WALDORF FROMMER: Familienmitglieder bestreiten Tatbegehung in gerichtlicher Beweisaufnahme – Das Amtsgericht Frankfurt am Main verurteilt Anschlussinhaberin antragsgemäß

17:00 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die Beklagte hatte die persönliche Verantwortlichkeit der streitgegenständlichen Rechtsverletzung abgestritten. Zur Zeit der Rechtsverletzung hätten zudem ihr Ehemann sowie die beiden gemeinsamen Kinder Zugriff auf den häuslichen Internetanschluss gehabt und kämen somit als Täter in Betracht.

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Bericht

Link:
http://news.waldorf-frommer.de/waldorf-frommer-familienmitglieder-bestreiten-tatbegehung-in-gerichtlicher-beweisaufnahme-amtsgericht-frankfurt-verurteilt-anschlussinhaberin-antragsgemaess/

Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2016/09/AG_Frankfurt_381_C_254815_37.pdf

Autor:
Rechtsanwalt David Appel

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Im Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme hatten sämtliche Familienmitglieder die Begehung der Tat bestritten, was das Gericht in seinen Entscheidungsgründen wie folgt gewürdigt hat:

„In der Beweisaufnahme haben weder die beiden Kinder noch der Ehemann zugestanden, dass sie diese Urheberrechtsverletzung begangen hätten. […] Es besteht jedoch für das Gericht keine Grundlage, nur aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung dass Erwachsene – hier gegebenenfalls wohl schon ältere Frauen – derartige Aktionen mit einem derartigen Film auf Tauschbörsen nicht unternehmen und damit zum Beispiel die als Zeugin benannte Tochter eher infrage käme. Dies wären reine Spekulationen. Dies ist dem Gericht verwehrt. Daher hat das Gericht mangels entsprechender gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die drei Zeugen nicht die Urheberrechtsverletzung begangen haben.“

Das Gericht kam folgerichtig zu dem Schluss, dass somit nur die beklagte Anschlussinhaberin als Täterin der Rechtsverletzung verbleibe:

„Es bleibt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur die Beklagte als Verletzerin der Urheberrechte der Klägerin übrig. […] Es verbleibt daher bei der im Zivilprozess einzig rekonstruierbaren Möglichkeit, dass die Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat.“

Auch das pauschale Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin wertete das Gericht im Ergebnis als nicht erheblich:

„Offensichtlich wurde daher das Urheberrecht der Klägerin unstreitig gestellt. Ansonsten wäre angesichts des substantiierten Vortrages der Klägerseite ein weiteres – nun zu pauschales – Bestreiten nicht erheblich.“

Gleiches gelte auch für das pauschale Bestreiten im Hinblick auf die Ermittlung und Zuordnung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung. Das Verfahren, wie es von der Klägerseite betrieben wurde, sei so ausgereift, „dass diese Zuordnung zumindest mit der – auch hier pauschalen – Verteidigung der Beklagten nicht in Zweifel gezogen werden kann“, so das Gericht in seinen Entscheidungsgründen.

Die Beklagte wurde daraufhin zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes, der vollständigen Verfahrens- sowie der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten verurteilt.

 

 

 

AG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.09.2016, Az. 381 C 2548/15 (37)

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

Amtsgericht Frankfurt am Main
Außenstelle Höchst
Aktenzeichen: 381 C 2548/15 (37)

Verkündet lt. Protokoll am:
08.09.2016
[Name],
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf u. Koll.,

gegen

[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigte: [Name],

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main – Außenstelle Höchst durch den Richter am Amtsgericht [Name]aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2016 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR als Schadensersatz zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2014 sowie 506,00 EUR Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es bleibt der Beklagten nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz als fiktive Lizenzgebühr sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für ein Abmahnverfahren wegen der behaupteten illegalen Nutzung mit Filesharing eines Filmes.

Die Klägerin behauptet, dass sie Inhaberin der Urheberrechte für die Verwertung der Bild und Tonaufnahmen in Deutschland für den Film „[Name]“ sei. Sie verfüge über die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte insofern.

Die Beklagte habe am 18.11.2012 zwischen 10.45 Uhr und 11.08 Uhr über ihren Internet-Anschluss unzulässigerweise und unter Verletzung des Urheberrechtes der Klägerin diesen Film über Filesharing im Internet angeboten. Daher könne sie zum einen eine fiktive Lizenzgebühr von 600,00 EUR verlangen. Nachdem sie die Beklagte abgemahnt hatte, könne sie für die hierdurch entstandenen Anwaltskosten 506,00 EUR verlangen.

Die Klägerin stellt Antrag
wie ausgeurteilt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet das Urheberrecht der Klägerin an dem Film. Sie bestreitet auch, dass sie die vorgeworfene Handlung begangen habe. Daher müsse sie weder eine fiktive Lizenzgebühr bezahlen noch Anwaltskosten.

Gemäß Beweisbeschluss vom 29.02.2016 wurden die von der Klägerin benannten Familienangehörigen der Beklagten, Herr [Name] und die Kinder [Name] und [Name], im Termin am 15.06.2016 vernommen. Hinsichtlich des Inhaltes ihrer Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin kann zum einen die begehrte fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 600,00 EUR verlangen.

Von Beklagtenseite wurde zwar das Urheberrecht der Klägerin am Film in der Klageerwiderung bestritten. Nachdem die Klägerin jedoch hierauf im Schriftsatz vom 21.01.2016 umfänglich repliziert hat (Bl. 209 d.A.), verteidigte sich die Beklagte diesbezüglich nicht mehr. Offensichtlich wurde daher das Urheberrecht der Klägerin unstreitig gestellt. Ansonsten wäre angesichts des substantiierten Vortrages von Klägerseite ein weiteres – nun zu pauschales – Bestreiten nicht erheblich.

Gleiches gilt für die Verteidigung der Beklagten dahingehend; dass dieses illegale Filesharing nicht von ihrem Computer ausgegangen sei. Das Verfahren, wie es von der Klägerseite betrieben wurde, um über die Ermittlung der IP-Adresse den konkreten Computer zu ermitteln, ist so ausgereift, dass diese Zuordnung zumindest mit der auch hier zu pauschalen – Verteidigung der Beklagten nicht in Zweifel gezogen werden kann.

So kommt es alleine darauf an, ob nun tatsächlich die Beklagte diese Urheberrechtsverletzung begangen hat. Sie behauptet, dass auch andere Personen, nämlich ihre Familienangehörigen, Zugriff auf den Computer gehabt hätten und von daher dieses Filesharing durchgeführt haben könnten.

In der Beweisaufnahme haben weder die beiden Kinder noch der Ehemann zugestanden, dass sie diese Urheberrechtsverletzung begangen hätten. Es ist zwar davon auszugehen, dass auch der Ehemann, obwohl er dies geleugnet hat (was gegebenenfalls noch strafrechtliche Weiterungen haben könnte), Zugang zum Computer hat. Dies wurde von den Kindern so bestätigt. Alle drei gaben jedoch an, dass sie zur fraglichen Zeit den Computer nicht zu diesen Zwecken (Filesharing des gegenständlichen Films) genutzt hätten. Es zwar nicht auszuschließen, dass die Zeugen dem Gericht nicht die ganze Wahrheit gesagt haben – bei dem Ehemann ist dies für das Gericht zumindest hinsichtlich des von ihm verneinten Zugangs zum Computer und damit zum Internet äußerst wahrscheinlich bis evident. Es besteht jedoch für das Gericht keine Grundlage, nur aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung das Erwachsene – hier gegebenenfalls wohl schon ältere Frauen – derartige Aktionen mit einem derartigen Film auf Tauschbörsen nicht unternehmen und damit zum Beispiel die als Zeugin benannte Tochter eher infrage käme. Dies wären reine Spekulationen. Dies ist dem Gericht verwehrt. Daher hat das Gericht mangels entsprechender gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die drei Zeugen nicht die Urheberrechtsverletzung begangen haben. Die Von dem Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 22.07.2016 angestellte Bewertung der Beweisaufnahme und der rechtlichen Weiterungen bis hin zur Auffassung, dass auf der Grundlage der Beweisaufnahme die Klage abzuweisen wäre, trägt nicht.

Es bleibt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nur die Beklagte als Verletzerin der Urheberrechte der Klägerin übrig. Soweit von Beklagtenseite auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12. Mai 2010 verwiesen wird, steht diese der hiesigen Entscheidung nicht entgegen. Die Beklagte trägt nicht vor, dass sie diesen Personen die Nutzung „bewusst“ überlassen hätte. Diese Personen konnten den Computer nutzen. Sie hat ihnen aber für diese fragliche Zeit nicht die Nutzung eingeräumt, so dass sie sich damit auch nicht exkulpieren kann. Es verbleibt daher bei der im Zivilprozess einzig rekonstruierbaren Möglichkeit, dass die Beklagte die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

Daher hat sie die fiktiven Lizenzgebühren zu zahlen. Diese sind in der Höhe nicht zu beanstanden. Auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten für das Abmahnverfahren sind zu zahlen. Auch diese bewegen sich im üblichen Rahmen.

Die Zinsentscheidungen haben ihre Grundlagen in den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 bzw. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600.00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richter am Amtsgericht (…)

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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.09.2016, Az. 381 C 2548/15 (37)

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