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Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit Urteil vom 25.09.2017 eine Klage der Kanzlei Waldorf Frommer Rechtsanwälte, die diese im Auftrag der Constantin Film Verleih GmbH erhoben hatte, abgewiesen (Az. 213 C 90/17).
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Dabei hat das Gericht entschieden, dass es für eine Verteidigung wegen der Vorwürfe genügt, wenn der Internetanschlussinhaber vorträgt, dass weitere Familienmitglieder den Internetanschluss nutzen.
Damit sei die Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers bereits erschüttert.
Insbesondere seien dem Anschlussinhaber weitere Nachforschungspflichten in familiären Konstellationen nicht zumutbar. Dies ergäbe sich aus dem grundrechtlichen Schutz des familiären Verhältnisses.
In dem Fall hatten auf den Internetanschluss zum Tatzeitpunkt der Ehegatte der Beklagten sowie deren Sohn Zugriff auf den Internetanschluss der Beklagten.
Mit der Klage hatte die Kanzlei Waldorf Frommer für ihre Mandantin, die Constantin Film GmbH, insgesamt 1.106,00 EUR an Schadensersatz und vorgerichtliche Anwaltskosten geltend gemacht.
In dem Verfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg hat die Kanzlei Waldorf Frommer behauptet, die von uns vertretene Anschlussinhaberin habe den Film „Das Haus der Krokodile“ über eine Tauschbörse in das Internet hochgeladen. Die Beklagte bestritt sodann, dass sie den Film in der Tauschbörse hochgeladen hatte.
Grundsätzlich besteht die Vermutung, dass der Internetanschlussinhaber auch verantwortlich ist für die Urheberrechtsverletzung.
Dieser hat jedoch die Möglichkeit, im Rahmen der sogenannten sekundären Darlegungslast Umstände vorzutragen, die diese Vermutung erschüttern.
Was muss der Anschlussinhaber zur Verteidigung vorbringen?
Die bisher nicht abschließend geklärte Frage ist allerdings, wie weit diese Darlegungslast reicht, was also der Beklagte alles vorgetragen muss, um die Vermutung zu erschüttern.
Das Amtsgericht Charlottenburg führt in seiner Urteilsbegründung hierzu folgendes aus:
„Jedoch trifft in diesen Fällen den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast, der er nur genügt, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist die beklagte Partei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse sie dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird allerdings – zumindest grundsätzlich – die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf den Internetanschluss nicht gerecht (BGH, Urt. v. 06.10.2016 – I ZR 154/15; BGH, Urt. v. 12.05.2016 – I ZR 48/15; BGH, Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 75/14 – OLG München, Urt. v. 14.01.2016 – Az. 29 U 2593/15). Umgekehrt gilt, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt, da keine generelle Vermutung im Sinne eines Anscheinsbeweises eingreift, dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er der Inhaber des Anschlusses ist (BGH Urt. v. 06.10.2016 – I ZR 154/15).“
Die Beklagte ist in dem Verfahren nach Ansicht des Amtsgericht Charlottenburg ihrer sekundären Darlegungslast in vollem Umfang nachgekommen. Sie hat dargelegt, dass sowohl ihr Ehemann als auch der Sohn zu diesem Zeitpunkt Zugang zum Internetanschluss hatten und diesen selbstständig genutzt haben. Dass die Beklagte diese befragt hat und daraufhin diese Personen angaben, mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt nichts anfangen zu können, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn trotz dieser Angabe bleiben diese Personen mögliche Täter der Urheberrechtsverletzung und ist die Vermutungswirkung mit diesem Vortrag entkräftet.
Weiterer Vortrag ist der Beklagten nicht zuzumuten. Denn aufgrund der familiären Stellung der weiteren Internetnutzer zu der Beklagten wirkt zu ihren Gunsten der grundrechtliche Schutz der Familie (Art. 7 EU Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG). Dieser verbietet aber die Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten. Insbesondere ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seiner Familienmitglieder zu dokumentieren.
Zudem ist es dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten, die Untersuchung des Computers des Familienmitgliedes im Hinblick auf die Existenz von Filesharing-Software abzuverlangen.
Denn die sekundäre Darlegungslast der beklagten Partei führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, den Anspruchsteller für alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH, Urt. v. 06.10.2016 – I ZR 154/15).
Führt die Vernehmung der Familienmitglieder zur Verurteilung des Anschlussinhabers, wenn diese ebenfalls abstreiten?
Das Amtsgericht Charlottenburg führt hierzu aus, dass eine auf die Behauptung der Klägerin, die Familienmitglieder hätten die Rechtsverletzung nicht begangen, gerichtete Beweisaufnahme nichts daran ändert, dass dann noch immer nicht der Beweis der Täterschaft gerade der Beklagten erbracht wäre. Das Gericht hat die Beklagte als Partei angehört, die glaubhaft dargelegt hat, dass sie als Täterin ausscheidet. Selbst wenn die benannten Zeugen vernommen werden und angeben würden, selbst nicht Täter zu sein, wäre dann noch nicht der Beweis der Täterschaft der Beklagten geführt.
Wie sollte ich bei Erhalt einer Abmahnung von Waldorf Frommer reagieren?
Grundsätzlich gilt, dass Sie zunächst Ruhe bewahren und nichts bezahlen und auch nichts unterschreiben sollten. Weiterhin sollten Sie selber keinen Kontakt zu Waldorf Frommer aufnehmen. Eine einmal unbedarfte getätigte Äußerung wird unter Umständen vermerkt und kann später nur schwer korrigiert werden. Beauftragen Sie uns daher mit Ihrer Verteidigung. Rufen Sie uns hierzu an. Wir geben Ihnen eine kostenlose Ersteinschätzung zu Ihrem Fall und klären Sie über die Kosten unserer Beauftragung auf.
Die Kanzlei Hämmerling von Leitner-Scharfenberg steht Ihnen dazu bundesweit zur Verfügung und ist Ihr zuverlässiger und kompetenter Partner bei allen Fragen zum Urheberrecht und insbesondere im Bereich des Filesharings. Rufen Sie uns ganz einfach an oder senden Sie uns eine Nachricht per E-Mail an
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AG Charlottenburg, Urteil vom 25.09.2017, Az. 213 C 90/17
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