Betracht kommen würde, zumal nach dem Vortrag des Beklagten beide eine Täterschaft bestritten haben sollen und beide für den Beklagten glaubhaft angegeben hätten, keine Straftat begangen zu haben.


Das Amtsgericht erachtete den Vortrag des Beklagten unter Verweis auf die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung als nicht ausreichend, um der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nachzukommen. Die bloße Behauptung, weitere Familienmitglieder könnten den Internetanschluss nutzen, sei insoweit unerheblich. Es sei in keiner Weise ersichtlich, aus welchen Gründen einer dieser Personen als Alleintäter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen könnte.

Der Vortrag des Beklagten ist dabei insbesondere bezüglich weiterer Mitnutzern ungenügend und es ist auch kein plausibler Alternativtäter ersichtlich.

Insbesondere wurde nicht hinreichend konkret zum Nutzungsverhalten der weiteren Mitnutzer vorgetragen. Es wurde nur pauschale vorgetragen, die Familienangehörigen würden das Internet nach eigenem Ermessen nutzen.

„Im Rahmen der den Beklagten treffenden sekundären Darlegungslast bedarf es der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann (BGH NJW 2017, 78 – Everytime we touch). Die bloße pauschale Behauptung einer Nutzungsmöglichkeit Dritter genügt jedoch nicht (BGH GRUR-RR 2017, 484 – Ego-Shooter). Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH GRUR-RR 2017, 484 – Ego-Shooter).“

Hinsichtlich einer möglichen Ausnutzung des Internetanschlusses durch unbekannte Dritte fehle es ebenfalls an konkreten Darlegungen.

„Auch der bloße Hinweis auf ein mögliches Eindringen in das WLAN-Netz durch einen unbekannten Dritten genügt nicht, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen (Reber in: BeckOK Urheberrecht, Ahlberg / Götting, 20. Edition, Stand; 20.04.2018, § 97 UrhG, Rn. 72). Es gibt keine konkreten Indizien für das Eindringen eines Dritten in das WLAN-Netz über eine Sicherheitslücke der Routers und ebenso wenig wurden durch den Beklagten konkrete Indizien für eine Begehung der Rechtsverletzung durch einen Dritten, der den „einfachen“ Code für den Gastzugang des WLAN geknackt hätte.“

Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher antragsgemäß zur Zahlung von 1.000,00 EUR Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.

 

 

AG Ingolstadt, Urteil vom 24.05.2018 – 16 C 2059/17

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

Az.: 16 C 2059/17

 

Amtsgericht Ingolstadt

IM NAMEN DES VOLKES

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,

gegen

[Name], 85080 Gaimersheim,
– Beklagter –

wegen Verletzung von Urheberrechten

 

erlässt das Amtsgericht Ingolstadt durch den Richter am Amtsgericht [Name] am 24.05.2018 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2018 folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.06.2017, sowie weitere 107,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2017 sowie als Nebenforderung 107,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.06.2017 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann. die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Beklagte wohnte im April [Jahreszahl] in der [Straße, Nr.] Ingolstadt und war dort Anschlussinhaber eines Internetanschlusses.

Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild-/Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus, darunter auch das Filmwerk [Name]. Im Hersteller- und Urhebervermerk ist die Klägerin dabei ausdrücklich als Rechteinhaberin ausgewiesen.

Die Klägerin beauftragte einen Dienstleister mit Hilfe eines Systems namens „PFS“ Rechtsverletzungen über Internettauschbörsen zu ermitteln.

Dabei ermittelte diese eine Rechtsverletzung am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr. Die Rechtsverletzung fand dabei über die IP-Adresse [IP] statt. Zum Zeitpunkt der ermittelten Rechtsverletzung war diese IP-Adresse dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet.

Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] wurde der Beklagte wegen der Rechtsverletzung abgemahnt.

Die Klägerin trägt vor, aufgrund der tatsächlichen Vermutung und da der Beklagte die sekundäre Darlegungslast nach der Rechtsprechung des BGH nicht erfüllt habe, gelte dieser als Täter der Urheberrechtsverletzung. Der Klägerin stehe daher ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu.

Die Klägerin beantragt:

Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.06.2017,

107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.06.2017, sowie

107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.06.2017
zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Durch den Beklagten wurde bestritten, dass er selbst Filesharing begangen habe. Zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung hätten mehrere Familienangehörige mit ihren internetfähigen Endgeräten Zugriff auf seinen Anschluss gehabt. Hierbei handele es sich um seine Frau sowie seinen Vater. Diese Personen würden allesamt über gute Computerkenntnisse verfügen und das Internet nach eigenem Ermessen nutzen. Die Nutzer seien bei der WLAN-Code-Übergabe von ihm aufgeklärt worden.

Nach dem ersten Anschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin habe er sofort Nachforschungen begonnen. Auf Nachfrage bei seinem Vater und seiner Frau sei ihm glaubhaft bestätigt worden, dass keiner von beiden das Filesharing begangen habe. Bei seiner Recherche sei er von einem Kollegen darauf aufmerksam gemacht worden, dass viele „Fritzboxen“ eine große Sicherheitslücke hätten und nur durch ein Update diese geschlossen werden könne. Auch sein Modell 7390 sei davon betroffen gewesen. Er habe das Update im Juni [Jahreszahl] auf die Box aufgespielt. Zudem habe er einen WLAN-Gastzugang eingerichtet mit einem sehr einfachen Code. Da er in einem Mehrfamilienhaus gewohnt habe, könne es auch gut möglich sein, dass der Code eventuell von den damaligen Mitbewohnern oder Gästen gehackt wurde.

Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 16.04.2018 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Beklagte haftet der Klägerin gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG auf Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR, da die Urheberrechtsverletzung schuldhaft begangen wurde. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten ferner Ansprüche auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 107,50 EUR als Hauptforderung und in Höhe von 107,50 EUR als Nebenforderung aus § 97a Abs. 3 UrhG zu.

1.

Der Beklagte haftet gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG auf Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR.

a)

Die Klägerin ist als unstreitige Rechteinhaberin aktivlegitimiert.

Die Klägerin hat substantiiert zur eigenen Rechteinhaberschaft bezüglich des streitgegenständlichen Filmwerks vorgetragen und konnte auch zahlreiche aussagekräftigen Indizien hierfür nennen. Die Beklagtenseite ist dem Vortrag nicht entgegengetreten, weshalb der Vortrag bezüglich der Rechteinhaberschaft als unstreitig zu behandeln ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

b)

Die Rechtsverletzung wurde von dem Internetanschluss des Beklagten aus begangen.

Durch die Klägerin wurde substantiiert zu den Ermittlungen und dem Auskunftsverfahren vorgetragen. Der Beklagte ist dem Vortrag zur Ermittlung der IP-Adresse und zur Zuordnung der IP-Adresse zu seinem Telefonanschluss nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb auch dies als unstreitig zu behandeln ist (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Es ist daher als unstreitig anzunehmen, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung über den Anschluss des Beklagten begangen wurde.

c)

Es ist im vorliegenden Fall von einer Täterschaft des. Beklagten auszugehen, da er der für ihn bestehenden sekundären Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen ist. Der Beklagte ist daher für die Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich.

aa)

Die Klägerin trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Danach ist .es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH GRUR 2013, 511 Rn. 32 – Morpheus; BGH GRUR 2014, 657 Rn. 14 – BearShare).

bb)

Der Beklagte ist jedoch seiner sekundären Darlegungslast als Anschlussinhaber nicht nachgekommen.

Steht der Beweisführer – wie regelmäßig der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers – außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache und die Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Den Inhaber eines Anschlusses trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 16 f. – BearShare; BVerfG, Beschluss vom 23.09.2016 – 2 EWF? 1797/15, BeckRS 2016, 53290; OLG München ZUM-RD 2016, 308 ff. m.w.N.; BGH NJW 2016, 953 bzw. GRUR 2016, 191 – Tauschbörse III – m.w.N.).

Dieser genügt er grundsätzlich dann, wenn er vorträgt, ob andere Personen selbständig Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 18 – BearShare; BGH NJW 2016, 953 bzw. GRUR 2016, 191 – Tauschbörse III – m.w.N). Eine Umkehr der Beweislast ist mit der sekundären Darlegungslast ebenso wenig verbunden wie eine über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, der Klägerin alle für ihren Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH GRUR 2014, 657 Rn. 18 – BearShare).

Der Vortrag des Beklagten ist dabei insbesondere bezüglich weiterer Mitnutzern ungenügend und es ist auch kein plausibler Alternativtäter ersichtlich.

Insbesondere wurde nicht hinreichend konkret zum Nutzungsverhalten der weiteren Mitnutzer vorgetragen. Es wurde nur pauschale vorgetragen, die Familienangehörigen würden das Internet nach eigenem Ermessen nutzen.

Im Rahmen der den Beklagten treffenden sekundären Darlegungslast bedarf es der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann (BGH NJW 2017, 78 – Everytime we touch). Die bloße pauschale Behauptung einer Nutzungsmöglichkeit Dritter genügt jedoch nicht (BGH GRUR-RR 2017, 484 – Ego-Shooter). Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH GRUR-RR 2017, 484 – Ego-Shooter).

Aus dem Vortrag wird nicht ersichtlich, dass eine Alleintäterschaft der Ehefrau oder des Vaters des Beklagten ernsthaft in Betracht kommen würde, zumal nach dem Vortrag des Beklagten, beide eine Täterschaft bestritten haben sollen und beide für den Beklagten glaubhaft angegeben hätten, keine Straftat begangen zu haben. Zudem hätten auch beide angegeben, dass sie keinen Virus und keine Tauschbörsensoftware auf dem Computer hätten entdecken können. Ferner ist unklar geblieben, ob diese potentiellen Alternativtäter überhaupt die Kenntnisse und Fähigkeiten gehabt hätten, die Rechtsverletzung zu begehen und wie sich deren Nutzungsverhalten gestaltet.

Auch der bloße Hinweis auf ein mögliches Eindringen in das WLAN-Netz durch einen unbekannten Dritten genügt nicht, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen (Reber in: BeckOK Urheberrecht, Ahlberg / Götting, 20. Edition, Stand: 20.04.2018, § 97 UrhG, Rn. 72). Es gibt keine konkreten Indizien für das Eindringen eines Dritten in das WLAN-Netz über eine Sicherheitslücke der Routers und ebenso wenig wurden durch den Beklagten konkrete Indizien für eine Begehung der Rechtsverletzung durch einen Dritten, der den „einfachen“ Code für den Gastzugang des WLAN geknackt hätte.

An die sekundäre Darlegungslast ist ein strenger Maßstab im Hinblick auf Plausibilität und Detailgrad anzulegen – hierzu gehört vor allem ein plausibler und nachvollziehbarer Vortrag im Hinblick auf einen alternativen Geschehensablauf (Reber in: BeckOK Urheberrecht, Ahlberg / Götting, 20. Edition, Stand: 20.04.2018, § 97 UrhG, Rn. 72). Dies ist hier weder im Bezug auf die bekannten noch auf mögliche unbekannte Mitnutzer gegeben.

d)

Die Rechtsverletzung erfolgte auch schuldhaft. Dem Beklagten ist jedenfalls Fahrlässigkeit zur Last zu fegen. Im Urheberrecht gelten strenge Sorgfaltsanforderungen, ein Verwerter muss sich grundsätzlich umfassend nach den erforderlichen Rechten erkundigen (LG München 1, 21 S 12683/14, Urteil vom 01.07.2015; v. Wolff in: Wandtke / Bullinger, 4. Auflage 2014. § 97 UrhG, Rn. 52).

e)

Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.000,00 EUR zu.

Die Klägerin kann gem. § 97 Abs. 2 S. 1, 3 UrhG Schadensersatz u.a. nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie geltend machen. Als angemessen gilt die Lizenzgebühr, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten (st. Rspr. vgl. BGH GRUR 1990, 1008, 1009 f. – Lizenzanalogie; LG München I – 21 S 12683/14, Urteil vom 01.07.2015). Unerheblich ist insoweit, ob der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlung eine Vergütung in dieser Höhe zu zahlen, oder ob der Rechteinhaber zu einer entsprechenden Lizenzierung bereit gewesen wäre (Dreier in: Dreier / Schulze, UrhG. 4. Aufl. 2013,. § 97 UrhG, Rn. 61).

Das Gericht hätte den Schadensersatz nach Lizenzanalogie im vorliegenden Fall in Höhe von 1.000,00 EUR für angemessen.

Dabei hat das Gericht die Höhe des Anspruchs gemäß § 287 ZPO auf der Grundlage der klägerischen Angaben, die insoweit unstrittig geblieben sind, zu schätzen. Im vorliegenden Fall war dabei insbesondere zu beachten, dass ein Filmwerk mit weltweit bekannten Schauspielern und überdurchschnittlich hohen Produktionskosten gegeben ist.

Das Gericht hat insoweit auch berücksichtigt, dass eine öffentliche Zugänglichmachung eines Films in einer Tauschbörse eine sehr hohe Reichweite hat, den Erwerb der DVD oder durch legalen Download entbehrlich macht und somit eine Verdrängung des Angebots der Klägerin darstellt. Im Hinblick auf diese Reichweite der öffentlichen Zugänglichmachung des Films in einer Tauschbörse hätte eine Lizenz räumlich und zeitlich unbeschränkt erteilt werden müssen und die Erteilung von Unterlizenzen umfassen müssen.

In der Rechtsprechung werden unterschiedlich hohe Beträge für den Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in den sog. Tauschbörsenfällen ausgeurteilt. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil „Tauschbörse II“ entschieden, dass das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schadensersatzes in Form der Lizenzanalogie für Musikstücke rechtsfehlerfrei von einem Betrag von 200.00 EUR für jeden der insgesamt 15 in die Schadensberechnung einbezogenen Musiktitel ausgegangen sei (vgl. BGH GRUR 2016, 184 – Tauschbörse II).

In Anbetracht der erheblichen Produktionskosten bei einem „Hollywood“-Film mit sehr bekannten Schauspielern erscheint im vorliegenden Fall für dieses Filmwerk ein Schadensersatzbetrag von 1.000,00 EUR angemessen.

2.

Daneben steht der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren zu.

Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 1.600,00 EUR nebst der Pauschale im Sinne des Nr. 7002 VV-RVG ist dabei nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden.

Bezüglich des Gegenstandswerts für den Unterlassungsanspruch war dabei aufgrund der Deckelung des § 97a Abs. 3 UrhG von 1.000,00 EUR auszugehen, wobei hierzu noch der Gegenstandswert für den Schadensersatzanspruch zu addieren war. Insgesamt sind daher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR berechtigt, wobei diese teilweise eine Hauptforderung und teilweise eine Nebenforderung darstellen. Soweit sich dies auf den Schadensersatzanspruch bezieht, ist es lediglich eine Nebenforderung zur eingeklagten Hauptforderung und soweit sich die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf den Unterlassungsanspruch beziehen, handelt es sich dabei um eine Hauptforderung des Verfahrens, da der Unterlassungsanspruch nicht eingeklagt wurde.

3.

Der Anspruch auf Zahlung der Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Ingolstadt
Neubaustraße 8
85049 Ingolstadt

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Das elektronische Dokument muss
– mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
– von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungswög eingereicht werden.

Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
– auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
– an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.

Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen:

gez.
[Name]
Richter am Amtsgericht

Verkündet am 24.05.2018
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Für die Richtigkeit der Abschrift
Ingolstadt, 25.05.2018
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
– ohne Unterschrift gültig (…)

 

 

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AG Ingolstadt, Urteil vom 24.05.2018 – 16 C 2059/17

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