11:09 Uhr
Mit seiner Pressemitteilung: „Der Abmahnbeantworter: Selbstverteidigungshilfe gegen unberechtigte Abmahnung“ stellt der „Chaos Computer Club“, neben kämpferischer Polemik, sein Instrument zur Zerschlagung der Massenabmahnung bei Filesharing vor – dem Abmahnbeantworter. Mit der Verwendung – natürlich nur wenn man weiß, dass seine Abmahnung ungerechtfertigt sei und kein Störer oder Täter – könnte man sich mit eine Art „Textbaustein für Abgemahnte“ erfolgreich gegen die Abmahner wehren. Wenn nicht, wird man auf Anwaltsseiten verwiesen.
Nur welcher Abgemahnte, der erstmalig in seinem Leben so ein anwaltliches Abmahnschreiben in den Händen hält, wird sofort einschätzen können, ob man einmal ungerechtfertigt abgemahnt wird und andermal – viel wichtiger – wirklich kein Störer oder Täter ist? Natürlich wirbt man für die Verbindlichkeit damit, dass man den Abmahnbeantworter mit Juristen entwickelt hätte sowie aus juristischer Sicht, dass mit dessen Anwendung der Anwender den Abmahner in Zugzwang drängen würde die ausgesprochene Abmahnung zurückzunehmen. Ich denke, hier beweist man eindeutig, dass man die Sachverhalte: a) Abmahnung Filesharing, b) mögliche – verschuldensunabhängige – Haftung des abgemahnten Anschlussinhabers als Störer / Täter bzw. Teilnehmer, c) die bestehende Gesetzgebung und Rechtsprechung sowie d) die Grundprinzipien in einem Zivilrechtsstreit falsch einschätzt bzw. die falschen Berater hatte bzw. hat
Angenommener Fall (nicht ganz so abwägig)
Anschlussinhaber = Großvater Steffen
– benutzt das Internet für E-Mail, Einkäufe eBay und Amazon;
– 1-mal im Monat bekommt er Besuch von seinem Enkel Julien (13 Jahre);
– dieser bringt immer seinen Laptop mit und nutzt diesen Abends, so bis ca. 22:00 Uhr, wenn der Großvater vor den Fernsehen sitzt für, nach seinen Angaben, zum Anschauen von Videos auf YouTube; im Vertauen, manchmal – aber sehr selten – bin ist der Großvater auch schon im Bett und lässt seinen Enkel 1 – 2 Stunden allein surfen;
– der Großvater wundert sich ab und zu, dass in der Früh der Laptop noch an ist und mit den Internet verbunden, vielleicht isser eingeschlafen;
Urplötzlich erhält der Großvater als Anschlussinhaber eine Abmahnung, sagen wir von „Waldorf Astor“ wegen dem Album: „Andy Gipfel – Selenregen“
Der Großvater – nach der ersten Einnahme von Baldrian – informiert sich erst einmal im Internet. Er fasst jetzt seinen Abmahnfall zusammen.
Abmahnung 20.08.2016
Abmahner WA
RI: Nobody GmbH
Werk: Album: „Andy Gipfel – Seelenregen“
Forderungen: UE + Geld
Log: 17.06.2016; 21:00:00 Uhr
Da der monatliche Besuch des Enkels geplant wird, ist kalendarisch ersichtlich, dass am, im Abmahnschreiben erwähnte Wochenende (21.06.2016), das Enkelchen auf Besuch war.
Großvater:
– Hatte wie immer seinen Laptop mit; ist wohl eingeschlafen, der Bengel, denn früh lief sein Laptop noch und war mit dem Internet verbunden;
– Habe ihn heuer gefragt, er sagte, dass er es nicht war – „ganz ehrlich Opi“ – und dass seine Eltern das Album: „Andy Gipfel – Seelenregen“ zu Hause im Regal stehen haben;
– O.K. Ich habe ja irgendwo gelesen, dass dieses Jahr der BGH entschied, dass mann Gäste, Mitbewohner und Familienmitglieder nicht ansatzlos belehren muss – prima, habe den Enkel sowieso nie belehrt, er ist ja so verständnisvoll.
Fazit Großvater:
Ich war es nicht, der Bengel war es auch nicht – es muss ein Versehen sein, oder eine Abzocke! Man liest ja so viel. Es ist sowieso strafbar, dass der Provider meine Daten weitergibt, ohne mich zu fragen. Ich überlege zur Polizei zu gehen und Strafanzeige zu erstatten.Ein Anwalt ist mir zu teuer – leider nur eine karge Rente -, allein will ich aber auch nicht mit denen Kontakt aufnehmen … uh, da finde ich doch noch einen „CCC »Abmahnbeantworter«“. Chaos Computer Club, die müssen sich auskennen.
Antwortschreiben generiert mit dem CCC »Abmahnbeantworter« (Auszug)
(…) Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für den außergerichtlichen Hinweis vom 20. August 2016, dass mir eine urheberrechtliche Rechtsverletzung vorgeworfen wird.
Nach Prüfung des Sachverhaltes kann ich Ihnen jedoch erleichtert versichern, dass ich die angebliche Urheberrechtsverletzung vom 17. Juni 2016 nicht begangen habe und auch sonst nicht für die vermeintliche Rechtsverletzung einzustehen habe, denn in dem von Ihnen geschilderten Zusammenhang komme ich weder als Täter noch als Störer in Betracht.
Ich hatte zum angegebenen Tatzeitpunkt am 17. Juni 2016 um 21:00 Uhr nachweislich Besuch und dieser kann bezeugen, dass ich zu diesem Zeitpunkt meinen Rechner nicht benutzte.
Ich teile meinen Anschluss mit Gästen. Daraus folgt, dass ich unter die Haftungsprivilegierung des § 8 TMG n. F. falle, also für etwaige Urheberrechtsverletzungen auch nicht als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
Aufgrund des von mir nun dargelegten Sachverhaltes müssen Sie erkennen, dass Ihre Abmahnung vom 20. August 2016 gegen mich unrechtmäßig ergangen ist.
Ich fordere Sie deshalb auf, bis zum 06. September 2016 die geltend gemachten Forderungen mir gegenüber schriftlich zurückzunehmen.
Sollten Sie diese Frist fruchtlos verstreichen lassen, behalte ich mir ausdrücklich vor, die Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch zu nehmen und Ihnen die dadurch entstandenen Kosten aufzuerlegen oder / und eine negative Feststellungsklage bei Gericht einzureichen, mit dem Ziel, die Unrechtmäßigkeit der Abmahnung feststellen zu lassen. Durch die unterlassene ausdrückliche schriftliche Rücknahme Ihrer Abmahnung hätten Sie zu einer entsprechenden Klageerhebung auch Anlass gegeben.
Mit freundlichen Grüßen (…)
Im Weiteren wird keine geforderte UE abgegeben, keine Zahlung geleistet, keine negative Feststellungsklage erhoben und der Abmahner nervt trotzdem noch … überspringen wir eine mögliche EV und lassen es auf eine Klage ankommen.
Der Großvater als Anschlussinhaber hat selbst den Vorwurf nicht getätigt; zum Vorwurf benutzte nur sein Gast (Enkel, 13 Jahre) das Internet; AI benennt Enkel als alleinigen Internetnutzer zum Vorwurf; AI hat erst Fernsehen geschaut und dann geschlafen; eine Belehrung erfolgt nie und P2P wurde auch nie verboten, hat der AI bis dahin noch nie gehört oder gewusst.
Das Problem, das generierte Antwortschreiben, geht nicht auf den speziellen Fall ein, um eine Störer- bzw. Täterhaftung fallbezogen auszuschließen. Dieses kann auch kein automatisch generiertes Antwortschreiben!
Im Klageverfahren wird deshalb der AI (Großvater), der dann noch ein Schreiben von einem begleitenden Gerichtsvergleicher aus einem Forum benutzt (, um Geld zu sparen), als Störer und Täter haften, da er – genau so wenig wie die Eltern des Enkels – ihn nicht belehrte und P2P nicht verbot. Und als Zugabe, bekommt er noch eine richterliche harte UVE aufgedrückt.
Fazit AW3P:
Ich persönlich verstehe nicht, warum sich der CCC 2016 auf einmal so konkret hinsichtlich einer Abmahnung wegen eines Urheberverstoßes engagiert und – öffentlich – positioniert. Es wird aber auch speziell nur „Filesharing“ bleiben, da man es zum Beispiel bei einem Urheberverstoß – „Bilderklau“ -, den „Abmahnbeantworter für Urheberverstöße“ nicht mehr verwenden kann.
Ohne Neid und Groll … gut, eigentlich mit Groll, denn in den Hochzeiten des Abmahnwahns (2008 – 2011) war der CCC zu keiner Z.A. mit den Foren bereit, obwohl man von dem Wissen (Naturwissenschaft) des CCC profitieren hätte können (Stichpunkt: Auseinandernehmen von Gutachten, Erstellen von (Privat-)Gutachten oder Aussagen zum Log). Da hieß es überheblich, dass der CCC ein Club voller Denker wäre mit anderen höheren Zielen und Aufgaben, als eine simple Filesharing Abmahnung.
– Jetzt – demonstriert man zwar zu spät den guten Willen zu helfen, es geht aber in die falsche Richtung. Nach m.E. ist es alles unausgegorener Murks, man schadet mehr, als dass man hilft. An meinen einfachen Beispiel – ich könnte noch mehr aufzählen – wird das Wesen der Haftung überhaupt nicht inhaltlich verstanden, sowie auch die Wiederholungsgefahr – die mit der Ermittlung der IP in einem P2P-Netzwerk als rechtswidrige Handlung indiziert wird – völlig thematisch ausgeschlossen. Im Mittelpunkt rückt die vermeintliche Haftungsprivilegierung des § 8 TMG n. F. sobald andere das Internet mitnutzen konnten – berechtigt oder unberechtigt. Und bei einem unzureichend gesicherten WLAN in einem Wohnhaus gilt immer noch das Grundsatzurteil des BGH: „Sommer unseres Lebens“. Und es hieße – Täter nein, Störer – ja + UE – ja.
Beispiel CCC:
(…) Sollten Sie diese Frist fruchtlos verstreichen lassen, behalte ich mir ausdrücklich vor, die Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch zu nehmen und Ihnen die dadurch entstandenen Kosten aufzuerlegen oder / und eine negative Feststellungsklage bei Gericht einzureichen, mit dem Ziel, die Unrechtmäßigkeit der Abmahnung feststellen zu lassen. Durch die unterlassene ausdrückliche schriftliche Rücknahme Ihrer Abmahnung hätten Sie zu einer entsprechenden Klageerhebung auch Anlass gegeben. (…)
§§ 97, 97a UrhG (in entsprechender Anwendung § 1004 BGB)
Unterlassungsanspruch
Voraussetzung:
– tatsächlich begangene widerrechtliche Rechtsverletzung und Wiederholungsgefahr (wenn eine Rechtsverletzung schon einmal begangen wurde)
– hier gilt, die Rechtsverletzung indiziert die Wiederholungsgefahr
Dogmatisches 2-Säulen-Modell des BGH:
1. tatsächliche Vermutung
2. sekundäre Darlegungslast
Um beim Großvater-Beispiel zu bleiben. Ein negative Feststellungsklage, zu Feststellung, dass die Abmahnung unrechtmäßig war, wird ins Leere laufen. Im Gegenteil kann (und wird bei der automatisch generierten Argumentation) hier der Kläger sofort ins Hauptsacheverfahren (Leistungsklage) gehen und der Großvater zahlt dann die negative Feststellung und die Leistungsklage.
Beispiel CCC:
(…) Mit dem Abmahnbeantworter ist ein erster Schritt gegen das Geschäftsmodell der Massenabmahnungen getan: Der Abwehraufwand für zu Unrecht Abgemahnte sinkt, während der Aufwand für die automatisiert abmahnenden Kanzleien steigt – mit jedem Widerspruch, den sie erhalten. Ein Geschäftsmodell, das von unberechtigten Forderungen lebt, die von eingeschüchterten Unschuldigen aus Sorge unwidersprochen beglichen werden, sollte ein Ende finden. (…)
Sorry, nur Polemik und Murks. Betroffene werden in ein wirtschaftliches Fiasko automatisch generiert. Wie gesagt, ich verstehe hier den CCC nicht.
Natürlich kann ich niemanden zwingen oder überwachen. Ich muss mich leider als Betreiber von AW3P positionieren:
» Gedanke – gut, Umsetzung – schlecht -, Thema verfehlt – Nicht empfehlbar! «
Stimmen von Anwälten:
Rechtsanwalt Markus Kompa (selbst Mitglied des CCC)
Rechtsanwalt Maximilian Greger
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Steffen Heintsch für AW3P
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