18:13 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmwerke. Der vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Anspruch genommene Beklagte hatte seine eigene Täterschaft mit dem Hinweis in Abrede gestellt, Kunde diverser legaler Streamingdienste zu sein und daher kein Interesse an der streitgegenständlichen Rechtsverletzung zu haben. Neben ihm hätten auch Besucher und weitere Personen auf seinen Internetanschluss zugreifen können. Zudem hätten sich Viren bzw. Trojaner auf seinem Computer befunden. Dies habe dazu führen können, dass Dritte sich unbefugt Zugriff auf den Internetanschluss verschafft haben.
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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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Bericht
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Autorin:
Rechtsanwältin Anamaria Scheunemann
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Im Übrigen zweifelte der Beklagte – unter Verweis auf theoretische Fehlerquellen – auch die richtige Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung sowie die Zuordnung zu seinem Internetanschluss an.
Das Amtsgericht hat den pauschalen Einwänden und Spekulationen nunmehr eine Abfuhr erteilt.
Nach Auffassung des Gerichts sei von einem Anschlussinhaber zu verlangen, konkrete Anhaltspunkte beizubringen, die für Fehler bei der Ermittlung und Zuordnung oder für einen unberechtigten Fremdzugriff sprechen könnten. Der Sachvortrag des Beklagten hingegen sei wenig detailliert gewesen und habe weder einen erforderlichen zeitlichen Bezug zur Rechtsverletzung aufgewiesen, noch habe er Rückschlüsse zugelassen, dass tatsächlich Dritte unberechtigt den Internetanschluss hätten nutzen können.
„Das Argument des Beklagten, er habe im Mai 2012 erhebliche Probleme mit der Leistung gehabt, sagt für den Tatzeitraum Ende März bis April 2013 nichts aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem wenig detaillierten Sachvortrag, es seien Viren und Trojaner auf seinen Rechner gekommen. Weder wird das zeitlich eingegrenzt, noch bedeutet das eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass unbekannte Dritte den Anschluss genutzt hätten. Im Gegenteil: Wer sich die Mühe macht, einen Virus oder Trojaner auf den Rechner des Beklagten zu schleusen – was bekanntlich meist über Malware in Mails bzw. deren Anhängen geschieht – wird das kaum tun, um auch anders zugängliche TV-Folgen mehrfach anzubieten.“
Auch der Vortrag des Beklagten zu den berechtigten Mitnutzern sei zu pauschal gewesen. und habe ebenfalls jeglichen Bezug zur Tatzeit und zur Rechtsverletzung vermissen lassen. Gerade dieser Bezug sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch erforderlich gewesen.
„Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundäre Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.Mai 2016 – I ZR 48/15 . , Rn. 34, juris).“
In der Folge greife eine Vermutung zu Lasten des Anschlussinhabers für seine eigene Täterschaft. Das Amtsgericht Charlottenburg hat den Anschlussinhaber daher antragsgemäß verurteilt.
AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16
(…) – Beglaubigte Abschrift –
Amtsgericht Charlottenburg
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer: 218 C 365/16
verkündet am: 13.04.2017In dem Rechtsstreit
[Name],
Klägerin,– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,-
gegen
den Herrn [Name],
Beklagten,hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 218, auf die mündliche Verhandlung vom 02.03.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2016 zu zahlen:
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die vorläufige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Schadens- und Aufwendungsersatz wegen eines Urheberrechtsverstoßes in Anspruch.
Sie ist für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft Ansprüche an den 2 streitgegenständlichen Folgen der TV-Serie „[Name]“ in englischer Sprachfassung geltend zu machen (Anlage K 1 = Bl. 54 – 57).
In der Zeit vom [Datum] wurde durch die Fa. ipoque GmbH, jetzt Fa. Digital Forensics GmbH, ermittelt, dass über den Internetanschluss des Beklagten die beiden Folgen [Namen] über 10 verschiedene IP-Adressen zum Download angeboten wurden. Wegen der Einzelheiten der Ermittlungsergebnisse wird Bezug genommen auf die Aufstellung in der Klageschrift (Bl. 15 – 19). Aufgrund der Beschlüsse des LG [Name] hatte die [Name] jeweils den Beklagten als Anschlussinhaber angegeben. Wegen der Einzelheiten der Daten wird auf die Anlagen K 2-1 (Bl. 58 – 72) und K 4-1 (Bl. 81 – 83) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom [Datum] mahnte die Klägerin den Beklagten (Anlage K 4-1 = Bl. 38 – 43) ab.
Die Klägerin verlangt nun Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie in Höhe von 600,00 EUR und vorprozessuale Anwaltskosten nach einem Streitwert von 8.000,00 EUR in Höhe von 432,00 EUR.
Die Klägerin beantragt,
– wie erkannt -.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Der Beklagte bezweifelt, dass sein Anschluss ordnungsgemäß ermittelt worden sei und weist auf Bedenken hinsichtlich der Beachtung der Datenschutzbestimmungen hin, da sein gesamter „Traffic“ dokumentiert worden sei.
Er trägt vor, er habe den Film nicht angeboten. Dies ergebe sich schon daraus, dass er als „Amazon-Prime“- und „Netflix“-Kunde jederzeit die Möglichkeit habe, die gesamte Serie herunter zu laden.
Der Beklagte behauptet, er habe im Zusammenhang mit dem Wechsel von „Alice“ bzw. „O2“ zu einem neuen Anbieter erhebliche Probleme mit seinem Anschluss gehabt. So hätte im Mai [Jahreszahl] über Wochen nur ein geringer Prozentsatz der vereinbarten Übertragungsleistung zur Verfügung gestanden. Außerdem seien auf seinem Rechner Viren und Trojaner gewesen, ohne dass er überhaupt etwas herunter geladen gehabt hätte. Er habe mehrmals Antivirus-Programme anwenden müssen und seinen WPA-2-Schlüssel mehrfach ändern müssen, so dass Ende 2013 nur noch er selbst ihn gekannt hätte. Zudem gebe es durchaus die Möglichkeit, dass Dritte seinen Anschluss gehackt hätten.
Im Tatzeitraum seien ungefähr 8 – 9 Geräte an sein WLAN angeschlossen gewesen. Einige Personen, die in der Zeit Zugang zum Internet über seinen Anschluss gehabt hätten, hätte er bislang nicht erreichen können. Die Ehefrau und andere Verwandte / Freunde wollten nichts mit dem Rechteverstoß zu tun gehabt haben. Auf entsprechenden Hinweis hat der Beklagte 3 Personen namentlich benannt (Bl. 117). Ob und in welchem Verhältnis diese Personen zum Beklagten stehen, insbesondere, ob auch die Ehefrau benannt worden ist, wird nicht mitgeteilt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in der Sache auch begründet. Der Klägerin stehen sowohl der geltend gemachte Schadensersatzanspruch als auch der Aufwendungsersatzanspruch in vollem Umfang zu, da der Beklagte als Täter haftet.
1.
Der Beklagte haftet als Täter gemäß § 97 Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz.
a)
Die Klägerin ist im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft unstreitig aktivlegitimiert. Dass die [Name] Rechteinhaberin ist, wurde nicht bestritten.
b)
Zwischen den Parteien ist letztlich unstreitig, dass über den Internetanschluss des Beklagten die streitgegenständlichen TV-Folgen unter 10 verschiedenen IP-Adressen zum Download angeboten worden sind.
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass grundsätzlich sowohl die Ermittlung der IP-Adressen, als auch die Auskunft des Providers fehlerhaft sein können und es grundsätzlich auch möglich ist, dass Adressen gehackt werden.
Vorliegend spricht aber nichts für derartige Fehler, der Beklagte hat dafür jedenfalls keine Anhaltspunkte dargetan.
Für die Richtigkeit der Ermittlungen spricht vielmehr die Vielzahl der ermittelten Verstöße. Es erscheint schlechterdings ausgeschlossen, dass es auf Zufall beruhen sollte, dass die von der Klägerseite ermittelten IP-Adressen immer zum Anschluss des Beklagten führen.
Gegen einen Ermittlungsfehler des Internetanbieters spricht schon, dass dieser als Vertragspartner des Beklagte ein eigenes Interesse hat, diesen nicht zu Unrecht zu belasten, und auch hier statistisch praktisch ausgeschlossen ist, dass [Providername] sich 10 Mal geirrt hat.
Das Argument des Beklagten, er habe im [Monat] erhebliche Probleme mit der Leistung gehabt, sagt für den Tatzeitraum Ende März bis [Monat] nichts aus. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem wenig detaillierten Sachvortrag, es seien unbeabsichtigt Viren und Trojaner auf seinen Rechner gekommen. Weder wird das zeitlich eingegrenzt, noch bedeutet das eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass unbekannte Dritte den Anschluss genutzt hätten. Im Gegenteil: Wer sich die Mühe macht, ein Virus oder einen Trojaner auf den Rechner des Beklagten zu schleusen – was bekanntlich meist über Malware in Mails bzw. deren Anhängen geschieht – wird das kaum tun, um auch anders zugängliche TV-Folgen mehrfach anzubieten.
c)
Der Beklagte ist auch passiv-legitimiert, das heißt, der richtige Anspruchsgegner. Er haftet als Täter.
aa)
Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – „Morpheus“; Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 – „BearShare“). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nützungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen: Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerseite als Anspruchsteller, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. – „BearShare“, m.w.N.; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris).
Diese Vermutung hat der Beklagte nicht erschüttert. Er selbst hatte grundsätzlich durchaus Zugriff auf seinen Computer und hat ihn auch nach seinen Angaben im Tatzeitraum genutzt.
cc)
Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast (vgl. BGHZ 185, 330 Rdnr. 12 – Sommer unseres Lebens) nicht nachgekommen. Dass weitere Nutzer im Tatzeitraum in Betracht kämen, hat er nicht konkret vorgetragen. Damit greift die Vermutung, sie selbst sei es gewesen.
(1)
Den Prozessgegner der primär darlegungsbelasteten Partei trifft in der Regel eine sekundäre Darlegungslast, wenn‘ die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis_der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hat, während dem Prozessgegner nähere Angaben dazu ohne weiteres möglich und zumutbar sind (vgl. BGH GRUR 2012, 602 Rn. 23 – „Vorschaubilder II“, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Verhältnis zwischen der primär darlegungsbelasteten Klägerin und dem Beklagten als Anschlussinhaber im Blick auf die Nutzung des Internetanschlusses erfüllt.
(2)
Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGHZ 200, 76 – BearShare – , zitiert nach juris, dort Rdnr. 18). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH a.a.O.). Wenn aber die Beklagtenseite nicht darlegt, dass andere Personen im Tatzeitraum selbständig Zugang zum Internetzugang hatten und deshalb als Täter der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommen, dann greift wieder die tatsächliche Vermutung der Täterschaft (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14- „Tauschbörse III“ – zitiert nach juris, dort Rdnr. 42). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden oder gar sonstigen Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 – I ZR 154/15 -, Rn. 15, juris). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der ihn treffenden sekundären Darlegungslast in Bezug darauf, ob andere Personen als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen, erst gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 -, Rn. 34, juris).
Dass der Beklagte solche Nachforschungen angestellt hätte – beispielsweise durch Überprüfung seines Computers auf entsprechende Software, durch Befragen der Ehefrau und der Verwandten / Freunde oder Überprüfung des Routers, vor allem des Routerprotokolls, hat er nicht vorgetragen.
Zur Nutzung seitens der Ehefrau trägt er trotz Hinweises durch das Gericht weder deren Namen vor, noch macht er irgendwelche Angaben zu deren üblicher Nutzung seines Internetzugangs oder gar im Tatzeitraum. Ob sich ihr Name unter den im Schreiben vom 14.01.2017 befindet, ist unklar. Ob und wann die dort benannten Personen Zugang zum Internetanschluss des Beklagten hatten, ist nicht vorgetragen. Es scheint außerdem noch weitere Personen gegeben zu haben, die den Anschluss des Beklagten nutzen („mindestens die folgenden Nutzer“). Ob tatsächlich alle diese Personen als Täter in Betracht kommen, erschließt sich ebenfalls nicht. Der Beklagte macht keine Angaben dazu, in welchem Zeitraum sich diese Personen überhaupt bei ihm aufgehalten haben.
Zur Überprüfung seines eigenen Computers teilt er nur mit, dass er dort Viren und Trojaner gehabt habe. Um welche es sich gehandelt haben soll, sagt er nicht, auch nicht, wann er sie jeweils entdeckt und gelöscht habe.
Hinsichtlich des Routers (welcher, welche Verschlüsselung, welches Passwort) und dessen Überprüfung gibt es überhaupt keinen Sachvortrag. Auch die Angaben des Beklagten zu Schwierigkeiten und eventuellen Sicherheitslücken mit seinem Internetanschluss stehen seiner Haftung als Täter nicht entgegen. Denn der Beklagte hat gerade nicht dargetan, dass sein Router zur Tatzeit so unsicher gewesen wäre, dass die Nutzung durch einen unbekannt gebliebenen Dritten ernsthaft in Betracht käme. Der entsprechende Sachvortrag des Beklagten ist nicht hinreichend substantiiert. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es im Laufe der Jahre durchaus Sicherheitslücken bei Routern gibt, über die dann in den Medien berichtet wird und die von den Diensteanbietern durch entsprechende Software-Updates beseitigt werden. Ob und was hier im Tatzeitraum von Belang gewesen sein soll, trägt der Beklagte nicht vor. Minderleistungen sind jedenfalls für sich genommen kein Hinweis auf eine Sicherheitslücke.
c)
Durch die Rechtsverletzungen ist der Klägerin ein Schaden – berechnet nach der Lizenzanalogie – in Höhe von 2 x 300,-, insgesamt also 600,00 EUR entstanden. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.
Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte,. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier / Schulze UrhG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.
Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe der TV-Folgen die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass – theoretisch – jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz eines weithin bekannten Hauptdarstellers hergestellt worden ist und sich zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen in der eigentlichen Verwertungsphase befand. Da es sich um die englischsprachige Fassung handelte, geht es auch nicht um eine Nutzung noch vor Erstausstrahlung im TV. Die englischsprachige Fassung war jedenfalls in den USA bereits 3 Monate zuvor ausgestrahlt worden. Darauf, ob von Deutschland aus nur mit Schwierigkeiten darauf zugegriffenen werden konnte, erscheint für die Schadensbemessung von eher untergeordneter Bedeutung. Berücksichtigt wurde schließlich, dass die Klägerin vorprozessual einen Schadensersatzanspruch von 300,00 EUR geltend gemacht hat.
2.
Der Beklagte haftet als Täter auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 432,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.
Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ 1 ZR 75/14 – „Tauschbörse III“ – zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015).
Die Berechnung ist auch nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. der streitgegenständlichen beiden TV-Folgen ist mit je 4.000,00 EUR, insgesamt also 8.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Und dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag.
Die in Ansatz gebrachte 1,0fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das gilt auch unter. Berücksichtigung der Tatsache, dass die klägerischen Prozessbevollmächtigten nach Auffassung des Beklagten „industriell“ Abmahnungen versenden sollen. Bei einer Vielzahl von Verstößen kommt es eben auch zu entsprechend vielen Abmahnungen. Das ändert aber nichts daran, dass jeder einzelnen wieder umfangreiche Prüfungen vorauszugehen haben, ‚damit unter Nutzung entsprechender Sachkunde und Erfahrung das jeweilige Schreiben aufgesetzt werden kann.
Das Gericht hat die Berechnung überprüft, sie ist ordnungsgemäß erfolgt.
3.
Nach alle dem besteht Anspruch auf Schadens- der Aufwendungsersatz in zuerkannter Höhe. Beide Forderungen sind gemäß § 288, 291 BGB zu verzinsen.
4.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 1.032,00 EUR
Rechtsbehelfsbelehrung
I.
Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.
1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?
Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 EUR übersteigen
oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?
Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.
Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.
3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?
Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim
Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlinoder
Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlinoder
Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlineingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.
Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin / Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.
4. Welche Fristen sind zu beachten?
Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.
Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
II.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.
1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?
Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 EUR übersteigen
oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.2. In welcher Form und bei welchen Gericht können Sie Beschwerde einlegen?
Die Beschwerde ist beim
Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlineinzulegen, entweder
a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht
oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.
Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.
4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?
Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.
[Name]
Richterin am AmtsgerichtFür die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 13.04.2017
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt – ohne Unterschrift gültig. (…)
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AG Charlottenburg, Urteil vom 13.04.2017, Az. 218 C 365/16
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