Rechtsanwälte für Urheberrecht Andreas Ernst Forsthoff | Nina Berg: Amtsgericht Frankfurt am Main weist Schulenberg & Schenk Klage der MIG Film GmbH ab

17:09 Uhr

Heute erhielten wir wieder einmal höchst erfreuliche Post aus Frankfurt, dieses Mal vom Amtsgericht Frankfurt. Das Gericht hat am 09.05.2016 eine Filesharing-Klage der MIG Film GmbH durch die Kanzlei Schulenberg & Schenk gegen einen Mandanten unserer Kanzlei abgewiesen. Die Klägerseite hatte aus Sicht des Amtsgerichts Frankfurt nicht nachgewiesen, dass das illegale Filesharing tatsächlich über den Anschluss des Mandanten erfolgt war.

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Bericht

Link:
http://www.abmahnung-urheberrechtsverletzung.de/News/Schulenberg_Schenk_Filesharing_Klage_durch_Amtsgericht_Frankfurt_abgewiesen

Urteil als PDF:
http://www.abmahnung-urheberrechtsverletzung.de/cmshandler/download/id.6524/AmtsgerichtFrankfurtUrteilvom09.05.2016.pdf

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Die Abmahnung und das Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt

Der Mandant hatte im Jahr 2012 eine Abmahnung von Schulenberg & Schenk wegen angeblichen Filesharings erhalten und hatte darauf eine Unterlassungserklärung gegenüber der MIG Film GmbH abgegeben. Im Jahr 2015 folgte ein Mahnbescheid, gegen den unsere Kanzlei Widerspruch eingelegt hat. Schulenberg & Schenk führte daraufhin das streitige Verfahren vor dem Amtsgericht Frankfurt durch.

Wir haben in der Klageerwiderung die Ermittlung des Anschlusses bestritten und darauf hingewiesen, dass die damalige Lebensgefährtin des Mandanten den Anschluss mitnutzen konnte, ebenso wie andere Familienangehörige, die in einer Nachbarwohnung lebten, jedoch Zugriff auf den WLAN-Anschluss des Mandanten hatten.

Die Kanzlei Schulenberg & Schenk berief sich darauf, dass der Anschluss des Mandanten angeblich 2 Mal ermittelt worden sei, außerdem sei unser Sachvortrag in Bezug auf die weiteren Mitnutzer des Internetanschlusses unzureichend. Diese Argumentation kennen wir aus etlichen Dutzend anderen Filesharing-Klagen. Das OLG Köln geht bei einer Mehrfachermittlung eines Internetanschlusses davon aus, dass der Anschlussinhaber konkret zu einem Ermittlungsfehler vortragen muss.

Das Gericht hat zunächst die Lebensgefährtin als Zeugin vernommen, die ihre Zugriffsmöglichkeit zum angeblichen Verstoßzeitpunkt jedoch verneint hat. Das Gericht wollte daraufhin durch eine Zeugenvernehmung des von Schulenberg & Schenk benannten (angeblichen) Mitarbeiters der Ermittlungsfirma klären, ob der Verstoß ordnungsgemäß ermittelt wurde. Die von Schulenberg & Schenk vorgebrachte Argumentation, dass bei 2 festgestellten Verstößen der Beweis der ordnungsgemäßen Ermittlung quasi geführt sei, verwarf das Amtsgericht Frankfurt. Schulenberg & Schenk teilte darauf mit, die Ansicht des Amtsgerichts Frankfurt sei „überhaupt nicht überzeugend“ und nahm sowohl das Beweisangebot der Vernehmung des Zeugen als auch das weitere Beweisangebot des Sachverständigengutachtens zurück.

Amtsgericht Frankfurt: Das Urteil vom 09.05.2016 (AZ.: 31 C 2860/15 (96))

Das Gericht ordnete daraufhin das schriftliche Verfahren an und verkündete am 09.05.2016 das Urteil (Aktenzeichen 31 C 2860/15 (96)). Die Klage wurde durch das Gericht abgewiesen, da Schulenberg & Schenk nicht nachgewiesen hatte, dass das angebliche Filesharing tatsächlich über den Anschluss des beklagten Mandanten erfolgt war.

Die von der Klägerseite ins Spiel gebrachte Rechtsprechung des OLG Köln zur Mehrfachermittlung hält das Amtsgericht Frankfurt nicht für überzeugend und fordert zumindest dann, wenn die beiden Ermittlungen innerhalb von 24 Stunden erfolgt sind, einen Vollbeweis vom klagenden Rechteinhaber. Diesen Beweis hat die Kanzlei Schulenberg & Schenk jedoch gerade nicht geführt.

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Das Filesharing-Urteil des Amtsgerichts Frankfurt vom 09.05.2016 lesen Sie hier im Volltext:
AmtsgerichtFrankfurtUrteilvom09.05.2016.pdf (656,59 kb)

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Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.05.2016, Az. 31 C 2860/15 (96)

 

(…) hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 25.04.2016 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert wird auf 1.051,80 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch den Beklagten sowie Kostenersatz wegen der durch die erfolgte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte des streitgegenständlichen Filmwerks „[Name]“ für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Anwaltsschreiben vom 09.10.2012 (Anlage K 6) mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagte ab, weil am 07.04.2012 um 16:36 Uhr über den Internetanschluss mit der IP-Adresse 93.xxx.xxx.492 sowie um 22:40 Uhr über die IP-Adresse 93.xxx.xxx.111 das Filmwerk „[Name]“ zum Herunterladen verfügbar gemacht worden sei. Sie forderte den Beklagten Zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, wonach dieser sich verpflichten sollte, es bei Vermeidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 Euro zu unterlassen, geschützte Werke der Unterlassungsgläubiger ohne deren erforderliche Einwilligung im Internet verfügbar zu machen oder auf sonstige Weise auszuwerten. Eine entsprechende Erklärung gab der Beklagte ab.

Die Klägerin behauptet, dass die von ihr in Auftrag gegebenen Ermittlungsmaßnahmen zur Feststellung von Verletzungen ihrer Leistungsschutzrechte durch unautorisierte Internet-Angebote ergeben hätten, dass 07.04.2012 um 16:36 Uhr über den Internetanschluss mit der IP-Adresse 93.229.97.19492 sowie um 22:40 Uhr über die IP-Adresse 93.xxx.xxx.111 das Filmwerk „[Name]“ zum Herunterladen auf der Tauschbörse µTorrent 3.1.2 verfügbar gemacht worden sei. Der Internet-Serviceprovider des Beklagten habe Auskunft dahingehend gegeben, dass die IP-Adressen zu den oben genannten Zeitpunkten dem Internetzugang des Beklagten zugeordnet gewesen seien. Die Klägerin behauptet, der Beklagte selbst habe das streitgegenständliche Filmwerk für den Abruf durch andere Teilnehmer des Filesharing-Systems µTorrent 3.1.2 verfügbar gemacht.

Die Klägerin beantragt,
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 400,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 651,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshändigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass bereits gerichtlich festgestellt worden sei, dass die Ermittlungen der G. und die von dieser eingesetzten Software „O.“ ungeeignet seien, um Urheberrechtsverletzungen zu ermitteln. Hierbei sei es sehr häufig zu Ermittlungsfehlern gekommen.

Der Kläger behauptet, dass er die behauptete Rechtsverletzung nicht begangen habe. Die Wohnung und der Internetanschluss seien am 07.04.2012 auch von seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin [Name]  genutzt worden. Diese habe einen eigenen Laptop besessen, mit dem sie selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt habe. Auch sollen die Angehörigen des Klägers die Zeugen [Namen] auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt haben.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vorn 21.12.2015 Bezug genommen.

Das Gericht hat den Beklagten informatorisch angehört. Insoweit wird das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2015 in Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptungen der Parteien durch Einvernahme der Zeugin[Name] das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 21.12.2015, BI. 1079 ff. d.A., Bezug genommen.

Die Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Der Klägerin stehen gegenüber dem Beklagten keine Ansprüche aus der behaupteten Verletzungshandlung durch Filesharing vom 07.04.2012 zu.

Die Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Nutzungsrechten an dem streitgegenständlichen Film „[Name]“ gem. § 97 Abs. 2 UrhG bzw. Abmahnkosten nach § 97a Abs. 1 UrhG setzen voraus, dass feststeht, dass vorn Internetanschluss des Beklagten das diesem vorgeworfene Filesharing vorgenommen wurde. Die Klägerin beruft sich dabei auf eine doppelte Feststellung einer IP-Adresse, die laut Auskunft des Access-Providers Deutsche Telekom zu den angeblichen Verletzungszeiten dem Anschluss des Beklagten zugewiesen war. Die Klägerin leitet aus der Mehrfachermittlung des Anschlusses des Beklagten ab, dass daraus die Vermutung streite, dass die Ermittlung zuverlässig und ohne Fehler vorgenommen worden ist.

Soweit die Klägerin eine Mehrfachermittlung des Anschlusses des Beklagten vorgetragen hat, handelt es sich um die doppelte Ermittlung des Anschlusses des Beklagten, die jedoch jeweils am 07.04.2012 erfolgte, einmal um 16:36 Uhr und zum anderen um 22:40 Uhr.

In den Fällen, in denen der Anschluss der beklagten Partei zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten mit unterschiedlichen dynamischen IP-Adressen im Hinblick auf dasselbe Werk ermittelt und beauskunftet wurde, vertreten Teile in der Rechtsprechung die Auffassung, dass bei solchen Mehrfachermittlungen keine Zweifel an der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses bestehen können. Denn es sei extrem unwahrscheinlich, dass mehrere unrichtige Ermittlungen zu dem Internetanschluss derselben Person führen können, weshalb in diesen Fällen der Mehrfachermittlung unter unterschiedlichen IP-Adressen der Anschlussinhaber substantiiert dazu vortragen muss, weshalb dennoch Zweifel an der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses begründet sein können (vgl. dazu OLG Köln, Urteil vom 16.05.2016, Az.: 6 U 239/11, NHW 2012, 1327, im Anschluss hieran LG Köln, Urteil vom 06.08.2015, Az.: 14 S 2/15; AG Hamburg, Urteil vom 06.02.2015, Az.: 36a C 38/14).

Demgegenüber finden sich auch Stimmen in der Rechtsprechung die selbst bei zeitlich weit auseinander liegenden Mehrfachermittlungen der Auffassung sind, dass eine Mehrfachermittlung keine Rückschlüsse auf die Richtigkeit der streitgegenständlichen Ermittlung zulässt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011, Az.: I-20W 132/11).

Diese starke Indizwirkung, die für die Gerichte kaum Raum für Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen gelassen hat, gründete sich jedoch aus Sicht des Gerichtes gerade auf den zeitlichen Abstand der Mehrfachermittlungen, der dazu führte, dass die IP-Adressen mehrfach und durch verschiedene Ermittlungsprozesse ermittelt wurden. Das OLG Köln wies in seiner Entscheidung gerade darauf hin, dass die Mehrfachermittlung innerhalb einer zeitlichen Spanne von ca. einer Woche lag. In dem vom AG Hamburg zu entscheidenden Fall lagen wenigstens 24 Stunden zwischen den einzelnen Ermittlungen.

Das Gericht ist der Auffassung, dass es keinen Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlungen der Klägerin geben kann, wenn zwischen den einzelnen Ermittlungen wenigstens 24 Stunden liegen. Das beruht darauf, dass sodann jedenfalls aufgrund der Zwangstrennung nach 24 Stunden durch den Internet-Provider (hinsichtlich der IP-Adresse) davon ausgegangen werden kann, dass der Anschlussinhaber mehrfach die Verletzungshandlung begangen hat. Auf der anderen Seite stellt der zeitliche Abstand von 24 Stunden auch sicher, dass die (jeweilige) IP-Adresse durch unterschiedliche getrennte Prozesse ermittelt wird. Nur in diesen Fällen, in denen das Gericht sicher gehen kann, dass die Ermittlung und Zuordnung der (jeweiligen) IP-Adresse auf zwei unterschiedlichen Prozessen beruht, ist die Wahrscheinlichkeit von Fehlern sehr gering ist. Aufgrund der Nähe der zeitlichen Verstöße am gleichen Tag ist aus Sicht des Gerichts jedenfalls nicht sichergestellt, dass es sich um zwei von der Beklagten angestellten unterschiedliche Ermittlungsprozesse handelt.

Daher ist die Klägerin aufgrund des ausreichenden einfachen Bestreitens des Beklagten zum Ermittlungsprozess darlegungs- und beweisbelastet. Die Klägerin hat jedoch trotz des entsprechenden Beweisbeschlusses aus dem sich die Rechtsauffassung des Gerichts ergab, dass sie die Klägerseite für beweisbelastet erachtet, sowohl ihr Beweisangebot zur Vernehmung des Zeugen[Name] zurückgenommen, als auch das Beweisangebot zur Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Klägerin ist daher beweisbelastet geblieben und konnte die Täterschaft des Beklagten nicht nachweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat einzulegen bei dem

Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main. (…)

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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 09.05.2016, Az. 31 C 2860/15 (96)

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