Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies (München): Chmiel Consulting Inkasso Schreiben

12:26 Uhr

Aktuell kursieren wieder zahlreiche Inkasso Schreiben der Chmiel Consulting aus Dinslaken, die an Verbraucher gerichtet sind, über deren Internetanschluss es angeblich zu Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen gekommen sein soll.

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Rechtsanwalt Dr. Bernhard Knies

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Die Chmiel Consulting ist nach eigenen Angaben selber Inhaberin von vielen Tausend urheberrechtlichen Lizenzrechten. Auf der in fehlerhaftem Deutsch geschriebenen Webseite von Chmiel heißt es:

(…) Wir kaufen fiktiven Lizenzgebühren nach Lizenzanalogie aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 818 Abs. 2 BGB und / oder titulierten Forderungen gegen Dritte. (…)

Auch inhaltlich hapert es bei diesem Text, denn eigentlich meint Chmiel damit wohl, dass man sich Schadensersatzansprüche aus Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen hat abtreten lassen. Darauf deuten auch Mitteilungen der Debcon GmbH hin, die nach eigenen Angaben Chmiel Forderungen im Wert von 1.15 Millionen Euro verkauft haben soll.

Der Kollege Loebisch aus Passau weist darauf hin, dass André Chmiel als Inhaber von Chmiel Consulting wohl ein heute ausgeschiedener Gesellschafter von Debcon gewesen sein könnte. Teilweise wurde die Chmiel Consulting zuvor von der Kanzlei Jur-Law und hier von Rechtsanwalt Sebastian Wulf mit dem Inkasso hatte vertreten lassen. Doch das Inkasso von derart alten Forderungen ist ein mühsames Geschäft. Denn auch Rechtsanwalt Sebastian Wulf hat den Inkasso Schreiben nach unserer Kenntnis nie Klagen vor Gericht folgen lassen. Und aus heutiger Sicht ist das gerichtliche Einklagen von Forderungen aus Filesharing Fällen die einzige realistische Möglichkeit die Forderung effektiv durchzusetzen.

Das aber beherrschen nur wenige Abmahnkanzleien, die über das entsprechende Know-how und vor allem über viele Anwälte verfügen, die man damit beschäftigen muss. Abmahnungen von Waldorf Frommer Rechtsanwälte aus München oder auch von .rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR aus Hamburg muss man ernst nehmen, denn die Büros klagen effektiv. Früher hatten auch Rasch Rechtsanwälte aus Hamburg sehr effektiv und professionell geklagt.

Chmiel Consulting hat nach hiesiger Kenntnis noch nie nennenswert geklagt oder klagen lassen, reiht sich also in die große Fraktion der „Abmahnpapiertiger“ ein. Man musste sie also in der Vergangenheit nicht ernst nehmen. Doch jetzt behauptet das Büro man habe Mahnbescheide beantragt und das gerichtliche Verfahren eingeleitet. Doch stimmt diese Behauptung? Und wenn nein, was wäre die rechtliche Konsequenz?

Unter der Überschrift Lizenzgebühren nach Lizenzanalogie aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 102 S. 2 UrhG in Verbindung mit § 818 Abs. 2 BGB informiert Chmiel Consulting den Adressaten, dass dieser immer noch nicht bezahlt habe und dass die Ansprüche gegen ihn erst 2020 verjähren. In der Tat hatte der BGH in der Entscheidung – I ZR 48/15 – „Everytime we touch“ leider geurteilt, dass die Schadensersatzansprüche aus Urheberrechtsverletzungen in der Tauschbörse erst nach 10 Jahren verjähren.

Vom angeschriebenen Verbraucher werden von Chmiel Consulting in hier vorliegenden Schreiben als Hauptforderung 250,00 EUR verlangt, meist Verzugszins von 89,62 EUR, Mahnkosten und interessanterweise auch Gerichtskosten 32,00 EUR, in Summe 399,12 EUR.

Was aber weit interessanter ist: Chmiel Consulting behauptet im Schreiben fett und unterstrichen, dass man Mahnbescheide beantragt habe:

„Im Rahmen der weiteren und bereits avisierten Bearbeitung haben wir heute das gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet und den gerichtlichen Mahnbescheid beantragt.“

Weiter unten heißt es ergänzend: „Sollten Sie wider Erwarten keine Zahlung leisten und dem Mahnbescheid widersprechen, so wird das streitige Verfahren eingeleitet. Die dann entstehenden weitergehenden erheblichen Kosten (Rechtsanwalts- u. Gerichtskosten) haben Sie ebenfalls zu erstatten.“

Als (mutmaßlichem) Forderungsinhaber stünde es Chmiel Consulting selbstredend frei, tatsächlich Mahnbescheide bei Nichtzahlung zu beantragen, und im Falle eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid auch die Beitreibung der Forderung im streitigen Zivilverfahren zu betreiben. Auch seriöse Abmahnkanzleien wie Waldorf Frommer Rechtsanwälte agieren so. Strafbar relevant wäre es aber, Verbraucher zu täuschen mit der falschen Behauptung, es sei schon Mahnbescheid beantragt worden. Die Art und die Struktur der Chmiel Schreiben wecken insofern einen üblen Verdacht, der aber nur durch Hilfe aus dem Forum konkretisiert werden könnte.

Wir vermuten im Moment aufgrund des bisherigen Vorgehens von Chmiel, seinem alten Inkasso Anwalt Sebastian Wulf und dem der Debcon GmbH, dass Chmiel Consulting wohl einfach nur behauptet, einen Mahnbescheid beantragt zu haben um darüber den Empfänger des Schreibens zu täuschen, ihm Angst zu machen und ich so zur Zahlung zu bewegen. Sollte sich im jeweils individuellen Fall herausstellen, dass Chmiel Consulting entgegen seiner Behauptung tatsächlich gar keinen Mahnbescheid beantragt hat, könnte dies eine „Täuschung über Tatsachen“ sein, die nach § 263 Abs. 1 StGB strafbar ist. Da man davon darf, dass diese Chmiel Briefe massenhaft, also im gewerblichen Stil versendet werden, könnte sich sogar eine Strafbarkeit nach § 263 Abs. 3 StGB ein schwerer Fall des Betruges mit einer Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten herausstellen.

 

Wir bitten insofern betroffene Verbraucher, im Forum der Initiative AW3P (gerne auch per E-Mail: info@abmahnwahn-dreipage.de) mitzuteilen, einmal, ob sie so ein Musterschreiben (siehe unten) erhielten, andermal tatsächlich Mahnbescheide – wie von Chmiel angekündigt – erhalten haben oder nicht (c. 6 – 8 Wochen). Chmiel behauptet ja auch jeweils individuell man habe „heute das gerichtliche Verfahren eingeleitet“. Diese Tatsachenbehauptung lässt sich also sehr einfach überprüfen. Stimmt sie nicht, so stünde betrügerisches Handeln im Raum.

 

Abschließen unsere Empfehlung:

Auf die Schreiben hin sollte natürlich nicht bezahlt werden.

 

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Dr. Bernhard Knies
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
www.new-media-law.net

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Musterschreiben:

 

(…) CHMIEL CONSULTING
advice – rights – investments – support

CHMIEL CONSULTING
Inh. André Chmiel
Stolze-Schrey-Str. 15
46539 Dinslaken

Telefax: 02064-4756181
E-Mail: kontakt@chmiel-consutling.de
Internet: www.chmiel-consutling.de

Max Mustermann
Musterstraße 03
01234 Musterstadt

Datum: **.11.2017

Unser Zeichen: D*****
Lizenzgebühren nach Lizenzanalogie aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 102 Satz 2 UrhG in Verbindung mit § 818 Abs. 2 BGB

Sehr geehrter Herr Mustermann,

wir haben heute festgestellt, dass Sie auf unsere vorausgegangenen Schreiben, auch und gerade auf unser Vergleichsangebot, nicht durch Zahlung reagiert haben. Die Ansprüche verjähren erst Ende 2020.

Im Rahmen der weiteren und bereits avisierten Bearbeitung haben wir heute das gerichtliche Verfahren eingeleitet und den Mahnbescheid beantragt.

Unsere Ansprüche belaufen sich auf aktuell:

250,00 EUR – Hauptforderung aus abgetretenem Recht aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 102 UrhG in Verbindung mit § 818 Abs.2 BGB
89,62 EUR – Verzugszinsen (5 % über den Basiszinssatz seit dem **/**/2010)
25,00 EUR – Mahnkosten
2,50 EUR – Vordruck / Porto
32,00 EUR – Gerichtskosten
__________________________________

399,12 EUR – Gesamtforderung

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Die Zahlung wird unverzüglich erwartet. Die Forderungsaufstellung entnehmen Sie bitte dem Mahnbescheid.

Sollten Sie wider Erwarten keine Zahlung leisten und dem Anspruch aus dem Mahnbescheid widersprechen, so wird das streitige Verfahren eingeleitet. Die dann entstehenden weitergehenden erheblichen Kosten (Rechtsanwalts- und Gerichtskosten) haben Sie ebenfalls zu erstatten.

Hochachtungsvoll

[Unterschrift]

CHMIEL CONSULTING (…)

 

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