Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Rechteinhaber gewinnen Berufung in Tauschbörsenverfahren vor dem Landgericht Bochum – Beklagte genügt der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast auch in zweiter Instanz nicht

21:57 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Am 08.11.2017 hatte WALDORF FROMMER NEWS bereits über ein Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 22.08.2017 (Az. 65 C 354/16) berichtet, in welchem die beklagte Anschlussinhaberin vollumfänglich zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Kosten des Rechtsstreits verurteilt wurde.

 

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Bericht

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Autor
Rechtsanwalt Jung-Hun Kim

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Auf die Berufung der Beklagten bestätigte nun das Landgericht Bochum das erstinstanzliche Urteil und hielt die Verurteilung vollumfänglich aufrecht. Auch nach Auffassung der Berufungskammer des Landgerichts ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, weshalb von ihrer eigenen Täterschaft auszugehen sei. Insbesondere habe es an konkret verletzungs- und tatzeitbezogenen Vortrag gefehlt, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit ergeben hätte, dass ausschließlich ein Dritter als Täter in Betracht kommt. Auch der Umstand, dass der einzige internetfähige Computer im Haushalt der Beklagten im Eigentum des Lebensgefährten gestanden habe, ändere hieran nichts.

„Der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht genügt. Denn es fehlt konkretes vorfallsbezogenes Vorbringen der Beklagten dazu, wer aufgrund seines Wissens und der vorhandenen technischen Ausstattung zu den konkreten Zeitpunkten der Ermittlung der IP-Adresse als Täter in Betracht kommt.

Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Allein die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Beklagten, es habe in ihrem Haushalt nur ein internetfähiges Gerät, nämlich den Laptop ihres Lebensgefährten, gegeben, ändert am Fehlen konkreten vorfallsbezogenen Vorbringens nichts. Vielmehr stellt sich die Frage, wieso dem Lebensgefährten der Beklagten, der den Laptop doch überwiegend zu beruflichen Zwecken genutzt haben soll, das Vorhandensein der entsprechenden Tauschbörsenprogramm nicht aufgefallen ist.“

Die Beklagte hat neben den zuvor genannten Forderungen und Verfahrenskosten nunmehr auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

 

LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

I-8 S 43/17

65 C 354/16
Amtsgericht Bochum

Verkündet am 15.03.2018
[Name], Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle

 

Landgericht Bochum

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

der Frau [Name], 44149 Dortmund,
Beklagten und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 5127 Mainz,

gegen

[Name],
Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,

 

hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 15.03.2018 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [Name], Richterin am Landgericht [Name] und die Richterin [Name]

für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe:

(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO)

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.08.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bochum ist zurückzuweisen. Denn die Beklagte ist gemäß § 97 UrhG zur Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten an die Klägerin verpflichtet, so dass das Amtsgericht zutreffend den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 11.08.2016 aufrechterhalten hat. Die von der Beklagten gegen dieses Urteil vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.

So ist die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten aktivlegitimiert. Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation hinreichend konkretisiert, sie hat insbesondere das Cover des streitgegenständlichen Filmwerks vorgelegt, auf dem sie als Rechteinhaberin benannt ist. Demgegenüber beschränkt sich die Beklagte auf ein einfaches Bestreiten der Aktivlegitimation der Klägerin, ohne mitzuteilen, wer, wenn nicht diese, Inhaber der fraglichen Rechte sein soll. Dieses einfache Bestreiten ist unerheblich.

Da der streitgegenständliche Film an mehreren Tagen mit unterschiedlichen IP-Adressen von dem Internetanschluss der Beklagten zum Download angeboten worden ist, kommt auch ein einfaches Bestreiten der von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzung nicht in Betracht. Denn es liegt außerhalb der Wahrscheinlichkeit, dass die Ermittlung dieser unterschiedlichen der Beklagten zugeordneten IP-Adressen auf einem Fehler des von der Klägerin eingesetzten Ermittlungsprogramms beruht.

Schließlich hat die Beklagte auch ihrer sekundären Darlegungslast nicht entsprochen. Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des BGH, insbesondere den Grundsätzen, die dieser in dem sog. „BearShare“-Urteil (I ZR 169/12 vom 08.01.2014) aufgestellt hat. Danach gilt:

Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss nutzen konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. Den Anschlussinhaber trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch entspricht, dass er vorträgt, dass und ggfs. welchen anderen Personen er Zugang zu seinem Internetanschluss gewährt hat und daher als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Hierbei ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.

Der sie nach diesen Grundsätzen treffenden sekundären Darlegungslast hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht genügt. Denn es fehlt konkretes vorfallsbezogenes Vorbringen der Beklagten dazu, wer aufgrund seines Wissens und der vorhandenen technischen Ausstattung zu den konkreten Zeitpunkten der Ermittlung der IP-Adressen als Täter in Betracht kommt. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Allein die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Beklagten, es habe in ihrem Haushalt nur ein internetfähiges Gerät, nämlich den Laptop ihres Lebensgefährten, gegeben, ändert am Fehlen konkreten vorfallsbezogenen Vorbringens nichts. Vielmehr stellt sich die Frage, wieso dem Lebensgefährten der Beklagten, der den Laptop doch überwiegend zu beruflichen Zwecken genutzt haben soll, das Vorhandensein der entsprechenden Tauschbörsenprogramme nicht aufgefallen ist.

Die Berufung war daher mit den aus §§ 97, 708 Nr. 11, 711 ZPO folgenden prozessualen Nebenentscheidungen zurückzuweisen.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung der Kammer beruht auf dem Urteil des BGH vom 08.01.2014 (I ZR 169/12).

 

[Name]

[Name]

[Name]

 

Beglaubigt
[Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Landgericht Bochum (…)

 

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LG Bochum, Urteil vom 15.03.2017, Az. I-8 S 43/17

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