Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Bremen weist eine negative Feststellungsklage eines Anschlussinhabers als unschlüssig und zudem auch als unbegründet ab!

16:31 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: negative Feststellungsklage gegen Abmahnung wegen illegalem Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Das Amtsgericht Bremen hat in diesem Verfahren eine negative Feststellungsklage eines Anschlussinhabers abgewiesen, der sich gegen eine Abmahnung der verletzen Rechteinhaber wegen des illegalen Angebots urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen gewehrt hatte.

 

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Bericht

Link:
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Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2017/11/AG_Bremen_19_C_67_17.pdf

Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge

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Die Rechteinhaberin hatte zunächst ein illegales Tauschbörsenangebot zu ihren Lasten über den Internetanschluss des Klägers ermittelt und ihn deswegen außergerichtlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, der Erstattung des Lizenzschadens sowie der entstandenen Rechtsanwaltskosten aufgefordert. Der Anschlussinhaber erhob hierauf Klage beim Amtsgericht Bremen auf Feststellung, dass diese Ansprüche der Beklagten nicht bestehen würden.

Das Amtsgericht hat die Klage jedoch als unschlüssig und zudem auch als unbegründet abgewiesen. Denn dem Kläger sei es – trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts – nicht einmal gelungen, substantiiert darzustellen, um welche Ansprüche es sich überhaupt handelte. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen würde, dass er sich die entsprechenden Ausführungen der beklagten Rechteinhaberin zu Eigen gemacht hätte, habe er zudem die tatsächliche Vermutung der persönlichen Täterschaft nicht entkräftet.

Daher sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Kläger selbst für das illegale Tauschbörsenangebot verantwortlich gewesen sei. Folgerichtig hat das Amtsgericht die durch den Anschlussinhaber begehrte Feststellung abgewiesen und ihm die vollen Kosten des Verfahrens auferlegt.

 

 

 

AG Bremen, Urteil vom 01.11.2017, Az. 19 C 67/17

 

 

(…) Ausfertigung

Amtsgericht Bremen

19 C 67/17

Verkündet am 01.11.2017
[Name], Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

[Name], 28327 Bremen,
Kläger,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 2815 Bremen,

gegen

[Name],
Beklagte,

Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße. 12, 80336 München,

 

hat das Amtsgericht Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 04:10.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf bis zu 1.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger macht eine negative Feststellungsklage geltend. Er bezieht sich hinsichtlich Schuldgrund und Schuldgegenstand auf ein Schreiben der Beklagten vom 06.02.2017, welches er als Anlage (Bl. 27 d.A.) beifügte.

Der Kläger behauptet,
dass keine Ansprüche, die die Beklagte ihm gegenüber geltend mache, existieren. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe behauptet, der Kläger habe ein illegales Tauschbörsenangebot gemacht und verlange dafür 780,00 EUR. Ein Download eines Films und ein Angebot im Rahmen einer Tauschbörse sei durch den Kläger in den genannten Zeiträumen mit der technischen Ausstattung seines Computers nicht möglich. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die im Urteil des Landgerichts München I genannte Aufstellung in der beiliegenden „Anlage Antragsteller 1a“ Daten enthalte, die den Kläger betreffen.

Der Kläger wurde durch das Gericht am 21.02.2017 aufgefordert, zu etwaigen Forderungen der Beklagten näher vorzutragen. Die Beklagte rügte umfassend die Zulässigkeit der Klage unter Bezugnahme auf § 253 ZPO.

Der Kläger beantragt nach gerichtlichem Hinweis,
festzustellen, dass die in dem Schreiben vom 30.12.2016 geforderten Beträge von 700,00 EUR Schadensersatz und 215,00 EUR Aufwendungsersatz zu Unrecht geltend gemacht worden sind.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet hilfsweise,
der Kläger sei für die illegale Vervielfältigung sowie das illegale Angebot zum Herunterladen betreffend des Films [Name] urheberrechtlich geschützter Bild- und Tonaufnahmen in der Tauschbörse BitTorrent verantwortlich. Die Beklagte sei für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt, bei Rechtsverletzungen im Internet Ansprüche für [Name] geltend zu machen. Durch die Rechtsverletzung sei ein Schaden von mindestens 4.700,00 EUR angefallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat jedenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung seinen Klageantrag entsprechend § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Zwar waren weiterhin Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs nicht nachvollziehbar und der Kläger beruft sich innerhalb des Antrags auf eine (weitere) Anlage der Beklagten. Der Kläger hat jedoch im Sinne von § 253 den Klagegegenstand und Grund angegeben, indem er behauptete, die Beklagte behauptet einen Anspruch gegen den Kläger zu haben. Dass dies weiterhin nicht nachvollziehbar begründet worden ist, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Klage. Auch das erforderliche Feststellungsinteresse lag jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nach korrigierter Antragstellung vor.

Die Klage ist hingegen bereits unschlüssig. Im Rahmen des Zivilprozesses gilt der Beibringungsgrundsatz. Danach hat zunächst der Kläger einen Lebenssachverhalt vorzutragen, der seinen Antrag begründet und die für ihn günstigen Tatsachen enthält. Dies gilt auch im Rahmen einer negativen Feststellungsklage. Weder in der Klage noch in der Replik noch in der mündlichen Verhandlung, trägt der Kläger zu Tatsachen vor, die einen Anspruch der Beklagten beschreiben könnten. Ein Verweis auf eine Anlage ersetzt insoweit ebenfalls keinen eigenen Sachvortrag. Das Gericht ist nichtgehalten, sich aus einer Anlage, die für den Kläger günstigen Tatsachen herauszusuchen. Der Kläger selber hat keine Tatsachen vorgetragen, die seinen Antrag aus der mündlichen Verhandlung schlüssig machen. Darauf hatte das Gericht den Kläger gem. § 139 ZPO vorab hingewiesen.

Der Kläger hat sich den Sachvortrag der Beklagten im Rahmen der hilfsweise vorgetragenen Klageerwiderung auch nicht zu Eigen gemacht. Ein Zueigenmachen setzt eine ausdrückliche oder entsprechend auslegbare Erklärung voraus. Eine ausdrückliche Erklärung liegt nicht vor. Im Rahmen der Replik bestreitet der Kläger Teile der Klageerwiderung ohne dazu einen eigenen Sachvortrag zu liefern. Auch darin liegt nach Auffassung des Gerichts kein Zueigenmachen eines Sachvortrags, sondern lediglich eine Erwiderung auf eine Behauptung.

Zudem handelte es sich nur um hilfsweisen Vortrag der Beklagten, der nur für den Fall als vorgetragen gelten sollte, wenn der Kläger auf den gerichtlichen Hinweis zu etwaigen Forderungen gegen ihn näher vorträgt. Dies hat der Kläger jedoch wie ausgeführt nicht getan.

Die Klage wäre zudem auch unbegründet. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers annehmen würde, er habe sich mit seinem Schriftsatz vom 18.08.2017 den Sachvortrag der Beklagten in Teilen zu eigen gemacht, so würde sein einfaches Bestreiten, dass er einen Download verursacht und den genannten Film im Rahmen einer Tauschbörse angeboten hat, mit der Begründung der technischen Unmöglichkeit seines Computers nicht ausreichen. Zwar bleibt auch im Rahmen einer negativen Feststellungsklage die Beklagte als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für eine Urheberrechtsverletzung.

Allerdings besteht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt seinem Anschluss zugeordnet war. Diese tatsächliche Vermutung ist ausgeschlossen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (BGH v. 12.5.2016 – I ZR 48/15, MMR 2017, 715). Den Anschlussinhaber trifft eine sekundäre Darlegungslast dahingehend, dass er vorzutragen hat, ob andere Personen und ggf. welche Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Den Anschlussinhaber trifft insoweit i.R.d. Zumutbaren eine Nachforschungspflicht. Er muss Erkundigungen bei den anderen Anschlussnutzern vornehmen und ist zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Gleiches gilt für die technischen Voraussetzungen des vom Anschlussinhaber genutzten, Computers. Die pauschale Behauptung der technischen Unmöglichkeit eines Downloads ist nicht ausreichend, um die sekundäre Darlegungslast zu erfüllen. Insgesamt bedarf es i.R.d. sekundären Darlegungslast der Mitteilung derjenigen Umstände, aus denen darauf geschlossen werden kann, dass die fragliche Verletzungshandlung von einem Dritten begangen worden sein kann oder der Erläuterung, warum dies technisch nicht möglich sein soll.

Das (wenige) Bestreiten des Klägers zur behaupteten Urheberrechtsverletzung ist damit unsubstantiiert zu der (hilfweisen) substantiierten Darlegung der Anspruchsberechtigung und Urheberverletzung. Der Kläger wurde auch von der Beklagten darauf hingewiesen, dass sein Bestreiten bzw. sein Vortrag nicht ausreichend ist. Die Klage war nach alledem insgesamt abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
– wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
– wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen, eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim

Landgericht Bremen,
Domsheide 16,
28195 Bremen,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass .gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

[Name]
Richterin am Amtsgericht (…)

 

 

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AG Bremen, Urteil vom 01.11.2017, Az. 19 C 67/17

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