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Für Filesharing Fälle in einer Wohngemeinschaft gibt es erneut eine erfreuliche Nachricht. Auch das Landgericht Flensburg hat kürzlich entschieden, dass unser Mandant als Inhaber eines Internetanschlusses normalerweise nicht für Urheberrechtsverletzungen seiner volljährigen Mitbewohner haften muss.
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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL.M.
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WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR
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Bericht
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Nachdem unser Mandant von der Kanzlei Sasse & Partner eine Filesharing Abmahnung erhalten hatte – in dem ihm eine urheberrechtswidrige Verbreitung des Films „The Iceman“ im Auftrag der Splendid Film GmbH vorgeworfen wurde – wollte er weder für die Abmahnkosten aufkommen, noch Schadensersatz zahlen. Er berief sich darauf, dass er die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat und seinen Anschluss einem Mitbewohner seiner Wohngemeinschaft zur Verfügung gestellt hatte.
Doch Sasse & Partner akzeptierte diesen Einwand nicht und bestand zunächst auf vollständiger Zahlung.
Amtsgericht Kiel weist Filesharing Klage ab
Doch das Amtsgericht Kiel sah dies anders und wies die Klage gegen unseren Mandanten mit Urteil vom 20.11.2015 (Az. 120 C 77/15) ab. Doch Sasse & Partner gab sich hiermit nicht zufrieden und legte gegen die Entscheidung – in Bezug auf die Abmahnkosten – Berufung ein. Nach Auffassung der Abmahnkanzlei hafte unser Mandant im Wege der Störerhaftung. Dies begründete sie damit, dass jedenfalls gegenüber dem volljährigen Mitglied einer Wohngemeinschaft eine Belehrungspflicht bestehen würde. Hier dürfe man als Anschlussinhaber nicht so vertrauensselig sein wie gegenüber einem nahen Familienangehörigen.
Filesharing: Grundsätzlich keine Belehrungspflicht in Wohngemeinschaft
Doch mit dieser Argumentation hatte die Abmahnkanzlei keinen Erfolg. Das Landgericht Flensburg wies die Berufung von Sasse & Partner mit Urteil vom 27.05.2016 (Az. 8 S 48/15) zurück. Die Richter entschieden, dass unser Mandant nicht im Rahmen der so genannten Störerhaftung für die Abmahnkosten aufkommen muss.
Denn er hatte gegenüber seinem WG-Mitbewohner keine Aufsichtspflicht. Denn eine Belehrung von Erwachsenen ist normalerweise entbehrlich, weil sie über eine genügende Einsichtsfähigkeit verfügen und daher anders als minderjährige Kinder für ihr eigenes Handeln verantwortlich sind. Von daher ist hier ein prinzipielles Misstrauen nicht angebracht. Anders ist das nur, wenn dieses Vertrauen in den Mitbewohner einer Wohngemeinschaft infolge von klaren Verdachtsmomenten nicht gerechtfertigt ist. Diese sind hier jedoch nach den Feststellungen des Gerichtes nicht ersichtlich gewesen. Eine unterschiedliche Behandlung zu den Fällen, in denen nahen Familienangehörigen der Zugriff auf den Internetanschluss gestattet wird (vgl. BGH – Urteil vom 08.01.2014 – Az. I ZR 169/12 – „Bear Share“), ist nicht gerechtfertigt.
Das Landgericht Flensburg hat in dieser Frage die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Fazit zum Filesharing in Wohngemeinschaften
Ob Sasse & Partner gegen die von uns erstrittene Entscheidung des Landgerichts Flensburg erfolgreich Revision einlegen werden, erscheint fragwürdig. Denn inzwischen hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12.05.2016 (Az. I ZR 86/15) klargestellt, dass es gegenüber volljährigen Gästen sowie unter den Mitgliedern einer Wohngemeinschaft gewöhnlich keine Belehrungspflichten gibt. Damit steht mittlerweile fest, dass Wohngemeinschaften gegenüber Familien nicht benachteiligt werden dürfen. Diese Grundsatzentscheidung ist für viele Wohngemeinschaften von erheblicher Bedeutung. (HAB)
LG Flensburg, Urteil vom 27.05.2016, Az. 8 S 48/15
(…) Beglaubigte Abschrift
8 S 48/15
120 C 77/15, AG Kiel
Verkündet am 27.05.2016gez.
[Name], JAng
als Urkundsbeamtin der GeschäftsstelleLandgericht Flensburg
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin und Berufungsklägerin –Prozessbevollmächtigte: [Name],
gegen
[Name]
– Beklagter und Berufungsbeklagter –Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 Köln,
wegen Schadensersatz
hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], den Richter am Landgericht [Name] und den Richter [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2016 für Recht erkannt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 965,00 EUR festgesetzt.Tatbestand
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatz wegen Verletzung eines ausschließlichen Nutzungsrechts an den Filmwerk [Name], der am 30.08.2013 als DVD und Blu-ray Disc veröffentlicht wurde.
Sie behauptet, das Filmwerk sei am 20.08.2013 und am 21.08.2013 über IP-Adressen, die dem Internetanschluss des Beklagten zugewiesen gewesen seien, mit einem Filesharingprogramm im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden.
Die Klägerin erhielt aufgrund des Gestattungsbeschlusses des Landgerichts Köln vom 23. August 2013, Az: 229 0 160/13 von der Zugangsanbietern, der [Name], zu beiden ermittelten IP-Adressen die Auskunft, dass zu beiden Zeitpunkten der Verletzungshandlungen der Anschluss dem Beklagten zugewiesen worden sei (Anlage K4, Blatt 18/19 der Akte; Anlage K5, Blatt 20 der Akte).
Der Beklagte hatte seinen Internetanschluss an seinen niederländischen Mitbewohner [Name] zur Mitbenutzung überlassen. Herr [Name] räumte auf Nachfrage des Beklagen ein, sich das Filmwerk [Name] über einen BitTorrent-Client angeschaut zu haben.
Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 19.09.2013 ab und bot die vergleichsweise Einigung gegen Zahlung eines Pauschalbetrages von 800,00 EUR an (Anlage K 6, Blatt 21 der Akte). Der Beklagte gab mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 30.09.2013 (Anlage K 7, Blatt 26 der Akte) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die die Klägerin mit Schreiben vom 21.10.2013 annahm. Der Zahlungsanspruch wurde von dem Beklagten zurückgewiesen.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe hat mit der [Name], Los Angeles, USA, am 28.02.2011 einen Lizenzvertrag geschlossen, durch den die [Name] ihr die Kinorechte, Videorechte und Internetrechte an dem Film [Name] in der Originalfassung mit und ohne deutschsprachigen Untertiteln sowie in deutscher Synchronisation unter anderem für Deutschland für die Dauer von 10 Jahren allein und exklusiv übertragen habe. Die Klägerin hat hierzu einen Auszug aus dem Phononet-Medienkatalog zur Akte gereicht, wonach die Klägerin als Label des streitgegenständlichen Filmwerks eingetragen ist (Anlage K1, Blatt 10 der Akte).
Die Klägerin behauptet ferner, der Beklagte habe das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht. Das von ihr beauftragte Unternehmen [Name] habe mithilfe der Software [Name] ermittelt, dass am 20.08.2013 um 00:36 Uhr und nochmals am 21.08.2013 um 23:08 Uhr die Datei „[Name].2012.0.HDRip.1400MB.avi“ des Filmwerks [Name] über die IP-Adressen [IP]und [IP] zum Download angeboten worden seien (Anlage K 5, Blatt 20 der Akte). Die Ermittlungssoftware [Name] arbeite fehlerfrei und zuverlässig, was von dem Sachverständigenbüro für Computerwesen, Professor Dr. [Name], und dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Diplom-Ingenieur [Name] bestätigt worden sei.
Die Auskünfte der [Name], dass der Beklagte Inhaber des Internetanschlusses gewesen sei, dem die beiden IP-Adressen jeweils im Zeitpunkt der Verletzungshandlung zugeordnet gewesen seien, sei zutreffend. Es kämen ausschließlich automatisierte technische Verfahren ohne händische Bearbeitung durch einzelne Mitarbeiter zum Einsatz. Eine manuelle Bearbeitung/Übertragung von Daten erfolge weder bei der Ermittlung der IP-Adressen durch die [Name] noch bei der Zuordnung der IP-Adressen durch die [Name].
Soweit der Beklagte behaupte, nicht die am gerichtlichen Gestattungsverfahren beteiligte [Name], sondern die [Name] habe die Auskunft erteilt, dass er Inhaber des angeblich ermittelten Internetanschlusses sei, folge daraus kein Beweisverwertungsverbot.
Der Beklagte könne nicht wirksam bestreiten, dass sein Internetanschluss als derjenige ermittelt worden sei, über den das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Das Bestreiten stehe im Widerspruch zu Behauptung des Beklagten, sein Mitbewohner [Name] habe ihm gegenüber auf Nachfrage eingeräumt, das streitgegenständliche Filmwerk über einen BitTorrent-Client gesehen zu haben. Das Eingeständnis des Mitbewohners [Name], er habe sich den Film [Name] über einen BitTorrent-Client angeschaut, sei zugleich die Bestätigung, diesen Film im Internet öffentlich zugänglich gemacht zu haben. Für das Ansehen eines Films über einen solchen Filesharing-Client sei das vorherige Herunterladen des Films auf dem verwendeten Rechner zwingend erforderlich. Zugleich werde das Filmwerk von dem Filesharingprogramm automatisch für Dritte zum Herunterladen angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe dadurch, dass er seinem Mitbewohner [Name] den Internetanschluss zur selbstständigen Nutzung überlassen habe, die nicht fernliegende Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Internet-Tauschbörsen teilnehme. Eine Belehrung seines Mitbewohners sei wenigstens dahingehend geboten und zumutbar gewesen, dass eine illegale Nutzung von Internettauschbörsen urheberrechtlich geschützter Werke, wie insbesondere Filme, Musik und Computerspiele, zu unterbleiben habe. Eine Belehrungspflicht bei Überlassung des Anschlusses an nahestehende Personen, die nicht Familienangehörige seien, sei zum Schutz des Urheberrechts geboten. Sie hat behauptet, der Beklagte habe den Zeugen [Name] vor Gewährung des selbstständigen Zugriffs nicht in dieser Weise über die Rechtswidrigkeit von Filesharing-Programmen aufgeklärt und ihm die rechtswidrige Nutzung solcher Programme über seinen Anschluss auch nicht verboten.
Der Beklagte habe nicht ausreichend dargetan, dass die ernsthafte Möglichkeit bestehe, die Rechtsverletzung könne infolge eines Missbrauchs des Routers durch einen unberechtigten Dritten begangen worden sein. Der Beklagte habe ferner nicht dargetan, dass der Router nur unzureichend gegen einen Missbrauch von außen gesichert gewesen sei. Insbesondere habe er nicht dargelegt, dass der von ihm verwendete Router von einer Sicherheitslücke betroffen gewesen sei. Die Sicherheitslücke, auf die sich der Beklagte berufe, habe nicht alle Router des Modells „Speedport 723 V“, sondern nur die des „Typs B“ betroffen (Anlage K 8, Blatt 98). Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Rechtsverletzung einen Router des Modells „Speedport V 723 Typ B“ verwendet habe. Die Produktwarnung und die Updates zum Schluss der Sicherheitslücke seien vor der Rechtsverletzung veröffentlicht worden. Die von dem Beklagten vorgelegte Sicherheitswarnung stamme vom 03.05.2012 (Anlage B 1, Blatt 85 der Akte). Es sei äußerst unwahrscheinlich, dass sich in dem gleichen Zeitraum unabhängig von dem Zeugen [Name] ein Dritter unter Ausnutzung einer etwaigen Sicherheitslücke widerrechtlich Zugang zu dem Internetanschluss des Beklagten verschafft haben könne, um sich das streitgegenständliche Filmwerk herunterzuladen.
Sie hat gemeint, sie habe gegen den Beklagten wegen der unberechtigten öffentlichen Zugänglichmachung des Filmwerks [Name] einen nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ermittelten Schadensersatzanspruch in Höhe von 400,00 EUR. Wegen der weiteren Ausführungen zur Höhe des Schadens wird auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 27.07.2015 (Blatt 38a der Akte) verwiesen.
Darüber hinaus habe sie Anspruch auf Erstattung der Ermittlungs-, Dokumentations- und Beweissicherungskosten in Höhe von 100,00 EUR netto. Sie hat behauptet, sie habe für die Ermittlungsmaßnahmen 100,00 EUR aufgewendet (Rechnung [Name] vom 01.07.2015, Anlage K 2, Blatt 12 der Akte).
Schließlich könne sie Ersatz ihrer Aufwendungen für die vorgerichtliche Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten verlangen, die ihr auf der Grundlage einer 1,3 Geschäftsgebühr und eines Gegenstandswertes von 15.000,00 EUR mit insgesamt 865,00 EUR berechnet worden seien.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.365,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin Inhaberin der exklusiven Nutzungs- und Verwertungsrechte an den Filmwerk [Name] sei, insbesondere dass sie mit der [Name] einen entsprechenden Lizenzvertrag abgeschlossen habe und dass die [Name] zur Einräumung von Rechten befugt gewesen sei.
Er hat ferner bestritten, dass über seinen Internetanschluss Rechtsverletzungen begangen worden seien. Es hat insbesondere bestritten, dass der mitgeteilte Hashwert mit einer Datei des streitgegenständlichen Filmwerks identisch sei. Er hat behauptet, eine zweifelsfreie Identifizierung des Originals eines Werkes sei anhand eines Hashwertes nicht möglich. Der vom Ermittlungsprogramm angeblich identifizierte Chunk habe keinen urheberrechtlich geschützten Bestandteil des streitgegenständlichen Werks enthalten. Er bestreitet dass eine Datei mit diesem Hashwert über die IP-Adressen [IP] und [IP] angeboten worden sei. Die Ermittlungen, die ihn als Inhaber des Anschlusses, dem die IP-Adressen im Verletzungszeitpunkt zugewiesen gewesen sein sollen, identifiziert hätten, seien fehlerhaft. Die Software [Name] erfasse bei der Überwachung von Tauschbörsen nicht nur tatsächliche Datenübertragungen durch Up- oder Downloads, sondern auch bloße Downloadanfragen, die keine Urheberrechtsverletzungen darstellten. In dem Verfahren vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 03. Mai 2011, Az. 16 U 55/11) habe die zuverlässige Funktion der Ermittlungssoftware der [Name] nicht bewiesen werden können. Die von der Klägerin benannten Beweismittel seien nicht geeignet, die Zuverlässigkeit und Richtigkeit des Ermittlungsvorganges zu beweisen. Er bestreitet die Authentizität der vorgelegten Tabellen zu den Ermittlungsergebnissen, weil diese keinen Aussteller erkennen ließen.
Die Auskunft der [Name], dass er Inhaber des Internetanschlusses sei, dem die IP-Adressen in den fraglichen Zeitpunkten zugewiesen gewesen seien, unterliege einem Beweisverwertungsverbot. Mit dem Beschluss des Landgerichts Köln sei ausschließlich der [Name] gestattet worden, eine Auskunft über den Inhaber des Internetanschlusses zu erteilen. Sein Name und seine Adresse seien der [Name] von der [Name] auf die die Privatkundengeschäfte ab dem 01.04.2010 übertragen worden seien, mitgeteilt worden. Zu dieser Auskunft sei die [Name] aber nur berechtigt gewesen, wenn auch ihr die Auskünfte nach § 101 Abs. 9 UrhG gestattet worden wären.
Der Beklagte hat behauptet, er verfüge über einen PC, einen Laptop und ein Smartphone. Er benutzte das Internet ausschließlich für E-Mails, Online-Nachrichten, Spiele und Facebook. Er habe an den Tattagen jeweils in der Zeit von 17:30 Uhr bis 03:30 Uhr in dem [Name] in [Name] gearbeitet. Während dieser Zeit habe [Name], der bei ihm gewohnt und einen eigenen Laptop gehabt habe, auf seinen Internetanschluss zugreifen dürfen. Hierfür habe er ihm das WLAN-Passwort mitgeteilt. [Name] habe – im Folgenden unstreitig – auf Nachfrage eingeräumt, das Filmwerk über einen BitTorrent-Client gesehen zu haben. Er – der Beklagte – habe vor dem Zugang der Abmahnung keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass über seinen Internetanschluss Urheberrechtsverletzungen begangen worden seien.
Die WLAN-Verbindung werde über einen Speedport V 723 hergestellt. Der Anschluss sei durch ein 12-stelliges Passwort mit einer WPA2- Verschlüsselung gegen Zugriffe von außen gesichert. Die Speedport-Modelle 723 B seien von einer schweren Sicherheitslücke betroffen, Diese Schwachstelle ermögliche es einem Angreifer, der sich innerhalb der Reichweite des Funknetzes aufhalte, sich unbefugt einen Zugang zu dem WLAN zu verschaffen.
Das Amtsgericht Kiel hat mit dem am 20.11.2015 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Der Beklagte hafte nicht auf Schadensersatz, weil nicht feststehe, dass er selbst das Filmwerk [Name] zum Download bereitgestellt habe. Es bestehe die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, weil der Beklagte vorgetragen habe, sein damaliger Mitbewohner [Name] habe ihm gegenüber eingeräumt, dass Filmwerk über seinen Internetanschluss zum Download angeboten zu haben. Der Beklagte hafte auch nicht als Störer. Er sei nicht verpflichtet gewesen, seinem Mitbewohner vor der Überlassung des Internetanschlusses darauf hinzuweisen, keine Rechtsverstöße im Internet zu begehen.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung nur noch ihre streitigen Aufwendungsersatzansprüche über 965,00 EUR. Sie rügt mit ihrer Berufung einen Rechtsverstoß. Das Amtsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Beklagte für die über seinen Internetanschluss begangene Verletzung des Nutzungsrechts nicht als Störer einzustehen habe.
Den unterbliebenen Hinweis des Beklagten gegenüber seinem damaligen Besucher auf das Verbot der Nutzung von Internet-Tauschbörsen zum Zweck des illegalen Einstellens urheberrechtlich geschützten Materials habe das Amtsgericht rechtsfehlerhaft nicht als Verhaltenspflichtverletzung des Beklagten gewertet. Der Beklagte habe durch die Überlassung seines Internetanschlusses an seinen Mitbewohner [Name] die Begehung des streitgegenständlichen Urheberrechtsverstoßes hierüber ermöglicht und damit einen kausalen Beitrag zu dem in Rede stehenden Urheberrechtsverstoß geleistet. Der BGH (Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – „Sommer unseres Lebens“) habe die Haftung des Inhabers eines ungesicherten WLAN Anschlusses auch ohne konkreten Anlass bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses mit der Begründung bejaht, es sei nicht ganz unwahrscheinlich, dass unberechtigte Dritte einen unzureichend gesicherten WLAN-Anschluss benutzten, um urheberrechtlich geschützte Werke im Internet in Tauschbörsen einzustellen. Eine Belehrungspflicht des Anschlussinhabers habe der BGH bei Überlassung des Internetanschlusses an volljährige Dritte nur unter der zusätzlichen Voraussetzung abgelehnt, dass es sich bei den Dritten um Familienmitglieder des Anschlussinhabers handele.
Die Frage, ob eine Belehrungspflicht des Anschlussinhabers auch bei Überlassung des Anschlusses an volljährige Dritte, die nicht Familienangehörige des Anschlussinhabers seien, abzulehnen sei, habe er offen gelassen. Die Nutzung eines Internetanschlusses zu rechtswidrigem Filesharing sei keine ganz fernliegende Nutzung, an die der Anschlussinhaber nicht zu denken bräuchte. Vielmehr sei zumindest die abstrakte Kenntnis der Tauschbörsenproblematik unter Internetnutzern weit verbreitet. Darüber hinaus habe ein Anschlussinhaber die Vornahme von Filesharing-Urheberrechtsverletzungen über seinen Anschluss umso mehr zu befürchten, wenn sich der seinem Anschluss mit benutzende Dritte – wie hier – nur vorübergehend in Deutschland aufhalte und Filesharing-Handlungen im Heimatland des Dritten rechtlich nicht verfolgt würden.
Mit weiterem Schriftsatz vom 05.04.2016 trägt sie vor, es sei zwar zutreffend, dass ihr der Gegenbeweis für die täterschaftliche Verantwortlichkeit des Beklagten nicht gelungen sei. Das führe aber nicht dazu, dass eine Haftung des Beklagten für die über seinen Anschluss erfolgte Urheberrechtsverletzung ausscheide. Insbesondere scheide eine Haftung nicht wegen Fehlens einer kausalen Pflichtverletzung des Beklagten aus. Denn die ernsthaft möglichen Geschehensabläufe, die zu der streitgegenständlichen Rechtsverletzung geführt haben könnten, seien auf diejenigen beschränkt, die der Beklagte zur Erschütterung der Tätervermutung im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkret aufgezeigt habe. In dem erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten seien konkrete Umstände zu einer möglichen Alleintäterschaft eines anderen Nutzers nur in Bezug auf den Mitbewohner [Name] dargelegt worden. Die ernsthafte Möglichkeit einer Alleintäterschaft eines weiteren Nutzers habe der Beklagte erstinstanzlich gerade nicht konkret dargetan. Sofern der Beklagten erstmalig in der Berufungsinstanz pauschal darauf verweise, der Zeuge [Name] habe den Internetanschluss einem Dritten zur Nutzung überlassen, könnte diese namentlich nicht benannte Person einen Rechtsverstoß hierüber, entgegen der ausdrücklichen Einlassung des Zeugen [Name], vorgenommen haben könnte, ist er mit diesen – ohnehin völlig unsubstantiierten – Vortrag in der Berufungsinstanz ausgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Kiel vom 20.11.2015, Aktenzeichen 120 C 77/15, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 965,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.Er meint, seine Störerhaftung scheitere schon daran, dass die Klägerin die Rechtsverletzung durch seinen Mitbewohner [Name] nicht bewiesen habe. Zulasten des Zeugen [Name]; streite keine Tätervermutung. Der Zeuge [Name]; habe die Rechtsverletzung ihm – dem Beklagten – gegenüber zwar zugegeben, es entziehe sich aber seiner tatsächlichen Kenntnis, ob die Behauptung des Zeugen [Name] der Wahrheit entspreche. Es könne auch sein, dass der Zeuge [Name] einem Dritten Zugriff auf das Internet eingeräumt habe.
Eine Störerhaftung komme aber auch dann nicht in Betracht, wenn der Zeuge[Name], die Rechtsverletzung begangen haben sollte. Die Haftung eines Anschlussinhabers als Störer setze die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Der Umfang dieser Prüfpflichten bestimme sich danach, ob und inwieweit dem Anschlussinhaber nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten sei. Bei einer Wohngemeinschaft bestehe keine anlasslose Verpflichtung, den Mitbewohner zu belehren. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze zu erwachsenen Familienangehörigen seien insoweit auch auf Mitbewohner anzuwenden (OLG Frankfurt am Main, GRUR- RR 2008,73 [74]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. März 2013, Az. 20 U 63/12, zitiert juris Rn. 29).
Er behauptet nunmehr, sein Mitbewohner [Name] sei bei ihm Untermieter gewesen. Er meint, er habe mit der Untervermietung aber keine Verpflichtung zur Aufsicht übernommen. Prüfungs- und Kontrollpflichten könne der Hauptmieter, der die Räumlichkeiten und den Internetanschluss einem Mieter überlasse, zudem nicht erfüllen, wolle er nicht die im Rahmen des Mietverhältnisses geschuldete Unverletzlichkeit der Privatsphäre des Mieters verletzen. Eine Belehrungspflicht setze zudem voraus, dass die Überlassung des Anschlusses an einen Mitbewohner eine wahrscheinliche Gefährdung mit sich bringe, die es zu unterbinden gelte. Er habe jedoch mit einer Rechtsverletzung durch seinen Mitbewohner nicht rechnen müssen, weil aus dem Untermietverhältnis Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Untermieters folgten, die auch die ordnungsgemäße und rechtmäßige Nutzung des Internetanschlusses umfassten (so auch LG Köln, Urteil vom 14. März 2013, Az. 14 0 320/12, AG Leipzig, Urteil vom 07.08.2015, Az. 106 C 119/15, AG Bochum, Urteil vom 16.04.2014, Az. 67 C 57/14). Die Rechtsprechung des BGH zum ungesicherten WLAN-Anschluss sei auf diesen Fall nicht übertragbar, weil es dort um den Missbrauch durch unberechtigte Personen gegangen sei.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Das Amtsgericht hat die Klage zurecht abgewiesen.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch aus § 97a Abs. 1 und Abs. 3 UrhG auf Erstattung der Aufwendungen für die anwaltliche Abmahnung. Die Abmahnung war nicht begründet. Denn die Klägerin hat nicht bewiesen, dass gegen den Beklagen ein Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG bestand und er zur Abgabe der strafbewerten Unterlassungserklärung verpflichtet war.
1.
Der Beklagte haftet nicht als Täter oder Teilnehmer wegen des öffentlichen Zugänglichmachens des Filmwerks [Name] auf Schadensersatz in Höhe von 500,00 EUR.
Die Klägerin ist zur Behauptung, der Beklagte habe das Filmwerk über seinen Internetanschluss mittels eines Filesharingprogramms öffentlich zugänglich gemacht, beweisfällig geblieben. Der Beklagte hat diese Behauptung in zulässiger Weise bestritten. Er hat seine ihm obliegende sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem er mit seinem damaligen Mitbewohner [Name] eine Person mit ihrer ladungsfähigen Adresse namhaft gemacht hat, die ebenfalls als Täterin der Verletzungshandlung in Betracht kommt.
Es ist zwischen den Parteien als unstreitig zugrunde zu legen, dass der damalige Mitbewohner des Beklagten, [Name], das Filmwerk [Name] über einen BitTorrent-Client heruntergeladen hat. Damit hat er das Filmwerk auch öffentlich zugänglich gemacht. Denn ein BitTorrent-Client ist ein Filesharing Programm zum Austausch von Dateien über das Internet. Für das Ansehen eines Films über einen solchen Client ist das vorherige Herunterladen (Download) des Filmwerks zwingend erforderlich, wodurch das Filmwerk zugleich anderen Nutzern dieses Filesharing-Programms zum Heruntergeladen angeboten wird, was ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG darstellt. Soweit der Beklagte erstmals mit der Berufungserwiderung vortragen lässt, sein Mitbewohner [Name] sei sein Untermieter gewesen und bestritten hat, dass dieser das Filmwerk öffentlich zugänglich gemacht habe, ist dieser Vortrag nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht zugrunde zu legen. Es handelt sich um neuen, von der Klägerin bestrittenen Vortrag, der nicht nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen ist.
Die Klägerin hat aber auch eine Beteiligung des Beklagten an einer von dem damaligen Mitbewohner oder einem anderen Dritten begangenen Rechtsverletzung nicht dargetan. Als Teilnehmer haftet eine Person, wenn diese zur Rechtsverletzung anstiftet, also vorsätzlich einen anderen zur Begehung der Rechtsverletzung bestimmt, oder vorsätzlich einen Beitrag zur Tat eines anderen, also Beihilfe, leistet. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere hat der Beklagte keinen Tatbeitrag geleistet, indem er seinem Mitbewohner den Zugang zu seinem Internetanschluss gewährte. Das Zurverfügungstellen des Computers oder der Internetverbindung ist sozial adäquat und gehört zum erlaubten Risiko, solange der Beklagte nicht mit Rechtsverletzungen durch den Benutzer rechnen musste. Dass der Beklagte voraussehen musste, dass sein Mitbewohner mit Hilfe eines Filesharingprogramms über den Internetanschluss ein Filmwerk öffentlich zugänglich macht, hat die Klägerin nicht dargelegt.
2.
Der Beklagte hat aber auch sonst – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – nicht irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen (Störerhaftung). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, Urteil vom 16.05.2013, I ZR 216/14, „Kinderhochstühle im Internet II“, GRUR 2013, 1229 [1231], Rn. 34, zitiert Beck-online). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Verhaltenspflichten voraus. Hierzu gehören neben den sog. Prüf- auch Belehrungspflichten. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit die als Störerin in Anspruch genommenen Person nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung ihrer Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. 05.2010, I ZR 121/08, „Sommer unseres Lebens“, NJW 2010, 2061 [2062] Rn. 19 m. N., zitiert Beck-online) oder eine Obliegenheit zur Überwachung des Benutzerverhaltens oder zur Belehrung trifft (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2014, 1 ZR 169/12, „BearShare“ GRUR 2014, 657 [659], Rn. 27, zitiert Beck-online).
a)
Der Beklagte hatte gegenüber seinem früheren Mitbewohner keine Aufsichtspflicht. Eine Belehrung oder Überwachung von volljährigen Personen ist grundsätzlich entbehrlich, weil sie – anders als bei minderjährigen Kindern, bei denen eine Belehrung wegen des vermuteten Fehlens eigener Urteilskraft notwendig ist – aufgrund eigener Einsicht und Verantwortlichkeit handeln (Borges, in: NJW 2014, 2305 [2308], zitiert Beck online). Im Kern geht es bei Schutzrechtsverletzungen über Internetanschlüsse um das Vertrauen in die Einhaltung von Rechtsnormen durch Dritte.
Dieses Vertrauen ist grundsätzlich gerechtfertigt, soweit es nicht durch besondere Verdachtsmomente widerlegt wird oder die besondere Gefährlichkeit des Gegenstands zu besonderen Schutzmaßnahmen gegen rechtswidriges Verhalten zwingt (Borges, in: NJW 2014, 2305 [2307], zitiert Beck-online).
Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass der Beklagte damit rechnen musste, dass sein Bewohner den Internetanschluss nutzen wird, um urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich zu machen. Mit der Überlassung des Internetanschlusses hat der Beklagte keine Gefahrenlage geschaffen. Ein Internetanschluss ist eine Versorgungseinrichtung, die im privaten Bereich in gleicher Weise wie ein Telefonanschluss Gästen bei Bedarf zur Verfügung gestellt wird (von Ungern – Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck-online unter Hinweis auf T. Koch, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 08.01.2014 I ZR 169/12 „BearShare“ in: juris PR-ITR 16/2014 Anm. 4). Eine Gefahr kann erst haftungsbegründend werden, wenn sich die naheliegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (BGH, Urteil vom 25.02.2014, VI ZR 299/13, 2104 [2105] Rn. 9, zitiert Beck-online; von Ungern – Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck-online).
Die Kammer teilt die Auffassung des Landgerichts Hamburg nicht, eine Belehrung durch den Anschlussinhaber sei dahingehend geboten, dass eine Nutzung von so genannten Internet-Tauschbörsen zum illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials wie insbesondere Filmen, Musik oder Computerspielen zu unterbleiben habe, weil eine Nutzung eines überlassenen Internetanschlusses zu rechtswidrigem Filesharing keine ganz fernliegende Nutzung sei, an die der Anschlussinhaber nicht zu denken bräuchte (LG Hamburg, Urteil vom 20. März 2015, Az. 310 S 23/14, Rn. 18, zit. Juris). Das Landgericht Hamburg verweist zur Begründung seiner Auffassung auf eine weit verbreitete abstrakte Kenntnis der Tauschbörsenproblematik unter Internetnutzern und auf die Schutzbedürftigkeit des Urheberrechts. Indessen ist die Kammer der Auffassung, dass eine allgemeine Missbrauchgefahr nicht auch eine allgemeine Überwachungs- oder Belehrungsobliegenheit gegenüber volljährigen Personen begründen kann. Ein Anschlussinhaber haftet grundsätzlich nicht als Störer für Urheberrechtsverletzungen Dritter, denen er den Zutritt in seinen Wohnbereich und damit verbunden die Nutzung seines Internetanschlusses gestattet hat, wenn er keine konkreten Anhaltspunkte für einen Missbrauch hatte (von Ungern – Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck-online).
b)
Es bestand auch keine Belehrungsobliegenheit des Beklagten gegenüber seinem erwachsenen Mitbewohner. In seiner „BearShare“-Entscheidung hat der BGH zur Beurteilung, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung einer Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten sei, auch berücksichtigt, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruhte. Im Unterschied zum Sachverhalt, der jener Entscheidung zugrunde lag, bestand zwischen dem Beklagten und seinem Mitbewohner keine solche Verbundenheit. Indessen kann nicht angenommen werden, bei Fehlen einer familiären Bindung oder eines besonderen Vertrauensverhältnisses sei eine Belehrung von erwachsenen Personen grundsätzlich geboten, damit der Anschlussinhaber seinen Verkehrspflichten genüge. Wer anderen Zutritt in seinen privaten Wohnbereich gestattet, in dem er einen Internetanschluss unterhält, darf bei volljährigen Personen im Allgemeinen davon ausgehen, dass sein Vertrauen nicht missbraucht wird (von Ungern – Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck online).
Dieses Vertrauen ist grundsätzlich gerechtfertigt, soweit es nicht durch besondere Verdachtsmomente widerlegt wird (Borges, in: NJW 2014, 2305 [2307]). Solche Anhaltspunkte bestehen grundsätzlich nicht, solange dem Anschlussinhaber keine früheren Verletzungen dieser Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind oder hätten bekannt sein können (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.03 2013, Az. 1-20 U 63/12, Az. 20 U 63/12, zit. Juris Rn. 29; OLG Frankfurt, Beschluss vom 20.12.2007, Az. 11 W 58/07, zit. Juris Rn. 16). Solange keine Umstände vorliegen, die den Verdacht eines rechtswidriges Verhaltens begründen, kann der Anschlussinhaber davon ausgehen, dass jeder Erwachsene weiß, dass es verboten ist, das Internet für Urheberrechtsverletzungen zu nutzen, und dass sich sein Gast dementsprechend verhält. Es wäre dem Anschlussinhaber unzumutbar, anders als etwa bei der Nutzung des Telefonanschlusses, beim Internetanschluss ein besonderes Misstrauen zu entwickeln und offen zu legen (von Ungern – Sternberg, in: GRUR 2015, 205 [217], zitiert Beck online).
Ferner ist zu berücksichtigen, dass eine solche Belehrungspflicht nicht auf das Unterlassen von rechtswidrigem Filesharing zu beschränken wäre, sondern anlasslos auch für andere rechtswidrige Nutzungen und Verhaltensweisen zu gelten hätte. Das würde zu einer unzumutbaren Ausweitung von Belehrungs- und Überwachungspflichten führen. Es wäre nicht nur darüber zu belehren, dass bei einer Nutzung von Verkaufsplattformen, sozialen Medien oder anderen Diensten kein urheberrechtlich geschützte Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht oder auf andere Weise genutzt werden dürften. Vielmehr wären zur ordnungsgemäßen und vollständigen Belehrung weitere rechtswidrige Handlungen bei der Internetnutzung, wie Straftaten gegen die Ehre bei der Benutzung von Internetmedien (Twitter, WhatsApp Web) oder eine Beteiligung an Straftaten, in Betracht zu ziehen. Um seiner Belehrungspflicht zu genügen, müsste der dem Nutzer bei jeder auch nur vorübergehenden Überlassung des Internetzugangs an Dritte Auskunft über die beabsichtigte Nutzung verlangen, um die Notwendigkeit und den Umfang einer Belehrung ermessen zu können. Das ist nicht mehr verhältnismäßig.
Die Überlassung eines Internetanschlusses an einen Dritten zur selbstständigen Nutzung ist mit dem Betrieb eines unzureichend gesicherten WLAN-Netzes nicht vergleichbar. Denn der Anschlussinhaber geht mit dem Betrieb eines ungesicherten WLAN-Anschlusses das Risiko ein, dass sich eine ihm unbekannte und unbestimmte Zahl von Personen einen nicht kontrollierbaren Zugang zu seinem Internetanschluss verschafft. Im Unterschied zur Gestattung des Internetzugangs für Dritte in den Räumen des Anschlussinhabers an ihn namentlich bekannte Personen besteht für den Anschlussinhaber eines ungesicherten WLAN-Anschlusses keine Möglichkeit, diesen Zugang zum Internet und dessen Nutzung zu überwachen oder die Nutzer nach Rechtsverletzungen namhaft zu machen.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Die Anordnung zur der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
III.
Die Zulassung der Revision erfolgt aufgrund von § 543 Abs. 1, Abs, 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, weil durch den Bundesgerichtshof bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden worden ist, ob der Inhaber eines Internetanschlusses vor dessen Überlassung an einen volljährigen Dritten diesen über die Grenzen der rechtlich zulässigen Nutzung zu belehren hat. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob und inwieweit seine Ausführungen zur Störerhaftung des Anschlussinhabers bei einer Überlassung des Internetanschlusses an andere ihm nahestehende volljährige Personen wie etwa Freunde oder Mitbewohner entsprechend gelten, bislang offengelassen (BGH, Urteil vom 08.01. 2014 – I ZR 169/12 – „BearShare“, Rn. 28, zit. Juris).
IV.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2, § 48 GKG.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Landgericht Flensburg
Südergraben 22
24937 Flensburgeinzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben. (…)
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LG Flensburg, Urteil vom 27.05.2016, Az. 8 S 48/15
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