.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Große Rechtsprechungsübersicht zu Filesharing Verfahren am Amtsgericht Frankfurt am Main

10:21 Uhr

Hamburg, 28.10.2017 (eig.): Die nachfolgende Übersicht über die Spruchpraxis unterschiedlicher Abteilungen beim Amtsgericht Frankfurt am Main zeigt, dass die eher strenge Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (dazu: BGH, Urt. v. 12.05.2016 – I ZR 48/15 – „Everytime we touch“ und BGH, Urt. v. 30.03.2017 – I ZR 19/16 – „Loud“) zu den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast zunehmend auch die Eingangsgerichte erreicht, die sich mit abstrakten Vorträgen zu Nutzungsmöglichkeiten Dritter, widersprüchlichen Behauptungen der Beklagten im Verfahren und Beweisaufnahmen, in deren Verlauf die weiteren Nutzungsberechtigten die Verantwortlichkeit für die Urheberrechtsverletzungen in Abrede stellen, nicht mehr zufrieden geben.

 

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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

 

.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR

Johannes-Brahms-Platz 1 | 20355 Hamburg
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Bericht

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Urteile als PDF:

1. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2017, Az. 32 C 2695/16 (90)

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2. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23)

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http://rka-law.de/wp-content/uploads/2017/10/AG-Frankfurt-Urt.-v.-14.06.2017-31-C-2452-16.pdf

 

3. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2017, Az. 30 C 2895/16 (20)

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http://rka-law.de/wp-content/uploads/2017/10/AG-Frankfurt-Urt.-v.-21.02.2017-30-C-2895-16.pdf

 

4. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87)

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5. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71)

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Fragen der Aktivlegitimation spielen keine Rolle mehr und das Bestreiten der Richtigkeit der Datenermittlung erfordert konkreten Vortrag des Beklagten, ggfls. auch nach Einsichtnahme in die Akten des Auskunftsverfahren bei dem für den Internetserviceprovider zuständigen Gericht.

 

 

1. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2017, Az. 32 C 2695/16 (90)

In dieser Entscheidung hat sich das Amtsgericht Frankfurt am Main mit der Frage der Aktivlegitimation, der Richtigkeit der Datenerhebung und der Erfüllung sekundärer Darlegungslasten befasst und alles zu Gunsten der Klägerin beantwortet.

Die Benennung der Klägerin auf den in den Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücken reichte dem Amtsgericht mit Blick auf die gemäß § 10 Abs. 3 UrhG sprechende Indizwirkung aus, von der Rechteinhaberschaft der Klägerin auszugehen. Diese Indizwirkung habe die Beklagte mit ihrem einfachen Bestreiten nicht erschüttert. Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der Nutzungsrechte bei einem indizierten oder teilindizierten Computerspiel gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 131 StGB nichtig seien, gebe es ebenso wenig. Dem detaillierten Vortrag der Klägerin zur Art und Weise der Datenermittlung ist die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten. Ihre Erklärungen, sie habe sich möglicherweise zu den Tatzeitpunkten im Umzug befunden und der Anschluss sei abgeschaltet gewesen, ist nicht konkret genug gewesen und langte nach Auffassung des Amtsgerichts nicht aus, ihrem Beweisangebot durch Zeugeneinvernahme eines Mitarbeiters der Telekom nachzukommen. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, sich hierzu konkret zu erklären. Mit Blick auf die alternativen Geschehensmöglichkeiten reichte es auch nicht aus, abstrakt auf einen Sohn zu verweisen, von dem nicht einmal ersichtlich gewesen sei, ob dieser zur Tatzeit überhaupt zu Hause war. Der Vortrag, der Sohn der Klägerin habe kein Interesse an derlei Spielen, spreche zudem gegen seine Täterschaft, sodass die gegen die Beklagte streitende Täterschaftsvermutung nicht widerlegt sei. Der von der Klägerin zum Ansatz gebrachte Gegenstandswert von Euro 20.000 für die Berechnung der Anwaltsgebühren sei nicht zu beanstanden und auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzbetrages fand das Gericht angemessen und verurteilte die Beklagte antragsgemäß in vollem Umfange.

 

 

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(…) – Vollstreckbare Ausfertigung –

Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 32 C 2695/16 (90)

Verkündet lt. Protokoll am:
09.03.2017
[Name], Justizamtsinspektorin
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,

gegen

[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigter: [Name],

 

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2017

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Anrufung des örtlich unzuständigen Amtsgerichts zu tragen.

Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche sowie Ansprüche auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung geltend.

Die Beklagte lebt mit ihrem Sohn zusammen in einem gemeinsamen Haushalt. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013, dessen Zugang bei der Beklagten streitig ist, mahnten die Bevollmächtigten der Klägerin die Beklagte mit der Begründung ab, die Beklagte habe am 06. Dezember 2012 um 22:45:53 Uhr und um 22:58:35 Uhr MESZ das Computerspiel [Name], das von der Fa. [Name] entwickelt wurde, über ihren Internetanschluss zum Herunterladen verfügbar gemacht. Dieses Spiel ist von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mit Entscheidung vom 17.11.2011 zunächst in Teil B der Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen und mit Beschluss vom 31.01.2012 nach Teil A dieser Liste umgetragen worden und unterliegt aus diesem Grund bestimmten Vertriebsbeschränkungen; insbesondere darf es nicht Kindern oder Jugendlichen überlassen werden.

Die Klägerin behauptet,
sie sei ausschließliche Inhaberin der Verwertungsrechte an dem genannten Computerspiel. Sie behauptet weiter, über den Internetanschluss der Beklagten sei am 06. Dezember 2012 um 22:45:53 Uhr und um 22:58:35 Uhr MESZ das Computerspiel [Name] illegal über eine so genannte Tauschbörse heruntergeladen und dabei gleichzeitig Dritten zum Herunterladen zur Verfügung gestellt worden.

Die Klägerin ist der Auffassung,
dass gegen die Beklagte als Anschlussinhaberin ein Beweis des ersten Anscheins dahingehend spreche, dass sie diesen Urheberrechtsverstoß selbst begangen habe.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
1. einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.02.2013 zu zahlen;
2. einen weiteren Betrag von 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 05.02.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin; unter anderem mit der Begründung, dass das Spiel [Name] wegen seines gewaltverherrlichenden Inhalts gegen § 131 StGB verstoße, so dass die Übertragung von Rechten daran gem. § 134 BGB nichtig sei.

Sie behauptet,
bei der Klägerin handele es sich um eine Urheberrechtsverwertungsgesellschaft, die mangels Anzeige ihrer Tätigkeit an das Deutsche Patent- und Markenamt in München, die die Beklagte ausdrücklich bestreitet, zur Wahrnehmung von Urheberrechten in Deutschland gern. § 84 VGG nicht berechtigt sei.

Die Beklagte behauptet ferner,
zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung habe das Internet an ihrem Wohnort [Name] nur mit sehr geringen Übertragungsraten funktioniert, so dass in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von ca. 12 Minuten allenfalls ein geringer Teil des Computerspiels [Name] habe öffentlich zugänglich gemacht werden können. Zudem sei am 06.12.2012 der Internetanschluss der Beklagten nach einem Umzug Anfang Dezember 2012 noch gar nicht freigeschaltet gewesen.

Für den weiteren Vortrag der Parteien wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 14.12.2016 und am 22.02.2017.

Nach dem Mahnverfahren ist der Rechtsstreit zunächst an das Amtsgericht Gießen abgegeben worden, das mit Beschluss vom 23.08.2016 das Verfahren an das AG Frankfurt am Main verwiesen hat.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht sieht sich zu einer Entscheidung in der Sache in der Lage, ohne erneut über die im Termin am 22.02.2017 überreichten Schriftsätze und Unterlagen zu verhandeln, da diese keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthalten.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig.

Dies ergibt sich bereits aus dem Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Gießen vom 23.08.2016, der gem. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das erkennende Gericht bindend ist. Der Verweisungsbeschluss ist auch nicht willkürlich und damit ausnahmsweise unverbindlich. Im Gegenteil hat das Amtsgericht Gießen die Sache zu Recht an das AG Frankfurt am Main verwiesen, das gem. § 105 UrhG i.V.m. der Hessischen Ausführungsverordnung vom 17.10.1996 für Urheberrechtsstreitigkeiten unter anderem aus
dem Landgerichtsbezirk Gießen örtlich zuständig ist.

Dem steht § 104a UrhG nicht entgegen, wonach in Verbrauchersachen der Wohnsitz des Verbrauchers maßgeblich ist, da diese Regelung gem. § 104 a Abs. 2 ausdrücklich § 105 UrhG unberührt lässt. Letzterer enthält die Rechtsgrundlage für landesrechtliche Zuständigkeitskonzentrationen in Urheberrechtssachen, von der das Land Hessen – in Übereinstimmung mit dem Bundesrecht – Gebrauch gemacht hat.

Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung auch begründet.

Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Klägerin ausschließliche Inhaberin der Verwertungsrechte an der Software [Name] ist.

Denn gem. § 10 Abs. 3 UrhG, der hier nicht unmittelbar anwendbar ist, da es nicht um Unterlassungs-, sondern um Schadensersatzansprüche geht, besteht jedenfalls eine Indizwirkung für die Rechteinhaberschaft der Klägerin, die auf der im Handel erhältlichen Software-CD-ROM als Copyright-Inhaberin genannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az. I ZR 19/14). Diese Indizwirkung hat die Beklagte nicht entkräftet. insbesondere steht der Übertragung der Verwertungsrechte nicht entgegen, dass das Computerspiel in Deutschland wegen seines jugendgefährdenden Inhalts nicht vertrieben werden dürfe; der Vertrieb ist wie raus dem Beschluss der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vom 31.01.2012 zu entnehmen – lediglich eingeschränkt.

Die Übertragung der Nutzungsrechte ist nicht gem. § 134 BGB § 131 StGB nichtig.

Ob die Software [Name] gegen § 131 StGB verstößt, kann offenbleiben. Denn wie sich aus deren Eintragung in Teil A der Liste der jugendgefährdenden Medien ergibt, ist ihr Vertrieb nach dem Gesetz nicht uneingeschränkt verboten, sondern lediglich eingeschränkt; die Übertragung von Nutzungsrechten daran damit nicht von vornherein nichtig.

Die Klägerin ist auch nicht gem. § 84 des Verwertungsgesellschaftengesetzes (VGG) an der Wahrnehmung von Urheberrechten gehindert. Es steht schon nicht fest, dass die Klägerin überhaupt eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des § 2 VGG ist; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ihre Anteile von ihren Mitgliedern im Sinne des § 7 VGG gehalten werden (§ 2 Abs. 2 Ziff. 1 VGG) oder dass sie nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist (§ 2 Abs. 2 Ziff. 2 VGG).

Auch die Eigenschaft der Klägerin als abhängige Verwertungseinrichtung (abhängig. oder beherrscht von welcher Verwertungsgesellschaft, die wiederum die Voraussetzungen des § 2 VGG erfüllt?) ist nicht dargelegt.

Das Gericht geht ferner davon aus, dass das Computerspiel über den Internetanschluss der Beklagten am 06.12.2012 um 22:45:53 Uhr und um 22:58:35 Uhr heruntergeladen und damit gleichzeitig Dritten zur Verfügung gestellt wurde, was eine Verletzung des gern. § 19a UrhG bestehenden Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung darstellt.

Die Klägerseite hat konkret und im einzelnen vorgetragen, auf welche Art und Weise sie ermittelt hat, von welchem Anschluss aus der genannte Urheberrechtsverstoß begangen wurde. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, am fraglichen Tag habe ihr „nach ihrer Erinnerung“ infolge eines Umzuges gar kein Telefonanschluss zur Verfügung gestanden, und insofern die Einholung einer Auskunft der Deutschen Telekom AG beantragt, ist dies ein Vortrag „ins Blaue hinein“, dem nicht nachzugehen ist, da dies auf eine unzulässige Ausforschung des Sachverhaltes hinauslaufen würde. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, Umstände zu ermitteln, die zur Entlastung der Beklagten führen könnten, sondern Sache der Beklagten selbst, konkret mitzuteilen, wann ihr Telefonanschluss freigeschaltet wie Dem genügt ihr Vortrag, sie sei „Anfang Dezember“ 2012 umgezogen, und es „einige Tage“ gedauert, bis ihr der Telefonanschluss zur Verfügung gestanden habe, nicht.

Auch der Vortrag der Beklagten zur angeblich nicht ausreichenden Leistungsfähigkeit des Internetanschlusses im Ort [Name] steht der Annahme der Täterschaft der Beklagten nicht entgegen. Denn die Klägerin behauptet nicht dass die Beklagte das komplette Computerspiel [Name] am 06.12.2012 zwischen 22:45:53 Uhr und 22:58:35 Uhr heruntergeladen bzw. zum Upload zur Verfügung gestellt habe, was angesichts der vorgetragenen schlechten Übertragungsraten möglicherweise schwierig gewesen wäre. Vielmehr geht ihr Vortrag dahin, dass sie zu diesen beiden Zeitpunkten entsprechende Aktivitäten festgestellt habe; über die tatsächlich notwendige Downloadzeit ist damit nichts gesagt.

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14) die Vorlage von „Screenshots“ des Vorgangs zur Ermittlung der IP-Adresse bzw. des Anschlusses, von dem aus die Urheberrechtsverletzung erfolgt sei, notwendig sei, verkennt sie die Bedeutung der zitierten Entscheidung. Der BGH hat keineswegs ausgeführt, dass die Vorlage von Screenshots Voraussetzung für eine schlüssige Darlegung der Urheberrechtsverletzung sei; vielmehr hat er sich mit deren Bedeutung als Beweismittel auseinandergesetzt. Da die Beklagte im vorliegenden Fall die Ausführungen der Klägerseite zur Ermittlung des Anschlusses, von dem aus die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, aber schon nicht substantiiert bestritten hat, kommt es hier auf Beweismittel nicht an.

Schließlich steht der Annahme, dass die Beklagte den Urheberrechtsverstoß beging, nicht entgegen, dass sie in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn lebte.

Zwar liegt die Darlegungs-und Beweislast für die Täterschaft der Beklagten grundsätzlich bei der Klägerin (BGH, Urteil vom 8. Januar 2014, I ZR 169/12 („BearShare“); BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14 („Tauschbörse III“), zitiert nach juris). Da die Rechtsverletzung aber über den Internetanschluss der Beklagten begangen wurde, spricht dafür eine tatsächliche Vermutung.

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH a.a.O.); etwa, weil der Anschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH a.a.O.).

Die Beklagte trifft als Inhaberin des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung .des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genüg seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH a.a.O.).

Dabei reicht es nicht aus, wenn der Anschlussinhaber darlegt, dass bestimmte Personen im Allgemeinen eine Nutzungsmöglichkeit haben, sondern es kommt konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten nicht. Sie hat noch nicht einmal vorgetragen, dass ihr Sohn, dessen Alter im übrigen nicht mitgeteilt worden ist, eigenständigen Zugriff auf ihren Internetanschluss hatte; zudem ist nicht ersichtlich, ob dieser zur Tatzeit überhaupt zu Hause war. Schließlich ist auch nicht vorgetragen, ob und mit welchem Ergebnis die Beklagte ihren Sohn befragt hat, ob er am 06.12.2012 [Name] heruntergeladen habe, ihr Vortrag, ihr Sohn habe „kein Interesse an einem solchen Mordspiel“, ist insofern nicht ausreichend.

Gem. § 97a Abs. 3 UrhG hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr für die Abmahnung vom 24.01.2013 entstanden sind. Insofern begegnet weder der angenommene Gegenstandswert von 20.000,00 EUR noch der Ansatz einer 1,3fachen Gebühr rechtlichen Bedenken. Die Beschränkung des Gegenstandswertes auf 1.000,00 EUR gem. § 97a Satz 2 UrhG in der seit dem 09.10.2013 geltenden Fassung greift im vorliegenden Fall nicht ein, da der Sachverhalt zeitlich vor Inkrafttreten dieser Neuregelung liegt.

§ 97 a Abs. 2 UrhG a.F. – mit der darin enthaltenen Beschränkung der Abmahnkosten auf 100,00 EUR – findet keine Anwendung, da weder der Fall einfach gelagert, noch die Rechtsverletzung unerheblich war.

Daneben hat die Klägerin gem. § 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz, den sie im Wege der Lizenzanalogie berechnen darf. Die Klägerin hat schlüssig dargelegt, dass eine Lizenz zur uneingeschränkten Verbreitung der Software [Name] im Internet, wenn sie denn überhaupt erteilt worden wäre, mit einer Lizenzgebühr mindestens in Höhe des hier geltend gemachten Teilbetrages von 640,20 EUR belegt gewesen wäre. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 280 Abs. 2, 286, 288 BGB. Nachdem der Zugang der Abmahnung vom 24.01.2013 bestritten und nicht bewiesen worden ist, kann die Klägerin Zinsen erst ab dem 19.12.2015 Zinsen verlangen, da nach dem Vortrag des Beklagtenvertreters der Beklagten am 18.12.2016 ein Mahnschreiben zuging.

Die Nebenentscheidungen über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 281 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 2, 709 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richterin am Amtsgericht (…)

 

 

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2. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23)

Das Amtsgericht sah in dem Copyright-Vermerk auf dem Trägermedium im Zusammenhang mit dem Vortrag zur Rechtekette der Klägerin eine ausreichende Indizwirkung für die Rechteinhaberschaft, die die Beklagte nur abstrakt bestritten hat. Insbesondere, weil die Angaben der Klägerin im Internet ohne weiteres nachvollziehbar gewesen sind, wäre es Sache der Beklagten gewesen, konkret vorzutragen, was sie an den Ausführungen zur Rechteinhaberschaft der Klägerin substantiiert in Abrede stellen will. Auch soweit sich die Beklagte darauf beschränkt hat, die Richtigkeit der Datenermittlung in Anbetracht des ausführlichen Vortrags der Klägerin pauschal zu bestreiten, hat das Amtsgericht sie damit nicht gehört.

Es folgt damit der diesseitigen Auffassung, dass das Bestreiten der Datenermittlung unbeachtlich ist, wenn sich der Anschlussinhaber nicht der ihm zugänglichen Informationsquellen bedient oder sich diesen faktisch verweigert. Der Anschlussinhaber ist auch in dem vorgeschalteten Auskunftsverfahren, das die rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Rechteinhabern und Anschlussinhaber erst möglich macht, Beteiligter und hat Akteneinsichtsrechte. Diese hat er im Rahmen seiner Verteidigung auch wahrzunehmen und sich die Informationen zu verschaffen, die er glaubt, zu seiner Verteidigung zu benötigen. Dazu gehört auch die Akteneinsicht im Auskunftsverfahren bei dem für den Internetserviceprovider zuständigen Landgericht. Dies versetzt ihn in die Lage, Ablauf und Art und Weise der Datenermittlung qualifiziert zu bestreiten und konkret vorzutragen, was an den klägerischen Ausführungen und warum unzutreffend sein soll. Tut er dies nicht, ist das pauschale Bestreiten der Richtigkeit der Datenermittlung unbeachtlich.

Ebenso geht der widersprüchliche Vortrag im Rahmen der Erfüllung sekundärer Darlegungslasten zu Lasten der Beklagten. Behauptet sie zunächst, dass neben ihr keine weiteren Nutzungsberechtigten den Anschluss genutzt haben und verweist sie sodann im Verlaufe des Rechtsstreits auf einen Sohn, ohne allerdings zu dessen konkreter Nutzungsmöglichkeit, seinem Nutzungsverhalten, seinem Nutzungsverhalten zur Tatzeit und zu der Frage seiner möglichen Täterschaft konkret vorzutragen, geht jedoch dies zu Ihren Lasten. Demgemäß wurde die Beklagte auch in diesem Verfahren nach den Anträgen der Klägerin zu Schadensersatz und Übernahme der Anwaltskosten verurteilt.

 

 

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(…) – Beglaubigte Abschrift –

Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 31 C 2452/16 (23)

Verkündet lt. Protokoll am:
14.06.2017
[Name], Justizsekretärin
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

in dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Reichelt Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,

gegen

[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigter: [Name],

 

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht Dr. [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2017

für Recht erkannt:

1 Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.12.2016 zu zahlen sowie einen Betrag in Höhe von 700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.12.2016. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch und verlangt rechtsanwaltliche Abmahngebühren in Höhe von 651,80 EUR sowie Schadensersatz in Höhe von 700,00 EUR.

Mit Schreiben vom 29.08.2013 mahnte die Klägerin den Beklagten wegen Bereithaltens und Anbietens des Computerspiels [Name] zum Download für Dritte ab und forderte ihn unter Fristsetzung zum 09.09.2013 zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wegen der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung auf und unterbreitete dem Beklagten das Angebot, die Angelegenheit durch eine Zahlung von 900,00 EUR zu beenden. Dieses Angebot nahm der Beklagte nicht an und gab lediglich eine Unterlassungserklärung ab. Daraufhin erhob die Klägerin am 29.09.2016 Klage.

Die Klägerin behauptet,
aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit den Entwicklern des Computerspiels [Name], der Firma [Name], ausschließliche Nutzungsrechteinhaberin des Computerspiels zu sein. Das Computerspiel oder zumindest Teile seien am 08.05.2013 durch den Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] mittels einer Tauschbörsensoftware zum Herunterladen bereitgehalten worden. Der Beklagte sei zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung Inhaber des Anschlusses gewesen. Die Ermittlung des Internetanschlusses sei erfolgt durch die die Dienstleisterin Excipio GmbH, welche von der Klägerin den Auftrag erhalten habe, Downloadangebote von urheberrechtlich geschützten Werken der Klägerin im Internet in Tauschbörsen zu dokumentieren, die Ergebnisse zu bewerten und die Ergebnisse für die Klägerin nach Abgleich der jeweiligen Hashwerte zu sichern. Dafür bediene sie sich einer geeigneten EDV-Software mit dem Namen NARS („Network Activitiy Recording und Supervision“). Diese Ermittlungssoftware dokumentiere ausschließlich IP-Adressen von Internetanschlüssen, von denen aus Dateien mit dem Computerspiel [Name] im Rahmen eines sog. Peer-to-Peer-Netzwerks öffentlich zum Download zugänglich gemacht würden. Mithilfe dieser Software habe die Klägerin mit Hilfe der Firma Excipio GmbH dem Internetanschluss des Beklagten zurechenbare Verstöße festgestellt und im Rahmen eines Auskunftsverfahrens beim Landgericht Köln unter Angabe der IP-Adresse die Person des Beklagten als. Anschlussinhaber ermittelt. Es stehe daher fest, dass vom Anschluss des Beklagten das streitgegenständliche Spiel heruntergeladen worden sei. Als Anschlussinhaber sei der Beklagte für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich und deshalb zum Ersatz der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten als auch zum Schadensersatz wegen der Urheberrechtsverletzung verpflichtet. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Urheberrechtsverletzung durch eine andere Person begangen worden sei.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 651,80 EUR nebst jährlichen Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2012 zu zahlen;
sowie den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 700,00 EUR. nebst jährlichen Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2012 zu zahlen

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Klägerin sei bereits nicht aktivlegitimiert, weil sie nicht Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am streitgegenständlichen Spiel sei. Im Übrigen habe es keine Urheberrechtsverletzung vom Internetanschluss des Beklagten gegeben. Es treffe nicht zu, dass ihm der Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] zuzuordnen sei. In einem anderen, nicht näher bezeichneten Verfahren sei der Beklagte ebenfalls von der Klägerin abgemahnt worden aufgrund einer Urheberrechtsverletzung. In diesem Verfahren sei jedoch eine andere IP-Adresse angegeben worden. Zudem komme der Beklagte nicht als Täter in Betracht, weit er im Mai 2013 als Automechaniker tätig gewesen sei und seine Arbeitszeit bereits um 06.30 Uhr begonnen habe. Zur Tatzeit am 08.05.2013 um 23:44:06 Uhr sei er daher längst im Bett gewesen. Ob der minderjährige Sohn des Klägers unerkannt den Computer des Beklagten benutzt habe, sei dem Beklagten nicht bekannt, auch wenn es nicht ausgeschlossen werden könne. Zudem sei der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 10.000,00 EUR überhöht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten aus §§ 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. sowie auf Zahlung von Schadensersatz im begehrten Umfang aus § 97 Abs. 2 UrhG. Abzuweisen war die Klage teilweise im Hinblick auf den geltend gemachten Zinsanspruch.

Nach Auffassung des Gerichtes hat die Klägerin dargelegt und unter Beweis gesteilt, dass sie Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte am Computerspiel [Name] ist. Nach Rechtsprechung des BGH ist aufgrund der bestehenden Schwierigkeiten des Nachweises der Urheberschaft und der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungsrechten ein mittelbarer Indizienbeweis zulässig, bei dem mittelbare Tatsachen die Grundlage für die Annahme der Rechtsinhaberschaft liefern. Erst wenn der in Anspruch Genommene konkrete Anhaltspunkte darlegt, die gegen die Richtigkeit der durch den Anspruchsteller vorgetragenen mittelbaren Tatsachen sprechen, ist nach der Rechtsprechung des BGH weitergehender Vortrag des Anspruchsstellers erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14, .zitiert nach juris, Rz. 20). Nach Auffassung des Gerichtes hat die Klägerin Tatsachen vorgetragen, welche einen Indizienbeweis für das ihr zustehende Nutzungsrecht erbringen. Sie hat auf die c-Vermerke hingewiesen, die sich auf der Umverpackung des Spiels [Name] befinden und hat in die Klageschrift Kopien der Umverpackung eingefügt. Ferner hat die Klägerin unter Hinweis auf öffentliche Handelsquellen wie Amazon und einschlägige Fachmedien wie PC-Games dargelegt, dass das Spiel als ein solches von [Name] ausgewiesen wird und zu Gunsten der Klägerin die Marken mit dem Wortbestandteil [Name] beim Deutschen Patent- und Markenamt bzw. beim Harmonisierungsamt in Alicante eingetragen sind unter den Nummern DE302**** bzw. EM01177****. Angesichts dieser konkreten Angaben der Klägerin zu ihrem ausschließlichen Nutzungsrecht weiche ohne weiteres anhand ihrer Angaben im Internet nachvollziehbar sind, reichte das einfache Bestreiten des Beklagten zum ausschließlichen Nutzungsrecht der Klägerin nicht aus. Er hätte vielmehr konkret dazu vortragen müssen, weshalb dennoch Zweifel -am Nutzungsrecht der Klägerin bestehen. Dazu war er auch in der Lage – hätte er doch ohne weiteres die insoweit erteilten Informationen der Klägerin ebenfalls einer Nachprüfung unterziehen können.

Ferner hat die Beklagte auch umfangreich und substantiiert dazu vorgetragen, wie die IP-Adresse des Beklagten ermittelt und dann dessen Person im Rahmen eines Auskunftsverfahrens vor dem Landgericht Köln ermittelt wurde. Soweit der Beklagte lediglich pauschal behauptet, dass die Ermittlungen der Klägerin fehlerhaft seien, ihm die IP-Adresse nicht zuzuordnen sei und auch kein Verstoß sicher nachzuweisen sei, genügte dieser Vortrag nicht, um dem substantiierten Vortrag der Klägerin entgegenzutreten. Es wäre dem Beklagten zumutbar gewesen sich mittels Einsichtnahme in das Auskunftsverfahren vor dem Landgericht Köln einen Überblick über die Ermittlungen der Klägerin zu verschaffen und dann anhand der Einsichtnahme konkret zu erklären, worauf sich seine Zweifel stützen. Soweit der Beklagte seine Zweifel darauf gründet, dass er ein weiteres Mal von der Beklagten abgemahnt worden sei und in dieser Abmahnung eine andere IP-Adresse des Beklagten angegeben sei, unterlässt er es, genaue Angaben zu diesem Verfahren zu machen. Seine Darlegungen sind insoweit bereits nicht einlassungsfähig. Anhaltspunkte für eine Fehlzuordnung sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Insbesondere ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht aus dem Vortrag des Beklagten, dass er zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung bereits geschlafen habe. Denn ein einmal in Gang gesetztes Tauschbörsenprogramm kann auch in Abwesenheit des Nutzers bestimmungsgemäß ablaufen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14, zitiert nach juris, Rz. 52). Vor diesem Hintergrund war auch dieses Vorbringen nicht geeignet, den substantiierten Vortrag der Klägerin zu entkräften und es bedürfte insoweit auch nicht der Vernehmung der als Zeugin angebotenen Ehefrau des Beklagten. Denn selbst, wenn diese bestätigen sollte sich zu erinnern, dass ihr Ehemann zur Tatzeit im Mai 2013 geschlafen hat, ergäbe sich daraus nicht, dass die Täterschaft des Beklagten ausgeschlossen ist.

Aus der Ermittlung des Beklagten als Inhaber des IP-Anschlusses, von welchem die streitgegenständliche Verletzungshandlung erfolgte, ergibt sich, dass der Beklagte eine widerrechtliche Urheberrechtsverletzung begangen hat. Denn es wird zu Gunsten des Rechteinhabers vermutet, dass der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Urheberrechtsverletzung begangen wird, Täter der Urheberrechtsverletzung ist. Zwar ist Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Inhabers nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung vom Anschluss des Anspruchsinhabers aus, sondern auch, dass der Anschluss nicht bewusst einer anderen Person zur Nutzung überlassen wurde (OLG München, IVIMR 2016, 195, 196). Im Hinblick auf die Nutzung des Internetanschlusses durch eine andere Person trägt der Anschlussinhaber allerdings die sekundäre Darlegungslast, welche er dadurch erfüllt, dass er nachvollziehbar vorträgt, dass andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Im Rahmen des Zumutbaren ist der Anschlussinhaber auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, GRUR 2016, 191, 194; BGH NJW 2014, 2360; BGH, NJW 2013, 1441). Der Inhaber eines Internetanschlusses wird der sekundären Darlegungslast gerecht, wenn er nachvollziehbar vorträgt, welche Personen mit Rücksicht auf das Nutzungsverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu erfüllen (BGH, GRUR 2016, 191, 194). Der Vortrag des Beklagten erfüllt die Anforderungen der Rechtsprechung nicht. Zum einen ist er widersprüchlich, weil der Beklagte zunächst vortrug, dass keine andere in seinem Haushalt lebende Personen für die Rechtsgutverletzung in Betracht kommt. Später trug er vor; dass sein minderjähriger Sohn in seinem Haushalt lebe und nicht ausgeschlossen werden könne, dass dieser unerkannt den Computer des Beklagten benutzt haben könnte. Aus diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, welches Nutzungsverhalten der Sohn des Beklagten hatte und ob er die Kenntnisse und Fähigkeiten hatte, die streitgegenständliche Verletzungshandlung zu begehen. Auch verhält sich der Vortrag des Beklagten nicht dazu, ob er im Falle einer Benutzung des Computers durch seinen Sohn seiner Aufsichtspflicht genügt hat und seinen minderjährigen Sohn dahingehend instruiert hat, keine illegalen Downloads zu veranlassen. Vor diesem Hintergrund vermag die Einlassung des Beklagten die für die Klägerin streitende Vermutung nicht zu entkräften.

Aufgrund der gegebenen Urheberrechtsverletzung des Beklagten besteht ein Anspruch aus § 97a Abs. 2 UrhG a.F. auf Erstattung der rechtsanwaltlichen Abmahnkosten. Auf den mit der Klage geltend gemachten Anspruch ist § 97a Abs. 1 UrhG in der bis zum 08.10.2013 anzuwenden, weil die Neuregelung des § 97a UrhG erst am 09.10.2013 und damit nach der Abmahnung vom 29.08.2013 in Kraft trat. Nach dieser Vorschrift soll der Verletzte den Verletzter vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewerten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Dies ist der Fall, wenn die Abmahnung begründet ist und ihr ein materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch zugrunde lag (BGH, Urteil vom 24.11.2016, Az. I ZR 222/15, Rz. 10). Dies ist hier der Fall. Wie vorstehend dargelegt hatte die Klägerin gegen den Beklagten als Täter der in Rede stehenden Urheberrechtsverletzung einen Unterlassungsanspruch. Auch die Bestimmung des Gegenstandswerts von 10.000,00 EUR und die Berechnung der Abmahnkosten unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswertes des Unterlassungsanspruchs dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen sind der Umfang der Verletzungshandlung und die Aktualität und Popularität des Werkes. Hier handelte es sich um ein im Jahr 2012 erschienenes Computerspiel, welches im durch den Beklagten bereits im Jahr 2013 heruntergeladen und für Dritte zum Download bereitgehalten wurde. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Gegenstandswert von 10.000,00 EUR als angemessen (vgl. grundsätzlich BGH, NJOZ 2017, 255). Auch für eine Begrenzung des Anspruchs auf 100,00 EUR nach § 97a Abs. 2 UrhG a.F. ist kein Raum, weil nach Auffassung des Gerichtes die in Rede stehende Rechtsverletzung nicht unerheblich war. Eine solche kommt nur bei einem geringen Ausmaß der Verletzung in qualitativer und quantitativer Hinsicht in Betracht. Dies ist bei der massenhaften Verbreitung urheberrechtlicher Werke in sog. Filesharing-Netzwerken nicht der Fall (OLG Frankfurt am Main, MMR 2014, 687 (689)).

Die Klägerin hat darüber hinaus Anspruch auf Ersatz des fiktiven Lizenzschadens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG. Denn der Beklagte hat hier wie vorstehend dargelegt die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin verletzt. Das nach § 97 Abs. 2 UrhG erforderliche Verschulden ist gegeben, weil der Beklagte zumindest fahrlässig gehandelt hat. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs unterliegt der gerichtlichen Schätzung nach § 287 ZPO. Die Klägerin hat dargelegt, dass angesichts des einmaligen Downloads und des in der Folge gegebenen Bereithaltens zum Herunterladen für Dritte im Internet ein Schadensersatzanspruch von zumindest 700,00 EUR angemessen erscheint. Dieser Einschätzung folgt das Gericht, wobei offen bleiben kann, ob darüber hinaus ein höherer Anspruch auf Schadensersatz besteht, wie die Klägerin behauptet. Im geltend gemachten Umfang jedenfalls hat die Klägerin Anspruch auf Ersatz ihres Schadens.

Nicht durchzudringen vermag die Klägerin jedoch mit ihrem Anspruch auf Zinsen ab dem 8. November 2013. Denn sie hat nicht dargelegt, weshalb ab diesem Zeitpunkt Zinsen im begehrten Umfang zu zahlen sind. Insbesondere lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen und sie legt auch insoweit kein Schreiben vor, dass der Beklagte bereits vorgerichtlich der im Wege der Klage geltend gemachten Beträge aufgefordert wurde. Die Klägerin legt lediglich das Schreiben vom 29.08.2013 vor, in welchem sie den Beklagten zur und Abgabe einer Unterlassungserklärung und Beilegung der Angelegenheit gegen Zahlung von 900,00 EUR aufforderte. Eine Zahlungsaufforderung im Hinblick auf die im Wege de geltend gemachten Beträge legt sich jedoch nicht vor, weshalb insoweit kein Verzug nach § 286 Abs. 1 BGB eingetreten ist. Denn insoweit hätte zur Begründung des Verzugs vorgerichtlich einer hinreichend bestimmten Zahlungsaufforderung bedürft, welcher sich der Zahlbetrag entnehmen lässt. Es bestand daher lediglich ein Anspruch der Klägerin aus § 291 BGB auf Zinsen ab Rechtshängigkeit und damit ab dem 03.12.2016.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO und der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens insgesamt. Unberücksichtigt bleiben konnte dabei die Teilklageabweisung im Hinblick auf die geltend gemachten Zinsen, weil es sich insoweit um eine nicht streitwerterhöhende Nebenforderung handelte. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat einzulegen bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung zu diesem Urteil zugelassen hat.

Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

Darüber hinaus kann die Kostenentscheidung isoliert mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem

Amtsgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main

oder dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main

einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes in der Hauptsache 600,00 EUR übersteigt. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle der genannten Gerichte eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftestelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei einem der genannten Gerichte ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.

Dr. [Name]
Richterin am Amtsgericht (…)

 

 

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3. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2017, Az. 30 C 2895/16 (20)

Auch in diesem Verfahren hat das Amtsgericht im Vortrag der Klägerin zur Aktivlegitimation unter konkreter Schilderung des vertraglichen Zustandekommens der die Rechteinhaberschaft begründenden Verträge eine Indizwirkung gesehen, die die Beklagte mit ihrem einfachen Bestreiten nicht hat erschüttern können. Es wäre ihre Sache gewesen, hier konkret und substantiiert vorzutragen, was an den Behauptungen der Klägerin zu ihrer Rechteinhaberschaft unzutreffend gewesen sein soll. Auch das Bestreiten der Richtigkeit der Datenermittlung hatte in diesem Verfahren keinen Erfolg. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwies das Gericht darauf, dass insbesondere bei Mehrfachermittlungen Fehler auszuschließen gewesen seien. Soweit die Beklagte sodann zunächst schriftsätzlich vorgetragen hat, dass ihr zwölfjähriger Sohn die Möglichkeit gehabt habe, die Verletzungshandlungen zu begehen, in der mündlichen Verhandlung persönlich befragt dann aber ausgeführt hat, dass sie nicht davon ausgehe, dass er die Verletzungshandlungen begangen hat, fehlt es an der ernsthaften Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs und es bleibt somit bei der gegen die Beklagte streitende Täterschaftsvermutung. Auch in diesem Fall wurde die Beklagte nach den Anträgen der Klägerin im vollem Umfange verurteilt.

 

 

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(…) – Beglaubigte Abschrift –

Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 30 C 2895/16 (20)

Verkündet lt. Protokoll am:
21.02.2017
[Name], Justizangestellte
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,

gegen

[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigter: [Name],

 

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2017

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.351,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.10.2013 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Urheberrechtverletzung.

Die Klägerin behauptet, ausschließliche Inhaberin der Nutzungsrechte an dem Spiel [Name] zu sein. Die Beklagte habe am [Datum 1] um [Uhrzeit 1] Uhr, um [Uhrzeit 2] Uhr und um [Uhrzeit 3] Uhr sowie am [Datum 2] um [Uhrzeit 1] Uhr und um [Uhrzeit 2] Uhr über den ihm zugeordneten Internetanschluss das Spiel zum Download angeboten. Wegen der Einzelheiten der Ermittlung des Beklagten über die seinem Internetanschluss zugeordneten IP-Adressen [IP 1] und [IP 2] wird auf die Klageschrift nebst Anlagen Bezug genommen. Die Beklagte wurde mit Schreiben vom [Datum] abgemahnt und aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Von dieser Möglichkeit hat sie keinen Gebrauch gemacht.

Wegen der streitbefangenen Urheberrechtsverletzung macht die Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 700,00 EUR geltend. Nachdem sie den Schadensersatzanspruch vorgerichtlich zunächst durch Mahnschreiben vom xx.xx.2013 geltend gemacht hat, macht sie mit der vorliegenden Klage daneben die durch das Abmahnschreiben verursachten Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR geltend. Wegen der Berechnung der Klageforderung im Einzelnen wird auf die Klageschrift nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem xx.xx.2013 sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem xx.xx.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet das gesamte tatsächliche Vorbringen der Klägerin zu ihrer Aktivlegitimation, zur Ermittlung seiner IP-Adresse und zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches sowie der Abmahnkosten. Im Übrigen gehe die Beklagte davon aus, dass ihr in ihrem Haushalt lebender 12-jähriger Sohn die streitgegenständliche Datei ohne ihr Wissen über ihren Anschluss öffentlich zugänglich gemacht habe. Zur Ergänzung des Beklagtenvortrags wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz sowie Abmahnkosten im zugesprochenen Umfang aus §§ 97 Abs. 2, 19a Urheberrechtsgesetz i.V.m. §§ 249, 252 BGB.

Die Klägerin ist aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarung mit den Entwicklern des Computerspiers [Name] die ausschließliche Nutzungsrechteinhaberin. Dies steht fest aufgrund des schlüssigen und substantiierten Tatsachenvorbringens der Klägerin in der Klageschrift unter Vorlage der entsprechenden zugrunde liegenden Vereinbarungen nebst Übersetzung in die deutsche Sprache. Gegenüber diesem substantiierten Tatsachenvorbringen ist das einfache Bestreiten der Beklagten nicht ausreichend. Insbesondere sind Zweifel daran, dass die von der Klägerin in der Klageschrift wiedergegebenen Bestandteile der Vereinbarung solche ein und desselben Dokuments sind, nicht begründet. Die Klägerin hat ferner mit der Replik vorgetragen, dass das streitbefangene Spiel [Name] in allen öffentlich zugänglichen Handelsquellen als solches der Klägerin identifiziert wird; bei Amazon und in der Zeitschrift PC-Games werde auf den Link „[Name]“ verwiesen. Dabei handele es sich um eine eingetragene Marke der Klägerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in der Entscheidung vom 11.06.2015 zu Az. I ZR 19114 kann sich der Tonträgerhersteller zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation in besonderem Maße auf Indizien beziehen. Ein weitergehender Vortrag ist erst erforderlich, wenn vom Verletzer als in Anspruch genommenem konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden, die gegen die „Richtigkeit“ der vorgetragenen Indizien sprechen. An derartigem Vortrag fehlt es hier, so dass das Gericht die Rechteinhaberschaft der Klägerin als festgestellt erachtet.

Die Klägerin hat den Verstoß der Beklagten gegen § 19a Urheberrechtsgesetz durch Anbieten des streitbefangenen Computerspiels zum Herunterladen am [Datum 1] und [Datum 2]über die ihr zum Tatzeitpunkt zugeordneten IP-Adressen [IP 1] und [IP 2] durch Vorlage der Ermittlungsdaten bezüglich der IP-Adressen und Zeitpunkte der einzelnen Verstöße (mit Uhrzeit- und Datumsangabe), die aufgrund des Einsatzes der Ermittlungs-Software [Name] der Firma [Name] erhoben worden sind, in Verbindung mit der aufgrund des Beschlusses des Landgerichts [Name] vom [Datum] (Anlage K 4, Blatt 130 ff, der Akten) eingeholten Auskunft der [Providername] (Anlage K 4, Blatt 148 ff. der Akten) schlüssig dargelegt. Der Vortrag der Beklagten zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungen ist nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des Klägervortrags zu begründen. Zwar trifft es zu, dass bei der Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen und bei der Feststellung und Zuordnung von IP-Adressen im Zusammenhang mit Filesharing-Verfahren Fehler aufgetreten sind, da es sich um Massenverfahren handelt. Mit der genannten Problematik hat sich u.a. der Sachverständige Morgenstern im CR 3/11, Seite 203 ff. in seinem Beitrag „Zuverlässigkeit von IP-Adressen-Ermittlungssoftware“ ausführlich auseinandergesetzt.

Es entspricht allerdings inzwischen gefestigter Rechtsprechung der Instanzgerichte und des Bundesgerichtshofs zum Themenkomplex „Filesharing-Verfahren“, dass jedenfalls bei Mehrfachermittlungen ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Ermittlung spricht. Die Klägerin hat im gegebenen Fall schlüssig dargelegt, dass insgesamt fünf Verstöße über jeweils einen der Beklagten zugeordneten Internetanschluss begangen worden sind. Die Mehrfachermittlung desselben Anschlussinhabers innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums spricht für die Richtigkeit der Ermittlung. Es ist gerichtsbekannt, dass die Filesharing-Software in der Regel so programmiert ist, dass mehrere Angebote zum Herunterladen in nahem, zeitlichem Zusammenhang erfolgen. Dass im vorliegenden Fall an zwei Tagen zwei unterschiedliche IP-Adressen ermittelt worden sind, entspricht ebenfalls den tatsächlichen Gegebenheiten im streitbefangenen technischen Zusammenhang: Einem Internetanschluss werden „automatisch“ und in einem stetigen Zyklus neue IP-Adressen zugeordnet.

Den nach alledem für die Richtigkeit der erfolgten Ermittlung der Beklagten sprechenden Anscheinsbeweis hat diese nicht erfolgreich entkräftet. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, dass auch ihr 12-jähriger Sohn ohne ihr Wissen über ihren Anschluss die streitbefangene Datei öffentlich zugänglich gemacht haben könne. Auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte dann jedoch klarstellen lassen, dass sie nicht davon ausgehe, dass ihr Sohn der Täter sei. Zur Entkräftung des gegen den Anschlussinhaber sprechenden Anscheinsbeweises bedarf es jedoch des Vortrags von Tatsachen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit der Täterschaft einer anderen Person als derjenigen des Anschlussinhabers ergibt. Es kann dabei dahinstehen, ob der Anschlussinhaber in diesem Zusammenhang zu detaillierten Nachforschungen verpflichtet ist und konkrete Anhaltspunkte für die täterschaftliche Begehung durch ein konkret zu benennendes Familienmitglied vortragen muss (so der Bundesgerichtshof der bisherigen Rechtsprechung) oder ob vor dem Hintergrund des grundgesetzlichen Schutzes von Ehe und Familie in Art. 6 GG eine namentliche Benennung nicht zumutbar ist und die Behauptung der Möglichkeit einer Begehung durch ein im Haushalt des Anschlussinhabers lebendes anderes Familienmitglied genügt (so der Bundesgerichtshofs in seiner jüngsten Entscheidung zu dieser Fragestellung – Urteil vom 06.10.2016 zu Az. 1 ZR 154/15). Denn der Vortrag der Beklagten genügt in beiden Fällen den gestellten Anforderungen gerade nicht, da die Täterschaft des Sohnes explizit geleugnet wird.

Die Klägerin hat auch die Höhe des ihr zustehenden Schadensersatzes schlüssig dargelegt. Der Schadensersatz ist nach demjenigen Betrag zu bemessen, den die Beklagte hätte bezahlen müssen, wenn sie mit der Klägerin einen Lizenzvertrag geschlossen hätte (Grundsätze der Lizenzanalogie). Der hierzu gehaltene Tatsachenvortrag der Klägerin ist nicht zu beanstanden, insbesondere, was den Ansatz einer Gebühr in Höhe von 30,00 EUR pro Download anbelangt. Nach unbestrittenem Klägervorbringen befand sich das streitbefangene Computerspiel in der Phase der Erster Wertung, in der regelmäßig Kaufpreise in Höhe von 50,00 EUR erzielt werden. Da die Beklagte im Rahmen des streitbefangenen Filesharingangebots das Computerspiel für eine unübersehbare Anzahl von Nutzern über den Zeitraum von mindestens zwei Tagen zugänglich gemacht hat, erscheint der Ansatz eines fiktiven Lizenzentgelts in Höhe von 700,00 EUR als angemessen (§ 287 ZPO).

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 97a Abs. 1 S. 2 Urheberrechtsgesetz auch Ersatz der Abmahnkosten für die berechtigte vorgerichtliche Abmahnung in zugesprochenem Umfang verlangen. Was die Höhe des Gegenstandswerts für die Abmahnkosten anbelangt, sind die von der Klägerin zugrunde gelegten 10.000,00 EUR nicht zu hoch. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat einen Gegenstandswert in Höhe von 6.000,00 EUR für das Filesharing eines einzelnen Musikstücks unbeanstandet gelassen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.07.2014 zu Az.11 U 115/13, zit. nach juris). Bei einem unerlaubten Anbieten eines Computerspiels erscheint mithin ein Betrag von 10.000,00 EUR als angemessen, da im Vergleich zu einem Musiktitel, der in der Regel zwischen 3 und 10 Minuten lang ist, ein Computerspiel eine erheblich größere Komplexität und Datendichte sowie ein höheres Datenvolumen sowie eine umfangreichere Verkörperung der sich im Werk niederschlagenden geistigen Leistung aufweist.

Der Beklagten ist nicht darin zu folgen, dass die Forderung nach Kostenersatz für die Abmahnung der Höhe nach gemäß § 97a Abs. 2 des Urheberrechtsgesetzes a.F. zu deckeln sei. Nach dieser Vorschrift ist der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR beschränkt. Im Streitfall liegt aber gerade eine nicht unerhebliche Rechtsverletzung vor. Zwar ist nur ein Computerspiel betroffen. Die vorliegende Rechtsverletzung ist aber nach den gemäß § 97a Abs. 2 Urheberrechtsgesetz a.F. anzuwendenden Maßstäben qualitativ nicht als unerheblich zu bewerten. Die internetbegangenen Urheberrechtsverstöße können in ihrer Häufung zu erheblichen Umsatzeinbußen in der betroffenen Branche führen. Wer ein Computerspiel in einer Internettauschbörse zum Herunterladen anbietet, handelt im Allgemeinen nicht rein altruistisch. Er strebt zumindest mittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil an, weil er eigene finanzielle Aufwendungen für den erwünschten Erwerb der vom Tauschpartner kostenfrei bezogenen Werke erspart. Er nimmt dabei in Kauf, dass sich dies negativ auf den Vermarktungserfolg des Rechteinhabers auswirkt (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.07.2015 zu Az. 2-6 S 21114).

Die Zinsforderung ist begründet unter Verzugsgesichtspunkten (§§ 280 ff. BGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richterin am Amtsgericht

Beglaubigt
Frankfurt am Main, 10.03.2017
[Name] Justizangestellte
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (…)

 

 

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4. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87)

Die unkontrollierte Öffnung des Internetanschlusses für minderjährige Dritte, insbesondere Freunde der eigenen Kinder, begründet die Haftung des Anschlussinhabers für die im Filesharing begangene Rechtsverletzung unter störerschaftlichen Gesichtspunkten. Der Umfang der Störerhaftung bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Diese Prüfungspflichten hat die Beklagte im vorliegenden Fall verletzt. Sie hat dadurch, dass sie ihren Internetanschluss auch den minderjährigen Freunden ihrer Kinder überließ, diese aber nicht hinreichend hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses instruierte, die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen unterlassen. Die nahezu jederzeitige unbewachte Nutzungsmöglichkeit ihres Anschlusses durch minderjährige Dritte hat eine Ursache dafür gesetzt, dass ein Dritter über ihren unzureichend gesicherten Anschluss die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begehen konnte. In der Folge haftete die Beklagte in diesem Fall für die geltend gemachten Anwaltskosten.

 

 

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(…) – Beglaubigte Abschrift –

Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 30 C 2793/16 (87)

Verkündet lt. Protokoll am:
24.04.2017
[Name], Justizfachangestellte
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte Reichelt und Partner, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg

gegen

[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigter: [Name],

 

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2017

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 651,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 57% und die Beklagte 43% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz sowie Ersatz der durch eine Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten aufgrund des unerlaubten Anbietens eines Computerspiels über den Internetanschluss der Beklagten („Filesharing“).

Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungs- und Verwertungsrechte zur Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Zugänglichmachung des Computerspiels [Name]. Das Spiel wurde am 06.09.2011 in den USA und am 09.09.2011 in der EU erstveröffentlicht. Bis zum Februar 2013 wurden über 5 Millionen Exemplare des Spiels verkauft.

Über den Internetanschluss der Beklagten wurde dieses Computerspiel am 15.12.2012 um 14:16:38 Uhr und 14:38:40 Uhr ohne Verwertungsrechte seitens der Klägerin zum Download angeboten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.02.2013 wurde die Beklagte abgemahnt und unter Fristsetzung zum 25.02.2013 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung eines Pauschalbetrages in Höhe von 1.500,00 EUR aufgefordert.

Die Beklagte gab daraufhin eine vorbehaltlose Unterlassungserklärung ab, Zahlungen leistete sie nicht.

Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2013 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag über 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 26. Februar 2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet,
sie habe die Urheberrechtsverletzung nicht begangen, sie kenne das streitgegenständliche Computerspiel nicht und spiele generell keine Computerspiele. Weiter behauptet sie, zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung hätten neben der Beklagten deren Ehemann und die beiden damals noch minderjährigen Kinder im Haushalt der Beklagten gelebt. Alle vier Familienmitglieder hätten Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten und hätten den Internetanschluss auch zum Tatzeitpunkt genutzt. Der Sohn der Beklagten habe im Zeitraum der Urheberrechtsverletzung regelmäßig Besuch von Freunden gehabt. Aufgrund des großen Kreises potentieller Urheberrechtsverletzer habe sich nicht mehr klären lassen, ob und von wem seinerzeit ein Down- bzw. Upload versucht worden sei. Die Beklagte behauptet, sie habe ihre Kinder darüber belehrt, dass sie im Internet keine Urheberrechtsverletzungen begehen dürfen. Ferner behauptet sie, dass eine Urheberrechtsverletzung schon deshalb nicht vorläge, da die streitgegenständliche Datei aller Wahrscheinlichkeit nach passwortgeschützt und das dazugehörige Passwort im heruntergeladenen Datenpaket sicher Weder enthalten, noch dem angeblichen Täter des Downloads bekannt gewesen sei. Jedenfalls bestreitet sie, dass die heruntergeladene Datei eine lauffähige Version des Computerspiels [Name] enthalten habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name], [Name] und [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.04.2017 (Bl. 111 ff. d.A) Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Entscheidungsgründen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt ergibt sich aus den §§ 104, 105 UrhG i.V.m. § 7 Ziff. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit der Amtsgerichte und der Landgerichte in Urheberrechtsstreitsachen vom 16.09.2008 (HessGVBl. I 08, S. 1191).

Die Klage ist auch zum Teil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung vom 14.02.2013 entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR aus § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG a. F.

Zwar haftet die Beklagte nicht als Täterin der begangenen Urheberrechtsverletzung. Jedoch haftet sie als Störer wegen einer von einem Dritten begangenen Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung. Die Abmahnung war insofern berechtigt.

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH GRUR 2010, 633 – Sommer unseres Lebens). Die Beklagte hat dadurch, dass sie ihren Internetanschluss auch den minderjährigen Freunden ihrer Kinder überließ, diese aber nicht hinreichend hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses instruierte, und ihren Anschluss nur mit dem standardmäßig vergebenen Modemschlüssel sicherte, die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen unterlassen Die nahezu jederzeitige unbewachte Nutzungsmöglichkeit ihres Anschlusses durch minderjährige Dritte hat eine Ursache dafür gesetzt, dass ein Dritter über ihren unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss – nämlich nur durch das von den Freunden des Sohnes jederzeit auf dem Modem ablesbare Passwort – die in Rede stehende Urheberrechtsverletzung begehen konnte (vgl. BGH a.a.O.).

Eine Urheberrechtsverletzung liegt auch vor. Die Behauptung der Beklagten, dass die streitgegenständliche Datei aller Wahrscheinlichkeit nach passwortgeschützt und das dazugehörige Passwort im heruntergeladenen Datenpaket sicher weder enthalten noch dem angeblichen Täter des Downloads bekannt gewesen sei, ist eine reine Behauptung ins Blaue und durch nichts belegt. Bei den in Peer-to-Peer-Netzwerken angebotenen Dateien handelt es sich gerichtsbekannt in aller Regel um Raubkopien, bei denen der Kopierschutz der Originaldateien gerade umgangen wurde. Dass vorliegend von einer anderen Prämisse auszugehen ist, wurde weder vorgetragen noch belegt. Das bloße Bestreiten der Beklagten, dass die heruntergeladene Datei keine lauffähige Version des Computerspiels [Name], ist vor dem Hintergrund, dass die Funktions- und Lauffähigkeit der heruntergeladenen Datei bereits vor dem LG Köln dargelegt und mittels eidesstattlicher Versicherung eines Mitarbeiters der Firma Excipio nachgewiesen wurde, nicht ausreichend.

Der Höhe nach können die Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR für das streitgegenständliche Computerspiel berechnet werden. Der Genstandwert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechts ist nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gegenstand der Abmahnung ist ein Unterlassungsanspruch. Der Wert eines solchen Anspruchs bestimmt sich nach dem Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße. Dieses Interesse ist pauschalierend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bewerten und wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Schutzrechts bestimmt. Bei der Bewertung des Interesses der Rechtsinhaber an der Abwehr künftiger Verletzungshandlungen muss insbesondere das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotenzial für das Schutzrecht insgesamt und dessen wirtschaftliche Auswertung berücksichtigt werden (vgl. BGH GRUR 2016, 1280 – Everytime we touch). Bei der Bemessung des Gegenstandswert hat das Gericht folgende Faktoren berücksichtigt einerseits die Unkontrollierbarkeit der Verbreitung illegal zum Download angebotener Dateien im Netz sowie der erhebliche Datenwert eines Computerspiels, bei dem regelmäßig von einem höheren Gegenstandswert ausgegangen werden muss als beispielsweise bei nur einem Musiktitel (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 43115 – BeckRS 2016, 20394); anderseits lag vorliegend die Erstveröffentlichung des Computerspiels zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung bereits mehr als ein Jahr zurück und es ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von einer „erheblichen Popularität“ des Spiels auszugehen. Zwar wurden von September 2011 bis Februar 2013 mehr als 5 Millionen Exemplare des Computerspiels [Name] verkauft. Dies allein spricht jedoch nicht für die „erhebliche Popularität“ des streitgegenständlichen Spiels. Vielmehr erachtet das Gericht eine solche Verkaufszahl weltweit in einem Zeitraum von 1 1/2 Jahren als nicht derart überdurchschnittlich, dass von einer besonderen Beliebtheit des Spiels ausgegangen werden muss. Hinzu kommt, dass die Verkaufszahlen regelmäßig im Jahr der Erstveröffentlichung höher liegen als danach. Vorgetragen wurde nur zu den Verkaufszahlen im Zeitraum September 2011 bis Februar 2013, nicht jedoch konkret zu den Zahlen im Zeitraum rund um die Urheberrechtsverletzung im Dezember 2012. Der BGH (a.a.O.) erachtet bei einem durchschnittlich erfolgreichen Computerspiel, das nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich gemacht wird, einen Gegenstandswert von nicht unter 15.000,00 EUR für angemessen. Da die Erstveröffentlichung vorliegend bereits mehr als ein Jahr zurück lag, erachtet das Gericht einen Gegenstandswert von 10.000,00 EUR für angemessen und ausreichend.

Der Anspruch ist der Höhe nach weder gem. § 97a Abs. 3 UrhG noch gem. § 97a Abs. 2 UrhG a.F. gedeckelt. § 97a Abs. 3 UrhG ist auf Altfälle nicht übertragbar, vielmehr kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2011, I ZR 145/10MMR 2012, 39). Die Deckelung des § 97a Abs. 2 UrhG a.F. greift dagegen nur bei unerheblichen Rechtsverletzungen und in einfach gelagerten Fällen ein. Beides ist im Falle des Filesharing nicht gegeben (vgl. LG Köln NJOZ 2010, 1931).

Aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR errechnen sich – unter Zugrundelegung der Anlage 2 des RVG, Stand: 14.02.2013 (Zeitpunkt der Abmahnung) – Anwaltsgebühren in Höhe von 651,80 EUR (1,3 Geschäftsgebühr gern. VV 2300 + Auslagenpauschale gern. W 7002).

Der zugesprochene Zinsanspruch beruht auf § 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.
fahrlässig verletzt.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Schadensersatz (aus Lizenzanalogie) nicht zu. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich weder aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG noch aus einer sonstigen Anspruchsgrundlage. Die Beklagte hat das Urheberrecht der Klägern nicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt.

Die tatsächliche Vermutung ihrer Täterschaft als Inhaberin des Anschlusses, über den die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, hat sie erschüttert. Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen, indem sie vorgetragen hat, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugriff zu ihrem Internetanschluss hatten und als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen (vgl. BGH MMR 2014, 547 – BearShare). Zudem steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtsfest, dass die fragliche Verletzungshandlung tatsächlich von einem Dritten mit alleiniger Tatherrschaft begangen worden sein kann (vgl. BGH GRUR 2016, 1280 – Everytime we touch) und die Beklagte die von ihr zu erwartenden Nachforschungen zur Ermittlung des Täters angestellt hat (vgl. BGH MMR 2014, 547 – BearShare).

Sämtliche Zeugen haben den Vortrag der Beklagten, wonach zum Tatzeitpunkt alle Familienmitglieder sowie Freunde des Sohnes Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten hatten, bestätigt. Der Zeuge [Name] sowie die Zeugin [Name] haben zudem glaubhaft ausgesagt, dass der Sohn der Beklagten, der Zeuge [Name], einen eigenen PC in seinem Zimmer und so die Möglichkeit des alleinigen unbewachten Zugriffs auf den Internetanschluss gehabt habe. Zwar war es dem Zeugen [Name] nicht mehr erinnerlich, ob er im Dezember 2012 einen eigenen PC in seinem Zimmer hatte. Allerdings hat auch er ausgesagt, dass er seinen Freunden Zugriff auf den elterlichen PC verschafft habe, wobei seine Eltern nach deren glaubhaften Schilderungen nichtpermanent zugegen waren.

Die Beklagte hat insofern im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung angegeben, lediglich zu vermuten, dass ihr Sohn gemeinsam mit seinen Freunden im Internet gewesen sei. Der Zeuge [Name] hat ausgesagt, viel zu arbeiten und manchmal erst um 20:00 Uhr nach Hause zu kommen. Beiden Angaben lässt sich entnehmen, dass die Beklagte sowie ihr Ehemann bei nachmittäglichen Besuchen der Freunde ihres Sohnes nicht permanent (überwachend) zugegen waren. Hiernach kann der Internetanschluss hinter dem Rücken der Beklagten für illegales Filesharing genutzt worden sein.

Die Beklagte hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung auch glaubhaft geschildert, ihre Kinder und insbesondere ihren Sohn zu möglichen Tätern der Urheberechtsverletzungen befragt zu haben. Die Nachforschungen waren jedoch ergebnislos. Der Zeuge [Name] hat hierzu ausgesagt, nach der erhaltenen Abmahnung den PC seines Sohnes überprüft zu haben und dabei eine Filesharing-Software gefunden zu haben, jedoch sei in den Downloadfiles des PCs das streitgegenständliche Computerspiel nicht enthalten gewesen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richterin (…)

 

 

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5. Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71)

Ergibt die Beweisaufnahme, dass die von der Beklagtenseite geschilderte ernsthafte Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs nicht gegeben ist, bleibt es bei der gegen die Beklagte streitenden Täterschaftsvermutung. Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte vorgetragen, dass sie selbst zu den Ermittlungszeitpunkten nicht zu Hause gewesen sei und die Verletzungshandlung nicht begangen habe. Ebenso wenig sei ihr Mann anwesend gewesen. Hingegen waren Schwiegereltern und Sohn der Beklagten vor Ort. Auf Grundlage dieses Vortrags hat das Gericht eine Beweisaufnahme durchgeführt, bei der der Ehemann der Beklagten glaubhaft bekundete, die Rechtsverletzung selbst nicht begangen zu haben, ebenso wenig wie seine Eltern, die sich für Computerdinge nicht interessierten. Auch der als Zeuge vernommene Sohn wies die Möglichkeit der Verletzungshandlung durch ihn von sich. Er nutze zwar Computer, erwerbe Computerspiele aber ausschließlich legal und habe die Verletzungshandlung nicht begangen. Das Gericht hatte nach Würdigung des Beweisergebnisses keinerlei Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Zeugenaussagen zu zweifeln und sah damit folgerichtig die gegen die Beklagte streitende Täterschaftsvermutung durch ihren Vortrag als nicht widerlegt an. Nach der Beweisaufnahme fehle es an der ernsthaften Möglichkeit eines alternativen Geschehensablaufs, der die Beklagte entlastet und in der Folge wurde sie vollen Umfangs nach den Anträgen der Klägerin verurteilt.

 

 

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(…) – Beglaubigte Abschrift –

Amtsgericht Frankfurt am Main

Aktenzeichen: 30 C 2166/16 (71)

Verkündet lt. Protokoll am:
31.08.2017
[Name], JAe.
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,

gegen

[Name],
Beklagte

Prozessbevollmächtigte: [Name],

 

hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch Richterin am Amtsgericht [Name] im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Erklärungsfrist bis zum 24.08.2017

für Recht erkannt:

Das Versäumnisurteil vom 01.12.2016, Az. 30 C 2166/16 (71), bleibt aufrecht erhalten.

Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 410 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Abmahnkosten sowie Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung in einem Peer-to-Peer-Netzwerk.

Die Klägerin beruft sich auf ausschließliche Nutzungs- und Vertriebsrechte an dem im September 2011 erschienen Computerspiel [Name].

Die Beklagte war zum Tatzeitpunkt Inhaberin eines Internetanschlusses, dessen Provider die deutsche Telekom AG war.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob vom Anschluss der Beklagten mittels der Filesharing Tauschbörse µtorrent 3.2.0 das Urheberrecht der Klägerin verletzend am 01.09.2012 um 23:18:37 Uhr, am 04.09.2012 um 17:41:59 Uhr und am 04.09.2012 um 17:46:34 Uhr unter der der Beklagten am 01.09.2012 zugeordneten IP Adresse [IP 1] und am 04.09.2012 zugeordneten IP Adresse [IP 2] das o.a. Computerspiel herunter- respektive hochgeladen wurde.

Die Beklagte lebte jedenfalls zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten mit ihrem Ehemann [Name] und ihrem damals minderjährigen Sohn [Name] im Familienhaushalt zusammen.

Die Klägerin ließ die Beklagte mit Schreiben vom 23.11.2012 unter Fristsetzung abmahnen. Es wurde eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der Lizenzanalogie Schadensersatz in Höhe von 640,20 EUR und auf Basis eines Streitwertes von 20.000,00 EUR Abmahnkosten in Höhe von 859,80 EUR.

Am 01.12.2016 ist gegen die Beklagte ein Versäumnisurteil ergangen, das der Beklagten am 13.12.2016 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 16.12.2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, hat die Beklagte Einspruch eingelegt.

Die Klägerin trägt vor,
die Mitbewohner [Name] und [Name] hätten zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten den Anschluss nicht genutzt und nutzen können. Die Mitbewohner hätten die Verletzungshandlung nicht begangen.

Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,
sie sei am 01.04.2012 um 23:18 Uhr nicht zu Hause gewesen. Ihre Schwiegereltern seien zuhause gewesen und hätten auf den gemeinsamen Sohn aufgepasst. Der Laptop sei nicht eingeschaltet gewesen. Ebenso wenig sei sie am 04.09.2012 um 17:41 Uhr bzw. 17:46 Uhr zu Hause gewesen, denn sie habe sich auf Arbeit noch befunden. Ihr Ehemann habe Spätdienst gehabt und sei ebenfalls nicht zu Hause gewesen. Der Laptop sei nicht eingeschaltet gewesen. Zu keinem Zeitpunkt habe sich auf dem Laptop die entsprechende Datei oder die Tauschbörsensoftware befunden. Der Sohn habe einen eigenen Computer besessen, mit dem er über WLAN Zugriff auf das Internet gehabt hätte. Der Internetanschluss sei mit dem Sicherheitstyp WPA2 gesichert und mit einem Passwort verschlüsselt gewesen. Der Sohn sei darüber aufgeklärt worden, dass die Nutzung von Tauschbörsen verboten sei. Die Aufklärung habe sie aufgrund ihrer Kenntnisse aus den Medien vorgenommen. Beide Mitbewohner hätten auf entsprechende Nachfrage verneint, das streitgegenständliche Computerspiel zu kennen. Im Übrigen sei ein Schaden nicht nachvollziehbar.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name]. Das Gericht hat die Beklagte informatorisch angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.06.2017 (Bl. 271 ff. d.A.) verwiesen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Aufgrund des Einspruchs der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 01.12.2016 ist der Prozess in die Lage vor Säumnis zurückversetzt worden, § 342 ZPO. Denn der Einspruch ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form-und fristgerecht im Sinne des §§ 338 ff ZPO eingelegt worden.

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig gemäß § 104a Abs. 1 UrhG i.V.m. UrhG i.V.m. § 7 Ziff. 1 der Hessischen Verordnung über die Zuständigkeit der Amtsgerichte und der Landgerichte in Urheberrechtsstreitsachen

Die Klage ist begründet und das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz in der zuerkannten Höhe im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Absatz 2 UrhG in der im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung gültigen Fassung, der – soweit ein Teilbetrag eingeklagt wurde, mindestens 640,20 EUR beträgt. Denn die Beklagte ist als Täterin der von der Klägerin vorgetragenen Urheberrechtsverletzung anzusehen. Denn es ist ihr nicht gelungen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung dafür, dass sie als Anschlussinhaberin für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, wenn über ihren Anschluss zuzuordnende IP-Adresse ein geschütztes Werk öffentlich zugänglich gemacht wird, zu widerlegen.

Denn nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die beiden Zeugen [Name] und [Name] als potentielle Täter ausscheiden. Der Ehemann [Name] berichtete glaubhaft, er sei mit seiner Frau am 01.09.2012 in der Diskothek gewesen. Seine Eltern seien mit der Nutzung von Computer nicht vertraut und würden als Täter ausscheiden. Das Passwort für das WLAN sei auch niemals an Gäste vergeben worden. Im Übrigen habe er das Spiel nicht heruntergeladen. Soweit der Zeuge [Name] ausführte, er wisse nicht, was sein Sohn getan habe, wenn er außer Haus gewesen sei und er hätte dann grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, berichtete der Sohn [Name] glaubhaft, er sei es nicht gewesen. Er habe das Spiel nicht heruntergeladen und dieses auch nicht gespielt. Spiele habe er allenfalls mit sogenannten Paysafe Karten im Internet gekauft und heruntergeladen. Er wisse auch nicht, was eine Tauschbörse sei.

Da aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Familienangehörigen als Täter ausscheiden, verbleibt es bei der gegen die Beklagte als Anschlussinhaberin sprechenden tatsächlichen Vermutung ihrer Täterschaft. Es kann daher dahinstehen, ob sie nachvollziehbar erläuterte, es nicht gewesen zu sein. Sie hat nämlich ansonsten nicht darlegen können, wie es zur dreimaligen Verletzungshandlung gekommen sein kann, wenn weder sie noch ihre Familienangehörigen es gewesen sein wollen. Soweit die Beklagte die korrekte Ermittlung der IP-Adressen zunächst bestritten hat, hat die Beklagte dies im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gestellt. Dass die Beklagte die in der Familie genutzten Geräte vom Strom- und Datennetz genommen hat, wurde nicht vorgetragen. Es ist daher von ihrer Täterschaft auszugehen.

Mit dem mehrfachen Zurverfügungstellen der Computerspieldatei in der Tauschbörse hat die Beklagte das Computerspiel widerrechtlich, nämlich ohne erforderliche Lizenz, öffentlich zugänglich gemacht i.S.d. § 19a UrhG. Die Beklagte handelte auch schuldhaft, nämlich zumindest fahrlässig.

Soweit die Beklagte den Eintritt eines Schadens für nicht nachvollziehbar hält und damit konkludent bestreitet, ist dieses Bestreiten nicht nachvollziehbar, denn die übrigen Teilnehmer der Tauschbörse, die durch das Uploaden in den Genuss des Computerspiels kamen, hätten ihrerseits das Computerspiel legal nur durch Entrichten eines Kaufpreises oder einer Gebühr nutzen können. Diese Gebühren sind der Klägerin durch die illegale Verbreitung und Zugänglichmachung entgangen. Entgangener Gewinn stellt nach dem Schadensrecht gemäß § 252 BGB einen Schaden dar. Die Bemessung des Schadens erfolgt auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Wege der Lizenzanalogie. Zu berücksichtigen ist, dass vorliegend als Maßstab für die Bemessung des Schadens der Ansatz einer weltweiten nicht ausschließlichen Lizenz zugrunde zu legen ist, denn die Verbreitung über das Internet erfolgte weltweit. Es bedarf insoweit nicht der Einholung eines kostenintensiven Sachverständigengutachtens, dass eine solche Lizenz weit mehr als der eingeklagte Schadensersatz betragen würde. Hinzukommt, dass die Beklagte zu insgesamt drei verschiedenen Zeitpunkten das Computerspiel öffentlich zugänglich gemacht hat.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen anwaltlichen Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung gültigen Fassung. Die Beklagte haftet als Inhaberin des Anschlusses insoweit auch für die Abmahnkosten. Der Höhe nach ist dieser nicht gemäß § 97a Abs. 2 UrhG auf einen Betrag von 100,00 EUR begrenzt, da es sich vorliegend nicht um einen einfach gelagerten Fall handelt. Die Annahme eines Gegenstandswertes von 20.000,00 EUR ist angemessen. Der Gegenstandswert einer Abmahnung wegen Verletzung eines Schutzrechtes ist nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen (BGH, Urteil vom 13. November 2013 – X ZR 171/12, GRUR 2014, 206 Rn. 13 = WRP 2014, 317 – Einkaufskühltasche; Rohn in Mayer / Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 23 Rn. 10). Auch die Beurteilung der Angemessenheit des vom Anspruchsteller angesetzten Gegenstandswerts liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 06. Oktober 2016 -I ZR 97/15 -, juris; BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 272/14 -, juris ). Angesichts der Höhe einer fiktive Lizenzgebühr, dem Bekanntheitsgrad des Computerspiels, der weltweiten Vermarktung, dem Alter des Spiels von etwa einem Jahr zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung und schließlich den Entwicklungskasten erachtet das Gericht den angesetzten Gegenstandswert für angemessen.

Der Anspruch auf Ersatz der Verzugszinsen ergibt sich jeweils aus §§ 280, 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richterin am Amtsgericht (…)

 

 

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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.03.2017, Az. 32 C 2695/16 (90),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.06.2017, Az. 31 C 2452/16 (23),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.02.2017, Az. 30 C 2895/16 (20),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.04.2017, Az. 30 C 2793/16 (87),
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.08.2017, Az. 30 C 2166/16 (71)

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