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Gegenstand des Gerichtsverfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Im genannten Verfahren behauptete die Beklagte, die streitgegenständlichen Musikalben nicht über eine Tauschbörse angeboten zu haben. Zur Zeit der Rechtsverletzung sei sie nicht zu Hause gewesen und habe ihren Internetanschluss daher nicht nutzen können. Hingegen habe sich ihr Lebensgefährte in ihrer Wohnung aufgehalten, welcher grundsätzlich Zugriff auf den Internetanschluss gehabt habe. Tatsächlich genutzt habe er ihn zur maßgeblichen Zeit jedoch ebenfalls nicht.
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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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Bericht
Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2017/05/AG_Erfurt_11_C_2341_15.pdf
Autor:
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim
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Der Lebensgefährte wurde im Laufe des Verfahrens als Zeuge vernommen. Dieser gab ihm Rahmen seiner Vernehmung an, sich nicht daran erinnern zu können, ob er den Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt genutzt habe. Die Rechtsverletzung jedenfalls habe er nicht begangen. Nach Erhalt der Abmahnung sei er von der Beklagten auch nicht nach seiner Täterschaft befragt worden.
Das Amtsgericht gab daraufhin der Klage vollumfänglich statt und verurteilte die Beklagte antragsgemäß zum Ersatz des Lizenzschadens, zur Zahlung der Abmahnkosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.
Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass der Lebensgefährte zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung den Internetanschluss tatsächlich habe nutzen können. Darüber hinaus habe der Zeuge nicht bestätigen können, dass die Beklagte ihren Nachforschungspflichten in ausreichendem Maße nachgekommen ist.
„Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten ihre Nachforschungspflicht erfüllt hat. Der Zeuge konnte zu den Behauptungen der Beklagten keine verwertbaren Erklärungen abgeben. Er konnte insoweit keine Angaben zur Nutzung des Internetanschlusses der Beklagten in dem streitgegenständlichen Zeitraum machen. Dies erscheint angesichts der kurzen Zeitdauer zwischen der Rechtsverletzung […] und der Abmahnung […] nicht glaubhaft. Der Zeuge konnte auch nicht bestätigen, dass die Beklagte ihn nach Erhalt der Abmahnung wegen des behaupteten Herunterladens von Musik aus dem Internet angesprochen hat. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beklagte nach Bekanntwerden der Rechtsverletzung ernsthafte Nachforschungen angestellt hat. Dazu ist jedoch der Anschlussinhaber verpflichtet, wenn er sich vom Anscheinsbeweis befreien will.“
Die Beklagtenseite habe daher die gegen sie streitende tatsächliche Vermutung nicht widerlegen können, weshalb von ihrer eigenen Täterschaft auszugehen sei.
AG Erfurt, Urteil vom 12.04.2017, Az. 11 C 2341/15
(…) – Beglaubigte Abschrift –
Amtsgericht Erfurt
Az.: 11 C 2341/15IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte WALDORF FROMMER, Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
[Name],
– Beklagte –Prozessbevollmächtigter: [Name],
wegen Schadensersatz
hat das Amtsgericht Erfurt durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2017
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 900,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.03.2015 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz und auf Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch.
Die Klägerin ist Rechteinhaber an den Tonaufnahmen [Name] und [Name] des Künstlers [Name]. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe die urheberrechtlich geschützten Tonaufnahmen im Internet (sogenanntes Filesharing) unerlaubt angeboten. Die von der Klägerin beauftragte ipoque GmbH habe unter Verwendung des „Peer-to-Peer Forensic System“ (PFS) festgestellt, dass die genannten Musikalben am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr und am [Datum] von [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse [IP] im Internet öffentlich zugänglich gemacht wurden. Nach dem Beschluss des Landgerichts München vom [Datum] habe der Provider die Auskunft erteilt, dass die genannte IP-Adresse zu der festgestellten Zeit dem Internetanschluss der Beklagten zugewiesen war. Auf die Abmahnung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] hat die Beklagte eine uneingeschränkte Unterlassungserklärung abgegeben.
Die Klägerin macht einen Schadensersatzanspruch aus Lizenzanalogie in Höhe von 900,00 EUR geltend. Weiterhin verlangt sie die Erstattung der durch die Abmahnung entstandenen Kosten, ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR.
Die Klägerin ist der Meinung, durch den Nachweis der Rechtsverletzung über den Internetanschluss der Beklagten sei der Anscheinsbeweis dafür erbracht, dass die Beklagte als Anschlussinhaberin auch der Rechtsverletzer sei. Darüber hinaus hafte die Beklagte als Störer, da sie als Anschlussinhaberin zu gewährleisten habe, dass keine Dritten über diesen Internetanschluss Rechtsverletzungen begehen.
Die Beklagte habe den Anscheinsbeweis nicht erschüttert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,1.) einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 900,00 EUR, betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.03.2015 zu zahlen;
2.) 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.03.2015 zu zahlen.Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.Sie wendet ein, sie habe ihren Internetanschluss zu der fraglichen Zeit nicht in Benutzung gehabt. Sie sei in dieser Zeit nicht in ihrer Wohnung anwesend gewesen. Der Internetanschluss sei auch von dem Lebensgefährten der Beklagten genutzt worden. Dieser sei zu der fraglichen Zeit allein in der Wohnung der Beklagten gewesen. Auch er habe den Anschluss zu dieser Zeit nicht in Betrieb gehabt. Der Internetanschluss sei mit einer WLAN-Verbindung und einem persönlichen Passwort geschützt gewesen.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 03.08.2016 durch Vernehmung des Zeugen [Name]. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Verhandlungsprotokoll vom 15.03.2017 (Bl. 169 ff. d. A.).Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG und ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach § 97a Abs. 3 UrhG zu.
Dabei ist die. Feststellung einer Urheberrechtsverletzung über den Anschluss der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat die dazu getroffenen Feststellungen hinreichend dargelegt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten ist generell nicht geeignet, den Vortrag der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Es ist von der Beklagten nicht dargetan oder ersichtlich, dass es im konkreten Fall zu Fehlern gekommen ist. Für die Zuverlässigkeit der Angaben der von der Klägerin beauftragten ipoque GmbH spricht, dass ihre Ermittlungen in vielen Gestattungs- und Beschwerdeverfahren letztlich keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben haben (vgl. BGH GRUR 2012, 1026, WRP 2012,.1250; OLG Köln vom 16.08.2013, 6 W 126/13, juris).
Nach dem Vortrag der Klägerin spricht die tatsächliche Vermutung für die persönliche Verantwortlichkeit der Beklagten. Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH GRUR 2010, 633.- Sommer unseres Lebens, juris). Dabei spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen – etwa die Familienangehörigen – diesen Internetanschluss benutzen konnten. Zu dieser Frage muss sich der Anschlussinhaber im Rahmen einer sogenannten sekundären Darlegungslast erklären, weil es sich um Umstände auf seiner Seite handelt, die der Klägerin unbekannt sind. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen wie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat (BGH-Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 75/14, juris – Tauschbörse III Tz. 37 und 42). Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen (OLG München vom 14.01.2016, 29 U 2593/15 – juris).
Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte ihre Nachforschungspflicht erfüllt hat. Der Zeuge konnte zu den Behauptungen der Beklagten keine verwertbaren Erklärungen abgeben. Er konnte insoweit keine Angaben zur Nutzung des Internetanschlusses der Beklagten in dem streitgegenständlichen Zeitraum machen. Dies erscheint angesichts der kurzen Zeitdauer zwischen der Rechtsverletzung am [Datum] und der Abmahnung vom [Datum] nicht glaubhaft. Der Zeuge konnte auch nicht bestätigen, dass die Beklagte ihn nach Erhalt der Abmahnung wegen des behaupteten Herunterladens von Musik aus dem Internet angesprochen hat. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beklagte nach Bekanntwerden der Rechtsverletzung ernsthafte Nachforschungen angestellt hat. Dazu ist jedoch der Anschlussinhaber verpflichtet, wenn er sich von dem Anscheinsbeweis befreien will. Der Anschlussinhaber ist im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Da die Beklagte derartige Nachforschungen nicht angestellt hat, ist auch ihr Vortrag im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht geeignet den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Die Beklagte haftet daher als Anschlussinhaber allein für die begangene Rechtsverletzung.
Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bemisst sich in Form der Lizenzanalogie. Dabei ist der in Ansatz gebrachte Betrag von 900,00 EUR für zwei Musikalben nicht zu beanstanden (s. dazu BGH vom 11.06.2015 – 1 ZR 19/14, 1 ZR 21/14 und 1 ZR 75/14, juris).
Der Klägerin steht weiterhin ein Schadensersatzanspruch wegen Verzug in Höhe der geltend gemachten Verzugszinsen zu, §§ 281, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht Erfurt
Domplatz 37
99084 Erfurteinzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
gez. [Name]
Richter am AmtsgerichtVerkündet am 12.04.2017
[Name], JAng
als Urkundsbeamtin der GeschäftsstelleBeglaubigt
Erfurt, 13.04.2017
[Name], Justizangestellte
und Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (…)
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AG Erfurt, Urteil vom 12.04.2017, Az. 11 C 2341/15
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