.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Das Amtsgericht Bochum verurteilt Beklagten (ohne Anwalt) zur vollen Haftung. Ein pauschaler Vortrag über die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von Mitnutzern ist nicht ausreichend!

01:01 Uhr

Wie die Hamburger Kanzlei „.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR“ informiert, wurde vor dem Amtsgericht Bochum ein Sieg in einem Filesharingverfahren erstritten (Urt. v. 22.03.2017, Az. 70 C 380/16).

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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

 

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In einem Filesharingverfahren verteidigte sich der Beklagte ohne Beauftragung eines Anwaltes. Es kam, wie es kommen musste. Und nein, mittlerweile habe ich für diese „Shuals“ definitiv kein Verständnis mehr.

Wer über wenig Einkommen verfügt bzw. wenn es sich nur um den Kostenfaktor dreht, sollte man sich sofort (mit Erhalt Abmahnung; mit Erhalt Verfügung des Amtsgericht) außergerichtlich vergleichen. Wer sich aktiv verteidigt (Anzeige Verteidigung, Klageerwiderung), derjenige will gewinnen. Wer hier das Geld für einen Anwalt spart, spart an der falschen Stelle. Punkt.

Das Amtsgericht Bochum verurteilte den Beklagten vollumfänglich

 

„Der Beklagte hat indes Frau und Kinder weder bezeichnet noch irgendetwas zu deren Nutzungsverhalten, insbesondere im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung dargelegt. Zudem ist nicht ausgeführt worden, inwiefern minderjährige Kinder belehrt worden sind. Danach bleibt es bei der zu Lasten des Beklagten als Anschlussinhaber geltenden Vermutung einer eigenen Urheberrechtsverletzung.“

Das Amtsgericht Bochum zu den Anforderungen der sekundären Darlegungslast

 

„Erforderlich ist vielmehr die namentliche Benennung all derjenigen Personen, die den Internetanschluss im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Verletzungshandlungen nutzen konnten und Angaben dazu, warum diese Dritten jeweils als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Dazu ist auch erforderlich, dass die eben Benannten befragt werden, ob sie den Urheberrechtsverstoß begangen haben und mitzuteilen, was solche Nachforschungen ergeben haben.“

„Damit hat er aber – worauf der Beklagte hingewiesen wurde – seiner sekundären Darlegungslast nicht ausreichend genügt.“

 

AG Bochum, Urteil vom 22.03.2017, Az. 70 C 380/16

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –
70 C 380/16

Verkündet am 22.03.2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Amtsgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

der [Name],
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,

gegen

[Name],
Beklagten,

hat das Amtsgericht Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 22.03.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

I.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 651;80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozesspunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.05.2013 zu zahlen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 700,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.05.2013 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines Betrages von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar,

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz und Ersatz der Abmahnkosten anlässlich einer angeblichen Urheberrechtsverletzung. Dazu behauptet die Klägerin, der Beklagte habe am 08.12.2012 das Computerspiel ?[Name]? über seinen Internetanschluss ohne Erlaubnis der Klägerin, die Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte sei, öffentlich anderen Nutzern zum Download angeboten. Dafür begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe einer Lizenzgebühr von 700,00 EUR sowie Ersatz der vorgerichtlichen Abmahnkosten nach einem Streitwert von 10.000,00 EUR in Höhe von 651,80 EUR.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin

1. einen Betrag von 651,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.05.2013 zu zahlen
2. einen weiteren Betrag über 700,00 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 17.05.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Seine ganze Familie habe Zugriff auf seinen Internetanschluss, der auch zur fraglichen Zeit von der gesamten Familie konkret genutzt worden sei. Diese bestehe aus seiner Ehefrau sowie in seiner Zeit 17jährigen Sohn sowie der seinerzeit 13 Jahre alten Tochter, denen er den Umgang mit dem Internet sowie über verbotene Down- und Uploads belehrt habe.

Im Übrigen rügt der Beklagte Verjährung und bestreitet den Zugang einer Abmahnung im März 2013.

Für weitere Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte haftet für die geltend gemachte Urheberrechtsverletzung vom 08.12.2012.

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers hur dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung noch andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten. Das behauptet der Beklagte auch pauschal im vorliegenden Fall. Damit hat er aber – worauf der Beklagte hingewiesen wurde – seiner sekundären Darlegungslast nicht ausreichend genügt. Er hat nämlich nicht konkret nachvollziehbar dargelegt, dass der Internetanschluss außer ihm auch anderen Personen zur Verfügung stand und diese zur Zeit des angeblichen Urheberrechtsverstoßes den Internetanschluss benutzt haben.

Gemäß der Rechtsprechung des BGH ist dazu erforderlich, dass der Beklagte nicht nur pauschal und abstrakt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch einen Anderen darlegt. Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seinen sekundären Darlegungslast in Hinblick darauf, ob andere Personen ständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, um als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten behauptet. Erforderlich ist vielmehr die namentliche Benennung all derjenigen Personen, die den Internetanschluss im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Verletzungshandlungen nutzen konnten und Angaben dazu, warum diese Dritten jeweils als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Dazu ist auch erforderlich, dass die eben Benannten befragt werden, ob sie den Urheberrechtsverstoß begangen haben und mitzuteilen, was solche Nachforschungen ergeben haben.

Der Beklagte hat indes Frau und Kinder weder bezeichnet noch irgendetwas zu deren Nutzungsverhalten, insbesondere im Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung dargelegt. Zudem ist nicht ausgeführt worden, inwiefern minderjährige Kinder belehrt worden sind. Danach bleibt es bei der zu Lasten des Beklagten als Anschlussinhaber geltenden Vermutung einer eigenen Urheberrechtsverletzung. Der Beklagte schuldet der Klägerin danach Schadensersatz für die zweckentsprechenden notwendigen Abmahnkosten, wobei unerheblich ist, ob der Beklagte die Abmahnung auch erhalten hat. Für einen Schadenersatzanspruch reicht insoweit aus, dass die anwaltliche Geschäftsgebühr für die Abmahnkosten entstanden ist. Eine Geschäftsgebühr entsteht aber bereits, wenn der Rechtsanwalt vorn Auftraggeber Informationen und den Auftrag erhält, für ihn tätig zu werden und der Rechtsanwalt daraufhin tätig wird, was vorliegend der Fall ist, weil die Klägerin zumindest die Abmahnung erstellt und abgeschickt hat. Auf einen Zugang kommt es insoweit nicht an. Die Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten ist nicht zu beanstanden, die die Klägerin nach einem Streitwert bis 10.000,00 EUR errechnet hat für die vorprozessual verlangte Unterlassungserklärung und den Schadensersatz. Es ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu bestanden.

Des weiteren schuldet der Beklagte auch Schadensersatz in Höhe einer Lizenzgebühr für die Urheberrechtsverletzung. Insoweit ist der Ansatz von 700,00 EUR für ein unerlaubte öffentlich zugänglich gemachtes Computerspiel nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls nicht zu beanstanden.

Die Ansprüche sind auch nicht verjährt, wie der Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat. Der Schadensersatzanspruch, der in drei Jahren verjährte, für die Abmahnung von März 2013 ist im Zeitpunkt der Klageerhebung November 2016 noch nicht verjährt.

Für den Schadensersatzanspruch in Höhe einer Lizenzgebühr für die Urheberrechtsverletzung gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 BGB. Auch diese ist nicht abgelaufen, denn die Urheberrechtsverletzung stammt aus dem Jahre 2012.

Der Klage war danach mit den Nebenentscheidungen aus §§ 91, 709 ZPO stattzugeben.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen. dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt
oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss, innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bochum,
Westring 8,
44787 Bochum,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bochum zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bochum durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift .des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

[Name]

Beglaubigt
[Name], Justizamtsinspektor (…)

 

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AG Bochum, Urteil vom 22.03.2017, Az. 70 C 380/16

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