19:35 Uhr
Gegenstand des Gerichtsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der Beklagte hatte im Verfahren seine eigene Verantwortlichkeit bestritten und behauptet, zu keinem Zeitpunkt Tauschbörsen verwendet zu haben. Das streitgegenständliche Werk entspreche auch nicht seinem Musikgeschmack. Neben ihm habe aber auch sein minderjähriger Sohn jederzeit auf den Internetanschluss zugreifen können.
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Bericht
Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2016/09/AG_Magdeburg_103_C_24516_103.pdf
Autor:
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim
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Das Amtsgericht Magdeburg erachtete diesen Vortrag im Ergebnis für unerheblich. Insbesondere sei der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Allein die Behauptung, keine Tauschbörsen genutzt zu haben, sowie die Angaben zum eigenen Musikgeschmack, reiche nicht aus, um selbst als Täter auszuscheiden. In Bezug auf den Sohn fehle es überdies an jeglichen Anhaltspunkten, warum ausgerechnet er die Rechtsverletzung begangen haben solle. Insoweit sei der Beklagte zu Nachforschungen verpflichtet gewesen. Allein die Behauptung, der Sohn habe den Internetanschluss ebenfalls nutzen können, ist unbeachtlich, so das Gericht.
„Zudem ist der Beklagte auch seiner sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Er hat lediglich vorgetragen, dass sein Sohn ebenfalls Zugang zu dem Anschluss hat und dass letztendlich das Musikalbum nicht seinen Musikgeschmack betrifft. Dieser Vortrag ist nicht ausreichend. Der Vortrag lässt nicht erkennen, ob denn der Sohn des Beklagten die Datei im Internet angeboten hat. Zu entsprechenden Ermittlungen innerhalb der Familie wäre der Beklagte verpflichtet gewesen. Allein die schlichte Behauptung, dass noch eine weitere Person Zugang hat, reicht für sich genommen zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast nicht aus.“
Der Beklagte hatte zudem auch behauptet, die Klägerin habe gar nicht über die notwendige Rechtsposition verfügt (Aktivlegitimation). Zudem hatte er die Korrektheit der Ermittlungen in Frage gestellt. Diese Einwände erachtete das Gericht ebenfalls aufgrund der substantiierten Darlegungen der Klägerin als unerheblich. Letztlich sei auch die Höhe der geltend gemachten Forderungen angemessen.
„Im Hinblick darauf, dass über den Anschluss des Beklagten ein komplettes Musikalbum mit 12 Musiktiteln angeboten wurde, erscheint ein Lizenzanalogieschaden in Höhe von 400,00 EUR im Hinblick darauf, dass auch bei einzelnen Musiktiteln Lizenzanalogieschäden bis zu 200,00 EUR zuerkannt werden, auf jeden Fall als gerechtfertigt. Auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben sind nicht zu beanstanden.“
Im Ergebnis hat der abgemahnte Anschlussinhaber nicht nur Schadenersatz zu zahlen und die Rechtsverfolgungskosten zu erstatten, sondern auch die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
AG Magdeburg, Urteil vom 14.09.2016, Az. 103 C 245/16 (103)
(…) – Beglaubigte Abschrift –
Amtsgericht Magdeburg
103 C 245/16 (103)
Verkündet am 14 09 2016
[Name] Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der GeschäftsstelleIm Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name]
KlägerinProzessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstr. 12, 80336 München
gegen
[Name]
BeklagterProzessbevollmächtigte: [Name]
hat das Amtsgericht Magdeburg auf die mündliche Verhandlung vom 27.07.2016 durch den Richter am Amtsgericht [Name] für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 956,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.04.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadenersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung durch Anbieten des Albums [Name] des Künstlers [Name] zum Download im Internet in Anspruch. Die Firma [Name], die amerikanische Dachgesellschaft der Klägerin ist im Hersteller- bzw. Urhebervermerk auf dem Musikalbum angegeben.
Die Firma [Name] hat ihre Rechte im Rahmen eines konzerninternen Repertoireaustauschvertrages auf die Klägerin übertragen. Zudem ist auch in der Datenbank „Musicline“ der Phononet GmbH als Rechtsinhaberin aufgeführt.
Die Klägerin benutzt das Überwachungssystem PSF der Firma Digital Forensics GmbH zur Überwachung des Internets betreffend illegal zum Download angebotener Werke der Klägerin im Rahmen von Filesharing-Programmen. Durch Einsatz dieser Software wurde zu unterschiedlichen Zeiten am [Datum] unter drei unterschiedlichen IP-Adressen festgestellt, dass das streitgegenständliche Album zum Download angeboten wird. Hinsichtlich der Einzelheiten der Feststellungen wird auf die Darstellung der Klägerin (Blatt 18 d. A.) Bezug genommen.
Im Rahmen des Gestattungsverfahrens hat der Internetprovider hinsichtlich der drei unterschiedlichen Zeitpunkte und der drei unterschiedlichen IP-Adressen jeweils den Anschluss des Beklagten als Anschlussinhaber mitgeteilt.
Aufgrund der vermeintlichen Urheberrechtsverletzung hat die Klägerin mit Schreiben vom [Datum] den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadenersatz sowie zur Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Hieraufhin hat sich der Beklagte uneingeschränkt zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen verpflichtet.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines Lizenzanalogieschadens in Höhe von 450,00 EUR sowie wegen außergerichtlicher Kosten für die Abmahnungen in Höhe von 506,00 EUR in Anspruch.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 450,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.04.2015 sowie 560,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.04.2015 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Der Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin im Hinblick darauf, dass bei dem Urheberrechtsvermerk auf dem Tonträger ebenfalls die [Name] aufgeführt worden sind. Er bestreitet ebenfalls die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen sowie die Feststellung, dass die festgestellten IP-Adressen zu dem streitgegenständlichen Zeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zuzuordnen waren.
Der Beklagte behauptet weiter, dass es sich bei seinem Internetanschluss um einen Internetanschluss mit Router, der ordnungsgemäß mit WPA2-Verschlüsselung geschützt sei, und bei dem ein personalisiertes Passwort festgelegt worden sei, handele. Zudem würde der Anschluss auch durch seinen 14 Jahre alten Sohn genutzt. Der Beklagte bestreitet, ein Peer-to-Peer-Netzwerk zu nutzen. Zudem entspräche das Upload bereitgestellte Album auch nicht seinem Musikgeschmack.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung eines Lizenzanalogieschadens in Höhe von 450,00 EUR gemäß §§ 97, 19 a Urhebergesetzt zu.
Der Beklagte hat das Musikalbum [Name] über seinen Internetanschluss öffentlich zugänglich gemacht, obwohl er hierzu nicht berechtigt war. Die Rechte an der Verwertung des Albums stehen der Klägerin zu. Die Rechteinhaberschaft ergibt sich aus dem Urhebervermerk auf dem Tonträger. Demgegenüber ist das schlichte Bestreiten des Beklagten unerheblich. Soweit der Beklagte anführt, dass neben der Firma [Name] auch die Firma [Name] als Rechteinhaber aufgeführt worden ist, so besteht hierin entgegen der Auffassung des Beklagten kein Widerspruch. Aus dem Urhebervermerk ergibt sich, dass die Firma [Name] der Firma [Name]. Dementsprechend hat die Klägerin auch vorgetragen, dass es sich bei der Firma [Name] um ein unselbstständiges Label der Firma [Name]handelt. Dieser weiteren substantiierten Behauptung ist der Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Die Klägerin selbst leitet ihre Rechte aus einem konzernrechtlichen Gestattungsvertrag der Muttergesellschaft ab.
Die Rechtsverletzung ist auch über den Anschluss des Beklagten erfolgt. Der Beklagte bestreitet zwar die ordnungsgemäße Ermittlung der IP-Adressen sowie die Zuordnung des Anschlusses des Beklagten zu den festgestellten IP-Adressen. Das Bestreiten ist jedoch unerheblich. Zum einen ist schon nicht nachvollziehbar, warum der Provider des Beklagten die Telekom im Rahmen des Gestattungsverfahrens eine falsche Auskunft erteilen sollte, und zwar zugleich in drei unterschiedlichen Fällen. Aber auch das Bestreiten der ordnungsgemäßen Ermittlung der IP-Adressen ist nicht ausreichend substantiiert. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass mittels der Überwachungssoftware der Klägerin zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten drei unterschiedliche IP-Adressen ermittelt wurden, die jeweils im Auskunftsverfahren dem Anschluss des Beklagten zugeordnet wurde. Es erscheint nach Auffassung des Gerichts fast nahezu ausgeschlossen, dass in drei Fällen jeweils fehlerhafte IP-Adressen ermittelt wurden, die dann aber jedoch jeweils nur einem Anschluss zuzuordnen sind.
Zudem ist der Beklagte auch seiner sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Er hat lediglich vorgetragen, dass sein Sohn ebenfalls Zugang zu dem Anschluss hat und dass letztendlich das Musikalbum nicht seinen Musikgeschmack betrifft. Dieser Vortrag ist nicht ausreichend. Der Vortrag lässt nicht erkennen, ob denn der Sohn des Beklagten die Datei im Internet angeboten hat. Zu entsprechenden Ermittlungen innerhalb der Familie wäre der Beklagte verpflichtet gewesen. Allein die schlichte Behauptung, dass noch eine weitere Person Zugang hat, reicht für sich genommen zur Erfüllung der sekundären Darlegungslast nicht aus.
Auch der Höhe nach bestehen keine Bedenken hinsichtlich des Anspruchs der Klägerin. Im Hinblick darauf, dass über den Anschluss des Beklagten ein komplettes Musikalbum mit 12 Musiktiteln angeboten wurde, erscheint ein Lizenzanalogieschaden in Höhe von 400,00 EUR im Hinblick darauf, dass auch bei einzelnen Musiktiteln Lizenzanalogieschäden bis zu 200,00 EUR zuerkannt werden, auf jeden Fall als gerechtfertigt.
Auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für das Abmahnschreiben sind nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der angesetzte Streitwert von 10.000,00 EUR angemessen. Eine Reduzierung des Streitwertes gemäß § 97 a Abs. 3 Urhebergesetz kommt vorliegend nicht in Betracht, da der Beklagte insgesamt 12 Musiktitel der Klägerin zum Upload angeboten hat, so dass die Reduzierung des Streitwertes auf 1.000,00 EUR unbillig wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91′ ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Magdeburg,
Halberstädter Straße 8,
39112 Magdeburg.Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt. Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
[Name]
Richter am Amtsgericht (…)
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AG Magdeburg, Urteil vom 14.09.2016, Az. 103 C 245/16 (103)
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