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Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der vor dem Amtsgericht Charlottenburg in Anspruch genommene Anschlussinhaber bestritt seine eigene Verantwortlichkeit für die Rechtsverletzung und behauptete, sich zur maßgeblichen Zeit auf einer auswärtigen Geburtstagsfeier aufgehalten zu haben. Zum Aufbau des WLAN-Heimnetzwerks habe er einen FRITZ!Box-Router der Firma AVM betrieben. Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) habe hinsichtlich dieses Routermodells drei Monate nach der Rechtsverletzung vor einer bestehenden Sicherheitslücke gewarnt. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass auch der von ihm verwendete Router von dieser Sicherheitslücke betroffen gewesen ist und unbekannte Dritte auf den Internetanschluss zugegriffen haben.
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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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Bericht
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Autorin:
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster
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Zudem hätten auch seine Ehefrau, Nachbarn und die zur Verletzungszeit anwesenden Gäste aus Norwegen auf den Internetanschluss zugreifen können. Zudem sei nicht auszuschließen, dass Dritte die IP-Adresse möglicherweise „verschleiert“ hätten. Konkretere Nachforschungen seien dem Beklagten nicht möglich gewesen, da er sich zur Zeit der Abmahnung beruflich im Ausland aufgehalten habe. Schließlich bestritt der Beklagte, dass die Klägerin Inhaberin der streitgegenständlichen Rechte ist.
Das Amtsgericht Charlottenburg bewertete das dargestellte Vorbringen des Beklagten insgesamt für unzureichend und gab der Klage vollumfänglich statt.
In Bezug auf die Rechteinhaberschaft stellte das Amtsgericht fest, dass diese vom Beklagten aufgrund des substantiierten Vortrags der Klägerin nicht pauschal hätte bestritten werden dürfen. Von der Aktivlegitimation der Klägerin sei daher auszugehen.
„Nachdem der Beklagte die Aktivlegitimation zunächst mangels Vortrags der Klägerin zur Rechtekette bestritten hatte, hat er den ergänzenden Vortrag der Klägerin nur zum Anlass genommen, die Rechteinhaberschaft weiterhin einfach zu bestreiten. Dies reicht jedoch nicht aus. Der Beklagte hätte sich mit dem Vortrag auseinandersetzen und vortragen müssen, wer sonst – wenn nicht die Klägerin – Rechteinhaber der deutschen Fassung ist, was sich im Internet ohne Weiteres recherchieren lässt.“
Im Übrigen hafte der Beklagte aufgrund eigener Täterschaft, da diese nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs tatsächlich zu vermuten sei. Dem Beklagten sei es insoweit nicht gelungen, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen. Die bloße Behauptung, zur maßgeblichen Zeit nicht zu Hause gewesen zu sein, sei unbeachtlich, da die Nutzung einer Tauschbörse die ständige Anwesenheit des Nutzers nicht erfordere. Vor diesem Hintergrund sei daher auch bei Abwesenheit die eigene Verantwortlichkeit nicht ausgeschlossen. Zudem habe der Beklagte nicht ausreichend darlegen können, wer sonst als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht komme. Im Ergebnis habe sich das Vorbringen des Beklagten lediglich darauf beschränkt, die generelle Zugriffsmöglichkeit weiterer Personen zu behaupten, was das Amtsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als unzureichend wertete.
„Dies geht über die vom BGH nicht als ausreichend erachtete pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht hinaus. Der Beklagte benennt lediglich eine Vielzahl von Personen, und zwar – mit Ausnahme der Gäste aus Norwegen – noch nicht einmal namentlich. Nicht vorgetragen wird, wer genau sich am 27.12.2013 (dem hier einzige relevanten Zeitpunkt) in seinem Haushalt aufgehalten hat, über welche Geräte diese Personen Zugriff auf das Internet hatten, wie sich ihr Nutzungsverhalten im Einzelnen darstellt usw.“
Soweit der Beklagte sich überdies auf die vermeintlich mögliche Ausnutzung einer Sicherheitslücke seines Routers berief, sei das dahin gehende Vorbringen „nicht plausibel“.
„Soweit der Beklagte auf eine Sicherheitslücke seines damals verwendeten Routers verweist, ist sein Vortrag nicht plausibel. Unterstellt, er nutzte damals eine FRITZ!Box mit Fernwartungsmöglichkeit, gibt es dennoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich unbekannte Dritte unberechtigt Zugriff auf den Router verschafft haben.“
Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Umstände der Rechtsverletzung nachzuforschen. Dies habe er versäumt. Dass er sich bei Erhalt der Abmahnung im Ausland aufgehalten habe, stehe dem nicht entgegen, da weitere Nachforschungen auch nach seiner Urlaubsrückkehr möglich gewesen seien.
„Auch hätten entsprechende Nachforschungen ohne Weiteres auch noch nach Rückkehr des Beklagten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten angestellt werden können. Wen er genau mit welchem Ergebnis zu der Rechtsverletzung befragt hat, bleibt ebenfalls offen. Lediglich in Bezug auf die Familie X hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung – ohne dass dies protokolliert wurde – erklärt, diese hätten die Rechtsverletzung verneint und mitgeteilt, dass sie ferngesehen hätten.“
Soweit der Beklagte letztlich eine „Verschleierung“ der IP-Adresse durch einen Dritten in den Raum warf, schloss das Amtsgericht eine solche Möglichkeit im Rahmen der Nutzung einer Tauschbörse zutreffend aus.
„Ein Verschleiern der IP-Adresse ist zwar in der Tat möglich, jedoch nur für Daten, die von einem Anschluss aus versandt werden. Bei der Ermittlung von Rechtsverletzungen in Tauschbörsen wird jedoch die IP-Adresse ermittelt, an welche die Datenpakete übermittelt wurden; insoweit ist eine Verschleierung nicht möglich. Andernfalls würde die heruntergeladene Datei nicht auf dem PC des Nutzers ankommen.“
Die Höhe der geltend gemachten Forderungen – insbesondere des Schadensersatzes – erachtete das Gericht ebenfalls „ohne Weiteres“ für angemessen. Das Amtsgericht verurteilte daher den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.000,00 EUR, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der vollen Kosten des Rechtsstreits.
AG Charlottenburg, Urteil vom 05.01.2018, Az 206 C 386/17
(…) – Beglaubigte Abschrift –
Amtsgericht Charlottenburg
Im Namen des Volkes
Urteil
Geschäftsnummer: 206 C 386/17
verkündet am: 05.01.2017
[Name], JustizbeschäftigteIn dem Rechtsstreit
[Name],
Klägerin,– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, –
gegen
Herrn [Name], 10707 Berlin,
Beklagten,– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 10827 Berlin, –
hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 206, auf die mündliche Verhandlung vom 15.12.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.05.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubten Anbietens eines Spielfilmes.
Die Klägerin ist nach ihrer Behauptung alleinige Lizenznehmerin und Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Bei dem Streamingdienst „maxdome Store“ ist die Klägerin als Rechteinhaberin des Filmes genannt.
Die Klägerin beauftragte die Firma Digital Forensics GmbH mit der Überwachung von Internettauschbörsen zwecks Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen. Diese stellte fest, dass der vorgenannte Film am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP] zum Download für Dritte bereitgestellt wurde. Aufgrund Gestattungsbeschlusses des LG München I teilte der Internetprovider mit, dass die o.g. IP-Adresse zu dem maßgeblichen Zeitpunkt dem Internetanschluss der Beklagtenseite zugeordnet war.
Mit anwaltlichem Schreiben vom [Datum] (Bl. 41 ff. d.A.) wurde die Beklagtenseite wegen Anbietens dieses Films in einer Internettauschbörse abgemahnt und zur Zahlung von Schadensersatz und Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von zusammen 815,00 EUR aufgefordert.
Der Internetzugang erfolgt über einen WLAN Anschluss mit Router.
Die Klägerin behauptet:
Produziert habe den Film die Firma [Name], welche die Rechte mit Vertrag vom [Datum] auf die [Name] übertragen habe. Diese habe die Rechte mit Motion Picture Distribution Agreement vom [Datum] der [Name] übertragen. Von dieser habe die Klägerin mit Output Agreement vom [Datum] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung als Täter begangen. Insbesondere habe er die Vermutung seiner Täterschaft nicht erschüttert; seiner sekundären Darlegungslast sei er nicht ausreichend nachgekommen. Zumindest sei von einer Mittäterschaft auszugehen. Sie ist der Auffassung, der Beklagte habe seine Behauptungen zu beweisen. Mit der Klage macht die Klägerin 1.000,00 EUR Lizenzschaden nach der Lizenzanalogie geltend sowie 215,00 EUR Rechtsanwaltskosten (1,3 Geschäftsgebühr aus 2.000,00 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale), die für die Abmahnung angefallen sind.Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
1. an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.05.2016 zu zahlen,
2. an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz dem 20.05.2016 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Der Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin.
Der Beklagte behauptet:
Er habe die Filme nicht über das Internet Dritten zum Download zur Verfügung gestellt. Zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung habe er einen Fritzbox-Router der Firma AVM mit Fernwartungszugang benutzt. Es sei allgemein bekannt, dass im [Datum], also ca. drei Monate nach dem relevanten Zeitraum, das BSI die Bevölkerung vor einer massiven Sicherheitslücke dieses Routers gewarnt habe. Es sei daher nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass auch die von ihm genutzte Fritzbox von dieser Sicherheitslücke betroffen gewesen und gehackt worden sei. Der Beklagte nimmt Bezug auf einen Internetbericht über die Sicherheitslücke (Bl. 122, 123 d.A.). Zudem könne die IP-Adresse manipuliert werden. Zwar sei die Fehleranfälligkeit des automatisierten Ermittlungsvorganges als klein einzustufen, jedoch sei die Überwachung des Internetverkehrs illegal.Er selbst habe sich am auf einer Geburtstagsparty befunden und habe seinen Anschluss nicht selbst genutzt. Allerdings nutze er seinen WLAN-Anschluss nicht alleine, sondern auch seine Frau, seine Gäste, selten seine Nachbarn und Eltern sowie Gäste und Familie seiner Frau. Zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt habe er aus Norwegen die Familie [Name] zu Besuch gehabt. Er, der Beklagte, nutze Avast Free Antivirus auf seinem PC, ebenso seine Frau auf ihrem Laptop. Auch sein. Smartphone sei entsprechend geschützt; es sei jedoch nicht auszuschließen, dass es Lücken gebe. Ab dem [Datum] habe er sich beruflich in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufgehalten, so dass der zum Abmahnungszeitpunkt nicht alle notwendigen Informationen habe sichern können.
Auf das Bestreiten der Prozessvollmacht hin hat der Klägervertreter im Termin eine Originalvollmacht überreicht, auf die Bezug genommen wird (Bl. 165 d.A.).
Wegen des weiteren Vorbringens wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Insbesondere sind die Rechtsanwälte Waldorf / Frommer für die Klägerin prozesshandlungsbefugt. Auf die Rüge der Prozessvollmacht hin hat die Klägerin eine Originalvollmacht eingereicht, § 80 ZPO.
Die Klage ist auch begründet.
I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gemäß §§ 97 Abs. 2 UrhG Anspruch auf Schadensersatz wegen unerlaubten Anbietens des Filmwerkes [Name] auf einer Internet-Tauschbörse in der geltend gemachten Höhe.
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Rechte an dem streitgegenständlichen Film. Insoweit ist der Vortrag der Klägerin zugrunde zu legen, wonach der Film von der Firma [Name] produziert worden sei, welche die Rechte mit Vertrag vom [Datum] der [Name] übertragen habe, welche die Rechte ihrerseits mit Motion Picture Distribution Agreement vom [Datum] auf die [Name] übertragen habe. Von dieser habe die Klägerin mit Output Agreement vom [Datum] sämtliche exklusiven Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erworben.
Nachdem der Beklagte die Aktivlegitimation zunächst mangels Vortrags der Klägerin zur Rechtekette bestritten hatte, hat er den ergänzenden Vortrag der Klägerin nur zum Anlass genommen, die Rechteinhaberschaft weiterhin einfach zu bestreiten. Dies reicht jedoch nicht aus. Der Beklagte hätte sich mit dem Vortrag auseinandersetzen und vortragen müssen, wer sonst – wenn nicht die Klägerin – Rechteinhaber der deutschen Fassung ist, was sich im Internet ohne Weiteres recherchieren lässt.
Unstreitig ist, dass der streitgegenständliche Film am [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr unter der IP-Adresse [IP] zum Download für Dritte bereitgestellt wurde, und dass diese IP-Adresse zu diesem Zeitpunkt dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet war. Soweit der Beklagte der Auffassung ist, die „Überwachung des Internets“ sei illegal, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Es ist schon nicht ersichtlich, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt es illegal sein sollte, in Tauschbörsen Rechtsverletzungen zu ermitteln; hierzu äußert sich auch der Beklagte nicht näher.
Der Beklagte haftet für die Rechtsverletzung als Täter.
Täter ist, wer die Tathandlung selbst begeht. Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruch erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – Morpheus; Urteil vom 08. Januar 2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 – BearShare). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 37, juris). Nicht ausreichend ist allerdings die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 42, juris).
Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Sein Vortrag erschöpft sich darin, zu behaupten, dass er die Filme nicht herunter geladen habe und am [Datum] nicht zuhause gewesen sei. Da der Down- bzw. Upload eine körperliche Anwesenheit nicht voraussetzt, greift der Einwand nicht durch. Im Übrigen trägt er vor, auch seine Frau sowie seine Gäste, selten seine Nachbarn und Eltern sowie Gäste und Familie seiner Frau hätten Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt. Zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt habe er zudem aus Norwegen die Familie [Name] zu Besuch gehabt, die ebenfalls Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten.
Dies geht über die vom BGH nicht als ausreichend erachtete pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht hinaus. Der Beklagte benennt lediglich eine Vielzahl von Personen, und zwar – mit Ausnahme der Gäste aus Norwegen – noch nicht einmal namentlich. Nicht vorgetragen wird, wer genau sich am [Datum] (dem hier einzig relevanten Zeitpunkt) in seinem Haushalt aufgehalten hat, über welche Geräte diese Personen Zugriff auf das Internet hatten, wie sich ihr Nutzungsverhalten im Einzelnen darstellt usw. Auch hätten entsprechende Nachforschungen ohne Weiteres auch noch nach Rückkehr des Beklagten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten angestellt werden können. Wen er genau mit welchem Ergebnis zu der Rechtsverletzung befragt hat, bleibt ebenfalls offen. Lediglich in Bezug auf die Familie [Name] hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung – ohne dass dies protokolliert wurde – erklärt, diese hätten die Rechtsverletzung verneint und mitgeteilt, dass sie ferngesehen hätten.
Soweit der Beklagte auf eine Sicherheitslücke seines damals verwendeten Routers verweist, ist sein Vortrag nicht plausibel. Unterstellt, er nutzte damals eine Fritzbox mit Fernwartungsmöglichkeit, gibt es dennoch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich unbekannte Dritte unberechtigt Zugriff auf den Router verschafft haben. Denn in diesen Fällen häufen sich die Missbrauchsfälle typischerweise, d. h. der Beklagte hätte noch weitere Abmahnungen erhalten müssen, oder es wäre – wie in dem vom Beklagten eingereichten Bericht beschrieben – zu automatisierten Telefonanrufen über teure Mehrwertnummern gekommen.
Antivirenprogramme schützten – wie der Name schon sagt – vor Viren, bei der Filesharingsoftware handelt es sich jedoch nicht um Viren, sondern um Programme, die für sich genommen noch nicht einmal illegal sind.
Ein Verschleiern der IP-Adresse ist zwar in der Tat möglich, jedoch nur für Daten, die von einem Anschluss aus versandt werden. Bei der Ermittlung von Rechtsverletzungen in Tauschbörsen wird jedoch die IP-Adresse ermittelt, an welche die Datenpakete übermittelt wurden; insoweit ist eine Verschleierung nicht möglich. Andernfalls würde die heruntergeladene Datei nicht auf dem PC des Nutzers ankommen.
Im Ergebnis hat der Beklagte keine Umstände dargetan, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass nicht er selbst, sondern eine andere Person die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen hat, so dass es bei der Vermutung bleibt, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber selbst als Täter in Betracht kommt.
Der Beklagte handelte schuldhaft, denn Schuldausschließungsgründe sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
Der Höhe nach ist die Zedentin berechtigt, den Schadensersatz auf Basis der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG zu berechnen. Für diese Art der Schadensberechnung ist der Eintritt eines konkreten Schadens nicht erforderlich. Der Verletzer hat vielmehr dasjenige zu zahlen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des konkreten Einzelfalles als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten (vgl. nur Dreier / Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 Rn. 61 m.w.N.). Anhaltspunkt für die Bemessung der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr kann ein branchenüblicher Tarif sein. Existiert kein branchenüblicher Tarif, so ist von derjenigen Vergütung auszugehen, die nach Art und Umfang der Verwertung am nächsten liegt. Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen erscheint eine Lizenzgebühr von 1.000,00 EUR für einen durchschnittlich erfolgreichen Spielfilm ohne Weiteres angemessen (§ 287 ZPO) und entspricht dem, was in vergleichbaren Fällen von den Gerichten (so auch dem hiesigen Gericht und dem Landgericht Berlin) regelmäßig zugesprochen wird. Angesichts der unbeschränkten und kostenlosen Weiterverbreitung des geschützten Werkes im Rahmen einer Internet-Tauschbörse und angesichts der Erwerbskosten eines einzigen Vervielfältigungsstückes des streitgegenständlichen Werks geht das Gericht von einer fiktiven Lizenzgebühr aus, welche den geltend gemachten Betrag jedenfalls nicht unterschreitet.
II.
Des Weiteren schuldet der Beklagte die durch die Einschaltung von Rechtsanwälten angefallenen Abmahnkosten, und zwar sowohl als Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, als auch als Aufwendungsersatz gemäß § 97a UrhG a.F. in der geltend gemachten Höhe.
Die Abmahnung war begründet, da die mit ihr gerügte Rechtsverletzung tatsächlich gegeben war. Sie war auch berechtigt, da sie objektiv erforderlich war, um dem Beklagten den kostengünstigsten Weg aus dem Konflikt aufzuzeigen. Die Abmahnung genügt schließlich auch den formellen Anforderungen des § 97a UrhG n.F..
Die Klägerseite hat zutreffend gemäß § 97a Abs. 3 Satz 2 UrhG einen Gegenstandswert von 1.000,00 EUR angesetzt und diesem den Wert des geltend gemachten Schadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR hinzugerechnet. Dies begründet bei Ansatz einer angemessenen 1,3 Geschäftsgebühr und einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR einen Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe von 215,00 EUR.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Weit des Beschwerdegegenstandes 600,00 Euro übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.
Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.
Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim
Landgericht Berlin,
Littenstraße 12-17,
10179 Berlin,oder
Landgericht Berlin,
Tegeler Weg 17-21,
10589 Berlin,oder
Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin,eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.
Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.
Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.
Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
gez.
[Name]
RichterinFür die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 05.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt – ohne Unterschrift gültig.
Hinweis zur Sicherheitsleistung
Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten; so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts – in Berlin nur bei dem
Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin –auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.
Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.
Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.
Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (…)
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AG Charlottenburg, Urteil vom 05.01.2018, Az 206 C 386/17
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