20:20 Uhr
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NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff & Scheffen Rechtsanwälte GbR
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Bericht
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Das Amtsgericht Hannover bestätigt die Rechtsauffassung der Nimrod Rechtsanwälte. Eltern haften für die Verstöße ihrer minderjährigen Kinder auch bei Verstößen über den Internetanschluss Dritter. Der Abgemahnte benannte nach eigener Recherche den Sohn der Nachbarin, der im Beisein seiner Mutter den Verstoß gegenüber dem Anschlussinhaber eingeräumt hat.
Im Verfahren selber trug die Beklagte vor, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Verstoß durch den Sohn begangen wurde. Dieser Vortrag ist nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend substantiiert genug. Der Rechtsprechung des BGH in „Tauschbörse III“ folgend, hat das Amtsgericht zurecht die Haftung der Beklagten nach § 832 Abs. 1 BGB angenommen.
Das Amtsgericht bestätigt ferner die Rechtsauffassung der Nimrod Rechtsanwälte, dass es der Beklagten oblag, den Nachweis einer ordnungsgemäßen Belehrung zu führen. Dem kam die Beklagte nicht nach.
Das Gericht stellt weiter fest, dass für den Gegenstandswert nicht nur das Wertinteresse des Gläubigers maßgeblich ist, sondern auch auf die Angriffsintensität abzustellen ist. Für einen einmaligen Verstoß, wie im vorliegenden Fall, erachtet das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR für angemessen.
Das Urteil ist hier abrufbar.
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AG Hannover, Urteil vom 01.02.2016, Az. 441 C 12840/15
im Volltext
(…) Amtsgericht
HannoverAz. 441 C 12840/15
Verkündet am 01.02.2016
Ohne Protokollführer gem. § 159 Abs. 1 S. 2 ZPO.Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name]
KlägerinProzessbevollmächtigte: Nimrod Rechtsanwälte Bockslaff, Scheffen,
gegen
[Name]
BeklagteProzessbevollmächtigte: [Name]
hat das Amtsgericht Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 11.01.2016 durch den Richter [Name] für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.051,80 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 400,00 EUR seit dem 27.08.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 37 Prozent und die Beklagte 63 Prozent zu tragen.
Davon ausgenommen sind die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten, die der Klägerin auferlegt werden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.667,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Zahlung von Abmahnkosten aus einer Urheberrechtsverletzung (Filesharing).
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte für die Software [Name].
Sie mahnte [Name] mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2012 bezüglich einer unerlaubten Verwertung im Rahmen eines Tauschbörsenprogramms ab und behauptet hierzu, eine von ihr beauftragte Ermittlungsfirma habe ermittelt, dass am 29.01.2012 über eine IP-Adresse die Software im Rahmen von Tauschbörsenprogrammen im Internet zum Download vom Anschluss [Name] angeboten worden sei.
[Name] teilte mit Schreiben vom 08.03.2012 (Anlage K1, Blatt 33 der Akte) der Klägerin mit, dass der Sohn der Beklagten, [Name], für die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei und das Spiel vom Anschluss heruntergeladen habe. Daraufhin wurde der Sohn der Beklagten, vertreten durch die Beklagte, mit Schreiben vom 13.06.2012 abgemahnt.
Die Klägerin behauptet, die Ermittlungen seien ordnungsgemäß verlaufen.
Die Klägerin hat am 21.08.2015 gegen die Beklagte einen Mahnbescheid über 1.515,40 EUR nebst Zinsen und Verfahrenskosten beantragt, der dieser am 26.08.2015 zugestellt worden ist. Nachdem die Beklagte am 31.08.2015 Widerspruch eingelegt hat und die Klägerin hierüber durch Schreiben vom 01.09.2015 informiert worden ist, hat sie am 11.09.2015 die weiteren Gerichtskosten eingezahlt. Am 18.09.2015 ist die Verfügung des Gerichtes mit der Aufforderung abgesandt worden, den Anspruch zu begründet. Die Anspruchsbegründung ist daraufhin am 25.09.2015 beim Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck eingegangen, das den Rechtsstreit an das erkennende Gericht auf Antrag der Klägerin abgegeben hat.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz in eine nach dem Ermessen des Gerichts zu bestimmender Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 510,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Des Weiteren führt sie aus, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Sohn die Urheberrechtsverletzung begangen habe. Sie behauptet, sie habe ihren Sohn mehrfach darüber belehrt, keine illegalen Handlungen im Internet vorzunehmen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 11.01.2016 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB. Hiernach ist derjenige, der kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustands der Beaufsichtigung bedarf, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.
Dass der Sohn der Klägerin vom Internetanschluss [Name] die Urheberrechtsverletzung begangen hat, hat die Beklagte nicht ausreichend substantiiert bestritten. Sie hat vielmehr nur ausgeführt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass dies der Fall gewesen sei. Aus diesem Grund kann auch die Richtigkeit der Ermittlungsergebnisse der Klägerin dahingestellt bleiben.
Für einen Anspruch aus § 832 Abs. 1 S. 1 BGB genügt das Bestehen der Aufsichtspflicht. Minderjährige bedürfen wegen ihrer Minderjährigkeit stets der Aufsicht (Palandt / Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 832 Rn. 4, 5). Die Beklagte ist zur Aufsicht über ihren Sohn gern. § 1626 Abs. 1 BGB verpflichtet. Der Sohn der Beklagten war zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung 15 Jahre alt und damit noch minderjährig, § 2 BGB.
Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk durch einen Minderjährigen im Rahmen von Tauschbörsenprogrammen öffentlich zugänglich gemacht, haftet der Aufsichtspflichtige nach § 832 Abs. 1 S. 1 BGB als Täter (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 7/14 -, Rn. 42, juris).
Nach § 832 Abs. 1 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Aufsichtspflichtige seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde. Die Beweislast hierfür obliegt dem Aufsichtspflichtigen (Palandt/Sprau, § 832 Rn. 8). Es oblag damit der Beklagten, nachzuweisen, dass sie ihrer Aufsichtspflicht durch eine ordnungsgemäße Belehrung ihres Sohnes über die Nutzung des Internets entsprochen hat, worauf die Klägerin in der Anspruchsbegründung zu Recht hinweist. Beweis hat die Beklagte nicht angeboten. Daher kommt es schon gar nicht darauf an, ob sie substantiiert zur Belehrung vorgetragen hat.
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Die Urheberrechtsverletzung hat sich im Jahr 2012 ereignet, die Verjährung wäre damit zum 31.12.2015 eingetreten, §§ 194 Abs. 1, 195, 197 Abs. 1 BGB. Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagten bereits die Anspruchsbegründung zugestellt worden (Zustellung am 06.10.2015), so dass die Verjährungsfrist gehemmt war, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.
Gibt es wie hier keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, ZUM 2013, 406 Rn. 30). Dabei sind an Art und Umfang der vorn Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen; dem Tatrichter kommt zudem in den Grenzen eines freien Ermessens ein großer Spielraum zu (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 7/14 -, Rn. 44, juris).
Da das Computerspiel zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung aktuell war (2011), es aber zumindest derzeit nur 6,99 EUR kostet, hält es Gericht einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 400,00 EUR für angemessen und ausreichend. Dass der Klägerin ein höherer Schaden entstanden ist, hätte sie nachweisen müssen.
Die Klägerin kann zudem die entstandenen Abmahnkosten verlangen, denn eine Abmahnung des Sohnes der Beklagten war berechtigt. Ihr Sohn ist mit Schreiben vom 13.06.2012 abgemahnt worden.
Bei der Bemessung des maßgeblichen Gegenstandswerts ist dabei nicht nur auf das Wertinteresse des Gläubigers, sondern auch auf die Angriffsintensität abzustellen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass nur ein einmaliger Verstoß vorliegt, bei der die generalpräventiven Gesichtspunkte zurücktreten (LG Berlin, Urteil vom 24. Januar 2014 – 15 S 16/12 -, Rn. 38, juris). Ein Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist dabei angemessen, so dass sich außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR errechnen.
Die Entstehung der Abmahnkosten hat die Beklagte auch nur unsubstantiiert bestritten.
Ein Zinsanspruch kommt nur in Betracht, wenn es sich um eine Geldschuld handelt, so dass hinsichtlich des Freistellungsanspruchs keine Zinsen zuzusprechen waren. Im Übrigen waren Zinsen gem. den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 92 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Hannover,
Volgersweg 65,
30175 Hannover.Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
Der Streitwertbeschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem
Amtsgericht Hannover,
Volgersweg 1,
30175 Hannovereingeht. Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
[Name]
Richter (…)