Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Charlottenburg verurteilt Inhaber eines WG-Internetanschlusses – Sekundäre Darlegungslast kann in Filesharing Verfahren nicht durch widersprüchlichen Vortrag erfüllt werden (Wohngemeinschaft)

16:56 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte sich in dem Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Charlottenburg damit verteidigt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Internetanschluss um einen klassischen WG-Anschluss handeln würde. Der Beklagte selbst habe das streitgegenständliche Filmwerk nicht mittels einer Filesharing-Software öffentlich zugänglich gemacht. Weder kenne er das Werk, noch habe er zu den maßgeblichen Zeiten über Filesharing-Software auf seinen Endgeräten verfügt. In der Wohngemeinschaft (WG) habe es insgesamt neun Bewohner gegeben, die zu den maßgeblichen Zeiten der Rechtsverletzung selbstständig und eigenverantwortlich Zugriff zum Internetanschluss gehabt hätten. Lediglich eine Mitbewohnerin sei zur Tatzeit im Ausland gewesen.

 

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Autor
Rechtsanwalt David Appel

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Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks.

In Bezug auf die Mitbewohner wurde zunächst vorgetragen, dass gegenüber dem Beklagten auf Befragung niemand die Begehung der Rechtsverletzung eingeräumt habe, zum Teil hätten die Mitbewohner sogar keine Antworten gegeben. Zum Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner könne der Beklagte keine Angaben machen.

Erst nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis modifizierte der Beklagte seinen Vortrag dahingehend, dass nunmehr sämtliche Mitbewohner angegeben hätten „das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing-Software zu nutzen“. Zudem wurde beklagtenseitig nunmehr zum Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner vorgetragen.

Auf den klägerseits erhobenen Einwand der Widersprüchlichkeit dieser Angaben erfolgte seitens des Beklagten keine weitere Reaktion.

Das Amtsgericht erachtete den Vortrag des Beklagten als unzureichend, da er aufgrund fehlender Plausibilität nicht den vom Bundesgerichtshof postulierten Anforderungen an die dem Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast genüge:

„Der Vortrag des Anschlussinhabers ist dabei einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 -), insbesondere können Modifizierungen des Vortrags im Laufe des Prozesses berücksichtigt werden (BGH, Urteil v. 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 31, juris).

Ausgehend hiervon ist der Vortrag des Beklagten unzureichend. Die Klägerin hat zu Recht (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146 ff.) darauf hingewiesen, dass der in Reaktion auf den Hinweis vom 23.11.2017 erfolgte Vortrag des Beklagten, sämtliche Mitbewohner hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing Software zu besitzen, dem Vortrag in der schriftlichen Klageerwiderung widerspricht, wo er diesbezüglich vorgetragen hat: ‚Zum Teil erfolgte keine Antwort‘. Ebenso zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zunächst vorgetragen hat ‚keine Angaben‘ zu dem Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner machen zu können, nunmehr jedoch diesbezüglich in Reaktion auf den Hinweis weiter vorgetragen hat ohne diese Modifizierungen des Parteivortrags zu erläutern. Zur Klarstellung: Es gereicht dem Beklagten an sich nicht zum Nachteil, dass er seinen Parteivortrag modifiziert hat. Ausschlaggebend ist allerdings, dass er dies auch auf die Rüge im genannten Schriftsatz der Klägerin nicht, auch nicht im nachgelassenen Schriftsatz, erläutert hat.“

Hinsichtlich des geltend gemachten Lizenzschadens für das Öffentliche Zugänglichmachen des streitgegenständlichen Filmwerkes befand das Gericht den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR in jedem Falle für angemessen.

„Den Schadensersatz bestimmt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR. Ausgehend von der von der Klägerin gewählten Schadensberechnung gem. § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 -) wonach an die vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, trägt der klägerische Sachvortrag eine Schätzung in dieser Höhe.

Nachvollziehbar sowie in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sie unter Heranziehung von Lizenzentgelten für den Download unter besonderer Würdigung des Besonderheiten des sog. Filesharings (Zurverfügungstellung der Datei bzw. des Dateifragments an einen unbegrenzten Kreis von Nutzern) einen Mindestschaden von 1.000,00 EUR errechnet.

Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks. Dementsprechend orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin auch nur an einer – nicht mehreren – Angebotslizenzen. Für die Bestimmung der diesbezüglichen fiktiven Vergütungshöhe ist die Zahl der konkreten Abrufe, spricht der tatsächlichen (unerlaubten) Rechtsauswertung, jedoch gerade nicht von Bedeutung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. März 1990 – I ZR 59/88 -). Allein mittelbar von Interesse ist die Frage der potentiellen – im Zeitpunkt der fiktiven Lizenzerteilung – zu erwartenden Abrufe. Hierzu, wie auch zur Berechnung insgesamt, hat der Beklagte indes – anders als die Klägerin – nichts vorgetragen.“

Der Beklagte wurde daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten verurteilt.

 

 

AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

 

Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil

 

Geschäftsnummer: 216 C 330/17

verkündet am: 31.01.2018

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, –

gegen

den Herrn [Name], 12249 Berlin,
Beklagten,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 10178 Berlin, –

 

hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 216, auf die mündliche Verhandlung vom 20.12.2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.215,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.11.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die. Kosten des Rechtsstreifs zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film [Name] zu sein. Dieser Filme bzw. Teile hiervon wurde über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss am [Datum] zum Herunterladen angeboten. Auf die Abmahnung vom [Datum] (Bl. 41 – 54 GA) leistete der Beklagte keine Zahlungen. Vorgerichtliche Korrespondenz blieb – ebenso wie eine zum [Datum] fristgebundene Anmahnung der nunmehr auch im Prozess geltend gemachten Zahlungen (Schreiben vom 03.11.2016, Bl. 87 ff. GA) – erfolglos.

Die Klägerin macht nunmehr im Wege der Lizenzanalogie berechneten Schadensersatz in Höhe von zumindest 1.000,00 EUR sowie nach einem Gegenstandswert von 1.600,00 EUR berechnete vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten – ausgehend von einer 1,3 Gebühr – in Höhe von insgesamt weiteren 215,00 EUR geltend.

Die Klägerin trägt – im Wesentlichen – wie folgt vor: Sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem gegenständlichen Werk. Der Vortrag zur Schadenshöhe bilde – entgegen der Auffassung der Beklagten – eine hinreichende Schätzgrundlage, die Schadenshöhe sei zudem auch angemessen. Die gegen sie sprechende Täterschaftsvermutung habe die Beklagte nicht ausgeräumt, ihr Vortrag sei insbesondere widersprüchlich und angepasst auf den gerichtlichen Hinweis vom 23.11.2017. Die vorhandene Widersprüche habe die Beklagte auch nicht aufgeklärt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016,

107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016 sowie

107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2016 zu zahlen.

 

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hat – im Wesentlichen – zunächst wie folgt vorgetragen: Er habe das gegenständliche Werk nicht öffentlich zugänglich gemacht und sei weder als Täter noch als Störer haftbar. Seine Mitbewohner kämen, bis auf eine Mitbewohnerin die sich unstreitig im Ausland befand, als Täter in Betracht. Auf Befragen habe keiner der Mitbewohner den Tatvorwurf eingeräumt, zum Teil sei keine Antwort erfolgt. Zum Nutzungsverhalten der Mitbewohner könne er keine Angaben machen, hierzu sei er auch nicht verpflichtet. Eine Kontrolle der Endgeräte der Mitbewohner sei ihm weder möglich noch zumutbaren und zudem nach über drei Jahren auch nicht geeignet, eine potentielle Täterschaft zu belegen. Zudem sei der klägerische Sachvortrag zur Schadensberechnung bzw. Schadenschätzung unzureichend.

Auf den Hinweis vom 23.11.2017 (Bl. 135 GA) hat der Beklagte im Wesentlichen wie folgt weiter vorgetragen: Er habe nach Erhalt der Abmahnung sämtliche für ihn zugänglichen Endgeräte ohne Erfolg darauf untersucht, ob sich dort Spuren von Filesharing Software oder des gegenständlichen Werks befunden hätten. Er habe am Tag nach Erhalt der Abmahnung alle Mitbewohner befragt, diese hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt oder Filesharing Software genutzt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien sowie das. Protokoll Bezug genommen. Die Parteien haben im Termin in tatsächlicher Hinsicht unter ausschließlicher Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze verhandelt.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

1.

Die Klägerin hat einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aus § 97 Abs. 2 UrhG in Höhe von 1.000,00 EUR.

a.

Die Klägerin ist zunächst als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte (§ 31 UrhG) aktivlegitimiert. Der diesbezüglichen Behauptung der Klägerin ist der Beklagte zwar unter Verweis auf Filmdatenbanken, entgegen getreten, gleichwohl unterstellt das Gericht diese Behauptung der Klägerin ohne Beweisaufnahme als zutreffend. Denn der Beklagte ist dem in der Folge substanziierten Vortrag der ‚Klägerin, sie habe (nur) die Rechte für die DVD- sowie Kinoauswertung an die dort ersichtlichen Körperschaften, bei verbleibender Inhaberschaft der exklusiven Rechte gemäß § 19a UrhG, vergeben (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146, 150 GA) nicht weiter entgegen getreten. Für diesen Vortrag der Klägerin streitet zudem der mit der Anl. K1 (Bl. 35 GA) vorgelegte Bildschirmausdruck, der die Klägerin als „Studio“ benennt. Dass das Kürzel [Name]dabei für die Klägerin steht, hat der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede gestellt.

b.

Der insoweit unstreitige Vortrag der Klägerin rechtfertigt auch die Annahme, dass der gegenständliche Film nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG geschützt ist.

c.

Dieser Film oder Teile hiervon wurden über einen dem Beklagten zuzuordnenden Internetanschluss im Wege des sog. Filesharings zum Herunterladen angeboten, was das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) verletzt.

d.

Der Beklagte ist auch passivlegitimiert. Als Inhaber des Internetanschlusses spricht gegen ihn zunächst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine sog. tatsächliche Vermutung. Allein die Tatsache, dass er diesen Internetanschluss (wechselnden) Mitbewohnern euch im hier fraglichen Zeitraum zur Nutzung überlassen hat, ändert daran zunächst nichts. Denn ihn trifft dann eine sog sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt er dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und alt Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines Internetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – I ZR 68/16 -, Rn. 13, m.w.N.). Zudem ist der Anschlussinhaber auch zu der Angabe verpflichtet, ob auf dem von ihm genutzten Computern Filesharing Software (BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 -I ZR 154/15 -, Rn. 27, juris, m.w.N.) oder Spuren des gegenständlichen Werks (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. September 2016 – 2 BvR 1797/15 -, Rn. 18, juris, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 15, juris). Der Vortrag des Anschlussinhabers ist dabei einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (BGH, Urt. v. 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 -), insbesondere können Modifizierungen des Vortrags im Laufe des Prozesses berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 -, Rn. 31, juris).

Ausgehend hiervon ist der Vortrag des Beklagten unzureichend. Die Klägerin hat zu Recht (Schriftsatz vom 18.12.2017, Bl. 146 ff.) darauf hingewiesen, dass der in Reaktion auf den Hinweis vom 23.11.2017 erfolgte Vortrag des Beklagten, sämtliche Mitbewohner hätten angegeben, das Werk weder zu kennen, noch es heruntergeladen oder aus dem Internet gestreamt zu haben und keine Filesharing-Software zu besitzen, dem Vortrag in der schriftlichen Klageerwiderung widerspricht, wo er diesbezüglich vorgetragen hat: „Zum Teil erfolgte keine Antwort“. Ebenso zutreffend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Beklagte zunächst vorgetragen hat „keine Angaben“ zu dem Internetnutzungsverhalten der Mitbewohner machen zu können, nunmehr jedoch diesbezüglich in Reaktion auf den Hinweis weiter vorgetragen hat ohne diese Modifizierungen des Parteivortrags zu erläutern. Zur Klarstellung: Es ist gereicht dem Beklagten an sich ’nicht zum Nachteil, dass er seinen Parteivortrag modifiziert hat. Ausschlaggebend ist allerdings, dass er dies auch auf die Rüge im genannten Schriftsatz der Klägerin nicht, auch nicht im nachgelassenen Schriftsatz, erläutert hat.

e.

Ausgehend von dem oben festgestellten Sachverhalt liegt auch zumindest fahrlässiges Handeln im Sinne des § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG vor.

f.

Den Schadensersatz bestimmt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 1.000,00 EUR. Ausgehend von der von der Klägerin gewählten Schadensberechnung gemäß § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 -), wonach an die vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, trägt der klägerische Sachvortrag eine Schätzung in dieser Höhe.

Nachvollziehbar sowie in Übereinstimmung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung hat sie unter Heranziehung von Lizenz gelten für den Download unter besonderer Würdigung des Besonderheiten des sog. Filesharings (Zurverfügungstellung der Datei bzw. des Dateifragments an einen unbegrenzten Kreis von Nutzern) einen Mindestschaden von 1.000,00 EUR errechnet. Der Einwand des Beklagten, es fehle die Angabe der Anzahl der Verletzungshandlungen im fraglichen Zeitraum, ist im Rechtssinne unerheblich. Denn die hier interessierende Verletzungshandlung ist die öffentliche Zugänglichmachung, nicht der Abruf des Werks. Dementsprechend orientiert sich die Schadensberechnung der Klägerin auch nur an einer – nicht mehreren – Angebotslizenzen. Für die Bestimmung der diesbezüglichen fiktiven Vergütungshöhe ist die Zahl der konkreten Abrufe, spricht der tatsächlichen (unerlaubten) Rechtsauswertung, jedoch gerade nicht von Bedeutung (vgl. hierzu: BGH, Urteil vom 22. März 1990 – I ZR 59/88 -). Allein mittelbar von Interesse ist die Frage der potentiellen – im Zeitpunkt der fiktiven Lizenzerteilung – zu erwartenden Abrufe. Hierzu, wie auch zur Berechnung insgesamt, hat der Beklagte indes – anders als die Klägerin – nichts vorgetragen.

2.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von insgesamt 215,00 EUR aus § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG. Die Voraussetzungen der Norm liegen vor, insbesondere bestand ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Auf die obigen Ausführungen wird entsprechend Bezug genommen. Die Bestimmung des Gegenstandswerts ist, ebenso wie die Berechnung des Anspruchs im Übrigen, nicht zu beanstanden.

3.

Der nachgelassene Schriftsatz des Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Soweit dieser Schriftsatz – weit überwiegend – neuen Tatsachenvortrag enthält, ist er ohnehin nicht berücksichtigungsfähig (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 283 ZPO, Rn. 5, m.w.N.). Der Beklagte muss diesbezüglich auf die hinreichend lang bemessen Äußerungsfristen im Vorfeld der mündlichen Verhandlung verwiesen werden. Im Übrigen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1 S. 1, § 708 Nr. 11, §§ 711, 709 S. 2 ZPO.

 

Streitwertbeschluss

Der Streitwert wird endgültig auf 1.107,50 EUR festgesetzt (§ 48 GKG, § 3 ZPO).

 

Rechtsbehelfsbelehrung

I.

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit’Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 Euro übersteigen oder
Die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.

2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin

eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.

4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beschwerde einlegen.

II.

1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Beschwerde einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 200,00 EUR übersteigen oder
Die Beschwerde muss vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden sein.

2. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Beschwerde einlegen?

Die Beschwerde ist beim

Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin

einzulegen, entweder

a) mündlich, durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem oben genannten Gericht oder bei jedem anderen Amtsgericht oder
b) schriftlich, durch Übersendung eines Schriftsatzes. Ihren Schriftsatz müssen Sie in deutscher Sprache verfassen.

3. Welche Fristen müssen Sie einhalten?

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten einzulegen.

Die Frist beginnt mit dem Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Bitte beachten Sie bei mündlicher Einlegung der Beschwerde bei einem anderen Amtsgericht als dem oben genannten, dass die Frist nur gewahrt ist, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht.

4. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Sie müssen sich nicht anwaltlich vertreten lassen.

gez. [Name]
Richter

Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 31.01.2018
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt – ohne Unterschrift gültig.

Hinweis zur Sicherheitsleistung

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts – in Berlin nur bei dem

Amtsgericht Tiergarten,
Turmstraße 91,
10559 Berlin –

auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann. (…)

 

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AG Charlottenburg, Urteil vom 31.01.2018, Az. 216 C 330/17

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