Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Halle (Saale) verurteilt Anschlussinhaber nach Zeugenvernehmung zur Rechteinhaberschaft der Klägerin vollumfänglich zur Zahlung

01:23 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot eines urheberrechtlich geschützten Filmwerks. Im genannten Verfahren am Amtsgericht Halle (Saale) behauptete der verklagte Anschlussinhaber, für die Rechtsverletzung nicht verantwortlich gewesen zu sein. Darüber hinaus bestritt er die Inhaberschaft der exklusiven Verwertungsrechte der Klägerin am streitgegenständlichen Filmwerk sowie die Höhe der geltend gemachten Forderungen.

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Bericht

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Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser

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Das Amtsgericht erhob zur bestrittenen Rechteinhaberschaft zunächst Beweis durch Vernehmung des Justiziars der Klägerin als Zeugen und verurteilte anschließend den Beklagten vollumfänglich zur Zahlung der geltend gemachten Ansprüche.

Nach Durchführung der Zeugenvernehmung stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin ausschließliche Inhaberin der verletzten Verwertungsrechte am Filmwerk ist. Der Zeuge habe insoweit glaubhaft, detailliert und aus eigener Wahrnehmung heraus die Rechteübertragung auf die Klägerin bestätigen können.

Hingegen habe der Beklagte keinerlei Sachvortrag geleistet, welcher die zu Lasten eines Anschlussinhabers wirkende tatsächliche Vermutung der eigenen Verantwortlichkeit habe widerlegen können. Dementsprechend sei von der Täterschaft des Beklagten auszugehen.

Im Übrigen bestätigte das Amtsgericht Halle die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens sowie – mit ausdrücklichem Verweise auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten.

 

AG Halle (Saale), Urteil vom 04.05.2017, Az. 104 C 711/16

 

(…) – Abschrift –

Amtsgericht
Halle (Saale)

104 C 711116

Verkündet am #
[Name], Richter am Amtsgericht als Richter am Amtsgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München

gegen

Herrn [Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: [Name],

hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 05.04.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 450,00 EUR nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag i.H.v. 406,00 EUR nebst jährlicher Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2014 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 856,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz und die Kosten für die vorgerichtliche Mandatierung eines Rechtsanwaltes wegen eines – mutmaßlichen – Urheberrechtsverstoßes der Beklagten.

Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild-/Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Hier streitgegenständlich ist eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten an dem Film „[Name]“.

Unter dem [Datum] [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und [Datum] [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr wurde das vorgenannte Filmwerk von einem Computer zum Download bereitgehalten, der unter der IP Adresse [IP 1] und der IP Adresse [IP 2] eingeloggt war.

Die im folgenden (gemäß § 101 UrhG) vom Internet-Provider erlangten Auskünfte, wiesen die beiden vorgenannten IP-Adressen jeweils dem Anschluss des Beklagten unter seiner Wohnanschrift [Anschrift] zu.

Mit Abmahnungsschreiben der vorgerichtlich bereits beauftragt Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] wurde der Beklagte wegen der vorgenannten Verletzungshandlungen abgemahnt, gleichzeitig wurde von diesem Schadensersatz wegen der Urheberrechtsverletzungen, außerdem die Kosten der Abmahnung verlangt.

Der Beklagte zahlte vorgerichtlich bereits einen Betrag von 150,00 EUR auf den von der Klägerseite verlangten Schadensersatz und weiteren 100,00 EUR auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten. Die Klägerin macht nunmehr eine Lizenzschaden von noch 450,00 EUR sowie Anwaltskosten von noch 406,00 EUR gegenüber den Beklagten geltend.

Die Klägerin behauptet,
Inhaber der streitgegenständlichen Rechte am Filmwerk zu sein.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 18.07.2014, des Weiteren 406,00 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.07.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagtenseite ist der Auffassung, der von der Klägerseite geforderte Schadenersatz deutlich zu hoch, gleiches gelte für die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen[Name]. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2017 erwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.

Der Klägerin stehen die mit der Klage gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Ansprüche vollumfänglich zu. Anspruchsgrundlage ist hinsichtlich des geltend gemachten Schadensersatzes § 97 UrhG und soweit hier die Kosten der vorgerichtlichen Abmahnung verlangt werden § 97 Buchst. a Abs. 1 S. 2 UrhG.

1.)

Die Klägerin ist Inhaberin des Urheberrechts an dem streitgegenständlichen Filmwerk.

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin sämtliche exklusiven Verwertungsrechte (vergleiche §§ 16, 17, 19 aber Urheberrechtsgesetz) an dem streitgegenständlichen Filmwerk durch Vertrag von der Firma erworben hat. Die Firma [Name] wiederum hat die Verwertungsrechte vom Produzenten des Films der [Name] erworben. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der glaubhaften Darstellung des glaubwürdigen Zeugen [Name]. Dieser stellte im Rahmen seiner Vernehmung den vorgenannten Sachverhalt so dar, außerdem, dass die Klägerin selbst die Kino- und DVD-Verwertungsrechte sodann an ihre hundertprozentigen Töchter [Name] und homeentertainment weiter übertragen habe. Die Streaming-, bzw. Download- und Uploadrechte habe die Klägerin selbst behalten. Der Zeuge selbst konnte dies aus eigener Anschauung bestätigen. Das Gericht hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge hier die Unwahrheit sagte, solche werden auch durch die Parteien nicht vorgebracht. Im übrigen bestätigt auch das DVD – Cover (vergleiche BI. 44 der Akte) seine Darstellung.

Im übrigen lieferte die Beklagtenseite auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass hier eine andere Person als die Klägerin Inhaber der Rechte nach § 19 Buchst. a UrhG im Hinblick auf das streitgegenständliche Filmwerk ist.

2.)

Der Beklagte hat durch die Bereithaltung des Films zum Herunterladen von seinem Speichermedium dieses Urheberrecht verletzt.

Nach dem Vortrag der Klägerin wurde von dem Anschluss, deren unstreitiger Inhaber der Beklagte ist, am [Datum] von [Uhrzeit] bis [Uhrzeit] Uhr und am [Name] von [Name] bis [Uhrzeit] Uhr der Film „[Name]“ zum Download in einem so genannten Peer-to-Peer-Netzwerk bereitgehalten. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargestellt, wie der von ihr hiermit beauftragte Zeuge Dr. [Name] diese Feststellungen, darüber hinaus auch zur IP-Adresse des Rechners, von welchem das Spiel zum Download bereitgehalten wurde, traf.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes besteht eine tatsächliche Vermutung
dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses auch die von diesem Anschluss ausgehende Rechtsverletzung selbst begangen hat. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt.

3.)

Der Beklagte schuldet auch Schadensersatz in der von der Klägerin begehrten Höhe.

a.)

Soweit die Klägerin hier einen Betrag (unter Berücksichtigung einer vorgerichtlichen Zahlung von 150,00 EUR auf den Schadensersatz) i.H.v. noch 450,00 EUR vom Beklagten verlangt, rechtfertigt sich dies als lizenzanaloger Schadensersatzanspruch.

Dem Verletzten steht im Rahmen der Bemessung des Schadensersatzanspruches aus § 97 Abs. 2 UrhG ein Wahlrecht dahingehend zu, ob er hier den Schaden konkret bemisst oder – durch Schadensschätzung – den Weg über die Grundsätze der Lizenzanalogie fehlt. Hier hat sich die Klägerin für die Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie entschieden.

Die Lizenzanalogie beruht dabei auf den Gedanken, dass der handelnde Verletzer nicht besser gestellt sein darf, als der redliche Lizenznehmer. Da es ein Lizenzierungsmodell für das Anbieten von Filmwerken auf Tauschbörsen nicht gibt, hat das Gericht hier gemäß § 287 ZPO die Höhe des Schadens zu schätzen.

Die Schätzung hat dabei unter der Maßgabe zu erfolgen, welche angemessene Lizenzgebühr verständige Vertragspartner in Ansehung der tatsächlichen und bezweckten Nutzung branchenüblich und bei Kenntnis der Sachlage vereinbart hätten (vergleiche BGH, I ZR 106/73). Für den streitgegenständlichen Film ist die von der Klägerin im Prozess geltend gemachte Höhe des Schadensersatzes von 450,00 EUR angemessen. Das Gericht schätzt den Betrag auf der Basis der von der Klägerin in der Klageschrift mitgeteilten Schätzgrundlage und vor dem Hintergrund der tauschbörsenimmanenten lawinenartigen Verbreitung des Werkes (vergleiche Landgericht München, Urteil vom 19.02.2016, Az. 21 S 23673/14).

Bei dem hier gegenständlichen Filmwerk handelt es sich um einen aufwendig produzierten Film mit international bekannten Darstellern, der zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzungen gerade im Kino angelaufen war. Die illegale Verbreitung des Films auf einer Tauschbörse daher in ganz erheblichem Maße geeignet war, die Einnahmen der Klägerin aus der Lizenzvergabe hinsichtlich der Filmrechte zu schmälern.

Vor diesem Hintergrund ist der von der Klägerin angenommene Schadensersatz von 600,00 EUR ohne weiteres angemessen. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlich erfolgten Zahlung, war der Beklagte zur Zahlung von noch weiteren 450,00 EUR zu verurteilen.

b.)

Soweit die Klägerin weitere 406,00 EUR vom Beklagten als Kosten für die vorgerichtliche Abmahnung fordert, rechtfertigt sich dieser Anspruch aus § 97 Buchst. a 12 UrhG.

Der Beklagte hat hier die der Klägerin für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes mit der streitgegenständlichen Abmahnung entstandenen Kosten zu tragen.

Die Abmahnung war auch geeignet, einen Zivilprozess im Hinblick auf die vom Beklagten geschuldete Unterlassung weiterer Urheberrechtsverletzungen zu vermeiden. Der von dem beauftragten Rechtsanwälten angesetzte Streitwert ist mit 10.000,00 EUR im Hinblick auf die konkrete Urheberrechtsverletzung und das gegenständliche Filmwerk auch ohne weiteres zutreffend bestimmt.

Der Bundesgerichtshof führt hierzu aus:

„Bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswerts des Unterlassungsanspruchs ist einerseits dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen, wobei das Angebot zum Herunterladen eines Spielfilms, eines Computerprogramms oder eines vollständigen Musikalbums regelmäßig einen höheren Gegenstandswert rechtfertigen wird, als er etwa für das Angebot nur eines Musiktitels anzusetzen ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 73 „Tauschbörse II“). Weiter ist die Aktualität und Popularität des Werks und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung zu berücksichtigen. Wird ein durchschnittlich erfolgreicher Spielfilm nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 10.000,00 EUR angemessen. Liegt die Verletzungshandlung noch vor dem Beginn der Auswertung mittels DVD, kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein“ (vgl. BGH, I ZR 272/14).

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Unter Berücksichtigung der vom Beklagten vorgerichtlich auf die Anwaltskosten gezahlten Betrag von 100,00 EUR war der Beklagte noch zur Zahlung von 406,00 EUR zu verurteilen.

Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus Verzug. Unstreitig ist der Beklagte mit Schreiben der vorgerichtlich beauftragten Rechtsanwaltskanzlei vom 10.07.2014 zur Zahlung der hier verlangten Kosten bzw. des hier verlangten Schadensersatzes bis zum 17.07.2014 aufgefordert worden. Ab dem 18.07.2014 befand sich der Beklagte daher in Verzug.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Halle,
Hansering 13,
06108 Halle (Saale).

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name],
Richter am Amtsgericht (…)

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AG Halle (Saale), Urteil vom 04.05.2017, Az. 104 C 711/16

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