AW3P-Oster-Spezial: im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs zum Thema: Abmahnungen wegen sogenannten „Bilderklau“ im Internet

10:06 Uhr

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Für viele Menschen ist das Internet mittlerweile der Ort, wo man schnell und vor allem bequem Diverses kauft oder verkauft, wo man seine Person, Hobby sowie Engagement auf Websites oder Blogs vorstellt bzw. man sich in Foren mit anderen Menschen über dies und das austauscht. Bei allen ist dabei immer eines gleich, es werden zur besseren Veranschaulichung des privaten Verkaufs, der Aussagekraft des Inhaltes der eigenen Webseite oder des Blogs bzw. des eigenen Diskussionsbeitrages – Bilder benutzt. Immer wieder liest man aber, dass man für das unbedarfte Verwenden eines Bildes per „copy & paste“ (auch Kopieren und Einsetzen) aus dem Internet durch dem Urheber oder Fotografen abgemahnt werden kann.

Dies wirft eine große Anzahl von Fragen auf. Hierzu hat AW3P seine Fragen an Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs der Hamburger Kanzlei „Dr. Wachs Rechtsanwälte“ gerichtet.

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Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs

Dr. Wachs Rechtsanwälte

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AW3P: Herr Dr. Wachs. Schön, dass Sie zur Beantwortung hinsichtlich des AW3P-Oster-Spezial Zeit gefunden haben. Immer wieder liest man von Abmahnungen im Internet durch den sogenannten „Bilderklau“ bzw. der rechtswidrigen Verwendung eines Bildes ohne Erlaubnis bzw. Lizenz des Urhebers sowie Nichtnennung des Fotografen. Warum darf man Bilder, die andere ja online stellen, nicht ohne weiteres per „copy & paste“ verwenden. Warum wird man überhaupt deswegen abgemahnt?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Ganz einfach, weil man die Rechte nicht an den Bildern hat. Der Fotograf der Bilder wird mit Schaffen der Bilder urheberrechtlich dergestalt geschützt, dass andere diese Aufnahmen nur mit dessen Einverständnis nutzen dürfen. Wer Bilder mit „copy & paste“ kopiert, und dann auf seiner eigenen Seite einstellt verletzt das Vervielfältigungsrecht (16 UrhG) und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (19a UrhG).

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AW3P: Wenn man dann doch ein Bild einfach per „copy & paste“ verwendet hat und eine  Abmahnung erhält, welche Forderungen und Ansprüche können auf einen privaten Verwender zukommen?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Dieser wird in jedem Fall abgemahnt, muss also eine Unterlassungserklärung abgeben und Anwaltskosten und Schadensersatz zahlen. Wenn das Bild nur auf einer privaten Homepage verwandt wurde, kann der Abgemahnte in die Privilegierung des, § 97a Abs. 3 S.2 kommen, wenn der Abgemahnte „eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit verwendet […]“. Dann ist der sog. Unterlassungsstreitwert, nach dem sich die Kosten des Anwalts berechnen die er gegenüber dem Abgemahnten geltend machen darf auf 1.000,00 EUR beschränkt. Das würde Anwaltskosten von über ca 130,00 EUR bedeuten. Hinzu kommt aber der Schadensersatz, der ist nicht gedeckelt und kann je nach Bild zwischen 20,00 und 1.000,00 EUR pro verwandtes Bild bedeuten.

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AW3P: Warum sind bei vielen Bilder-Abmahnungen die anwaltlichen Kosten so hoch. Gilt hierbei nicht auch die sogenannte „Deckelung“ gemäß Paragraf 97a Absatz 3 Satz 2 des Urhebergesetzes (kurz: „UrhG“)?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Die meisten Bild-Abmahnungen betreffen eBay-Händler und diese nutzen die Bilder eben für ihre geschäftliche Tätigkeit. Daher gilt die Reduzierung des Unterlassungsstreitwerts auf 1.000,00 EUR nicht. Es wird vielmehr der übliche Unterlassungsstreitwert zwischen 3.000,00 EUR und 10.000,00 EUR je nach Bild und Rechtsprechung des Gerichts angesetzt.

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AW3P: In vielen Bilder-Abmahnungen steht, dass man den Abmahner Auskunft zu erteilen hat, z.B. wie lange und für was man das Bild benutzte. Kann der Abmahner dieses überhaupt verlangen und muss man dem nachkommen?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Ja, das kann der Abmahner verlangen. Von der Dauer der Nutzung ist nämlich die Höhe des Schadensersatzes abhängig. Je länger die Nutzung, desto höher der zu zahlende Schadensersatzanspruch.

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AW3P: Herr Dr. Wachs. Sie sprachen den Unterlassungsanspruch an. Muss man unbedingt die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, kann man einfach ein Muster – z.B. wie bei illegalem Filesharing – verwenden oder sogar einfach nur die originale Unterlassungserklärung unterzeichnen, abschicken und gut?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Offen gestanden ist das Abändern der Unterlassungserklärung in Bildabmahnungsfällen oftmals nicht ganz so kritisch wie in anderen Fällen. Dies schon deshalb, weil die Rechtsverletzung als solche unstreitig ist. Es ist ratsam, die Unterlassungserklärung abzuändern; viel wichtiger ist aber, vor Abgabe der Unterlassungserklärung sicherzustellen, dass das Bild nicht mehr abrufbar ist.

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AW3P: Einige Abmahner verlangen nur die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, eine Auskunft über die Verwendung des Bildes und die anwaltlichen Gebühren nach dem Paragrafen 97a Absatz 3 Satz 2 UrhG. Das ist doch so in Ordnung, mann könnte also die originale Unterlassungserklärung abgeben, die Auskunft erteilen, die anwaltlichen Gebühren abgelten und der Rechtsstreit wäre damit erledigt. Oder?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Ja, das wäre möglich. Allerdings kommt nach der Auskunft noch der Schadensersatz auf den Abgemahnten zu und das können oftmals noch einmal mehrere Hundert Euro sein. Die größere Gefahr ist aber, dass das Bild noch in einer andern Auktion oder bei Facebook oder auch nur im Google Cache abrufbar ist, und dann eine Vertragsstrafe fällig wird. Die Gefahr geht in solchen Fällen häufiger von der Nichtkenntnis der Folgen aus. Dagegen hilft übrigens auch keine klassische Modifizierung der Unterlassungserklärung, sondern allein gute Beratung.

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AW3P: Kann ich wenigstens mittels eines Screenshot-Programms dann einen Screenshot von einem Bild anfertigen und dieses verwenden. Es wäre doch kein Original. Oder?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Nein, sie erstellen trotzdem eine Kopie, bzw. Vervielfältigen das Bild.

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AW3P: Viele Privatverkäufer auf Verkaufsplattformen erhalten Abmahnungen, obwohl man nur einem Account mit einem anonymen Nicknamen verwendet. Darf z.B. eBay die Adresse auf Verlangen des Urhebers einfach so herausgeben. Verstößt dies nicht gegen den Datenschutz sowie muss der Urheber nicht zumindest einen Richterbeschluss beantragen, ähnlich dem Paragrafen 101 Absatz 9 UrhG?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: eBay gibt Auskunft, in den meisten Fällen ist es aber so, dass die Adressen über sogenannte Testkäufe ermittelt werden.

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AW3P: Wenn ich für meinen Blog ein kostenloses Bild von einem Anbieter verwende, der kostenlos und lizenzfrei Bilder anbietet – wie zum Beispiel der Stockfoto-Anbieter: „pixelio.de“ – das geht aber dann oder muss ich schon wieder etwas dabei beachten?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Sie müssen sich immer die Nutzungsbedingungen anschauen. Oft ist die Nutzung von Bildern zur kommerziellen Nutzung nicht kostenlos, in anderen Fällen muss der Urheber angegeben werden. Es ist immer eine intensive Auseinandersetzung mit den eingeräumten Rechten erforderlich. In vielen Fällen mag es empfehlenswert sein, selber zu fotografieren.

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AW3P: Herr Dr. Wachs. Es gibt viele … – ich formuliere es vorsichtig – Bilderabmahner, die Abmahnungen in großer, sehr großer Anzahl versenden. Trauriges Beispiel hier sicherlich die Abmahnungen rund um „marions-Kochbuch.de“. Hier wurde am Amtsgericht Hamburg z.B. ermessen (Urt. v. 10.02.2009, Az. 36a C 171/08), dass bei 800 versendeten Abmahnungen dem Fotografen keine anwaltlichen Gebühren in jeden Einzelfall zustehen. Also sind alle Bildabmahnungen – Abzocke?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Bildabmahnungen sind nicht immer Abzocke. Es gibt sicher einige grenzwertige Fälle, andererseits sollte es sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass Bilder nicht einfach kopiert werden dürfen. Wer die Arbeit scheut selber ein Foto zu erstellen, muss erst einmal hinnehmen, dafür zur Kasse gebeten zu werden. Bedauerlich und falsch ist es aber immer, wenn damit durch die Rechteinhaber ein Geschäft gemacht werden soll.

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AW3P: Wenn man eine Abmahnung erhält, wird hier in der Regel ein Schadensersatz für einen Privatanbieter von ca. 60,- EUR je Bild geltend gemacht. Warum muss man dann noch einen sogenannten Verletzeraufschlag von 100 Prozent begleichen. Aber das ist dann doch eine Abzocke! Oder?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Es gibt Fälle, in denen das unverhältnismäßig ist. 120,00 EUR Schadensersatz für ein Bild halte ich aber noch für vertretbar.

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AW3P: Gestatten Sie eine Frage zu den Gerichtsentscheidungen. Warum gibt es so viele unterschiedliche Ansätze bei den Schadenersatzforderungen?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Es gibt einfach unendlich viele Variablen. Zu welchem Wert lizenziert der Fotograf üblicherweise seine Bilder? Auch mag das Gericht – möglicherweise unterbewusst wirtschaftliche Möglichkeiten berücksichtigen.

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AW3P: Herr Dr. Wachs. Warum wird bei einem Verkäufer, der z.B. seinen nicht mehr gebrauchte Kleidungsstücke auf eBay verkauft, die Einstufung durchaus als gewerblich handelnd vorgenommen? Es handelt sich doch um eine private Verkaufsauktion. Welche Folgen kann dieses für eine Privatperson haben. Eine z.B. Deckelung der anwaltlichen Gebühren sollte aber noch möglich sein. Oder?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Die Rechtsprechung ist sehr schnell darin eine gewerbliche Tätigkeit anzunehmen, da können schon 12 Verkäufe im Monat reichen. Bei einer gewerblichen Tätigkeit ist die Deckelung wohl ausgeschlossen.

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AW3P: In diversen Internetforen liest man vereinzelt, dass man diese Art von Abmahnungen getrost ignorieren kann und nicht reagieren muss. Stimmt das?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Eine klare Antwort mit zwei Buchstaben: „Nö“. Ein Ignorieren bedeutet oftmals weitere erhebliche Kosten wie für eine einstweilige Verfügung und eine folgende Abschlusserklärung. Das kann die Kosten schnell verdreifachen.

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AW3P: Ist es denn unbedingt erforderlich einen Anwalt für eine Bilderabmahnung zu beauftragen?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Nein, das ist es sicher nicht. Ich halte einen Anwalt für die Verhandlungen über die Höhe des Schadensersatzes und des Streitwerts sowie zur Vermeidung eines Verwirkens einer Vertragsstrafe allerdings für sinnvoll.

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AW3P: Ein Bild – hier bin ich ja selbst der Urheber und Fotograf – von z.B. etwas übertrieben von meiner Nachbarin beim Oben-ohne-Sonnenbad ist aber dann erlaubt, frei im Internet zu verwenden. Oder muss ich hier wieder etwas beachten?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Sie müssen die Rechte Dritter genauer in ihrem Beispiel die Persönlichkeitsrechte Ihrer Nachbarin beachten. Diese muss einer Veröffentlichung der Fotografie vorher zustimmen.

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AW3P: In der heutigen Zeit ist alles ach so gefährlich. An meinem Haus werde ich eine Überwachungskamera anbringen und dann z.B. einen notorischen „Rasen-Latscher“ mittels Bild auf meinem Blog veröffentlichen und das „Rasen-Latscher“ anprangern. Dagegen darf doch nichts einzuwenden sein?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Bereits aus dem Wort Pranger kann man erahnen, dass das Ganze Persönlichkeitsrechte wohl verletzen dürfte, was es natürlich auch tut. Sie dürfen niemanden Bild ohne dessen Einwilligung ins Internet stellen. Das verletzt das Recht des Abgebildeten am KUG (bzw. des Persönlichkeitsrechts). Der Abgebildete kann auf Unterlassung, und wenn das Bild die Intimsphäre betrifft, sogar auf Schmerzensgeld klagen.

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AW3P: Herr Dr. Wachs. Welche Faustregel sollte man bei Verwendung eines Bildes für seine private Verkaufsauktion, Homepage, Blog oder Forum beachten?

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Nur Bilder verwenden, die man selber fotografiert hat oder bei denen man sicher ist, die Rechte an der konkreten Verwendung zu haben. Erst Recherchieren, dann verwenden!

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AW3P: Ich bedanke mich bei Ihnen und wünschen Ihnen, Ihrer Kanzlei und Familie ein frohes und gesegnetes Osterfest.

Rechtsanwalt Dr. Alexander Wachs: Das wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben sowie natürlich allen Lesern des Blogs auch.

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