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Waldorf Frommer Tele München: Klageabweisung vor dem Amtsgericht Frankfurt
Vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main hat ein längerer Filesharing-Prozess zunächst sein Ende gefunden: Die Kanzlei Waldorf Frommer hatte für die Firma „Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft“ Abmahnkosten und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 1.106,00 EUR eingeklagt, nachdem wir für den Mandanten auf eine Abmahnung hin vorsorglich eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und die Zahlungsansprüche zurückgewiesen hatten.
Neben dem Mandanten hatte auch sein Sohn Zugang zum Internetanschluss. Bei der Anhörung des Mandanten vor dem Amtsgericht Frankfurt hatte dieser bestritten, etwas mit Filesharing zu tun zu haben. Zu dem angeblichen Verstoßzeitpunkt – Sonntag Nachmittag / Abend – angesprochen hatte der Mandant angegeben, dass sein Sohn zu der Zeit überhaupt nicht mehr bei ihm war, da dieser wie jedes Wochenende damals bereits am Sonntag Vormittag seine Wohnung verließ und wieder zurück in die Bundeswehrkaserne gefahren sei.
Der Mandant hatte dabei jedoch vergessen, dass sein Sohn an diesem Wochenende aus privaten Gründen länger geblieben war. Waldorf Frommer wähnte sich nach dieser Aussage schon wie der sichere Sieger des Verfahrens, da ja nach diesen Angaben des Mandanten eine Täterschaft des Sohnes ausgeschieden wäre mit der Folge, dass dann die Vermutung der Täterschaft zulasten des Anschlussinhabers wieder auflebt.
Amtsgericht Frankfurt: Das Filesharing-Urteil vom 26.02.2016
Auf unseren Antrag hat das Gericht dann den Sohn als Zeugen vernommen. Dieser hat bestätigt, zu dem angeblichen Verstoßzeitpunkt in der Wohnung gewesen zu sein und Zugriff auf den Internetanschluss gehabt zu haben. Auf die Frage des Klägeranwalts, ob er den Verstoß begangen habe, verweigerte er die Aussage.
Das Amtsgericht Frankfurt wies darauf die Filesharing-Klage von Waldorf Frommer im Auftrag der Firma „Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft“ ab und legte der Firma „Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft“ die Kosten des Rechtsstreits auf. Das Urteil wendet konsequent die aktuelle Rechtsprechung des BGH sowie des Landgerichts Frankfurt zum Filesharing an und weist überzeugend darauf hin, dass der in Anspruch genommene Anschlussinhaber den Täter nicht auf dem Silbertablett servieren muss, sondern nur eine alternative Zugriffsmöglichkeit eines Dritten darlegen und gegebenenfalls auch beweisen muss.
Das Filesharing-Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.02.2016 (Aktenzeichen: 29 C 1395/15 (85), gegen welches Waldorf Frommer bzw. „Tele München Fernseh GmbH + Co. Produktionsgesellschaft“ noch Berufung beim Landgericht Frankfurt einlegen kann, finden Sie hier.
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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.02.2016, Az: 29 C 1395/15 (85)
(…) hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch den Richter am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom.26.02.2016- für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche anlässlich der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Inhalte in einer Internettauschbörse.
Über den Internetanschluss des Beklagten wurde am 05.06.2011 in der Zeit von 14:34 bis 19:20 Uhr eine Datei, deren Inhalt der Film [Name] war, in einer Tauschbörse im Internet zum Herunterladen angeboten. Die Klägerin ließ den Beklagten deshalb mit anwaltlichem Schreiben vom 06.07.2011 abmahnen und forderte ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz auf.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe am 05.06.2011 das streitgegenständliche Filmwerk ohne Erlaubnis der Klägerin zum Herunterladen angeboten.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 10.05.2014 sowie
2. 406,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 10.05.2014 zu zahlen.Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, am 05.06.2011 sei sein Sohn, der Zeuge [Name] bis abends in seiner Wohnung geblieben und habe dabei Zugriff auf den streitgegenständlichen Internetanschluss gehabt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2016 Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten nach § 97 Abs. 2, 97a UrhG keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Abmahnkosten. Denn sie hat seine Täterschaft bzw. Teilnahme an der von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzung nicht bewiesen.
Zwar spricht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für die Verantwortlichkeit des Inhabers eines Internetanschlusses für hierüber begangene Urheberrechtsverletzungen. Diese Vermutung hat der Beklagte jedoch vorliegend hinreichend entkräftet. Denn er hat Umstände dargelegt und bewiesen, aus welchen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs – nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses ergibt. Er hat nämlich den Beweis für seine Behauptung, dass sein volljähriger Sohn, der Zeuge [Name] zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt Zugriff auf den Internetanschluss hatte, erbracht. Es ist daher ernsthaft möglich, dass die behauptete Rechtsverletzung von diesem begangen wurde.
Das Vorbringen des Beklagten, welches er auch unter Beweis stellte, erfüllt die Anforderungen an seine sekundäre Darlegungslast. Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine tatsächliche Vermutung zu Lasten des Anschlussinhabers bestehen, wenn über seinen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen wurde und nicht die ernsthafte Möglichkeit bestand, dass Dritte den Internetanschluss genutzt haben (BGH GRUR 2014, 657 = K&R 2014, 513 – BearShare; LG Frankfurt, Urt. v. 8.7.2015 – 2-06 S 8/15; kritisch zur Vermutung Zimmermann, MMR 2014, 368, 369 f.). Dem Anspruchsgegner obliegt daher eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt aber weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (LG Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss v. 02.11.2015, Az. 2-03 S 50/15).
Vorliegend hat der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast in vollem Umfang entsprochen. Denn er hat vorgetragen, dass sein volljähriger Sohn am 05.06.2015 Zugang zum Anschluss hatte, so dass die ernst-hafte Möglichkeit bestand, dass nicht der Beklagte, sondern sein Sohn die streitgegenständliche Rechtsverletzung begangen hat. Diese Behauptung hat der Beklagte auch bewiesen. So ist das Gericht aufgrund der am 26.02.2016 durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge [Name] 05.06.2011 tatsächlich selbstständigen Zugang zum Internetanschluss des Beklagten hatte. Die Angaben des Zeugen waren in sich stimmig und nachvollziehbar, weshalb das Gericht diese, trotz des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses zu dem Beklagten und dem daraus folgenden möglichen Eigeninteresse an dem Ausgang des Rechtsstreits, als glaubhaft erachtet. Insbesondere konnte der Zeuge [Name] erklären, aus welchem Grund er nach so langer Zeit an dieses konkrete Wochenende bezüglich der Dauer des Aufenthaltes bei seinem Vater noch eine so präzise Erinnerung hatte. Es erscheint lebensnah und nachvollziehbar, dass dies auf dem geschilderten Umstand beruhte, dass seine wenige Tage darauf verstorbene Großmutter zu diesem Zeitpunkt bereits in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung war und dieses Thema Gegenstand der Gespräche mit seinem Vater war. Ferner bekundete der Zeuge [Name] glaubhaft, dass er mit seinem eigenen PC (Netbook) Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten über WLAN nehmen konnte.
Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, der Beklagte habe weitergehende Nachforschungen anstellen müssen, teilt das Gericht diese Auffassung nicht.
Der BGH hat im „BearShare“-Urteil dargestellt, welche Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast zu stellen sind: Der Anspruchsgegner muss lediglich die Möglichkeit darlegen, dass ein Dritter die Rechtsverletzung begangen hat und „in diesem Umfang“ Nachforschungen anstellen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 08. Januar 2014 -1 ZR 169/12 -, BGHZ 200, 76-86, Rn. 18). Die sekundäre Darlegungslast geht aber in der Regel nicht so weit, dass der Anschlussinhaber durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der Rechtsverletzung ist (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40; OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2011, Az. 1-22 W 82/11, 22 W 82/11). Diesen Beweis hat die Klägerin nicht geführt. Denn es bestand die Möglichkeit, dass der Sohn des Beklagten die Rechtsverletzung begangen hat. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Vernehmung des Zeugen, soweit sich die Beklagte zum (Gegen-)Beweis auf den Zeugen [Name] die Behauptung, dieser habe am 05.06.2011 keinen Zugriff auf den Internetanschluss es Beklagten gehabt und dieser habe die Rechtsgutverletzung nicht begangen, berufen hat. Denn dieser hat glaubhaft bekundet, Zugriff auf den Internetanschluss gehabt zu haben. Bezüglich der Frage, ob er die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen habe oder nicht, hat der Zeuge seine Auskunft zulässigerweise gemäß § 55 StPO analog i.V.m. § 384 Nr. 2 ZPO verweigert, ohne dass hieraus für den Beklagten nachteilige Schlüsse gezogen werden dürfen (Münchener Kommentar / Damrau, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 384 Rn. 4).
Auch eine Haftung des Beklagten nach den Grundsätzen der Störerhaftung ist nicht gegeben. Denn dem Beklagten ist ein Verstoß gegen ihm obliegende Prüfungs- und Überwachungspflichten nicht zur Last zu legen, da solche Belehrungspflichten im vorliegenden Fall nicht bestanden. Es war bereits vor dem Urteil „BearShare“ des BGH anerkannt, dass volljährige Familienmitglieder ohne konkrete Hinweise auf Rechtsverletzungen nicht vorab belehrt werden müssen (OLG Frankfurt, Urt. v. 22.3.2013 –
11 W 8/13, GRUR-RR 2013, 246; OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.3.2013 -1-20 U 63/12, ZUM 2014, 406; OLG Köln, Urt. v. 16.5.2012 – 6 U 239/11, K&R 2012, 526; s. auch schon OLG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2007 -11 W 58/07, K&R 2008, 113).Der BGH hat nun diesbezüglich ausgeführt (BGH GRUR 2014, 657 = K&R 2014, 513 Rn. 24 BearShare):
„Entgegen der Ansicht des BerGer. war es dem Bekl. nicht zuzumuten, seinen volljährigen Stiefsohn ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Inhaber eines Internetanschlusses ist grundsätzlich nicht ver-pflichtet, volljährige Familienangehörige über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen oder von sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu belehren und ihnen die Nutzung des Internetanschlusses zur rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen oder zu sonstigen Rechtsverletzungen im Internet zu verbieten, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine solche Nutzung bestehen. Da der Bekl. nach den vom BerGer. getroffenen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass sein volljähriger Stiefsohn den Internetanschluss zur rechtswidrigen Teilnahme an Tauschbörsen missbraucht, haftet er auch dann nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen seines Stiefsohnes auf Unterlassung, wenn er ihn nicht oder nicht hinreichend belehrt haben sollte.„
Dem schließt das erkennende Gericht an. Dem Beklagten oblag daher schon keine Belehrungspflicht, so dass ihm damit eine Verletzung von Prüfungs- und Überwachungspflichten im Rahmen der Störerhaftung nicht vorzuwerfen ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden. (…)