Wilde, Beuger, Solmecke Rechtsanwälte (Köln): Filesharing Sieg gegen Rechtsanwälte Negele, Zimmel, Greuter, Beller – Amtsgericht Koblenz – Keine Haftung für Angehörige wegen Berufung auf Zeugnisverweigerungsrecht

13:20 Uhr

In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Koblenz klargestellt, dass nahe Angehörige sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen dürfen. Auch hier reicht es, wenn der abgemahnte Anschlussinhaber sich auf die Zugriffsmöglichkeit von seiner Frau und seinem Sohn beruft.

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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesharing/filesharing-sieg-keine-haftung-fuer-angehoerige-wegen-berufung-auf-zeugnisverweigerungsrecht-75947/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2017/11/Volltext-AG-Koblenz-161-C-997-17-.pdf

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Die Augsburger Kanzlei Rechtsanwälte Negele Zimmel Greuter Beller hatte unseren Mandanten wegen illegalem Filesharing eines Films abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der M.I.C.M. MIRCOM International Content Management & Consulting Ltd. mit Sitz auf Zypern. Negele forderte von ihm als Anschlussinhaber 500,00 EUR Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung. Außerdem machte die Kanzlei Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 651,80 EUR geltend.

Unser Mandant wehrte sich gegen den Vorwurf des Filesharing. Er verwies darauf, dass er die ihm vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat. Zur angeblichen Tatzeit hätten außer ihm auch seine Frau und sein 8-jähriger Sohn Zugriff auf seinen Anschluss gehabt. Als die Angehörigen vor Gericht aussagen sollten, beriefen sie sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht.

Das AG (Amtsgericht) Koblenz wies die Filesharing Klage von Negele gegen unseren Mandanten mit Urteil vom 22.11.2017, Az. 161 C 997/17 ab.

Filesharing: Keine Pflicht zum Ausspionieren von Familienangehörigen

Eine Heranziehung im Wege der Täterhaftung scheidet aus. Denn unser Mandant hat durch seine Verteidigung die Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast erfüllt. Hierzu reicht aus, dass nach seinen Ausführungen sowohl seine Ehefrau als auch sein minderjähriger Sohn als potentieller Täter in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang verweist das Gericht darauf, dass der Anschlussinhaber gegenüber seinen Familienangehörigen nicht zu Nachforschungen verpflichtet gewesen ist. Er muss insbesondere nicht konkret darlegen, wie es genau zum illegalen Filesharing durch seine Angehörigen gekommen ist.

Berufung auf Zeugnisverweigerungsrecht: Abgemahnter darf keinen Nachteil haben

Dass diese von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, darf nicht zu seinen Lasten gehen. Hieraus darf nicht von Negele der Schluss gezogen werden, dass der Anschlussinhaber als Alleintäter gehandelt haben soll.

Kein Verstoß gegen elterliche Aufsichtspflicht

Eine Haftung unseres Mandanten wegen Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht nach § 832 Abs. 1 NGB kommt ebenfalls nicht infrage. Denn es steht nicht fest, dass sein minderjähriger Sohn illegales Filesharing begangen hat.

AG Koblenz beruft sich auf BGH

Diese Rechtsprechung steht im Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Hierzu gehört neben der von dem Amtsgericht Koblenz erwähnten Entscheidung BearShare (BGH, Urteil vom 08.01.2014 – I ZR 169/12) auch die durch unsere Kanzlei erstrittene Entscheidung Afterlife vom 06.10.2016, Az. I ZR 154/15. Hier hat der BGH festgestellt, dass Anschlussinhaber nicht ihre Familienmitglieder ausspionieren brauchen. Näheres erfahren Sie in unserem Beitrag:
Grundsatzentscheidung des BGH – Anschlussinhaber muss nicht bei Ehepartner nachforschen.

Diese familienfreundliche Ausrichtung hat der Bundesgerichtshof kürzlich erneut bestätigt (BGH, Urteil v. 27.07.2017 – I ZR 68/16). Das höchste deutsche Zivilgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass der Anschlussinhaber keine genauen Ausführungen über das Nutzungsverhalten seines Ehegatten zu machen braucht. Weitere Einzelheiten können Sie unserem Text
Filesharing – BGH stärkt Schutz der Familie
entnehmen.

Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:

Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS

 

 

AG Koblenz, Urteil vom 22.11.2017, Az. 161 C 997/17

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

Aktenzeichen:
161 C 997/17

 

Amtsgericht
Koblenz

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Negele, Zimmel, Greuter, Beller, Bgm.-Fischer-Strasse 12, 86150 Augsburg

gegen

[Name],
– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27 – 29, 50672 Köln

wegen Urheberrecht

 

hat das Amtsgericht Koblenz durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 04.10.2017

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abwenden, wenn nicht dieser zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche unter Berufung auf eine unerlaubte Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerks über ein Filesharing Netzwerk sowie Kostenersatz wegen durch die erfolgte Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten geltend.

Die Klägerin trägt vor,
Inhaberin ausschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk [Name] zu sein.

Der Beklagte habe am 08.04.2013 über seinen Internetanschluss das vorgenannte streitgegenständliche Filmwerk ohne ihre Erlaubnis zum Download angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht.

Mit Abmahnschreiben vom 31.05.2013 wurde der Beklagte durch Anwaltsschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert.

Mit der Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten Schadenersatz in Höhe von mindestens 500,00 EUR sowie darüber hinaus Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 651,80 EUR, ausgehend von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR und unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr sowie in Ansatz gebrachter Post- / Telekommunikationsentgelte in Höhe von 20,00 EUR.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen, an sie 1151,80 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,
er selbst habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Zur angeblichen Tatzeit hätten neben ihm auch sein damals 8-jähriger Sohn [Name] sowie seine Ehefrau [Name] die Möglichkeit des Zugriffs auf seinen Internet-Anschluss gehabt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird ausdrücklich auf sämtliche, von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gemäß Beweisbeschluss vom 26.07.2017 hat das Gericht angeordnet, es solle Beweis erhoben werden über die Behauptung der Klägerin, weder die Ehefrau des Beklagten noch der Sohn des Beklagten hätten zum Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt. Beide hätten weder jemals eine Tauschbörsensoftware über das Netzwerk BitTorrent benutzt noch die streitgegenständliche Rechtsverletzung vom Internetanschluss des Beklagten begangen durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name]).

Die beiden Zeugen haben durch jeweils schriftliche Erklärung gegenüber dem Gericht von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Es fehlt vorliegend an dem Nachweis einer Haftung des Beklagten als Täter oder Störer.

Grundsätzlich ist es Sache des Anspruchstellers, darzulegen und nachzuweisen, dass der Anspruchsgegner für die behauptete Rechteverletzung als Täter oder Störer verantwortlich ist (BGH, NJW 2013, 1441 – Morpheus).

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Verletzung auch ändere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (vgl. BGH NJW 2010, 2061 – Sommer unseres Lebens; NJW 2013, 1441).

Den Beklagten trifft als Inhaber des (unterstellt) zutreffend ermittelten Internet-Anschlusses zwar eine sekundäre Beweislast (BGH, NJW 2010, 2061). Danach muss er vortragen, ob andere Personen und ggf. und welche ‚anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internet-Anschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, NJW 2014, 2360 – BearShare).

Dem ist der Beklagte vorliegend dadurch nachgekommen, dass er dargelegt hat, dass außer ihm auch seine Ehefrau [Name] sowie sein damals minderjähriger Sohn [Name] seinen Internetanschluss nutzen konnten. Eine weitere Pflicht zur Nachforschung besteht nicht. Insbesondere muss der Inanspruchgenommene keinen konkreten Geschehensablauf zu einer Verletzung durch Dritte darlegen. Denn der Anschlussinhaber ist lediglich „im Rahmen des Zumutbaren“ zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, NJW 2014, 2360).

Der Nachweis, dass der Beklagte selbst der Täter war, konnte klägerseits nicht erbracht werden.

Insbesondere konnte die Klägerin ihre Behauptung, weder die Ehefrau noch der Sohn des Beklagten hätten zum Tatzeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt, nicht belegen, da beide Zeugen in zulässiger Weise von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Schlussfolgerung der Klägerin, allein der Beklagte komme als Täter der streitgegenständlichen Urheberrechtsverletzung in Betracht.

Ebenso wenig steht fest, dass der damals minderjährige Zeuge die vorgeworfene Rechtsverletzung begangen hat, so dass eine Haftung des Beklagten aus § 832 Abs. 1 BGB ebenfalls ausscheidet.

Mangels Hauptforderung ist auch der Zinsanspruch der Klägerin unbegründet, so dass die Klage insgesamt der Abweisung unterlag.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.151,80 EUR

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Frankenthal (Pfalz)
Bahnhofstraße 33
67227 Frankenthal (Pfalz)

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht Koblenz
Karmeliterstraße 14
56068 Koblenz

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall .der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu. Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

[Name]
Richterin am Amtsgericht

Verkündet am 22.11.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (…)

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AG Koblenz, Urteil vom 22.11.2017, Az. 161 C 997/17

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