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Bericht
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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90)
(…) Amtsgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 32 C 1866/16 (90)Verkündet it. Protokoll am:
26.01.2017[Name], Justizamtsinspektorin
Urkundsbeamtin-/beamter der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
KlägerinProzessbevollmächtigte: [Name],
gegen
[Name],
BeklagterProzessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Markus Brehm, Deutschherrnufer 27, 60594 Frankfurt am Main,
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin am Amtsgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar,
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Schadensersatz unter Berufung auf eine Urheberrechtsverletzung durch Nutzung eines so genannten Filesharing-Systems.
Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses. Mit Schreiben vom 03.01.2013 (Anlage K1 zur Klagebegründung, Bl. 30 ff. d.A.) mahnten die Bevollmächtigten der Klägerin den Beklagten mit der Begründung ab, er habe über diesen Internetanschluss einen Urheberrechtsverstoß dadurch begangen, dass er am 10.12.2012 um [Uhrzeit 1] Uhr und um [Uhrzeit 2] Uhr im Rahmen eines so genannten Filesharing-Systems das Computerspiel „[Name]“ aus dem Internet heruntergeladen ‚und dadurch zugleich anderen Benutzern zum Herunterladen zur Verfügung gestellt habe, ohne über die erforderliche Lizenz zu verfügen.
Die Klägerin behauptet, über den Internetanschluss des Beklagten sei am 10.12.2012 um [Uhrzeit 1] Uhr und um [Uhrzeit 2] Uhr die Software „[Name]“ zum Download bereitgestellt worden. Die Klägerin ist der Ansicht, ein Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass der Beklagte als Anschlussinhaber die Urheberrechtsverletzung begangen habe. Die Klägerin meint weiter, im Rahmen der Lizenzanalogie stehe ihr ein Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 640,20 EUR zu. Daneben macht sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von 859,80 EUR (1,3 fache Gebühr aus einem Gegenstandswert von 20.00,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale) geltend.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,1. an sie einen Betrag von 859,80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2013 zu zahlen,
2. an sie einen weiteren Betrag über 640,20 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 15.01.2013 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Er bestreitet sowohl die Aktivlegitimation der Klägerin als auch die Zuverlässigkeit der zur Ermittlung der IP-Adressen verwendeten Systeme. Der Beklagte behauptet, im Dezember 2012 hätten sowohl seine Ehefrau, die Zeugin [Name], als auch seine beiden Kinder, die Zeugen [Name] und [Name] selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt, und zwar jeweils über mehrere Endgeräte, wie Notebook, Smartphone und Tablet-Computer; für Einzelheiten wird insofern auf den Schriftsatz vom 06.09.2016 (Bl. 44 d.A.) Bezug genommen. Zur fraglichen Zeit seien seine Ehefrau und Kinder auch zu Hause gewesen.
Sowohl seine Ehefrau als auch seine Kinder hätten ihm auf Nachfragen versichert, das Computerspiel nicht heruntergeladen zu haben.
Für den weiteren Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 11.01.2017 Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Namen]. Für das Ergebnis wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 11.01.2017.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 UrhG steht der Klägerin ebenso wenig zu wie ein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG in der hier maßgeblichen, bis zum 08.10.2013 gültigen Fassung.
Ob tatsächlich über den Internetanschluss des Beklagten die Software „[Name]“ zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wurde, kann offen bleiben, da jedenfalls nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststeht, dass der Beklagte auch Täter dieser Urheberrechtsverletzung war. Insofern liegt die Darlegungs-und Beweislast grundsätzlich bei der Klägerin (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 („BearShare“); BGH, Urteil vom 11.06.2015, 1 ZR 75114 („Tauschbörse III“), zitiert nach juris).
Entgegen der Auffassung der Klägerin greift zulasten des Beklagten auch kein Beweis des ersten Anscheins ein. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers dann nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten (BGH a.a.O.); etwa, weil der Anschluss bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde (vgl. BGH a.a.O.).
Den Beklagten trifft als Inhaber des Internetanschlusses allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH a.a.O.).
Dabei reicht es nicht aus, wenn der Anschlussinhaber darlegt, dass bestimmte Personen im Allgemeinen eine Nutzungsmöglichkeit haben, sondern es kommt konkret auf die Situation zum Verletzungszeitpunkt an (BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 75/14).
Diesen Anforderungen ist der Beklagte im vorliegenden Fall nachgekommen. Er hat nicht nur konkret und unter Benennung der verschiedenen verwendeten Endgeräte benannt, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine beiden – seinerzeit [Altersangaben] alten – Kinder im fraglichen Zeitraum, nämlich am 10.12.2012 zwischen [Uhrzeit 1] und [Uhrzeit 2] Uhr, in seinem Haushalt lebten, selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und damit grundsätzlich als Täter der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen. Er hat auch dargelegt, dass sowohl seine Ehefrau als auch seine Kinder zu dieser Zeit zu Hause waren. Dies ist in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um einen Montagabend außerhalb der Schulferienzeit handelte und beide Kinder des Beklagten im Dezember 2012 im schulpflichtigen Alter waren, auch plausibel.
Der hinsichtlich der Täterschaft des Beklagten beweisbelasteten Klägerin ist es nicht gelungen zu beweisen, dass die Ehefrau und die Kinder des Beklagten am 10.12.2012 keinen selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt und insbesondere die streitgegenständliche Software nicht heruntergeladen hätten, so dass als Täter letztlich nur der Beklagte in Frage komme. Denn die zu diesen Behauptungen benannten Zeugen haben von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Ziff. 2 bzw. Ziff. 3 ZPO Gebrauch gemacht.
Der Beklagte hat ferner vorgetragen, dass seine Ehefrau und seine Kinder den streitgegenständlichen Rechtsverstoß ihm gegenüber verneint hätten.
Darüber hinausgehende Nachforschungspflichten treffen den Beklagten nicht. Insbesondere obliegt es ihm nicht, zugunsten der Klägerin den tatsächlichen Täter zu ermitteln und ihn der Klägerin zu benennen. Über eine Nachfrage hinausgehende Möglichkeiten der Nachforschung sind – jedenfalls im Verhältnis zur Ehefrau des Beklagten – auch nicht ersichtlich.
Die Nebenentscheidungen über Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Frankfurt am Main,
Gerichtsstraße 2,
60313 Frankfurt am Main.Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
[Name],
Richterin am Amtsgericht (…)
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AG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.2017, Az. 32 C 1866/16 (90)
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