Initiative AW3P: 2016 – Die neue Beweiswürdigung der Beweislast (Filesharing Fälle)

12:47 Uhr

Seit dem BGH-Termin am 06. Oktober 2016 (I ZR 154/15; noch keine PM oder Volltext vorliegend) versucht man in aktuellen Gerichtsentscheidung von Erstgerichten die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast bei Filesharing-Fälle neu zu erfinden. Eigentlich nicht ganz so richtig, da diese uneinheitliche Rechtsfindung schon seit dem BearShare-Entscheid (BGH, Urt. v. 08.01.2014 – I ZR 169/12) zu erkennen ist.

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Initiative AW3P

 

z.H. Herr Steffen Heintsch
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Bericht

Link:
http://aw3p.de/archive/1737

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Ich denke dass sehr viele Abgemahnte die aktuellen Gerichtsentscheidungen zur Beweislast und sekundären Darlegungslast zwar bejubeln, aber die Komplexität des Sachverhaltes und dessen Wichtigkeit für die eigene Verteidigung nicht ganz einordnen können. Ich werde deshalb versuchen die Beweislast bei Filesharing Fälle mit meinen Worten nahezubringen.

Ausgangslage Filesharing

– Logfirma dokumentiert einen Rechteverstoß am Werk seines Auftraggebers in einer Tauschbörse
– Beweis = (P2P-)IP-Adresse
a) was sagt diese IP-Adresse zum Zeitpunkt über den Verletzer aus?
aa) den Filesharer – die Person hinter dieser IP-Adresse? Nein!
ab) einzig der Provider kann zugeordnet werden
– mit der ermittelten und dokumentierten (P2P-)IP-Adresse geht nun der beauftragte Anwalt zum Gestattungs-Landgericht (siehe § 101 IX UrhG) und beantragt die Herausgabe der Daten zur Person hinter dieser
– Landgericht prüft und gestattet den Antrag – Anwalt geht zum Provider
– Provider beauskunftet zur ermittelten (P2P-)IP-Adresse
a) den Filesharer bzw. echten Rechteverletzer? Nein!
b) die Berechtigung des Anspruchs? Nein!
c) einzig den / seinen Kunden – vertragliche Anschlussinhaber -, dem diese IP-Adresse zum Logg zugeordnet wurde

Beweislast Abmahner

– Voraussetzungen für Geltendmachung der Ansprüche erfüllt sind
– Beweis zu erbringen, dass der Abgemahnte für die Rechteverletzung als Täter verantwortlich ist
aa) der echte Rechteverletzer ist weder ermittel- bzw. beauskunftbar

Ergebnis:
– es wurde ein Rechteverstoß ermittelt und dokumentiert, es kann aber nicht bewiesen werden, wer der echte Täter ist, sondern es wurde nur der Verantwortliche des Internetzuganges durch den Provider zugeordnet und verauskunftet
– das heißt, die Beweislast stützt sich allein auf den Anscheinsbeweis der IP-Adresse
– der Abmahner kann weder beweisen, ob
a) der Anschlussinhaber Störer oder Täter ist
b) Mitnutzer zum Log den Anschluss benutzten oder es sich um einen Einpersonenhaushalt handelt
c) der Anschluss innerhalb einer Wohngemeinschaft, Untervermietung, Ferienwohnung usw.
genutzt wird
d) ob ein unberechtigter Dritter bei z.B. einem unzureichend gesicherten Internetzugang diesen fremd benutzt
e) ob das Ergebnis der Rechteverletzung für den reinen Eigengebrauch oder gewerblich genutzt wird usw. usf.
– auf diese Fragen hat der Abmahner – keine – Antworten UND kann diese auch nicht beweisen, da er hierzu selbst keine Einsicht hat, sondern nur allein der abgemahnte Anschlussinhaber.

Jetzt gibt es – erst einmal egal ob als Beweislastumkehr oder Beweiserleichterung abgetan – eine aus dem § 138 ZPO abgeleitete Erklärungspflicht des Beweislast-Gegners (Abgemahnter).

Die sekundäre Darlegungslast oder einfacher die Last des Gegners

Und nein, diese sekundäre Darlegungslast wurde nicht extra für Filesharing Fälle erfunden, sondern ist fester Bestandteil im Zivilrecht. Zur Erläuterung habe ich deshalb ein BGH-Entscheid aus dem Jahr 1990 herausgesucht.

BGH, Urteil v. 11.06.1990 – II ZR 159/89 (Hamburg)
(…) Zweck des Zivilprozesses sei dementsprechend der Individualschutz durch Findung der materiellen Wahrheit. Diese sei ohne umfassende Aufklärungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei nicht möglich. In Fällen, in denen die darlegungs- und beweispflichtige Partei sich in typischer Unkenntnis der ihrer Substantiierungspflicht unterliegenden Tatsachen befinde, sollten Anhaltspunkte als plausible Vermutungsbasis für die allgemeine Rechtsbehauptung genügen. Die nicht beweispflichtige Partei sei dann gehalten, alle denkbaren und zumutbaren Aufklärungsbeiträge zu leisten. Im Regelfall führe eine vorwerfbare Verletzung der allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht dazu, dass das der beweispflichtigen Partei günstige Aufklärungsergebnis zu unterstellen sei. Die Lehre von der allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht hat sich nicht durchsetzen können. (…)

(…) Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen. (…)

(…) Es bleibt vielmehr bei dem Grundsatz, dass keine Partei gehalten ist, dem Gegner für seinen Prozess-Sieg das Material zu verschaffen, über das er nicht schon von sich aus verfügt. (…)

(…) In bestimmten Fällen erlegt die Rechtsprechung dem Gegner der primär behauptungs- und beweisbelasteten Partei allerdings eine gewisse (sekundäre) Behauptungslast auf, nämlich vor allem dann, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind. (…)

Darlegungslast = Substantiierungslast

Thomas / Putzo, ZPO, 31. Auflage, 2010, Vorbem. § 284 Rn. 18 Nr. 7. a):
(…) Steht der Darlegungspflichtige selbst außerhalb des Geschehensablaufs und kann er auch von sich aus den Sachverhalt nicht ermitteln, während die Gegenseite die erforderlichen Informationen hat oder sich leicht beschaffen kann, so genügt nach Treu und Glauben nicht, dass die Gegenseite sich mit einfachen Bestreiten begnügt, sie muss vielmehr im Einzelnen darlegen (sog. Behauptungslast), dass die von ihr bestrittene Behauptung  unrichtig ist, so dass die beweisbelastete Partei den Beweis für die Richtigkeit antreten kann. (…)

Das bedeutet, der Abmahner kann keine Kenntnis davon haben, wer den Internetzugang des abgemahnten Anschlussinhaber zum Logg – tatsächlich – genutzt hat; dieser Umstand liegt allein in der Sphäre des Abgemahnten. Steht der Beweisführer – wie regelmäßig der Abmahner in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers – außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Abgemahnten
a) im Rahmen des Zumutbaren
b) das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache und die Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden. Den Inhaber eines Anschlusses trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast.

Substantiierung:
(…) Als Substantiierung bezeichnet man die Detailliertheit mit der ein Vortrag erfolgt. Je detaillierter ein Vortrag erfolgt, so substantiierter ist dieser Vortrag auch. Diese Substantiierung führt zwischen Kläger und Beklagtem zu einer Wechselwirkung. Soweit sich die eine Partei mit einem groben Vortrag begnügt, kann sich die andere Partei ebenfalls zunächst mit pauschalem Bestreiten oder zumindest mit nur grobem Vorbringen begnügen (Quelle: Jura Uni Saarland , Link: http://archiv.jura.uni-saarland.de/Methodik/substanz.htm). (…)

Kurzes Fazit AW3P

Hierzu sollte man sich – immer – von der Volltextveröffentlichung des Bundesgerichtshof leiten lassen und nicht von einem Erstgericht. Dies ist – locker bleiben – keine Beleidigung gegenüber Amtsgerichte, sondern Entscheidungen des Amtsgericht – egal ob Richtungsweise oder Spitze – können in der Berufung (LG. OLG bzw. KG) entweder bestätigt oder verworfen werden.

Die aktuelle BGH-Entscheidung zu Filesharing Fälle im Volltext stellt das Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – „Tauschbörse III“ dar. Dieses – obwohl Seiten der Erstgerichte wenig beachtet – erläutert die Beweislast.

AW3P kurz und knapp: BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – „Tauschbörse III

1. Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters (AG. LG, OLG bzw. KG)

Aufgabe des BGH:
Überprüfung, ob sich der jeweilige Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 Abs. 1 ZPO mit dem Prozess-Stoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt.

2. Kläger trägt die Beweislast (allgemeiner Grundsatz im Zivilrecht)

a) dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind.
b) darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihnen behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist

Beachte
Alleinig – durch den Anscheinsbeweis der IP-Adresse – steht eine Rechteverletzung über die ermittelte, dokumentierte, beauskunftete und zugeordnete IP-Adresse fest. Der echte Täter ist nicht beweisbar.

3. tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers

a) wird immer angenommen, wenn – *zum Logg – keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten
b) auszuschließen bei Nutzungsmöglichkeit durch Dritte
aa) der Internetanschluss – zum Logg – nicht hinreichend gesichert war oder
ab) bewusst anderen Personen – zum Logg – zur Nutzung überlassen wurde

* es ist immer nur der Zeitpunkt der Rechteverletzung – der Logg / die Loggs – entscheidend!

4. In der Konstellation Punkt 3. trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast

Beachte
Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Abmahner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.

Der Abgemahnte wird dieser sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er vorträgt:
a) ob andere Personen und
b) gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten
und
aa) als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen

Hinweis:
a) der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet
b) entspricht der Abgemahnte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Abmahners, die für eine Haftung des beklagten Anschlussinhaber als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände
aa) darzulegen
und
ab) nachzuweisen

Beachte
es kommt nicht auf die Nutzungsmöglichkeit von Familienangehörigen im Allgemeinen, sondern konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an
a) das heißt, durch eventuelle pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des beklagten Anschlussinhaber lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht gerecht (Darlegungslast = Substantiierungslast).

Damit wäre eigentlich alles wichtige erklärt. Eigentlich.

Neue Beweiswürdigung der Beweislast?

Trotzalledem entwickelt sich die Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bundesweit unterschiedlich. Sehr überspitzt ausgedrückt hängt der Erfolg der Verteidigung mehr vom Gerichtsstandort ab, als vom substantiierten Sachvortrag. Des einen Freud (Bielefeld) ist des anderen Leid (München). Das kann doch nicht sein, denn es wird dann schnell aus Recht – Ungerechtigkeit.

Knackpunkte

a) Anforderungen an der sekundären Darlegungslast bundesweit unterschiedlich (hoch / gering)
b) Meinungsbildung statt Rechtsfindung zu BGH-Entscheiden zu Filesharing Fälle
c) einem konträren Kernproblem

Kernproblem = tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers

Es wird  – bislang und höchstrichterlich – gefordert

I. tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers

a) immer angenommen,
wenn – zum Logg – keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten
b) auszuschließen bei Nutzungsmöglichkeit durch Dritte
aa) der Internetanschluss – zum Logg – nicht hinreichend gesichert war oder
ab) bewusst anderen Personen – zum Logg – zur Nutzung überlassen wurde

II. Abgemahnte wird dieser sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er vorträgt:

a) ob andere Personen und
b) gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang – zum Log – zu seinem Internetanschluss hatten
und
aa) als Täter der Rechteverletzung in Betracht kommen

Entscheidende Fragen

Was passiert in den Fällen, wenn der beklagte Anschlussinhaber – in der Konstellation  Mitnutzer –
a) seine eigene mögliche Haftung substantiiert bestreitet
aa) die tatsächliche Vermutung (siehe Punkt I. b)) erschüttert
und
b) vorträgt zu Punk II.
aber
c) im Rahmen der Zeugenvernehmung, die benannten Mitnutzer (siehe Punkt II.)
aa) die eigene Täterschaft bestreiten
oder
ab) durch widersprüchliche, nicht nachvollziehbare oder unplausible Zeugenaussagen als Täter – nicht – in Betracht kommen können?

 

Ist die tatsächliche Vermutung durch Punkte a) + b) nicht mehr existent, so dass Punkt c) in der richterlichen Beweiswürdigung liegt?

Dr. Bernhard Knies – Bericht zu BGH, Urteil vom 06.10.2016, I ZR 154/15:
(…) Ein weiteres wichtiges Element, was der BGH hier vorgebracht hat, war die Frage der Beweiswürdigung der Beweislast. Denn im Ausgangsverfahren hat die Ehefrau des Beklagten, dass sie für diese Filesharing-Gechichte möglicherweise nicht verantwortlich sei. Sie hat eine etwas ungenaue Aussage gemacht, herumgeeiert, wahrscheinlich weil sie sich selbst nicht belasten wollte. Die Revision, vertreten durch Waldorf, hat diesen Umstand gegen den Beklagten wenden wollen. Der Bundesgerichtshof hat gesagt, dass kann so nicht sein, denn die Klägerin, also hier das Filmunternehmen was Waldorf vertreten hat, habe die Beweislast. Wenn die Zeugin nun eine ungünstige Aussage macht oder eine nicht nachvollziehbare Aussage macht, so sei dies nicht das Problem des Beklagten, sondern das des Klägers, der schließlich die Beweislast trägt. (…)

AG Stuttgart – Bericht Christian Solmecke – AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16
(…) Der Beklagte hat, nachdem er alle Familienmitglieder angehört hat, konkret zu möglichen Alleintätern sowie zu deren Nutzungsverhalten vorgetragen; er hat seine Darlegungslast auch nicht deshalb verletzt, weil er seinen Familienangehörigen insofern glaubte, dass sie nicht Täter waren, bzw. er keine Vermutung hinsichtlich der Täterschaft eines Familienmitglieds äußerte (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 14.10.2015, Az. 121 C 135/15, wonach dem Beklagten gem. § 138 Abs. 3 ZPO lediglich die Benennung von Tatsachen obliegt, er indes keine Wertung vorzunehmen hat). (…)

(…) Für das Vorliegen der Voraussetzung der Vermutung ist jedoch derjenige beweispflichtig, der sich auf die Vermutung beruft, vorliegend somit der Rechteinhaber. (…)

Amtsgericht Bielefeld – Bericht Dr. Ralf Petring – AG Bielefeld, Beschluss vom 13.10.2016, Az. 42 C 151/16:
(…) Der Anschlussinhaber ist demnach lediglich verpflichtet, diejenigen Personen, die den Internetanschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig mitbenutzt haben, zu ermitteln und unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift namentlich zu benennen. Zu einem substantiierten Sachvortrag des Anschlussinhabers gehört es, die weiteren Nutzer nicht bloß namentlich zu benennen. (…)

(…) Ein substantiierter Sachvortrag verlangt vielmehr, dass der Anschlussinhaber nähere Angaben zum generellen Nutzungsverhalten der Personen, denen die Nutzung des Internetanschlusses gestattet wurde, macht. Hierzu gehören Angaben darüber, wie die Personen Zugang zum Internetanschluss erhalten haben (LAN oder WLAN, welche Verschlüsselung, Art des Passwortes, welches internetfähige Endgerät), wie häufig diese Personen das Internet genutzt haben (täglich, gelegentlich, selten oder fast gar nicht) und wozu das Internet generell genutzt wurde (z.B. Informationsbeschaffung, E-Mails, Online-Shopping, Nutzung sozialer Netzwerke, Spielen, Filesharing, Streaming, Skypen). Dies stellt – soweit es dem Anschlussinhaber bei Nutzung durch Familienangehörige nicht ohnehin bekannt ist – auch vor dem Hintergrund des Art. 6 GG keine überspannten Anforderungen an die Nachforschungspflicht des Anschlussinhabers dar. (…)

(…) Sofern ein derart substantiierter Sachvortrag des Anschlussinhabers vorliegt, ist es unter Berücksichtigung der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastverteilung im Zivilprozess Aufgabe des Rechteinhabers, zu beweisen, dass die weiteren benannten Nutzer keinen Zugriff auf den Internetanschluss des Anschlussinhabers hatten und dass der Anschlussinhaber für die behauptete Rechtsverletzung verantwortlich ist. (…)

 

– oder –

 

Muss die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhaber bei zutreffen Punkt c) wieder neu angenommen werden?

AG Bremerhaven – Bericht Waldorf Frommer – AG Bremerhaven, Urteil vom 24.08.2016, Az. 56 C 2009/15:
(…) Die Beklagte ist zudem als Täterin der Urheberrechtsverletzung anzusehen. Es spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist auch anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dann dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 -1 ZR 75/14 – Tauschbörse III, Rnr. 37).

Derartige andere Personen hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen. Mittlerweile ist es unstreitig, dass ihre zunächst von der Beklagten angeführten Kinder die Rechtsverletzung nicht begangen haben. Das haben nämlich beide Parteien bestritten. Damit kommen neben der Beklagten keine anderen Personen als Täter mehr in Betracht, so dass die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten nicht erschüttert ist. (…)

Wenn vielleicht auch jetzt die Masse schon längst geistig abgeschaltet hat, ist eine bundesweit einheitlich richterliche Beantwortung existenziell für die erfolgreiche Verteidigung in Filesharing Fälle. Denn ohne diese Einheit, solange wäre nämlich weiterhin der Erfolg nur vom Gerichtsstandort ab. Nur am Rande erwähnt, kann dann ein Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigen oder verwerfen.

Natürlich musste ich mir schon vielmals sagen lassen, dass es eine rein akademische Frage wäre (so viel wie: ich habe keine Ahnung, also schweig Bub!) oder ich wirr uns unstrukturiert denke. Aber es stellt meine Meinung dar, die sich zwar nicht mit dem Ultimatum-Forum der Neißschen IGGDAW deckt, aber nun einmal meine Meinung widerspiegelt. Diese kann man ja jederzeit in einer Diskussion sachlich widerlegen. Punkt.

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Steffen Heintsch für AW3P

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