19:39 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. In dem Verfahren hatte die geschädigte Rechteinhaberin Klage wegen der unlizenzierten Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Musikalbums vor dem Amtsgericht Frankfurt erhoben. Sämtliche Versuche, sich im Vorfeld gütlich zu einigen, waren erfolglos geblieben.
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Bericht
Urteil als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Eva-Maria Forster
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Unter Bezugnahme auf die aktuelle Entscheidung des Oberlandesgericht München (Urteil vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15) hat das Amtsgericht Frankfurt am Main der Klage voll stattgegeben.
Der Beklagte hatte zu seiner Verteidigung eingewandt, er habe die Rechtsverletzung nicht begangen und seine Kinder sowie seine Ehefrau hätten zum streitgegenständlichen Zeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss gehabt. Im Rahmen einer umfangreichen und mit weiteren Kosten verbundenen Beweisaufnahme mit sämtlichen Familienmitgliedern konnte die Beklagtenseite einen Zugriff der weiteren Familienmitglieder zum streitgegenständlichen Tatzeitraum nicht beweisen.
Vielmehr stritten alle Familienmitglieder eine Begehung der Tat ab und konnten teilweise keine Angaben zum konkreten Zeitraum machen. Damit kam keiner der Zeugen konkret als Täter der Rechtsverletzung in Betracht. Der Beklagte kam damit seiner innerfamiliären Nachforschungspflicht nicht nach. Er hätte sich nicht mit einem Abstreiten der Rechtsverletzung durch seine Familienmitglieder zufrieden geben dürfen, sondern selbst weitere Nachforschungen anstellen müssen. Die ihm obliegende sekundäre Darlegungslast konnte der Beklagte somit nicht erfüllen.
„Die pauschale Behauptung der theoretischen Möglichkeit des Zugriffs Dritter verbunden mit der Auskunft, diese hätten die Urheberrechtsverletzung selbst nicht eingeräumt und der fehlenden Überprüfung der Geräte auf entsprechende Dateien und Software reicht zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast nicht aus. Damit oblag es dem Beklagten als Anschlussinhaber zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung, den Beweis zu führen, dass auch andere als Täter in Betracht kommen. Dies ist ihm nicht gelungen.“, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.
Da dem Amtsgericht Frankfurt am Main die bloß theoretische Zugriffsmöglichkeit der Familienmitglieder nicht ausreichte, wurde der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Schadenersatz, Erstattung der Rechtsverfolgungskosten sowie der Übernahme der vollen Kosten des Rechtsstreits, insgesamt zu [Kostenhöhe] EUR, verurteilt.
AG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.02.2016, Az. 30 C 2879/15 (68)
(…)
Amtsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 30 C 2879/15 (68)Verkündet lt. Protokoll am:
10.03.2016[Name] Justizangestellte
Urkundsbeamtin-/beamter der GeschäftsstelleIm Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstr. 12, 80336 München, Geschäftszeichen: [Gz.],
gegen
[Name],
– Beklagter –Prozessbevollmächtigter: [Name], [Anschrift], Geschäftszeichen: [Gz.],
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2016
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 450,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2014 sowie weitere 506,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.08.2014 zu zahlen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten wegen der behaupteten Verbreitung des Musikalbums „[Name]“ von [Name] über ein Filesharing-Netzwerk.
Der Kläger ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk ausdrücklich als Rechteinhaber ausgewiesen.
Unter dem [Name] (vgl. Anlage K4-1, BI. 46 ff. d.A.) mahnte die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, den Beklagten wegen eines nach Ermittlungen der von ihr beauftragten ipoque GmbH am [Datum] über das Filesharingnetzwerk BitTorrent begangenen Urheberrechtsverstoßes bezüglich des obengenannten Albums ab, nachdem die Deutsche Telekom AG aufgrund des Beschlusses des LG Köln vom [Datum] Az. [Az.] die Auskunft erteilt hatte, dass die IP, von der aus die Datei vom Download angeboten wurde, zum Zeitpunkt des Angebots dem Beklagten zugeordnet war.
Zwischenzeitlich ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der angegebenen Filehashwert das bezeichnete Musikalbum bezeichnet.
Der Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Sein Internetanschluss ist WPA2 verschlüsselt und mit einem 26-stelligen alphanumerischen Passwort gesichert.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe am [Datum] von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr das Album durch Bereithalten zum Download in den Tauschbörse BitTorrent unerlaubt öffentlich zugänglich gemacht. Ihr stehe als Schadensersatz eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von mindestens 450,00 EUR sowie der Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR zu, wobei die Höhe der Abmahnkosten sich aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR und dem Ansatz einer 1,0-fachen Geschäftsgebühr ergebe.
Die Klägerin beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen solle, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.08.2014 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.08.2014 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Er behauptet, ihm sei das Werk völlig unbekannt. Es befinde sich nicht auf einem seiner Endgeräte und habe sich dort auch nie befunden. Er nutze das Internet ausschließlich zu Informationsgewinnung und habe noch nicht einmal einen E-Mail-Account. An Filesharing-Netzwerken nehme er schon wegen mangelnder technischer Kenntnis nicht teil. Zum Tatzeitpunkt hätten neben ihm sowohl seine Ehefrau, die Zeugin [Name] sowie seine volljährigen Kinder, die Zeugin [Name] und der Zeuge [Name] seinen Anschluss genutzt.
Damit sei die Vermutung, er als Anschlussinhaber habe die Urheberrechtsverletzung begangen, widerlegt.
Auch als Störer hafte er nicht, denn er habe die vorgenannten Personen bereits vor Erhalt der Abmahnung darüber belehrt, dass sämtliche Rechtsverletzungen im Internet, insbesondere die Nutzung von Internettauschbörsen, zu unterlassen seien.
Nach Erhalt der Abmahnung habe er seine Frau und seine Kinder zu den Vorwürfen der Klägerin befragt. Alle hätten versichert, weder das Musikalbum zu kennen noch überhaupt in Internettauschbörsen aktiv zu sein.
Mit Nichtwissen bestreitet er, dass die Klägervertreter ihre vorgerichtliche Tätigkeit auf der Basis des RVG abgerechnet und diese den Betrag von 506,00 EUR an die Kläger gezahlt haben.
Im Übrigen sei der Ansatz eines Gegenstandswerts von 10.000,00 EUR überhöht, weiterhin greife die Begrenzung auf 100,00 EUR nach § 97a UrhG a.F.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main ergibt sich aus §§ 104, 105 UrhG i.V.m. 35 Ziff. 1 lit. a. JuZuV Hessen.
Die Klage ist auch vollumfänglich begründet.
1.
Die Klägerin kann zunächst von dem Beklagten Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 450,00 EUR verlangen. Dass das Verfahren zur Ermittlung der IP-Adresse korrekt ablief sowie dass sich hinter dem angegebenen Hashwert das Album verbirgt, hinsichtlich dessen die Klägerin die Verwertungsrechte innehat, ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Im vorliegenden Fall ist von der Täterschaft des Anschlussinhabers, also des Beklagten, auszugehen.
a.
Insoweit hat das OLG München in seiner Entscheidung vom 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15, unter Berücksichtigung des Urteils des BGH vom 11.06.2015, Az. I ZR 75/14 („Tauschbörse III“) zum Anschein der täterschaftlichen Begehung sowie zur sekundären Darlegungslast des Beklagten wie folgt ausgeführt:
„aa) Für den Nachweis der Täterschaft in Filesharing-Fällen gelten folgende Grundsätze:
(1) Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen eines geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind, trägt nach den allgemeinen Grundsätzen der Anspruchsteller; danach ist es grundsätzlich seine Sache nachzuweisen, dass der in Anspruch Genommene für die von ihm behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist. Wenn allerdings ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers (vgl. BGH GRUR 2013, 511 – „Morpheus“ Tz. 33; GRUR 2010, 633 – „Sommer unseres Lebens“ Tz. 12). Halten mehrere Personen, etwa – wie im Streitfall – Eheleute, den Internetanschluss mit der betreffenden IP-Adresse gemeinsam, so gilt die Vermutung zulasten aller Anschlussmitinhaber (vgl. BGH, a. a. 0., – „Morpheus“ Tz. 33 a. E.).
Eine tatsächliche Vermutung begründet einen Anscheinsbeweis (vgl. BGH NJW 2012, 2435 Tz. 36; NJW 2010, 363 Tz. 15; NJW 1993, 3259; jeweils m. w. N.), zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, ausdehnen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs ergeben soll, die gegebenenfalls vom Beweisgegner zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden müssen (vgl. BGH NJW 2012, 2435 Tz. 36; Beschl. v. 6. Juli 2010 – XI ZR 224/09, juris, Tz. 10; NJW 1993, 3259; NJW 1991, 230 [231]; Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 284 Rz. 29; Bacher in: Vorwerk / Wolf, Beckscher Online Kommentar, ZPO, Stand 1. September 2015, § 284 Rz. 98; Foerste in: Musielak, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 286 Rz. 23; Reichold in: Thomas / Putzo, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 286 Rz. 13; Rinken in: Cepl / Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2015, § 286 Rz. 60; Prütting in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 286 Rz. 65).
(2) Voraussetzung für das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft des Inhabers eines Internetanschlusses ist allerdings nicht nur das Vorliegen einer Verletzungshandlung, die von diesem Internetanschluss ausging, sondern – im Falle der hinreichenden Sicherung des Anschlusses – auch, dass der Anschluss nicht bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH, Urt. v. 11. Juni 2015 – I ZR 75/14, juris, – „Tauschbörse III“ Tz. 37; ähnlich BGH GRUR 2014, 657 – „BearShare“ Tz. 15; unklar BGH, a. a. 0., – „Morpheus“ Tz. 34, wo ausgeführt wird, dass die tatsächliche Vermutung in jenem Fall „entkräftet“ und „erschüttert“ sei, weil die ernsthafte Möglichkeit bestehe, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt habe).
Will sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, deren Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht (vgl. BGH, a. a. 0., – „Tauschbörse III“ Tz. 37 und 42).
Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, a. a. 0., – „Tauschbörse III“ Tz. 37 a. E.); dazu muss er entweder beweisen, dass entgegen dem substantiierten Vorbringen des Anschlussinhabers doch kein Dritter Zugriff auf den Anschluss hatte, und sich anschließend auf die dann geltende tatsächliche Vermutung berufen, oder er muss unmittelbar – ohne Inanspruchnahme der tatsächlichen Vermutung – die Täterschaft des Anschlussinhabers beweisen. Entspricht der Anschlussinhaber dagegen seiner sekundären Darlegungslast nicht, so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zu legen (vgl. BGH NJW 2010, 2506 Tz. 26 m. w. N.), das die tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers begründet. Dann muss zu deren Widerlegung der Anschlussinhaber den Beweis führen, dass auch andere als Täter in Betracht kommen.
Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung stehen daher nicht einander ausschließend nebeneinander, sondern greifen wie folgt ineinander: Die sekundäre Darlegungslast betrifft die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, .so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen.“
b.
Nach diesen Grundsätzen ist von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.
Denn der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Tatsächlich hat er zwar vorgetragen, welche anderen Personen theoretisch wegen bestehender Mitnutzungsmöglichkeit als Täter in Betracht kommen könnten. Er ist dabei jedoch im Allgemeinen geblieben und hat sich darauf beschränkt, mitzuteilen, dass diese Personen grundsätzlich neben ihm die Nutzungsmöglichkeit hatten, ins Detail hinsichtlich des Verletzungszeitraums ist er insoweit nicht gegangen.
Hinzu tritt, dass er sich im Rahmen seiner bestehenden Nachforschungspflichten darauf zurückgezogen hat, sich mit dem einfachen Abstreiten einer Begehung der Urheberrechtsverletzung durch die Mitnutzer zufriedenzugeben, ohne gegebenenfalls die genutzten Geräte einer Überprüfung zu unterziehen.
Diese pauschale Behauptung der theoretischen Möglichkeit des Zugriffs Dritter verbunden mit der Auskunft, diese hätten die Urheberrechtsverletzung selbst nicht eingeräumt und der fehlenden Überprüfung der Geräte auf entsprechende Dateien und Software reicht jedoch zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast nicht aus.
Damit oblag es dem Beklagten als Anschlussinhaber zur Widerlegung der tatsächlichen Vermutung, den Beweis zu führen, dass auch andere als Täter in Betracht kommen. Dies ist ihm nicht gelungen.
Insoweit hat er behauptet, im gesamten Jahr [Jahreszahl] also auch im Tatzeitraum, hätten seine Frau und seine beiden volljährigen Kinder Zugriff auf den Anschluss gehabt. Die Beweisaufnahme hat jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass diese Personen tatsächlich zum Tatzeitpunkt Zugriff hatten.
Hierbei dürfte ein Zugriff der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin [Name] schon deshalb ausscheidet, weil diese nach eigenen Angaben den Computer gar nicht nutze, weil sie dies nicht könne. Sogar die vom Beklagten vorgetragene sporadische Nutzung durch Online-Shopping stritt sie ab.Die Tochter des Beklagten gab an, dass sie grundsätzlich auch von ihrer benachbarten Wohnung – entgegen dem Vortrag des Beklagten teilte sie mit, sie habe zum Tatzeitpunkt nicht mehr bei ihren Eltern gewohnt – über das WLAN Zugriff auf den Anschluss ihres Vaters gehabt habe. Am fraglichen Tag sei sie jedoch bei der Arbeit gewesen. Man habe in der Familie über die Abmahnung gesprochen, man sei aber davon ausgegangen, diese nicht ernst nehmen zu müssen, weil „man es nicht getan habe“. Es soll hier nicht verkannt werden, dass körperliche Anwesenheit eines Alternativtäters zum exakten Zeitpunkt der Verletzungshandlung nicht erforderlich ist, da Filesharing-Vorgänge auch zu einem früheren Zeitpunkt gestartet und erst später aktiv werden können. In diesem Fall jedoch, in dem die Zeugin zum einen angibt, abwesend gewesen zu sein und zudem erklärt, sie selbst sei es jedenfalls nicht gewesen – denn die Verwendung des Wortes „man“ schließt die Zeugin selbst mit ein – reichen die Angaben zur Widerlegung der Vermutung der Täterschaft des Beklagten nicht aus.
Der Sohn des Beklagten, bei dem es sich wohl um den Hauptnutzer des Anschlusses handelt dürfte und der angab, das WLAN-Netz auch eingerichtet zu haben, hatte demgegenüber keine Erinnerung an den streitgegenständlichen Tag. Demzufolge konnte er auch nicht angeben, ob er Zugriff zum Anschluss hatte oder nicht. Zudem habe er die Verletzung jedenfalls nicht begangen. Damit verhält es sich ähnlich wie bei der Zeugin [Name] die mangelnde Fähigkeit, anzugeben, ob er überhaupt zugegen war verbunden mit dem Abstreiten der Tatbegehung („… weil jeder gesagt hat, er wäre es nicht gewesen.“, „Ich weiß aber, dass ich die Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe“) reicht zur Widerlegung der Vermutung der Täterschaft des Beklagten nicht aus.
Auch gab der Zeuge [Name] zusätzlich an, dass auch Besuch manchmal mit mitgebrachten Geräten oder aber über die vorhandenen Geräte über das WLAN-Netz ins Internet gingen. Er konnte aber auf Nachfrage nicht angaben, ob er am [Datum] Besuch hatte oder nicht. Damit eröffnet dieser Teil der Aussage nicht die konkrete Möglichkeit einer Begehung durch andere, nur eine allgemeine, eher theoretische Möglichkeit. Auf die Frage, ob sich der Beklagte diese Aussage als Vortrag zu eigen gemacht hat, kommt es daher nicht mehr an.
c.
Die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens ist auf die als Mindestschaden beanspruchten 450,00 EUR zu schätzen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den verletzten Rechten um Rechte an einem gesamten Album, nicht lediglich an einem Einzeltitel handelte. Grundsätzlich werden von der Rechtsprechung im Fall des Filesharings hinsichtlich ganzer Alben auch deutlich höhere Beträge zuerkannt, hier jedoch ist nicht zu erkennen, dass das Album einen besonderen wirtschaftlichen Erfolg hatte, so dass ein über den geltend gemachten Mindestbetrag hinausgehender Schaden nicht zu erkennen ist.
2.
Weiterhin kann die Klägerin auch den Ersatz der Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 UrhG vom Beklagten ersetzt verlangen.
a.
Es besteht insoweit ein Zahlungsanspruch, unabhängig von der Frage, ob die Klägerin die für die Abmahnung angefallenen Kosten bereits beglichen hat oder ’nicht. Denn die Beklagte hat die Zahlung verweigert. Damit wandelt sich ein eventuell nur bestehender Freistellungsanspruch jedenfalls in einen Zahlungsanspruch um. Die Voraussetzung der Rechnungsstellung nach § 10 RVG gilt nur im Verhältnis zwischen Anwalt und Mandant, nicht aber im Schadensersatzprozess.
b.
Auch der Höhe nach ist die Forderung nicht zu beanstanden. Die Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR ist nicht überhöht, der Ansatz einer 1,0-fachen Gebühr begegnet keinen Bedenken. Vorliegend wurde wie bereits ausgeführt ein vollständiges Album, nicht etwa nur ein einzelner Musiktitel öffentlich zugänglich gemacht. Vor diesem Hintergrund entspricht der Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000,00 EUR dem allgemein Üblichen, vgl. z.B. LG München, Urteil v. 25.02.2015, Az. 21 S 7560/14; LG Frankfurt, Urteil v. 16.09.2013, Az. 2-06 0 277/13.
c.
§ 97a Abs. 2 UrhG a.F. greift nicht. Es handelt sich bei Filesharing-Fällen schon nicht um einfach gelagerte Fälle, da der Verletzer stets erst mittels eines gerichtlichen Verfahrens ermittelt werden muss. Auch ist die Voraussetzung einer nur unerheblichen Rechtsverletzung in Filesharing-Sachen nicht erfüllt, da in diesen Fällen einer unbegrenzten Anzahl von potentiellen Downloadern das urheberrechtlich geschützten Werk zur Verfügung gestellt wird, wobei es sich vorliegend auch um mehrere Titel handelt.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main. (…)
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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.02.2016, Az. 30 C 2879/15 (68)
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