16:23 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die in Anspruch genommene Beklagte beschränkte ihren Vortrag auf ein pauschales Abstreiten der klägerischen Ansprüche. Ihr Sachvortrag erschöpfte sich in der Behauptung: „der Klägerin steht die Klageforderung nicht zu, weil die Beklagte keinen Urheberrechtsverstoß begangen hat, denn sie hat die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung bereitgestellt.“
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Bericht
Urteil als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser
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Das Amtsgericht beurteilte diesen Vortrag als nicht annähernd ausreichend, um die einen Anschlussinhaber treffenden Vortragsobliegenheiten zu erfüllen. So ließen diese Ausführungen „das Ziel des Bestreitens im Unklaren“. Die Beklagtenseite lasse offen, ob sie mit bereits bestreiten wolle, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung überhaupt über ihren Internetanschluss begangen wurde; oder ob sie sich damit verteidigen wolle, die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben.
Die tatsächliche Vermutung der persönlichen Verantwortlichkeit lässt sich nicht durch ein rein pauschales Bestreiten erschüttern.
Das Gericht bestätigt zudem die Höhe der gelten gemachten anwaltlichen Kosten in Höhe von 506,00 EUR. Dabei erachtet das Gericht sowohl den in Ansatz gebrachten Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR sowie die berechnete 1,0 Gebühr als angemessen. Die Anwendung von § 97a Abs. 2 UrhG a.F. lehnte das Gericht ab, da es sich bei der vorliegenden Materie gerade nicht um einfach gelagerte Fälle handle.
Das Amtsgericht ging zurecht davon aus, dass bereits die vorgelagerten Ermittlungen der jeweiligen Rechtsverletzungen einen Aufwand erfordern, der über einen einfach gelagerten Fall hinausgeht. Zudem komme es im Rahmen von Filesharing zu einer „unkontrollierten massenhaften illegalen Nutzung.“
Schließlich wurde der Klägerin ein Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR zugesprochen. Aufgrund der Tatsache, dass das Einstellen eines Filmwerkes in einer illegalen Tauschbörse zu einer „lawinenartigen illegalen Weiterverbreitung“ führt, sah das Gericht den geforderten Mindestbetrag als angemessen an.
AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98)
(…) – Beglaubigte Abschrift –
Amtsgericht Frankfurt am Main
Außenstelle Höchst
Aktenzeichen: 387 C 1062/16 (98)Verkündet lt. Protokoll am:
02.12 2016[Name],
Urkundsbeamtin/-beamter der GeschäftsstelleIm Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
KlägerinProzessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf u. Koll., Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
[Name],
BeklagteProzessbevollmächtigter: [Name],
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main, Außenstelle Höchst durch den Richter am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2016
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.10.2014 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an’die Klägerin 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin hat für das Filmwerk [Name] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Sie behauptet, dass über den Internetanschluss der Beklagten das Filmwerk vom [Datum,Uhrzeit] bis zum [Datum, Uhrzeit] Uhr über die illegale Tauschbörse BitTorrent zum illegalen Herunterladen (Download) angeboten worden sei. Eine tatsächliche Vermutung spreche dafür, dass die Beklagte die Tat begangen habe. Die Klägerin hat die Beklagte mit Schreiben vom Mn u.a. zur Abgabe einer strafbewertenden Unterlassungserklärung auffordern lassen. Die Beklagte hat sich daraufhin uneingeschränkt zur Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen verpflichtet. Die Klägerin verlangt angemessenen Schadenersatz für die Urheberrechtsverletzung. Sie meint, dass ein Betrag von nicht weniger als 600,00 EUR angemessen sei. Außerdem verlangt sie Erstattung der Kosten für die Abmahnung Sie meint, der angesetzte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR sei angemessen.
Wegen des Vortrags der Klägerin im Einzelnen, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung des Internetanschlusses der Beklagten sowie die Begründung der Höhe des Schadensersatzes und des Gegenstandswertes der anwaltlichen Abmahnung, wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten der Klägerin verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermitteln des Gerichtes gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2014 zu zahlen;die Beklagte zu verurteilen, an sie 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Sie bestreitet den Urheberrechtsverstoß. Sie habe die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung zur Verfügung gestellt.
Die Beklagte erhebt Einwände gegen die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzes sowie gegen den Streitwert für das Anwaltschreiben vom [Datum].
Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung der Bevollmächtigten der Beklagten vom 09.05.2016, Bl. 98 ff. der Gerichtsakte, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin, die unstreitig die Inhaberin sämtlicher Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk ist, kann gemäß §§ 97 Abs. 2, 19a Urhebergesetz von der Beklagten Schadenersatz verlangen und gemäß § 97a Urhebergesetz Ersatz der Rechtsverfolgungskosten, da die Beklagte das Filmwerk über die illegale Tauschbörse BitTorrent zum elektronischen Abruf über das Internet angeboten hat. Es handelt sich dabei um die illegale öffentliche Zugänglichmachung im Sinne von § 19a Urhebergesetz. Die Täterschaft der Beklagten steht fest, da sie sich zu den dahingehenden Ausführungen der Klägerin nicht in der prozessual erforderlichen vollständigen Weise erklärt hat. Sie hat ausgeführt:
„Der Klägerin steht die Klageforderung nicht zu, weil die Beklagte kein Urheberrechtsverstoß begangen hat, denn sie hat die streitgegenständlichen Dateien nicht heruntergeladen und sie auch nicht anderen zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin werden bestritten.“
Diese Ausführungen lassen das Ziel ihres Bestreitens im Unklaren. Der Anspruch der Klägerin setzt zum einen voraus, dass die Beklagte Inhaberin des Anschlusses ist, von dem aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, zum anderen, dass sie selbst den Anschluss genutzt hat. Zu ersterem hat die Klägerin substantiierten Vortrag gehalten, zu letzterem weist sie zu Recht auf eine tatsächliche Vermutung der Täterschaft der Beklagten hin. Offen bleibt nun, ob die Beklagte bestreiten möchte, dass die Urheberrechtsverletzung über ihren Internetanschluss begangen wurde oder ob sie sich damit verteidigen will, dass sie für die über ihren Internetanschluss begangene Rechtsverletzung nicht verantwortlich sei. Der klägerische Vortrag ist damit nicht in prozessual wirksamer Weise bestritten.
Die Klägerin kann einen Schadensersatzbetrag gemäß § 97 Abs. 2 Urhebergesetz in Höhe von 600,00 EUR verlangen. Das Gericht bestimmt den Schadensersatz im Wege einer Lizenzanalogie, und zwar ausgehend von einer Lizenz für das Abrufen des Filmwerkes. Die Klägerin hat unbestritten angegeben, dass die Lizenz für das Abrufen eines entsprechenden Filmwerkes regelmäßig nicht weniger als 5,87 EUR beträgt. Ob dieser Betrag zu erhöhen ist, kann dahinstehen, da ein Schaden von 600,00 EUR, ausgehend von einem Lizenzbetrag von 5,87 EUR für den Einzelfall bereits bei nicht mehr als 100 Abrufen erreicht wird. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Tathandlung der Beklagten wenigstens zu einem zweihundertfachen Herunterladen führt, da das Einstellen in die illegale Tauschbörse zu einer „lawinenartigen illegalen Weiterverbreitung“ führt.
Die Beklagte schuldet gemäß § 97a Urhebergesetz Erstattung der Rechtsverfolgungskosten, also die Kosten für das Anwaltsschreiben vom [Datum] mit dem sie u.a. zur Abgabe einer strafbewertenden Unterlassungserklärung aufgefordert wurde. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben eine 1,0 Geschäftsgebühr angesetzt, was nicht ei beanstanden ist. Dasselbe gilt von dem Streitwert von 10.000,00 EUR. Vor dem Hintergrund, dass streitgegenständlich die Zugänglichmachung eines gesamten Filmwerkes, die zu einer unkontrollierbaren lawinenartigen Verbreitung führt, ist der Gegenstandswert nicht zu beanstanden.
Der Anspruch der Klägerin wird auch nicht durch § 97a Urhebergesetz in der bis zum 08.10.2013 geltenden Fassung beschränkt. Danach sind in einfach gelagerten Fällen nur 100,00 EUR zu erstatten. Hier ist allerdings nicht von einem einfach gelagerten Fall auszugehen, da zum einen aufwendige Ermittlungen erforderlich waren, um die Beklagte als Täterin der Verletzungshandlung festzustellen, auf der anderen Seite die Tathandlung zu einer unkontrollierbaren massenhaften illegalen Nutzung des Werkes führen kann.
Die Klägerin hat Anspruch auf die gesetzlichen Verzugszinsen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
[Name],
Richter am Amtsgericht (…)
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AG Frankfurt am Main (Außenstelle Höchst), Urteil vom 02.12.2016, Az. 387 C 1062/16 (98)
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