Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Filesharing Verfahren nach Abmahnung vor dem Amtsgericht München – Die bloße Frage: „Warst du das?“, stellt keine ausreichende Nachforschung im Rahmen der sekundären Darlegungslast dar

23:32 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Im Rahmen der Klageerwiderung hatte der Beklagte lediglich vorgetragen, dass er als Täter der Rechtsverletzung nicht in Betracht käme. Der Internetanschluss werde auch von seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Sohn genutzt. Diese seien zum Rechtsverletzungszeitpunkt „zu Hause gewesen sowie technisch in der Lage, die Urheberrechtsverletzung zu begehen“. Nach eindringlichen Gesprächen hätten beide Familienmitglieder zwar beteuert, die Rechtsverletzung nicht begangen zu haben. Einer der beiden müsse jedoch für die Rechtsverletzung verantwortlich sein.

 

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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

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Bericht

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Urteil als PDF

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https://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2018/07/AG_Muenchen_142_C_3525_18.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Linda Kirchhoff

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In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht München äußerte der Beklagte dann die Vermutung, dass ausschließlich der Sohn als Täter der Rechtsverletzung in Frage käme. Denn dieser verbringe viel Zeit im Keller, wo sich auch ein Computer befinde. Auf die Frage, „ob er es war“, habe der Sohn allerdings mit „nein“ geantwortet. Diesen Vortrag hat das Gericht in zutreffender Weise als nicht ausreichend erachtet: die schriftsätzlich noch vorgetragenen „eindringlichen Gespräche“ hätten gerade nicht stattgefunden. Insoweit betonte das Gericht, dass der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie nicht dazu führe, dass gar keine Nachforschungen mehr stattzufinden brauchen:

„Während der Beklagte schriftsätzlich identisch und recht pauschal zu seiner Frau und seinem Sohn vorträgt, beide hätten identische Kenntnisse, identisches Nutzungsverhalten sowie gleichermaßen Gelegenheit zu Tatbegehung gehabt und gleichermaßen bei „eindringlichen Gesprächen“ beteuert, die Tat nicht begangen zu haben, so hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am […] differenzierter vorgetragen und erklärt, er vermute, dass es sein Sohn gewesen sei, der wohne im Keller, habe da einen Computer, und als der Beklagte seinen Sohn gefragt habe, ob er es gewesen sei, habe der „nein“ geantwortet, weiter sei darüber nicht gesprochen worden. Dieser Vortrag genügt nicht. Der Beklagte hat die zumutbaren Nachforschungen nicht durchgeführt, indem er seinem Sohn lediglich eine einzige Frage gestellt hat und nach einem schlichten „nein“ die Sache auf sich beruhen hat lassen. […] Dem Beklagten wäre es vorliegend – auch unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie – jedenfalls zumutbar gewesen, sich nicht mit einer einfachen Verneinung des Sohnes zufrieden zu geben, die je außerdem gerade nicht für dessen Täterschaft spricht, sondern zumindest ein ausführliches Gespräch zu führen und das Ergebnis mitzuteilen.“

Vor diesem Hintergrund stellte das Gericht fest, dass der Beklagte der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sei nicht zu beanstanden und wurde vom Gericht als angemessen bestätigt. Demzufolge wurde der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzes sowie der vorgerichtlichen Abmahnkosten verurteilt. Die Kosten des Rechtsstreits hat ebenfalls der Beklagte zu tragen.

 

 

AG München, Urteil vom 20.06.2018 – 142 C 3525/18

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

Amtsgericht München

Az.: 142 C.3525/18

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,

gegen

[Name], 82538 Geretsried
– Beklagter –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 80538 München,

wegen Forderung

 

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht [Name} am 20.06.2018 aufgrund des Sachstands vom 13.06.2018 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes

Endurteil

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.107,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.03.2017 sowie weitere 107,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.04.2017 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Schadensersatz und die Erstattung von Abmahnkosten wegen des Angebots urheberrechtlich geschützter Werke in einer Tauschbörse im Internet.

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für den Film [Name]. Der Beklagte ist Anschlussinhaber des streitgegenständlichen Internetanschlusses, von dem aus dieser Film am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr auf einer Tauschbörse im Internet Dritten zum Download angeboten wurde. Mit Schreiben vom [Datum] wurde der Beklagte deswegen von den klägerischen Rechtsanwälten abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung von Schadensersatz und Rechtsanwaltskosten aufgefordert. Eine Unterlassungserklärung wurde abgegeben, Zahlungen flossen auch auf weitere Schreiben der Klägerseite mit Zahlungsaufforderungen, zuletzt vom [Datum] und [Datum] nicht.

Die Klägerin geht davon aus, dass der Beklagte als Anschlussinhaber für das Downloadangebot verantwortlich sei, da er nach klägerischer Einschätzung seiner sekundären Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen sei. Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe daher mindestens 1.000,00 EUR Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie sowie Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten zu.

Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht Weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.03.2017,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.03.2017, sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in .Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.03.2017
zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, er sei für die. streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht verantwortlich. Er kenne den Film [Name] nicht und habe von Computern und Internet kaum eine Ahnung. Mit ihm im Haus hätten zur Zeit der Rechtsverletzung noch seine Frau und sein 28 Jahre alter Sohn gewohnt; beide hätten Zugriff auf den Internetanschluss gehabt und ihn ebenfalls benutzt, üblicherweise für Einkäufe, Recherchen, Online-Banking und E-Mails. Beide seien zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung zu Hause gewesen sowie technisch in der Lage, die Urheberrechtsverletzung zu begehen. Der Beklagte habe nach der Abmahnung seine Frau und seinen Söhn in eindringlichen Gesprächen befragt und beide hätten beteuert, nicht für die Rechtsverletzung verantwortlich zu sein; er gehe aber dennoch davon aus, dass nur einer der beiden als Täter in Betracht komme.

In der informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 04.04.2108 hat der Beklagte demgegenüber erklärt, er vermute, dass es sein Sohn gewesen sei. Er habe seinen Sohn gefragt, ob er es gewesen sei, der habe „nein“ geantwortet, weiter sei darüber nicht gesprochen worden. Der Sohn wohne im Keller und einer der drei Rechner der Familie, sei auch im Keller beim Sohn. Für weitere Einzelheiten der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 04.04.2018 verwiesen.

Mit Zustimmung der Parteien wurde in das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO übergegangen; beide Seiten erhielten Schriftsatzfristen, innerhalb derer kein weiterer Vortrag mehr erfolgte.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München örtlich zuständig gemäß §§ 104a, 105 UrhG i.V.m. § 45 Abs. 1 GZVJu.

II.

Die Klägerin kann von dem Beklagten nach § 97 Abs. 1 S.1, Abs.2 UrhG wegen der schuldhaften Verletzung der ihr an dem streitgegenständlichen Film zustehenden Nutzungsrechten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR verlangen.

1.

Die Klägerin ist als Rechteinhaberin nach § 94 Abs. 1 UrhG aktivlegitimiert, da sie unstreitig die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film besitzt. Der Spielfilm genießt den Urheberschutz von § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG. Nutzungsrechte an dem Film hatte die Klägerin dem Beklagten unstreitig nicht eingeräumt.

2.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Film [Name] am von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr vom Internetanschluss des Beklagten aus auf einer Tauschbörse im Internet Dritten zum Download angeboten wurde, dass also die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten begangen wurde.

3.

Die Abgabe der Unterlassungserklärung, die vorliegend auch ausdrücklich ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung erfolgte, stellt kein Anerkenntnis der Täterschaft dar.

4.

Da feststeht, dass Rechtsverletzungen über einen bestimmten Internetanschluss begangen wurden, besteht mit der Rechtsprechung des BGH eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass der Inhaber des jeweiligen Anschlusses auch für die über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzung verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010 – I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens“).

Hintergrund der tatsächlichen Vermutung ist die Lebenserfahrung, dass in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, die Art und Weise der Nutzung bestimmt und kontrolliert. Es wird deshalb eine Darlegungslast desjenigen angenommen, in dessen Herrschaftsbereich, also über dessen Internetanschluss, die festgestellte Rechtsverletzung geschehen ist. Denn im Gegensatz zum Urheber, dessen Rechte verletzt wurden, ist er deutlich näher an der Verletzung und kann feststellen, wer sie begangen hat Eine derartige Feststellung ist demgegenüber dem Urheber in aller Regel nicht möglich, denn andere Daten als die IP-Adresse, über die der Rechteverletzer nach außen kommunizierte, kann er nicht wissen oder in Erfahrung bringen. Dürfte sich der Anschlussinhaber mit pauschalen Behauptungen und Verweisen auf Dritte zur Anspruchsabwehr begnügen, so würden die Urheber gegenüber Filesharing Rechtsverletzungen de facto schutzlos gestellt und das Urheberrecht entwertet. Daher ergibt sich für den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast, die es ihm verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zu beschränken. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung erfordert vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte Sachvortrag, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genützt hat (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus).

Die sekundäre Darlegungslast führt dabei weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen, sondern ein Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III, m.w.N.). Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. (BGH, Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 19/16 – Loud, m.w.N.).

An die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen ist hierbei bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (Landgericht München I, Urteil vom 22.03.2013 – 21 S 28809/11). Ob der jeweilige Vortrag im Rahmen der sekundären Darlegungslast ausreicht, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen.

Den skizzierten Anforderungen genügt der Beklagtenvortrag vorliegend nicht. Während der Beklagte schriftsätzlich identisch und recht pauschal zu seiner Frau und seinem Sohn vorträgt, beide hätten identische Kenntnisse, identisches Nutzungsverhalten sowie gleichermaßen Gelegenheit zu Tatbegehung gehabt und gleichermaßen bei „eindringlichen Gesprächen“ beteuert, die Tat nicht begangen zu haben, so hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 04.04.2018 differenzierter vorgetragen und erklärt, er vermute, dass es sein Sohn gewesen sei, der wohne im Keller, habe da einen Computer, und als der Beklagte seinen Sohn gefragt habe, ob er es gewesen sei, habe der „nein“ geantwortet, weiter sei darüber nicht gesprochen worden. Dieser Vortrag genügt nicht. Der Beklagte hat die zumutbaren Nachforschungen nicht durchgeführt, indem er seinem Sohn lediglich eine einzige Frage gestellt hat und nach einem schlichten „nein“ die Sache auf sich beruhen hat lassen.

Zwar ist bei der Bestimmung der Reichweite der sekundären Darlegungslast auch zu berücksichtigen, dass, wenn Familienangehörige den Anschluss mitnutzen, zugunsten des Anschlussinhabers der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie wirkt (BGH, Urteil vom 06.10.2016 – I ZR 154/15 – Afterlife). Das bedeutet aber nicht, dass gar keine Nachforschungen stattzufinden brauchen, denn aufseiten des Urheberrechtsinhabers sind dessen Eigentumsgrundrechte zu berücksichtigen. Dem Beklagten wäre es vorliegend – auch unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie – jedenfalls zumutbar gewesen, sich nicht mit einer einfachen Verneinung des Sohnes zufrieden zu geben, die ja außerdem gerade nicht für dessen Täterschaft spricht, sondern zumindest ein ausführlicheres Gespräch zu führen und das Ergebnis mitzuteilen. Die Beklagtenseite selbst hatte schriftsätzlich noch von „eindringlichen Gesprächen“ gesprochen, die tatsächlich aber, wie von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, nicht stattgefunden haben. Der Beklagte hat damit bereits insoweit der sekundären Darlegungslast nicht genügt. Ob er zusätzlich zumindest den von ihm selbst genutzten Computer auf Tauschbörsenprogramme untersuchen bzw.- den Router auswerten hätte müssen, muss daher im vorliegenden. Fall nicht entschieden werden. Auf den Hinweis des Gerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass der bisherige Vortrag den Anforderungen der sekundären Beweislast nicht genügt, hat die Beklagtenseite trotz Schriftsatzfrist nicht weiter vorgetragen.

Da der Beklagte damit den Anforderungen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist; gilt der Vortrag der Klägerin gemäß §138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 138 Rn. 8b). Insoweit kommt es auf die Aussage der vorn Beklagten als Zeugen angebotenen Ehefrau und des als Zeugen angebotenen Sohnes nicht an, zumal diese lediglich zu Tatgelegenheit und Nutzungsverhalten angeboten wurden, nicht aber zur Frage, ob einer der beiden die Tat tatsächlich ohne Wissen und Zutun des Beklagten begangen habe.

5.

Der Beklagte handelte auch fahrlässig, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Wer ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Der Beklagte hätte sich daher über die Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse und auch über die Rechtmäßigkeit von Download-Angeboten kundig machen und vergewissern müssen. Hierzu wird vom Beklagten nichts vorgetragen.

6.

Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Films verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR schätzt.

Gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann bei einer Urheberrechtsverletzung der Schadensersatzanspruch auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte (Lizenzanalogie). Für diese Art der Schadensberechnung hat sich die Klägerin hier entschieden. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte (Fromm / Nordemann, Urheberrecht, 11. Aufl., § 97 Rn. 90 m.w.N.). Gibt es, wie im streitgegenständlichen Fall, keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, so ist die Höhe der als Schadensersatz nach.§ 97 UrhG zu zahlenden Lizenzgebühr nach § 287 ZPO vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier- Überzeugung zu schätzen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 19/14 – Tauschbörse I). Ein Schadensersatz von 1.000,00 EUR erscheint dem Gericht vorliegend der Höhe nach angemessen. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Er steht auch in einem angemessenen Verhältnis zu den 200,00 EUR, die laut BGH, Tauschbörse I – III für den Upload eines Lieds als Schadensersatz anfallen, da es vorliegend nicht nur um ein einzelnes Lied, sondern um einen kompletten Spielfilm geht.

III.

Die Klägerin hat weiter gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von insgesamt 215,00 gemäß § 97a UrhG.

Eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten zu Lasten der Klägerin liegt, wie oben dargestellt, vor. Der Beklagte wurde daher mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] zu Recht abgemahnt, zur Abgabe einer strafbewehrte Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatzaufgefordert. Die Klägerin kann daher vom Beklagten die Erstattung der entstandenen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung verlangen. Der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr scheint mit Blick auf den generellen Schwierigkeitsgrad urheberrechtlicher Angelegenheiten nicht überhöht (Fromm / Nordemann, a.a.O., § 97a Rn. 41). Der Gegenstandswert ist hinsichtlich der mit der Abmahnung auch verfolgten Unterlassung gemäß § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG vorliegend auf 1000,00 EUR gedeckelt, hinzu kommt der vorgerichtlich geforderte Schadensersatzanspruch, so dass insgesamt (zuzüglich Auslagenpauschale) Rechtsanwaltskosten in Höhe von 215,00 EUR – beziehungsweise zweimal 107,50 EUR – zu erstatten sind.

IV.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB. Die Klägerin hat nach der Abmahnung den Beklagten unter anderem mit Schreiben vom 16.02.2017 erneut zur Zahlung des Schadensersatzes und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aufgefordert, so dass insoweit am 24.03.2017, dem Datum, ab dem die Klägerin Zinsen verlangt, bereits Verzug vorlag.

V.

Die. Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

VI.

Bei der Streitwertbemessung war einzustellen, dass – neben der Schadensersatzforderung – auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zum Teil, nämlich insoweit als sie auf den mit der Klage nicht mehr verfolgten Unterlassungsanspruch entfallen, eine Hauptforderung darstellen und daher streitwerterhöhend wirken.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München I
Prielmayerstraße 7
80335 München

einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem

Amtsgericht München
Pacellistraße 5
80333 München

einzulegen.

Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.

Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.

Das elektronische Dokument muss
– mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
– von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.

Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
– auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
– an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.

Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.

gez.
[Name]
Richterin am Amtsgericht

Verkündet am 20.06.2018
gez.
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Für die Richtigkeit der Abschrift
München, 21.06.2018
[Name], JAng
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
– ohne Unterschrift gültig (…)

 

 

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AG München, Urteil vom 20.06.2018 – 142 C 3525/18

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