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Die Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE hat einen bemerkenswerten Filesharing Erfolg vor dem Amtsgericht Stuttgart errungen. Das Gericht weist zu Recht darauf hin, dass die Abmahnindustrie durch kein „Sonderbeweisrecht“ privilegiert werden darf.
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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.
WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29 | 50672 Köln
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Bericht
Urteil als PDF:
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Ein Familienvater hatte eine Filesharing Abmahnung von NIMROD Rechtsanwälte erhalten. Diese warf ihm vor, dass er über seinen Internetanschluss das Computerspiel „Landwirtschaftssimulator 2013“ verbreitet hat. Die Kanzlei Nimrod Rechtsanwälte forderte im Auftrag der Astragon Entertainment GmbH 5.000,00 EUR Schadensersatz. Außerdem soll er für die Abmahnkosten in Höhe von 1.336,90 EUR aufkommen.
Nachdem der Abgemahnte die Zahlungen verweigert hatte, verklagte ihn NIMROD Rechtsanwälte. Die Kanzlei verlangte vom Anschlussinhaber 2.000,00 EUR Schadensersatz sowie Zahlung der Anwaltskosten von 1.099,00 EUR. Demgegenüber wiesen wir das Gericht darauf hin, dass der Anschluss zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung ebenfalls von seiner Frau und seinen beiden Söhnen benutzt worden ist. Hierfür nutzen diese ihren eigenen Rechner beziehungsweise Tablet.
Das Amtsgericht Stuttgart wies daraufhin die Klage von MIMROD Rechtsanwälte mit Urteil vom 31.08.2016 (Az. 4 C 1254/16) im vollen Umfang ab.
Filesharing: Verteidigung genügte sekundärer Darlegungslast
Ein Anspruch der Rechteinhaberin auf Schadensersatz nach § 97 UrhG scheidet aus, weil hier die Filesharing Täterschaftsvermutung gegenüber dem Anschlussinhaber nicht greift. Die Verteidigung des Abgemahnten genügte den Anforderungen im Rahmen der sekundären Darlegungslast. Denn er hatte konkret erläutert, wer von seinen Angehörigen als Alleintäter infrage kommt. Darüber hinaus reichten die Ausführungen zum Nutzungsverhalten von Frau und Kindern vollkommen aus. Zu weitergehenden Nachforschungen sowie zur Überführung des wirklichen Täters war der Anschlussinhaber hingegen nicht verpflichtet. Vor allem brauchte er die Rechner seiner Angehörigen nicht zu auf Filesharing Software zu untersuchen. Vielmehr reichte es aus, dass er die konkrete Möglichkeit der Nutzung durch Dritte aufgezeigt hatte.
Abgemahnter Anschlussinhaber trägt nicht die Beweislast
In diesem Zusammenhang führte das Amtsgericht Stuttgart aus, dass der Anschlussinhaber die im Rahmen seiner Verteidigung vorgebrachten Tatsachen nicht nachweisen muss. Denn dies würde der gesetzlichen Beweislastverteilung nicht gerecht. Hiernach bleibt die Rechteinhaberin als Klägerin voll beweisbelastet hinsichtlich der vorgeworfenen Tat der Urheberrechtsverletzung. Von daher ist die gegenteilige Ansicht nicht haltbar, die insbesondere das Oberlandesgericht München in dem Fall „Loud“ vertreten hat (OLG München, Urteil vom 14.01.2016 Az. 29 U 2593/15).
Kein Filesharing „Sonderbeweisrecht“ zugunsten der Musikindustrie
Hierbei weist das AG Stuttgart zutreffend darauf hin, dass zum Schutze der Rechteinhaber kein „Sonderbeweisrecht“ geschaffen werden darf.
Keine Haftung wegen Verletzung der Aufsichtspflicht
Ebenso wenig kommt eine Haftung des Familienvaters wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht nach § 832 BGB in Betracht. Hiergegen spricht bereits, dass keiner der beiden Söhne des Filesharing überführt worden ist.
Störerhaftung scheidet aus
Eine Heranziehung des Vaters im Wege der Störerhaftung scheidet laut Amtsgericht Stuttgart aus, weil er keine Belehrungspflicht gegenüber seiner Frau als mögliche Filesharing Täterin hatte. Ob gegenüber den minderjährigen Söhnen eine Belehrungspflicht bestand, ließ das Gericht dahinstehen. Denn es stand ja nicht fest, dass eine der Söhne die Urheberrechtsverletzung begangen hatte.
Fazit:
Die ausführliche Begründung dieses Gerichtes ist wirklich lesenswert. Es setzt sich eingehend mit der Beweislastverteilung beim Filesharing auseinander und steht im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Dieser hat im Rahmen einer von unserer Kanzlei kürzlich erstrittenen Grundsatzentscheidung der Musikindustrie eine Abfuhr erteilt (Urteil vom 06.10.2016, BGH Az. I ZR 154/15). Das höchste deutsche Zivilgericht hat darauf hingewiesen, dass keine zu strengen Anforderungen an die Verteidigung des Abgemahnten gestellt werden dürfen. Dieser braucht lediglich vorzutragen, welche Personen Zugang zum Anschluss gehabt haben. Er muss jedoch nicht den wirklichen Täter der Musikindustrie ans Messer liefern. (HAB)
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Gewonnene Filesharing-Verfahren der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16
(…) Beglaubigte Abschrift
Aktenzeichen:
4 C 1254/16Amtsgericht Stuttgart
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Prozessbevollmächtigte: [Name],
gegen
[Name],
– Beklagter –Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde Beuger Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,
wegen Kostenerstattung und Schadenersatz aus Urheberrechtsverletzung
hat das Amtsgericht Stuttgart durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2016 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.Streitwert: 3.099,00 EUR
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Erstattung von Anwaltskosten für das angebliche widerrechtliche Zugänglichmachen des Computerspiels „[Name]“ durch den Beklagten. Die Klägerin trägt vor, ihr stünden die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel zu. Das Werk sei am [Datum/Uhrzeit]und am [Datum/Uhrzeit] im Rahmen einer Internet-Tauschbörse von dem Internetanschluss mit der IP-Adresse [IP] und [IP] angeboten worden. Dies sei durch die von ihr mit der Recherche von Urheberrechtsverletzungen im Internet beauftragten Firma Excipio festgestellt worden.
Nach Durchführung des Gestattungsverfahrens vor dem Landgericht [Name] habe der Provider die vorstehenden Datensätze dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet.
Die Klägerin hat sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 07.11.2014 den Beklagten abgemahnt, zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung und zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 5.000,00 EUR sowie zur Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 EUR aufgefordert. Dem Beklagten wurde ein Vergleichsangebot zur Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 850,00 EUR unterbreitet.
Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ab, leistete jedoch keine Zahlung.
Die Klägerin begehrt nunmehr Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie in Höhe von mindestens 2.000,00 EUR.
Sie ist der Ansicht, für die Berechnung der Schadenshöhe sei der 400-fache Wert einer Lizenz im Verletzungszeitpunkt anzunehmen. Bei der Schadensbemessung sei zu berücksichtigen, dass das Spiel äußerst erfolgreich gewesen sei und einen Verkaufspreis von 19,99 EUR erzielt habe.
Für die geforderten Abmahnkosten ist nach Ansicht der Klägerin ein Gegenstandswert für die Unterlassung in Höhe von 30.000,00 EUR anzusetzen. Zuzüglich des geforderten Schadensersatzes seien daher Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR netto aus einem Gegenstandswert in Höhe von 35.000,00 EUR entstanden.
Die Klägerin behauptet eine Täterschaft des Beklagten und bestreitet eine Tatbegehung durch Dritte. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe mit der Angabe der möglichen Täterschaft seiner ehemaligen Ehefrau und seiner beiden minderjährigen Söhne seine sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt, wobei seitens der Klägerin auch die Existenz der beiden Söhne bestritten wird.
Die Klägerin beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.099,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der den Betrag von 2.000,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit nicht unterschreiten sollte.Der Beklagte beantragt:
Klagabweisung.Der Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin, die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen sowie die zutreffende Zuordnung dieser an seinen Internetanschluss durch den Provider.
Der Beklagte bestreitet weiter die im Streit stehende Rechtsverletzung begangen zu haben.
Zum Tatzeitpunkt sei der Internetanschluss neben ihm von seiner damaligen Ehefrau und seinen am xx.xx.1977 und xx.xx.2004 geborenen Söhnen benutzt worden. Alle Personen hätten hierbei über einen eigenen Computer bzw. Tablet verfügt.
Zwar hätten seine Familienangehörige auf entsprechende Nachfragen seinerseits die Benutzung einer Tauschbörsensoftware nicht eingeräumt; ausschließen könne er eine solche Nutzung jedoch trotzdem nicht.
Das WLAN sei individuell passwortgesichert und nach WPA 2 verschlüsselt gewesen. Seine beiden Söhne habe er auch explizit den Umgang mit Tauschbörsen verboten.
Der Beklagte bestreitet ferner die von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzhöhe sowie die Angemessenheit des von der Klägerin angesetzten Gegenstandswertes für die Abmahnung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
A)
Das angerufene Gericht ist sachlich gem. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich gem. § 104 a Abs. 1 UrhG in Verbindung mit § 105 Abs. 2 UrhG und § 13 der Zuständigkeitsverordnung JuBW zuständig.
B)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.000,00 EUR gern. § 97 Abs. 2 S 1 UrhG.
Auch bei Annahme einer Rechteinhaberschaft der Klägerin und der weiteren Annahme, dass sowohl die Ermittlungen der Fa. [Name] und der Beauskunftung durch den Provider zutreffend waren, ist eine Schadensersatzpflicht des Beklagten nicht gegeben.
1.
Die Klägerin hat den ihr obliegenden Nachweis einer Täterschaft des Beklagten nicht erbracht.
a)
Wird über ein Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegung; dieser genügt er dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12, „BearShare“).
Dem Anschlussinhaber obliegt es somit im Sinne einer sekundären Darlegungslast einen ebenso möglichen Geschehensablauf vorzutragen, nach dem die Tatbegehung durch einen Dritten ernsthaft in Betracht kommt. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH, „BearShare“).
Wie weit diese Nachforschungspflicht reicht und wie substantiiert der Vortrag des Beklagten zur Mitbenutzungsmöglichkeit seines Anschlusses durch Dritte sein muss, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten.
Ungenügend ist ein Vortrag dahingehend, nicht namentlich benannte Dritte hätten den Anschluss mitbenutzen können, bzw. die pauschale Vermutung, Dritte hätten unberechtigterweise den Anschluss „gehackt“.
Dies würde den Sinn der sekundären Darlegungslast zuwiderlaufen, welche den Rechteinhaber nicht nur die Kenntnis von rein theoretischen Geschehensabläufen bzw. entfernt liegenden Möglichkeiten eines Zugriffs von Dritten vermitteln, sondern den Rechteinhaber in die Lage versetzen soll, anhand der dargelegten Fakten sich ein konkretes Bild von dem seitens des Anschlussinhabers geschilderten Sachverhalt zu machen und sein weiteres Vorgehen darauf abzustimmen.
Der Beklagte hat, nachdem er alle Familienmitglieder angehört hat, konkret zu möglichen Alleintätern sowie zu deren Nutzungsverhalten vorgetragen; er hat seine Darlegungslast auch nicht deshalb verletzt, weil er seinen Familienangehörigen insofern glaubte, dass sie nicht Täter waren, bzw. er keine Vermutung hinsichtlich der Täterschaft eines Familienmitglieds äußerte (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 14.10.2015, Az. 121 C 135/15, wonach dem Beklagten gem. § 138 Abs. 3 ZPO lediglich die Benennung von Tatsachen obliegt, er indes keine Wertung vorzunehmen hat).
Eine weitergehende Nachforschung und daraus resultierende Darlegungslast obliegt dem Beklagten nicht. Die sekundäre Darlegungs- und Nachforschungspflicht geht nicht so weit, dass sie nur dann als erfüllt angesehen werden kann, wenn der Anschlussinhaber ein Alleintäter individuell namentlich benennt. Vielmehr ist eine Konkretisierung dergestalt ausreichend, dass ein klar abgrenzbarer Personenkreis zum Tatzeitpunkt tatsächlich Zugang zum Internet hatte und dieser Personenkreis namentlich benannt wird (vgl. LG Köln, Urteil vom 05.06.2013, Az. 28 0 346/12). In diesem Umfang besteht im Rahmen des Zumutbaren auch eine Nachforschungspflicht (so BGH, „BearShare“ a.a.O.). Der Beklagte war, da er in dem geforderten Umfang aufgrund seiner Nachforschung vortragen konnte und auch vorgetragen hat, zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet; insbesondere nicht, die vorhandenen Computer auf Filesharing-Software zu untersuchen.
Wie bereits ausgeführt, ist der Anschlussinhaber aufgrund seiner sekundären Darlegungslast nicht gehalten, Nachforschungen in einem Umfang zu betreiben, weiche über die Aufzeigung der konkreten Möglichkeit der Benutzung des Internets durch Dritte und deren Benennung hinausgehen. Nachforschungen, die die Benennung eines konkreten individuellen Täters ermöglichen, verknüpft mit einer folgenden Benennungspflicht des Täters, würde den Umfang der dem Anschlussinhaber obliegenden Darlegungslast sprengen.
Auch würde dies entgegen der Rechtsprechung des BGH über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast des Anschlussinhabers hinausgehen und diesen dazu verpflichten, dem Anspruchssteller alle von diesem benötigten Informationen zu verschaffen; hierzu ist der Anschlussinhaber jedoch gerade nicht verpflichtet (vgl. BGH, „BearShare“; LG Düsseldorf, Urteil, Az. 12 0 579/10; Koch, jurisPR-ITR 6/2016, Anm. 5).
Die sekundäre Darlegungslast und Nachforschungspflicht in einem Maße auszudehnen, dass sie nur dann als erfüllt erachtet wird, wenn der Anschlussinhaber zu Nachforschungen in einer Weise verpflichtet wird, die ihm die Benennung eines konkreten Täters ermöglichen und ihn zur Benennung sodann zu verpflichten, würde konkret dazu führen, dass der Anschlussinhaber auf diesem Weg den Beweis des Gegenteils zu erbringen hätte.
Der Beklagte hat somit vorliegend seine Darlegungs- und Nachforschungsverpflichtung erfüllt.
b)
Da die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgetragene Tatsachen seitens der Klägerin bestritten wurden, ist die Frage zu klären, wem diesbezüglich die Beweislast aufzuerlegen ist. Dies ist in Rechtsprechung und Literatur strittig.
Ein Großteil der Rechtsprechung geht davon aus, dass bei ausreichend sekundärer Darlegung nicht der Anschlussinhaber, sondern der Rechteinhaber, die vom Verletzer aufgestellten Behauptungen widerlegen muss (vgl. LG Braunschweig, Urteil vom 01.07.2015, Az. 9 S 433/14, mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Nach anderer Ansicht hat der Anschlussinhaber zwar nicht die „alleinige Verantwortlichkeit der anderen (Beweis des Gegenteils), aber die für ihre ernsthafte Möglichkeit sprechende Umstände zu beweisen (Gegenbeweis)“ (so OLG Köln, Urteil vom 14.03.2014, Az. 6 U 210/12; LG Stuttgart, Urteil vom 21.04.2015, Az. 17 0 329/14).
Übereinstimmend berufen sich alle Gerichte für ihre Ansicht auf die Rechtsprechung des BHG.
Dies dürfte darin begründet sein, dass der BGH sowohl eine „Vermutung“ zugunsten des Rechteinhabers als auch eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers postuliert und die Voraussetzung für die Annahme der Vermutung mit der „BearShare“-Entscheidung fortgeführt bzw. konkretisiert hat.
So führt der BGH noch in der Morpheus-Entscheidung (Urteil vom 15.11.2012, Aktenzeichen I ZR 74/12 ) wie folgt aus:
„Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist,
und
diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall jedoch entkräftet, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat.“
Aus dieser Entscheidung hat z.B das LG Stuttgart ( a.a.O.) den Schluss gezogen, dass allein die Anschlussinhaberschaft die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft begründet und weiter gefolgert:
„Diese Annahme werde erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes, nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses ergebe. Diese Tatsachen, welche die Vermutung erschüttern, habe der Anschlussinhaber jedoch vorzutragen und entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auch zu beweisen.“
Diese Meinung des LG Stuttgart ist nach Ansicht des Gerichts indes nicht zutreffend. Die Vermutungsregelung basiert nicht nur auf der Inhaberschaft des Anschlussinhabers, sondern auch – im negativen – darin, dass keine anderen Personen den Anschluss zum Tatzeitpunkt benutzen konnten.
Dies ergibt sich aus der Fortführung der BGH-Rechtsprechung, insbesondere aus der „BearShare“-Entscheidung vom 08.01.2015. Dort wird explizit wie folgt zur Vermutungsregelung ausgeführt:
„Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten.“
Die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers wird bei der möglichen Nutzung durch Dritte somit erst gar nicht begründet und nicht, wie das Landgericht Stuttgart annimmt, allein durch die Anschlussinhaberschaft begründet, aber bei Erbringung des Nachweises der Drittnutzung sodann erschüttert.
Für das Vorliegen der Voraussetzung der Vermutung ist jedoch derjenige beweispflichtig, der sich auf die Vermutung beruft, vorliegend somit der Rechteinhaber.
Da dem Rechteinhaber hinsichtlich dieser weiteren Voraussetzung jedoch die Kenntnis fehlt, trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast; nur er hat die Möglichkeit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und ihm obliegt somit eine diesbezügliche Darlegungspflicht.
Sofern der Anspruchsinhaber jedoch seiner sekundären Darlegungslast entspricht, „ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchssteller die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen“ (so wörtlich BGH, „BearShare“). Auch führt die sekundäre Darlegungslast weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolgt benötigten Informationen zu verschaffen (so ebenfalls wörtlich BGH in „BearShare“).
Dies kann nur bedeuten, dass der Rechteinhaber die Voraussetzung der Vermutung nachzuweisen hat, oder auf anderem Weg die Verantwortung des Anschlussinhabers beweisen muss.
Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen einer Vermutung bzw. eines Anscheinsbeweises trägt nämlich grundsätzlich die Partei, die hieraus Rechtsfolgen für sich herleitet (Baumgärtel, Handbuch der Beweislast 2009; § 12 Randziffer 9 m.w.M.). Würde nur dem Anschlussinhaber die Beweislast für die Nutzungsmöglichkeit Dritter auferlegt, würde dies eine Umkehr der Beweislast darstellen, was vom BGH jedoch gerade ausdrücklich ausgeschlossen wurde (so auch ausführlich AG Hamburg, Az. 36 a C 134/14, Urt. vom 03.07.2015).
Aufgrund der sekundären Darlegungslast des Beklagten und der oben dargelegten Beweislast der Klägerin hat der Anschlussinhaber auch grundsätzlich die Beweismittel zu benennen, damit die Rechteinhaberin den ihr obliegenden Beweis überhaupt antreten kann. Dem ist der Beklagte nachgekommen, indem er die Personen, die er als mögliche Täter aufgeführt hat, namentlich benannt und die ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hat.
Trotz entsprechendem Hinweis seitens des Gerichts hat die Klägerin jedoch keinen Beweis angetreten.
Ihre Beweispflicht kann die Klägerin auch nicht dadurch „unterlaufen“, indem sie die Existenz der seitens des Beklagten benannten Personen bestreitet (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012).
Der Beklagte hat durch die Namhaftmachung der Zeugen und der Mitteilung deren ladungsfähigen Anschriften das ihm Obliegende getan, um der Klägerin die Beweisführung zu ermöglichen. Es verbleibt bei der Klägerin, ob sie diese Möglichkeit nutzen möchte oder nicht. Es bestehen keinerlei Anzeichen oder Indizien dafür, dass die benannten Personen nicht existieren; die Klägerin hat solche Indizien auch nicht – beispielsweise durch einen Negativbescheid des Einwohnermeldeamtes- vorgetragen.
Ein beweisvereitelndes Verhalten des Beklagten in Form der Benennung nicht auffindbarer oder nicht existenter Zeugen (vgl. hierzu RG Warn-Rechtsprechung 1911, Nr. 54 S. 59) ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht dargetan (vgl. hierzu auch AG Düsseldorf, Urt. vom 19.11.2013, Aktenzeichen 57 C 3144/13).
Das Gericht verkennt nicht, dass bei der Beweislastverteilung zu Lasten des Rechteinhabers es diesem häufig schwerfallen wird, die für ihn stehende Vermutung tatsächlich nachzuweisen, da es sich bei dem von dem Anschlussinhaber benannten Zeugen nicht selten um Familienangehörige handelt, welche sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, sodass der Rechteinhaber beweisfällig bliebe.
Diese möglicherweise von Teilen der Rechtsprechung als unbillig empfundene Folge (so wohl OLG München, Urt. v. 14.01.2016, Az. 29 U 2593/15 „Loud“), kann nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht dazu führen, die Grundsätze der Beweislastverteilung im Urheberrecht nicht anzuwenden bzw. die sekundäre Darlegungslast in ungerechtfertigter Weise auszudehnen.
Die Bekämpfung tatsächlicher oder vermeintlicher Missstände darf kein Anlass sein, für Urheberrechtsverletzung eine Art „Sonderbeweisrecht“ zugunsten der Rechteinhaber zu schaffen (so auch AG Düsseldorf, Urt. v. 19.11.2013, Az. 57 C 3144/13).
Es bleibt vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten, sofern dieser eine nicht mehr hinnehmbare Verletzung der Eigentumsrechte der Rechteinhaber als gegeben sieht, entsprechende Regelungen zu schaffen.
Die Klägerin ist somit beweisfällig für die von ihr aufgestellte Vermutung der Täterschaft des Beklagten geblieben; auch hat sie die Täterschaft des Beklagten nicht auf andere Weise nachgewiesen; eine Schadensersatzpflicht des Beklagten gem. § 97 UrhG ist daher nicht gegeben.
2.
Der Beklagte haftet der Klägerin auch nicht auf Schadensersatz wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht gem. § 832 BGB.
Eine Haftung aus § 832 Abs. 1 BGB kommt unabhängig von der Frage, ob eine ausreichende Belehrung der minderjährigen Söhne zum Verbot von File-Sharing stattgefunden hat und somit eine Aufsichtspflichtverletzung gegeben ist oder nicht, schon deswegen nicht in Betracht, weil nicht feststeht, dass einer der Söhne Täter der Urheberrechtsverletzung war (vgl. auch LG Köln, Urt. v. 24.10.2012, Aktenzeichen 28 0 391/11).
Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten ist somit vollumfänglich nicht gegeben.
3.
Auch eine Störerhaftung des Beklagten aus §§ 97, 97 a Abs. 3 UrhG in Verbindung mit § 1004 BGB auf Erstattung der Abmahnkosten ergibt sich nicht, da dem Beklagten hierzu die Störereigenschaft fehlt.
Zwar setzt eine Störerhaftung kein Verschulden voraus, jedoch haftet für eine Schutzrechtsverletzung nur derjenige, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein -, in irgend einer Weise willentlich oder adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.
Um eine solche Haftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüf- oder Kontrollpflichten voraus, deren Art und Umfang nach Treu und Glauben zu bestimmen sind. Ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung eines Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 08.01.2014, Az. I ZR 169112).
Allein die Überlassung des Internetanschlusses an Familienangehörige stellt keine Pflichtverletzung dar. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, seine Ehefrau ohne Anzeichen von bereits begangenen oder bevorstehenden Urheberrechtsverletzungen über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen zu belehren (vgl. BGH, „BearShare“).
Soweit hinsichtlich der minderjährigen Söhne eine Belehrungspflicht anzunehmen ist, steht, wie bereits oben dargelegt, nicht fest, dass durch die Söhne bzw. einen von ihnen, die behauptete Rechtsverletzung begangen worden ist und eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung kausal für den behaupteten Schaden wäre.
Eine ungenügende Absicherung des WLAN-Anschlusses und eine darin liegende Pflichtverletzung wurde von der Klägerin nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich.
Eine Störerhaftung des Beklagten scheidet damit ebenfalls aus.
Die Klage ist somit vollumfänglich abzuweisen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Stuttgart
Urbanstraße 20
70182 Stuttgarteinzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Amtsgericht Stuttgart
Hauffstraße 5
70190 Stuttgarteinzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
[Name],
Richterin am AmtsgerichtVerkündet am 31.08.2016
[Name], JFAng’e
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (…)
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AG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2016, Az. 4 C 1254/16
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