NIMROD Rechtsanwälte: Urteil des Amtsgericht Charlottenburg vom 24.05.2016, Az.: 214 C 108/14 („Demoversion“, BGH-Entscheid „Morpheus“)

00:21 Uhr

Das AG Charlottenburg bestätigt in einer aktuellen Entscheidung die Rechtsauffassung der NIMROD Rechtsanwälte.

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NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff & Scheffen Rechtsanwälte GbR

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Bericht

Autor:
Oliver Kadler

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In dem Fall den das Amtsgericht zu entscheiden hatte, war zunächst der Anschlussinhaber auf Freistellung und Schadensersatz in Anspruch genommen worden. Im Rahmen des Verfahrens stellte sich heraus, dass der minderjährigen Sohn der Lebensgefährtin des Beklagten einen Download vorgenommen hat, von dem behauptet wurde es handele sich um eine Demoversion. Daraufhin wurde der Sohn abgemahnt und die Klage auf diesen erweitert.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass – insbesondere durch die Mehrfacherfassungen belegt- die Ermittlung der IP-Adressen korrekt erfolgt sind und ordnungsgemäß dem Anschluss des Beklagten zu 1) zugeordnet wurden. Ferne stützt die Einlassung, eine Demoversion sei geladen worden den klägerischen Vortrag. Das Gericht folgte dem Beklagten zu 2) mit seinem Vortrag nur eine Demoversion geladen zu haben nicht. Nach den Feststellung des Gerichts, handele es sich bei der angebotenen Demoversion auf der Herstellerseite des Spiels nicht um dieselbe Datei, die von der Klägerin für den Anschluss des Beklagten zu 1) ermittelt wurde. Das Gericht stellt in seiner Entscheidung ferner klar, dass auch nur ein kurzzeitiges Zurverfügungstellen in Tauschbörsen einen Urheberrechtsverstoß darstelle. Jedem Nutzer einer Tauschbörse sei es möglich seine Datei mittels auch nur eines Chunks (Dateifragment welches in Tauschbörsen übermittelt wird) zu vervollständigen, so das Gericht.

Der Beklagte zu 1) trug vor er habe den Sohn seiner Lebensgefährtin ordnungsgemäß belehrt. Dem folgte das Gericht und stellte klar, dass der Beklagte zu 1) weder als Täter noch als Störer haftet. Das Amtsgericht kam konsequenterweise dann zu dem Schluss, dass der Sohn einsichtsfähig war und demzufolge voll deliktsfähig ist. Dies wurde zudem nicht bestritten.

Das Gericht verurteilte den minderjährigen Beklagten zu 2) zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 510,00 EUR. Weiterhin verurteilte das Gericht den Beklagten zu 2) zur Freistellung der Klägerin von Abmahnkosten in Höhe von 2.314,00 EUR. Dies beinhaltet ebenfalls die Abmahnkosten des Beklagten zu 1), da diese adäquat kausal durch die unerlaubte Handlung des Beklagten zu 2) entstanden sind.

Eine Deckelung der Abmahnkosten lehnt das AG Charlottenburg mit der Begründung ab, dass im Rahmen von Filesharing schon kein einfach gelagerter Fall vorliegen kann. Der Gegenstandswert einer Abmahnung wird mit 30.000,00 EUR als angemessen beurteilt.

 

AG Charlottenburg, Urt. v. 24.05.2016, Az. 214 C 108/14

 

(…)

– Beglaubigte Abschrift –

 

Amtsgericht Charlottenburg

 

Im Namen des Volkes

 

Urteil

 

Geschäftsnummer: 214 C 108/14
verkündet am : 24.05.2016
[Name] Justizbeschäftigte

 

In dem Rechtsstreit

 

1. [Name],
2. [Name],
– Kläger -,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwaltskanzlei NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff Scheffen GbR, Emser Straße 9, 10719 Berlin,-

gegen

1. [Name],
2. das minderjährige Kind [Name],
vertreten durch die Eltern
[Name] und [Name],
– Beklagte -,

– Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name] -,

hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 214 auf die mündliche Verhandlung vom 03.05.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:

1. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, 510,00 EUR Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. September 2014 an die Klägerin zu 1) zu zahlen sowie die Klägerin zu 1) von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.314,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. September 2014 freizustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldner 15 %, die Klägerin zu 1) weitere 14 % und der Beklagte zu 2) 71 %. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) trägt diese zu 29 % und der Beklagte zu 2) zu 71 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen die Kläger 52 % als Gesamtschuldner, die Klägerin zu 1) die restlichen 48 %. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) hat dieser selbst zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) hat diese selbst zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin zu 1) gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Der übrigen Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn die Gegenseite nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

 

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche sowie diesbezügliche außergerichtliche Rechtsanwaltskosten wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung durch Ermöglichung des Downloads des Spieles [Name] geltend.

Das betreffende Cover PC CD-ROM trägt die Aufschrift „Copyright [Name]“ (vgl. Bl. 18 – 20 d.A). Das war die Firma der inzwischen umfirmierten Klägerin zu 1) noch bei hiesiger Klageerhebung.

Das Spiel wurde von dem tschechischen Unternehmen [Name] entwickelt und die Klägerin zu 1) stützt sich auf dessen Lizenzierung.

Der Beklagte zu 2) ist im Februar 1998 geboren und lebte und lebt im Haushalt des Beklagten zu 1).

Die Klägerin beauftragte die [Name] mit der Überwachung von Filesharing-Netzwerken (P2P). Diese stellte am 29.07.12 (IP-Adresse: [IP-Adresse]) und am 31.07.2012 (IP-Adresse: [IP-Adresse]) Urheberrechtsverstöße durch Angebot des streitgegenständlichen Spiels zum Herunterladen in einer Tauschbörse fest. Daher erwirkte die Klägerin im zivilrechtlichen Auskunftsverfahren nach § 101 UrhG einen Beschluss des Landgerichts [Name]. Mit diesem wurde der Provider der Internetverbindung zur Auskunft angehalten. Nach der Auskunft sind beide IP-Adressen dem Beklagten zu 1) zuzuordnen (vgl. Bl. 35 – 38). Mit Schriftsatz der jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2013 wurde der Beklagte zu 1) wegen des Verstoßes vom 31.07.2012 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung einer Schadensersatzpauschale in Höhe von 850,00 EUR aufgefordert (Bl. 39 ff. d.A.).

Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte die streitgegenständlichen urheberrechtlich geschützten Werke auf einer so genannten „Tauschbörse“ im Internet für andere Nutzer zum Download angeboten habe. Das sei durch das beauftragte – und zuverlässig ermittelnde – Unternehmen [Name] zutreffend ermittelt worden.

Die Klägerin zu 1) ist der Ansicht, Inhaberin der alleinigen Verwertungsrechte für Deutschland an dem Computerspiel [Name] zu sein.

Die Klägerin zu 1) ist der Ansicht, dass die Beklagten als Täter oder Störer den Lizenzschaden sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwalts- (Abmahn-) Kosten ausgehend von einem Gegenstandswert von 30.000,00 EUR für den Unterlassungsanspruch zu zahlen haben.

Die Klägerin behauptet Inhaberin der alleinigen Verwertungsrechte an dem Computerspiel [Name] zu sein. Ferner behauptet sie, die ermittelten Ergebnisse der beantragten Firma [Name] seien fehlerfrei erfolgt. Dass dabei lediglich ein Zeitpunkt der ermittelten Rechtsverletzung angegeben ist und kein Zeitraum, sei unbeachtlich. Die Stützung auf den ermittelten Hashwert sei ausreichend.

Mit Nichtwissen bestreitet die Klägerin, dass der Beklagte zu 1) seinen Sohn ordnungsgemäß über die Nutzung von Tauschbörsen belehrt hat.

Die Klageschrift wurde dem Beklagten zu 1) am 30.05.2014 zugestellt. Der Klägervertreter erklärt in der Sitzung vom 16.07.2014 in der mündlichen Verhandlung, dass er die Klage bezüglich der Klägerin zu 2) [Name] zurücknehme. Der Beklagtenvertreter stimmte dem nicht zu.

Die Klageschrift wurde dem Beklagten zu 1) am 30.05.2014 und dem Beklagten zu 2) am 17.09.2014 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 08.09.2014 erweiterte die Klägerin zu 1) die Klage auf den Beklagten zu 2), dieser Schriftsatz wurde ihm am 17.09.2014 zugestellt. Mit Schreiben vom 14.08.2015 wurde Änderung des Aktivrubrums beantragt, da die nunmehr unter der Firma [Name] in das Handelsregister eingetragen sei. Mit Schreiben vom 17.08.2015 und 12.09.2015 stellte der Beklagtenvertreter Befangenheitsanträge mit Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Amtsgericht [Name]. Dieser wurde mit Beschluss vom 20.11.2015 (nunmehr rechtskräftig) zurückgewiesen.

Ursprünglich hat die Klägerin zu 1) beantragt,
1. Den Beklagten zu 1) zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz in einer dem Ermessen des Gerichts zu bestimmender Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 510,00 EUR, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Nach Klageerweiterung beantragt die Klägerin zu 1) nunmehr,
1. Die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.157,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
2. Die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz in einer dem Ermessen des Gerichts zu bestimmenden Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 510,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Den Beklagten zu 2) zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

 

Die Beklagten beantragen,
1. Die Klage abzuweisen.
2. Die Kosten des Verfahrens für die Klägerin zu 2) werden den klägerischen Prozessvertretern und nur hilfsweise der Klägerin zu 2) auferlegt.

Die Beklagten behaupten, aus den von der Klägerin vorgelegten Anlagen ergebe sich keine Anspruchsinhaberschaft dieser und bestreiten eine eben solche. Sie behaupten des Weiteren, dass die Ergebnisse der Firma [Name] nicht ausreichend seien, um eine Urheberrechtsverletzung zu beweisen und dass die vom Geschäftsführer der Firma [Name] abgegebene Eidesstattliche Versicherung widersprüchlich und wertlos sei.

Eine Urheberrechtsverletzung sei nicht begangen worden. Der Beklagte zu 2), der das WLAN des Beklagten zu 1) mitbenutze, sei eindringlich und ausreichend darüber belehrt worden, sich im Netz keine illegalen Dateien zu beschaffen und dass das illegale Herunterladen von geschützten Dateien, wie Bilder, Musik oder auch Spiele, ein strafbare Handlung darstellt.

Sie behaupten, dass auf der Internetseite der Firma [Name] Herunterladen einer Torrent-Datei beworben worden sei und der Beklagte zu darüber eine Demoversion des Spiels geladen habe. Seine technische Einsichtsfähigkeit habe gefehlt, dass es sich dabei um ein Programm handele, welches ohne sein Wissen zu Rechtsverletzungen führen könne.

Die Beklagten behaupten ferner, dass es sich um einen einfachen Fall handele, bei dem die Anwaltskosten auf 150,00 EUR gedeckelt seien.

Die Beklagten bestreiten, dass der Geschäftsführer [Name] die in der Sitzung am 03.05.2016 vorgelegten Vollmachten für dieses Verfahren unterschrieben habe.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Klagerücknahme zur Klägerin zu 2) unwirksam sei. Ferner sind sie der Ansicht, dass die Klageerweiterung sowie das Abmahnschreiben an den Beklagten zu 2) zusammen mit der Aufforderung eine Unterlassungserklärung abzugeben, rechtsmissbräuchlich gewesen sei.

 

Gründe

 

Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet. Das Amtsgericht Charlottenburg ist gemäß § 23 Nr.1 GVG, § 12 ZPO, § 104a, § 105 UrhG i.V.m. § 7 der Zuweisungsverordnung des Landes Berlins sachlich und örtlich zuständig. Der Beklagte zu 2) wird durch seine Eltern vertreten und ist somit prozessfähig, § 51 I ZPO, §§ 106, 107 BGB.

Die Klagerücknahme bezüglich der Klägerin zu 2) ist wirksam erfolgt. Gemäß § 269 I ZPO kann eine Klage ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. Ausweislich des Protokolls vom 16.07.2014 hat der Klägervertreter im Rahmen seiner Antragstellung erklärt, die Klage der Klägerin zu 2) zurückzunehmen. Der Beklagtenvertreter hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Hauptsache verhandelt. Das setzt der Wortlaut des § 269 Absatz 1 ZPO jedoch für die Notwendigkeit der Einwilligung des Beklagten voraus. Die Antragsstellung allein ist dabei auch noch keine mündliche Verhandlung (Greger in Zöller, § 137 Rn. 1).

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können in einer Klage geltend gemacht werden § 260 ZPO. Das Amtsgericht Charlottenburg ist für sämtliche geltend gemachte Ansprüche gegen die Beklagten zuständig.

Die Klägerin zu 1) hat einen Anspruch gegen den Beklagten zu 2) auf Zahlung von Schadensersatz in. Höhe von 510,00 EUR, sowie auf Freistellung von den anwaltlichen Abmahnkosten gemäß §§ 97 II, 97a I UrhG. Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, § 97 I UrhG. Für die Bemessung des Schadens kann als Grundlage der Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte, § 97 II UrhG. Die Klägerin zu 1) ist anspruchsberechtigt. Gemäß § 10 Absatz 1 UrhG wird die Inhaberschaft ausschließlicher Nutzungsrechte vermutet. Die Klägerin zu 1) geht bereits aus dem Copyright auf dem Cover des Originalspieles als einzig Nutzungsberechtigte, ursprünglich noch als [Name] firmierend, hervor. Die Beklagten haben nichts Gegenteiliges dargelegt.

Die Klägerin zu 1) hat den Verstoß durch Angebot des Spiels zum Herunterladen auf einer Tauschbörse hinreichend dargelegt (vgl. BGH 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 „Tauschbörse III“ u.a. Rn.26). Für die Richtigkeit der erfassten IP-Adressen spricht hier die Mehrfachermittlung vom Internetanschluss des Beklagten zu 1) innerhalb weniger Tage (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16.05.2012 – Az. 6 U 239/11). Dazu wurde auch vom Beklagten zu 2) selbst vorgetragen, dass er eine Demoversion des streitgegenständlichen Spiels geladen habe und dazu eine Torrent-Datei geladen habe und dabei von [Name] auf deren Website in die Irre geführt worden sei, indem diese den Nutzer auffordere, eine Torrent-Datei zu laden, um die Demoversion zu laden.

Ob dabei nun die gesamte Datei hochgeladen wurde oder nur Teile davon ist insoweit unerheblich, da kleinste Teile („Chunks“) bereits ausreichen, um die Urheberrechtsverletzung zu begehen. Das ist der Funktionsweise von Filesharing-Netzwerken geschuldet, die stets darauf abstellt, dass ein und dasselbe Werk von mehreren Anbietern zeitgleich angeboten und aufgrund des parallelen Herunterladens unterschiedlicher, kleinster Teile in kürzester Zeit vollständig zusammengesetzt werden kann. Dass lediglich ein Zeitpunkt und nicht eine Zeitspanne angegeben wurde, in welchem die Rechtsverletzung stattfand ist ebenfalls unschädlich. Sofern die Beklagten vortragen, dass in dem angegebenen Zeitpunkt ein vollständiges Hochladen des streitgegenständlichen Spiels nicht möglich sei, ist das für den Beweis einer erfolgten Rechtsverletzung irrelevant, da es ausreichend ist, dass lediglich Dateifragmente geladen werden (vgl. BGH Urteil vom 20. November 2008 – I ZR 112/06 – „Metall auf Metall“ Rn. 11 ff.).

Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (vgl. BGH 11. Juni 2015 – I ZR 75/14 „Tauschbörse III“ Rn.37,48).

Der Beklagte zu 1) hat vorgetragen, dass er zum streitgegenständlichen Zeitpunkt zusammen mit seiner Lebensgefährtin [Name] und deren minderjährigen Sohn [Name] geboren Februar 1998 lebte. Dieser habe bis Juli 2012 den PC der Erwachsenen mitbenutzt und sei in diesem Rahmen darüber belehrt worden, sich keine illegalen Dateien im Netz zu beschaffen. Diese Aufklärung sei intensiviert worden, als der minderjährige im Juli 2012 seinen eigenen PC ans Netzwerk der Erwachsenen anschloss. Insbesondere sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass das illegale Herunterladen von geschützten Dateien, wie Bilder, Musik oder eben auch Spielen, eine strafbare Handlung darstelle. Dass ein solcher Verstoß teuer für ihn werde, wurde ihm mitgeteilt. Nur unter diesen Maßgaben und nach einem Versprechen des Minderjährigen, sich an diese Vorgaben zu halten, durfte dieser mit seinem Notebook frei im Internet surfen. Damit ist der Beklagte zu 1) seiner sekundären Darlegungslast gerecht geworden.

Der Beklagte zu 1) haftet auch nicht als Störer. Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Das setzt die Verletzung von Prüfpflichten voraus (BGH, Urteil vom 12. Mai 2010 – I ZR 121/08 -„Sommer unseres Lebens“ Rn. 19). Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 14-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über die Möglichkeit der Rechtswidrigkeit von Handlungen im Internet belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ein Kind zu verhindern (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – „Morpheus“ Rn. 29 ff.). Angesichts der eindringlichen Belehrung des Beklagten zu 2) durch die Mutter sowie durch den Beklagten zu 1) und der Tatsache, dass der Beklagte zu 2) bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Computer auch vor Anschaffung eines Eigenen hatte, kann von einer Einsichtsfähigkeit des Beklagten zu 2) ausgegangen werden. Es kann von Eltern oder Erziehungsberechtigten jedoch nicht verlangt werden sich bezüglich jeder im Internet lauernden Gefahr und jeder technischen Eigenart und Neuerung zu belehren um eine lückenlose Aufklärung und Warnung des ihnen unter Aufsicht gestellten Minderjährigen zu gewährleisten. Dass sie ihn nicht explizit über die Gefahren von Tauschbörsen aufgeklärt haben, ist unschädlich, da von ihnen nichts verlangt werden kann, worüber sie selbst über kein oder nur geringes Wissen verfügen. Soweit sie den Beklagten zu 2) vor dem illegalen Herunterladen von Dateien gewarnt haben, sind sie ihrer Aufklärungspflicht gerecht geworden (vgl. BGH 11. Juni 2015 – I ZR 7/14 „Tauschbörse II“ Rn. 32).

Die Abmahnung des Beklagten zu 2) erfolgte rechtmäßig und Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen ihn sind begründet. Der Beklagte zu 2) trägt selbst vor, dass er eine Demoversion des streitgegenständlichen Spiels geladen habe und dazu eine Torrent-Datei geladen habe. Soweit er jedoch vorträgt, dass er vom Unternehmen [Name] auf deren Website in die Irre geführt worden sei, indem diese den Nutzer auffordere, eine Torrent-Datei zu laden, um die Demoversion zu laden, genügt das nicht, um die Vermutung einer Urheberrechtsverletzung zu entkräften. Das Laden einer Torrent-Datei selbst ist nicht illegal und dient lediglich dazu große oder eine Vielzahl von Dateien schnell zu laden. Streitgegenstand ist das Spiel mit dem Titel [Name]. Unter Berücksichtigung des Anscheins muss davon ausgegangen werden, dass bereits die Dateibezeichnung auf eine illegale Datei hinweist, da das streitgegenständliche Spiel in der legalen Vollversion lediglich die Bezeichnung [Name] trägt. Der von der Klägerin zu 1) gereichte Screenshot zeigt, dass der Dateiname von der auf der[Name]-Website als Demoversion angebotenen Datei nicht identisch mit der von der [Name] ermittelten Datei ist und die Zusatzbezeichnung [Name] nicht aufweist. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin zu 1) selbst für die Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Spiel eine Lizenzgebühr in sechsstelliger Höhe zu entrichten hatte, ist nicht ersichtlich, weshalb das streitgegenständliche Spiel auf der Website des Unternehmens [Name] kostenlos in der Vollversion zum Download angeboten werden sollte. Auch dass der Beklagte zu 2) die Vollversion des Spiels nach dem 31.07.2012 käuflich erworben hat, lässt die Vermutung, dass dieser zuvor illegal die Vollversion mit Product-Key in einem Filesharing-Netzwerk heruntergeladen hat, nicht entfallen. Ein wissenschaftlicher Nachweis der Tatbegehung ist bei Tauschbörsen-Verstößen nicht erforderlich (vgl. BGH 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 „Tauschbörse I“ Rn.40).

Die Deliktsfähigkeit des Beklagten zu 2) im Alter von 14 Jahren im Zeitraum der Handlungen ist hier für den Computerspiel-Bereich anzunehmen und auch nicht bestritten worden.

Der Schadensersatzanspruch setzt nicht voraus, dass tatsächlich einem Dritten eine Lizenz erteilt worden wäre (vgl. BGH 11. Juni 2015 – I ZR 7/14 „Tauschbörse II“ Rn.41). Entsprechend kann die Klägerin zu 1) auch die Kosten der vorhergehenden Abmahnung des Beklagten zu 1) als Anschlussinhabers vom Beklagten zu 2) erstattet verlangen, weil sie auf seiner unerlaubten Handlung beruhte.

Das Bestreiten des Beklagtenvertreters, dass die in der Sitzung am 03.05.2016  vorgelegten Vollmachten der Klägerin zu 2) von dem Geschäftsführer [Name]für dieses Verfahren unterschieben worden seien, geschehen ins Blaue hinein. Da der Beklagtenvertreter diese Behauptung auf keinerlei Argumente stützt, ist diese Behauptung unsubstantiiert. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer der Klägerin zu 2) die vorgelegte Vollmacht für ein anderes Verfahren als dieses erteilt hat, sie ist inhaltlich insofern nicht beschränkt.

Eine Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes von 510,00 EUR ist für den vorliegenden Einzelfall mangels besonderer ersichtlicher oder vorgetragener Gesichtspunkte angemessen (vgl. zur Schadenshöhe allgemein BGH 11. Juni 2015 – I ZR 19/14 „Tauschbörse I“).

Die vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin zu 1) der Höhe nach gemäß den §§ Nr.2300 und 7002 W RVG geltend machen. Die Höhe der geltend gemachten Freistellung von Rechtsanwaltskosten ist zum Teil begründet. Soweit die Klägerin zu 1) bei den Abmahnkosten bezüglich des Beklagten zu 2) von einem Gegenstandswert von 35.000,00 EUR ausgeht, obwohl sie bei den Abmahnkosten bezüglich des Beklagten zu 1) von einem Gegenstandswert von 30.000,00 EUR ausgeht, ist die Grundlage für den höheren Gegenstandswert beim Beklagten zu 2) nicht ersichtlich. Unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Klägern zu 1) an dem Unterlassen des Beklagten zu 2), erscheint ein Gegenstandswert von 30.000,00 EUR  angemessen (vgl. ebenfalls für ein Spiel, Landgericht Potsdam, Urteil vom 08. Januar 2015 – Az. 2 0 252/14 am Ende).

Wie auf dem Cover des Originals erkennbar, ist das streitgegenständliche Spiel in der Originalversion im Jahre 2012 erschienen, also im Jahr der streitgegenständlichen Tat. Die Klägerin zu 1) dürfte somit ein besonders hohes Interesse daran gehabt haben, das Spiel möglichst profitabel zu vermarkten und somit auch ein besonders hohes Interesse an einem Unterlassen des illegalen Filesharings mit diesem Spiel in dem Zeitraum, als das Spiel noch neu war.

Eine Deckelung der Abmahnkosten, § 97a Absatz 3 UrhG, kommt nicht in Betracht. Ein einfach gelagerter Fall liegt nicht vor. In Anbetracht der Tatsache, dass die Urheberrechtsverletzung sowohl am 29.07.2012 als auch am 31.07.2012 festgestellt worden ist und das Spiel während dieser Zeitspanne einer nicht erfassbaren Vielzahl von Nutzern zur Verfügung stand, kann von einem einfach gelagerten Fall nicht ausgegangen werden. Man betrachte nur die Intensität des hier geführten Rechtsstreites.

Die geltend gemachten Zinsen kann die Klägerin gemäß den §§ 286, 288 Absatz 2 BGB verlangen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen richten sich nach den §§ 269 Absatz 3 Satz 2 und 92 Absatz 1, 708 Nr.11, 709 S.1 und 711 ZPO. Bei der Kostenentscheidung fand Berücksichtigung, dass eine sachdienliche Klageänderung vorlag.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

 

Gegen die Entscheidung können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie Berufung einlegen können?

Der Wert des Beschwerdegegenstandes muss 600,00 Euro übersteigen

oder

die Berufung ist vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden.

2. Müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen?

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.
Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung.

3. In welcher Form und bei welchem Gericht können Sie Berufung einlegen?

Die Berufung muss schriftlich durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtsanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin

eingelegt werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird.

Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Schriftsatz ist in deutscher Sprache zu verfassen.

4. Welche Fristen sind zu beachten?

Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 24.05.2016

[Dienstsiegel]

[Name]
Justizbeschäftigte

Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt – ohne Unterschrift gültig. ZP 450

 

Hinweis zur Sicherheitsleistung

 

Kann aufgrund der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung eine Partei Sicherheit leisten, so ist diese durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder durch Hinterlegung zu bewirken. Die Hinterlegung ist bei der Hinterlegungsstelle eines Amtsgerichts – in Berlin nur bei dem Amtsgericht Tiergarten, Turmstraße 91, 10559 Berlin – auf dem dort erhältlichen Vordruck zu beantragen. Bei Antragstellung ist eine Abschrift der gerichtlichen Entscheidung vorzulegen. Die Vordruckbenutzung ist nicht vorgeschrieben, ist aber wegen der notwendigen Formalien dringend zu empfehlen. Ohne einen Antrag kann nicht wirksam hinterlegt werden.

Anstelle der Hinterlegung kann auch eine andere Form der Sicherheitsleistung in Betracht kommen, wenn dies in der gerichtlichen Entscheidung zugelassen ist oder wenn sich die Parteien hierüber geeinigt haben.

Dient die Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung, kann es zweckmäßig sein, die gegnerische Partei bzw. deren Verfahrensbevollmächtigten über die erfolgte Hinterlegung zu unterrichten.

Bei Geldhinterlegungen ist Bareinzahlung vorteilhaft, da das Einreichen von Schecks das Verfahren wesentlich verzögern kann.

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AG Charlottenburg, Urteil vom 24.05.2016, Az. 214 C 108/14

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