Wilde, Beuger, Solmecke (Köln): Filesharing Sieg gegen Waldorf Frommer – Das Amtsgericht Hannover schützt Arbeitgeber

23:13 Uhr

In einem von unserer Kanzlei geführten Filesharing Verfahren hat das Amtsgericht Hannover klargestellt, dass ein Arbeitgeber nicht für seine Mitarbeiter haftet. Es hat daher eine Klage von Waldorf Frommer abgewiesen.

 

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Rechtsanwalt Christian Solmecke, LL. M.

 

WILDE BEUGER SOLMECKE Rechtsanwälte GbR

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Tel.: 0221 / 951 563 0 | Fax: 0221 / 400 675 52
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Bericht

Link:
https://www.wbs-law.de/abmahnung-filesharing/filesharing-sieg-ag-hannover-schuetzt-arbeitgeber-75722/

Urteil als PDF:
https://www.wbs-law.de/wp-content/uploads/2017/11/SKM_C754e17111313470.pdf

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Die Kanzlei Waldorf Frommer aus München hatte den Inhaber eines Internetanschlusses wegen illegalen Filesharing des Films „Breaking Dawn – Bis zum Ende der Nacht 1“ abgemahnt. Die Abmahnung erfolgte im Auftrag der Tele München Fernseh GmbH & Co. Produktionsgesellschaft.

Demgegenüber berief sich unser Mandant darauf, dass sowohl seine bei ihm lebende Ehefrau als auch seine Mitarbeiter Zugriff auf seinen Internetanschluss haben. Seine Arbeitnehmer hätten dabei eine weitere Fritzbox nutzen dürfen, die ausschließlich geschäftlich genutzt worden sei. Seine Frau habe über ihr eigenes Notebook Zugriff genommen. Insofern könnten auch Dritte die ihm zur Last gelegte Urheberrechtsverletzung begangen haben.

Waldorf Frommer verklagte unseren Mandanten gleichwohl auf Schadensersatz in Höhe von 600,00 Euro sowie Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 506,00 Euro.

Das Amtsgericht (AG) Hannover wies jedoch die Klage von Waldorf Frommer mit Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17 ab. Eine Heranziehung des Ehemanns als Anschlussinhabers zum Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG scheidet aus. Denn zumindest eine seiner Arbeitnehmer nutzte seinen Anschluss regelmäßig für buchhalterische Tätigkeit. Hierzu gehörte die Ausführung von Online-Überweisungen. Ebenso bestehen keine Zweifel daran, dass die Ehefrau den Internetanschluss ihres Mannes genutzt hat. Dass alle Familienmitglieder auf einen Internetanschluss Zugriff haben, entspricht heutzutage der allgemeinen Lebenserfahrung. Aufgrund dessen sieht das Gericht die Täterschaftsvermutung gegenüber dem Anschlussinhaber als entkräftet an.

Darüber hinaus braucht der Anschlussinhaber nicht für die Abmahnkosten nach § 97a UrhG aufzukommen. Denn eine Haftung als Störer scheidet aus. Dies ergibt sich zunächst einmal daraus, dass er seine Mitarbeiter hinreichend belehrt hatte. Seine Arbeitnehmer hätten alle eine entsprechende Erklärung unterschrieben. Darüber hinaus habe er auch seine minderjährigen Kinder hinreichend belehrt gehabt.

 

„Afterlife“-Entscheidung zum Filesharing unter Eheleuten

Diese Gerichtsentscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. In der „Afterlife“-Entscheidung (BGH, 06.10.2016 – I ZR 154/15) hatte der BGH festgestellt, dass Nachforschungen lediglich auf einen möglichen Zugriff potentieller Täter und deren Namen bezogen sind. Für Verheiratete genügt es daher, wenn sie dem Gericht mitteilen, dass der Ehepartner eigenständig Zugriff auf den Computer hatte. Weitergehende Nachforschungen sind dem Anschlussinhaber nicht zuzumuten. Näheres können Sie diesem Beitrag entnehmen:

„Grundsatzentscheidung des BGH – Anschlussinhaber muss nicht bei Ehepartner nachforschen“.

 

Amtsgericht Charlottenburg zum Filesharing am Arbeitsplatz: Arbeitgeber haftet nicht

Dass Arbeitgeber nicht für Filesharing ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz haften, ergibt sich aus einer Entscheidung des Amtsgerichtes Charlottenburg (AG Charlottenburg, Urteil vom 08.06.2016, Az. 231 C 65/16). Das Gericht zog dabei in Zweifel, ob die für private Internetanschlüsse geltende Täterschaftsvermutung auch für die geschäftliche Nutzung gilt. Dies gilt zumindest dann, wenn sich dieser außerhalb der Wohnung in einer Werkstätte befindet. Darüber hinaus hatte der Arbeitgeber seiner sekundären Darlegungslast genügt. Denn er hatte sich darauf berufen, dass sein Mitarbeiter ebenfalls Zugriff auf seinen Internetanschluss gehabt hatte. Dies sah das Gericht als ausreichend an. Näheres können Sie unserem folgenden Text entnehmen:

„Haftet Chef für Filesharing am Arbeitsplatz? AG Charlottenburg schränkt Haftung ein.“

 

Fazit:

Neben Familien und Eheleuten sollten sich vor allem auch Arbeitgeber gegen den Vorwurf des illegalen Filesharings zur Wehr setzen. Zu Recht verweist das AG Hannover zudem daraus, dass Internetanschlüsse normalerweise auch von Ehegatten und Kindern als Familienanschluss benutzt werden. Diesen Realitäten in Familien und am Arbeitsplatz müssen die Gerichte hinreichend Rechnung tragen.

 

Über weitere gewonnene Filesharing-Verfahren unserer Kanzlei können Sie sich unter folgendem Link informieren:

Siegreiche Filesharing-Verfahren der Kanzlei WBS

 

 

 

AG Hannover, Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17

 

(…)

Amtsgericht
Hannover

543 C 5612/17

Verkündet am 07.11.2017
[Name], als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

 

Im Namen des Volkes

Urteil

 

in dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf pp., Beethovenstraße 12, 80336 München,

gegen

[Name],
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Wilde, Beuger, Solmecke, Kaiser-Wilhelm-Ring 27 – 29, 50672 Köln,

wegen Forderung

 

hat das Amtsgericht Hannover – Abt. 543 – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Inhaber eines Internetanschlusses unter der Anschrift „[Name]“. Der Internetanschluss besteht aus 2 Fritzboxen, die über eine Site-to-SiteVPN verbunden sind. Eine Fritzbox nutzt der Beklagte ausschließlich geschäftlich, die zweite Fritzbox wird sowohl geschäftlich als auch privat genutzt. Im November 2012 hat unter der Anschrift des Beklagten ebenfalls dessen Ehefrau, die Zeugin [Name] gewohnt.

Über die geschäftlich genutzte Fritzbox hatten auch die Mitarbeiter des Beklagten Zugriff auf den Internetanschluss.

Die Klägerin behauptet,
der Beklagte habe von seinem Internetanschluss am 19.11.2012 um 20.45 Uhr bzw. 20.51 Uhr eine Urheberrechtsverletzung begangen, indem er das Filmwerk „[Name]“ oder Teile davon zum Herunterladen zur Verfügung gestellt habe. Die Klägerin behauptet, sie sei die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem streitgegenständlichen Filmwerk.

Die Ermittlung der Urheberrechtsverletzung sei durch die Firma ipoque GmbH mittels des Software-Programmes PFS ordnungsgemäß erfolgt. Mit Schreiben vom 18.01.2013 sei der Beklagte – unstreitig – abgemahnt worden.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen sollte, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2015 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt weiter,
die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite 506,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2015 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er bestreitet, eine Urheberrechtsverletzung begangen zu haben. Die Ermittlungen der Firma ipoque GmbH seien nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Wegen der weiteren Parteivortrags im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der prozessleitend geladenen Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 30.10.2017 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR aus § 97 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz und auf Zahlung der anwaltlichen Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR aus § 97a Urheberrechtsgesetz.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung am 19.11.2012 durch die Firma ipoque GmbH ordnungsgemäß hat ermitteln lassen. Die Klägerin kann sich zum Beweis der Täterschaft des Beklagten nicht auf eine tatsächliche Vermutung stützen. Zwar besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das illegale Angebot zum Download einer geschützten Datei verantwortlich ist. Diese tatsächliche Vermutung, die zu Lasten des Beklagten sprechen könnte, ist jedoch in diesem Fall von ihm entkräftet worden. Es besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter und nicht der Anschlussinhaber den Internetanschluss für die behauptete Urheberrechtsverletzung genutzt hat.

Der Beklagte hatte im November 2012 über seinen Internetanschluss zwei Fritzboxen laufen. Die von ihm geschäftlich eingesetzte Fritzbox konnte von seinen Mitarbeitern genutzt werden.

So war die Zeugin [Name] alle zwei Wochen im Betrieb des Beklagten vor Ort und hat dort buchhalterische Tätigkeiten erledigt, zu denen auch die Durchführung von Überweisungen gehörte. Insofern war der von ihr genutzte PC für eine Internetnutzung freigeschaltet.

Dies hat die Zeugin [Name] nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei bestätigt. Es bestehen keine Bedenken an der Glaubwürdigkeit der Zeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben.

Darüber hinaus hat der Beklagte unstreitig vorgetragen, dass die Zeugin ebenfalls die Möglichkeit hatte, von zu Hause aus auf den geschäftlichen Anschluss des Beklagten Zugriff zu nehmen. Es kann offenbleiben, ob dies tatsächlich so ist bzw. ob der Zeugin dies überhaupt bekannt war, was der Beklagte selbst bezweifelte.

Weiterhin hat auch die Zeugin [Name] als Ehefrau des Beklagten glaubhaft bekundet, dass sie mit einem eigenen Notebook selbstständig und ungehindert Zugriff zu dem Internetanschluss des Beklagten hatte. Es entspricht auch der Lebenserfahrung, dass ein vorhandener Internetanschluss innerhalb einer Familie von allen Mitgliedern genutzt wird.

Vor diesem Hintergrund ist der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen und hat die tatsächliche Vermutung, die für seine Täterschaft spricht, erschüttert.

Eine Störerhaftung des Beklagten scheidet ebenfalls aus, denn er hat nachvollziehbar dargelegt, dass er nicht nur seine minderjährigen Kinder ständig darüber belehrt habe, was erlaubt sei und was nicht. Vielmehr hat er auch seine Mitarbeiter belehrt und sich von diesen eine entsprechende Erklärung unterschreiben lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Dem Beklagten brauchte auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.10.2017 keine Nachlassfrist bewilligt zu werden, weil er keinen neuen Sachvortrag enthielt.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht Hannover,
Volgersweg 65,
30175 Hannover.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Berufung in diesem Urteil zugelassen hat. Zur Einlegung der Berufung ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Berufung wird durch Einreichung einer Berufungsschrift eingelegt Die Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.

[Name]
Richterin am Amtsgericht (…)

 

 

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AG Hannover, Urteil vom 07.11.2017, Az. 543 C 5612/17

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