WALDORF FROMMER (München): Landgericht Köln – Berufung des unterlegenen Anschlussinhabers offensichtlich unbegründet

23:46 Uhr

Gegenstand des Berufungsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der Beklagte hatte in der ersten Instanz am Amtsgericht Köln die Aktivlegitimation der Klägerin, die Richtigkeit der Ermittlung und Zuordnung der Rechtsverletzung sowie seine persönliche Täterschaft bestritten. Überdies griff er die Höhe der geltend gemachten Ansprüche an.

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Bericht

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Beschluss als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge

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Das Amtsgericht Köln betrachtete die Einwände des Beklagten als unzureichend und verurteilte ihn in vollem Umfang.

Auf die vom Beklagten eingelegte Berufung hat nun das Landgericht Köln deutlich zu verstehen gegeben, dass nach der einstimmigen Überzeugung der Kammer auch seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat.

Das Erstgericht habe im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung keine Fehler erkennen lassen. Insbesondere sei sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin als auch die Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung substantiiert und umfassend dargestellt worden, so dass das einfache Bestreiten des Beklagten in diesem Zusammenhang nicht mehr ausreichend gewesen sei. Darüber hinaus habe das Amtsgericht den Beklagten zurecht als Täter der Rechtsverletzung angesehen. Mit dem bloßen Bestreiten der Tatbegehung durch sich und seine Ehefrau sowie dem pauschalen Verweis auf einen vermeintlichen „Hackerangriff“ habe der Beklagte nicht ausreichend konkret dargestellt, dass eine andere Person als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommt.

Nicht durchgreifen konnten nach Ansicht der Berufungskammer auch die Angriffe des Beklagten gegen die Höhe der geltend gemachten Ansprüche sowie der Einwand der Verwirkung.

Auf den einstimmigen Hinweisbeschluss der Kammer gem. § 522 ZPO hat der Beklagte seine Berufung sodann zurückgenommen. Er hat nun neben der zugesprochenen Hauptforderungen auch die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

 

LG Köln, Beschluss vom 25.01.2017, Az. 14 S 38/16

 

(…) Beglaubigte Abschrift

14 S 38/16
137 C 479/15
Amtsgericht Köln

Landgericht Köln

Beschluss

In dem Rechtsstreit

des Herrn [Name],
Beklagten und Berufungsklägers,

Prozessbevollmächtigte: [Name],

gegen

[Name],
Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,

hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln am 25. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], dem Richter am Landgericht [Name] und die Richterin [Name]

beschlossen:

Die Kammer weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit; innerhalb von drei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Gründen; denen die Kammer beitritt, der Klage stattgegeben.

Dem steht das Berufungsvorbringen nicht entgegen.

1.

Zutreffend ist das Amtsgericht von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgegangen. Die Klägerin hat bereits in der Anspruchsbegründung vom 14. Dezember 2015 vorgetragen, dass sie in „Musicline“, der offiziellen Datenbank der Musikwirtschaft, dem Phononet-Katalog, die unter ‚www.musicline.de‘ für jedermann abrufbar ist, als Rechteinhaber für das streitgegenständliche Musikalbum [Name] von [Name] eingetragen ist. Ferner ist die Muttergesellschaft der Klägerin auf der CD-Ausgabe des Musikalbums mit dem P-Vermerk und den Copyrightvermerk angegeben. Beide Umstände hat der Beklagte nicht bestritten, er hat vielmehr pauschal die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. In Anbetracht der vorstehenden Umstände durfte jedoch das Amtsgericht ohne weiteres davon ausgehen, dass im Rahmen des. Indizienbeweises die Aktivlegitimation der Klägerin belegt ist. Denn der Eintragung der Klägerin, die sich hier auf die Tonträgerherstellerrechte beruft, in dem Phononet-Katalog kommt Beweiswirkung zu, der Tonträgerhersteller kann sich zur Darlegung und zum Beweis seiner Aktivlegitimation in besonderem Maße auf dieses Indiz beziehen. Ein weitergehender Vortrag ist erst erforderlich, wenn vom als Verletzer in Anspruch Genommenen konkrete Anhaltspunkte dargelegt werden, die gegen die Richtigkeit der Eintragungen in der fraglichen Datenbank zu den jeweiligen Musikstücken sprechen (so ausdrücklich BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I). Derartige konkrete Anhaltspunkte hat der Beklagte indes nicht vorgetragen. Entgegen der Auffassung des Beklagten war somit auch kein Zeugenbeweis vom Amtsgericht zu erheben.

2.

Nicht zu beanstanden sind ferner die Feststellungen des Amtsgerichts zur fehlerfreien Ermittlung der IP-Adressen. Durch die beiden durch, das Ermittlungsunternehmen, das die Klägerin mit der Feststellung von Rechtsverletzungen zu ihren Lasten beauftragt hatte, Erfassungen am [Datum] zunächst um [Uhrzeit] Uhr und dann um [Uhrzeit] Uhr ist ein Indizienbeweis geführt, aufgrund dessen an der Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Ermittlungsergebnisses keine Zweifel bestehen. Denn es ist unwahrscheinlich, dass mehrere unrichtige Ermittlungen zu dem Internetanschluss derselben Person führen könnten, weshalb in Fällen von Mehrfachermittlungen der Anschlussinhaber substantiiert dazu vortragen muss, weshalb dennoch Zweifel an der Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses begründet sein könnten (vergleiche dazu etwa das Urteil der Kammer vom 11. Februar 2016 – Az. 14 S 23/14; und auch schon OLG Köln, Urteil vorn 16. Mai 2012 – Az. 6 U 239/11). Daran fehlt es. Mit der Art und Weise der technischen Ermittlungen mittels des Peer-to-Peer Forensic Systems, wie sie die Klägerin beschreibt, befasst sich der Beklagte vielmehr nicht näher, sondern stellt lediglich pauschal das Ermittlungsergebnis als unzutreffend in Abrede.

3.

Das Amtsgericht hat den Beklagten zutreffend auch als Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung angesehen.

Soweit der Beklagte gerügt hat, es sei nicht erkenntlich, auf welche Art und Weise der Beklagte nach Auffassung der Klägerin eine Rechtsverletzung begangen haben solle, trifft dies im Ergebnis nicht zu. Insofern ist dem Beklagten zuzugeben, dass die Klägerin ihren Tatsachenvortrag zum konkreten Fall sehr beschränkt hat. Dennoch sind die entscheidenden Voraussetzungen für die Rechtsverletzung bereits aus der Anspruchsbegründung vom 14. Dezember 2015 ersichtlich: Die Klägerin macht geltend, dass der Beklagte über seinen Internetanschluss am [Datum] in der Zeit von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr das streitgegenständliche Musikalbum in einer so genannten Filesharing-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht hat, ohne dazu berechtigt zu sein. Dies erfüllt den Tatbestand des öffentlichen Zugänglichmachens gemäß § 19a UrhG.

Zutreffend hat das Amtsgericht darüber hinaus auf der Basis der – vom Amtsgericht zitierten – ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Beklagten als Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung angesehen.

Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte im vorliegenden Fall als Täter. Wie bereits vom Amtsgericht dargelegt, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist nur anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Everytime we touch). Beides ist jedoch auch nach dem Vorbringen des Beklagten nicht der Fall. Der Internetanschluss war gesichert, insbesondere hat der Beklagte die WLAN-Funktion nach seinem eigenen Vorbringen gemäß dem aktuellen Stand der Technik verschlüsselt (WPA2-Schlüssel). Der Beklagte hat ferner vorgetragen, dass seinen Internetanschluss allein der Beklagte selbst und seine Ehefrau hätten nutzen können, während die – nicht näher bezeichneten – Kinder längst ausgezogen seien. Seine Ehefrau hat der Beklagte jedoch als Täter ausgeschlossen; es ist unstreitig, dass die Ehefrau des Beklagten die Rechtsverletzungen nicht begangen hat. Der Beklagte hätte als Anschlussinhaber seiner ihm vom BGH als aus der tatsächlichen Vermutung folgenden sekundären Darlegungslast nur dadurch genügt, wenn er dazu vorgetragen hätte, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Daran fehlt es indes. Kommt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, haftet er als Täter (vergleiche BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook).

Dies erkennt der Beklagte in seiner Berufungserwiderung letztlich auch selbst. Soweit der Beklagte dort beklagt, es werde die Möglichkeit eines unberechtigten Zugriffs Dritter trotz Sicherung vollständig außer Acht gelassen, ist dies nicht richtig. Natürlich ist die Möglichkeit eines Zugriffs durch einen außenstehenden Dritten nicht völlig ausgeschlossen. Ohne konkrete Anhaltspunkte ist dies jedoch bei einem ausreichend gesicherten Internetanschluss äußerst unwahrscheinlich. Deshalb ist es erforderlich, dass der Anschlussinhaber entsprechende konkrete Tatsachen vorträgt, die einen solchen unberechtigten Zugriff Dritter als ernsthaft möglich erscheinen lassen. Dies hat der Beklagte – wie gesagt – nicht getan. Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, welche Beweismittel, insbesondere welche Zeugen er benennen will, um die von ihm aufgestellte Behauptung, er sei nicht der Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung, zu beweisen.

4.

Der geltend gemachte und ausgeurteilte Lizenzschaden von 450,00 EUR für das gesamte Musikalbum mit insgesamt 14 Titeln ist nicht zu beanstanden.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer, für das Angebot von Musikaufnahmen über Filesharingnetzwerke im Internet jeweils 200,00 EUR pro Musiktitel als angemessenen Schadensersatz für den Regelfall anzusetzen. Dies entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, vergleiche etwa OLG Köln (zusammenfassend etwa Urteil vom 6. Februar 2015 – Az. 6 U 209/13), OLG Hamburg (Urteil vom 5. November 2013.- Az. 5 U 222/10) und OLG Frankfurt (Urteil vom 15. Juli 2014 – Az. 11 U .115/13; Urteil vom 16. Dezember 2014 – Az. 11 U 27/14) und auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vergleiche BGH, Urteile vom 11. Juni 2015 zu I ZR 4/14, I ZR 19/14 und I ZR 75/14 – Tauschbörse I-III; Urteil vom 12. Mai 2015 – I ZR 48/15 – Everytime we touch); in seinem Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I – hat der BGH 200,00 EUR für jeden der dort streitgegenständlichen insgesamt 15 Musiktitel für angemessen gehalten.

5.

Auch die vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR hat das Amtsgericht zu Recht zugesprochen. Der Ansatz eines Streitwertes von 10.000,00 EUR für ein aktuelles Musikalbum ist vergleichbar der Rechtsverletzung eines aktuellen Films (vergleiche dazu Urteil des BGH vom 12. Mai 2016 – I ZR 1/15 – Tannöd). Die Rechtsverletzung erfolgte im [Name] ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Kopie des Covers der CD des streitgegenständlichen Musikalbums ist dieses ebenfalls erst in 2012 erschienen. Die von der Klägerin angesetzte 1,0 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 W RVG ist nicht zu beanstanden.

6.

Schließlich hat das Amtsgericht zu Recht auch eine Verwirkung der geltend gemachten Ansprüche der Klägerin verneint.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – I ZR 86/12, GRUR 2014, 363 Rn. 38 = WRP 2014, 455 – Peter Fechter, mwN) ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem , gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment). Bis zum Ablauf der Regelverjährung konnte sich bei dem Beklagten insoweit grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen bilden. Dem steht entgegen, dass eine Verkürzung der (kurzen) regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren durch Verwirkung nur unter ganz besonderen Umständen angenommen werden kann, weil dem Gläubiger die. Regelverjährung grundsätzlich ungekürzt zur Prüfung und Überlegung, ob er einen Anspruch gerichtlich geltend macht, erhalten bieiben soll (vgl. BGH, GRUR 2014, 363 Rn. 50 – Peter Fechter, mwN; Urteil vom 15. Januar 2015 – I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 43, juris).

7.

Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung der Kammer auf Grund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S: 1 ZPO).

8.

Vor diesem Hintergrund mag der Beklagte erwägen, die Berufung zurückzunehmen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.

[Name]
Vorsitzender Richter am Landgericht

[Name]
Richter am Landgericht

[Name]
Richterin

Beglaubigt
[Name], Justizbeschäftigte (…)

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LG Köln, Beschluss vom 25.01.2017, Az. 14 S 38/16

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