Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Amtsgericht Charlottenburg – Der pauschale Verweis auf eine vermeintliche Sicherheitslücke am WLAN Router in Tauschbörsenverfahren ist nicht ausreichend (keine „echte“ Mehrfachermittlung)

16:42 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die beklagte Anschlussinhaberin verteidigte sich im genannten Verfahren damit, dass sich der streitgegenständliche Internetanschluss nicht bei ihr zuhause, sondern in ihrem Geschäft befunden habe, in dem auch Geldtransfergeschäfte angeboten würden. Generellen Zugriff auf den Anschluss hätten die Beklagte selbst sowie ihr Ehemann gehabt. Beide seien jedoch zum relevanten Zeitpunkt nicht im Geschäft gewesen, sondern hätten Verwandte besucht. Das Geschäft sei während dieser Zeit verschlossen gewesen. Daher müsse ihr Anschluss unter Ausnutzung einer WPS-Sicherheitslücke an ihrem Fritz!Box-Router „gehackt“ worden sein. Vorsorglich bestritt die Beklagte zudem die fehlerfreie Ermittlung ihres Internetanschlusses.

Das Amtsgericht Charlottenburg wertete dieses Vorbringen als unerheblich.

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Bericht

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Urteil als PDF:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2017/10/AG_Charlottenburg_203_C_173_17.pdf

Autorin

Rechtsanwältin Franziska Hörl

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Der Anschluss der Beklagten sei zu zwei Zeitpunkten der ermittelten IP-Adresse zugeordnet und der Klägerin beauskunftet worden. Aufgrund dessen sei ein Fehler derart fernliegend, „dass Zweifel an der Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen“.

Zudem habe das Gericht weder feststellen können, „dass der Anschluss der Beklagten nicht hinreichend gesichert ist noch, dass der Anschluss zur Tatzeit von der Beklagten Dritten zur Nutzung überlassen wurde“. Vielmehr war es unstreitig, dass der Ehemann den Anschluss zur Tatzeit nicht genutzt habe und der Anschluss mit einer WPA2-Sicherung und „weiteren Sicherheitspaketen“ geschützt war.

Den pauschalen Verweis der Beklagten auf eine vermeintliche Sicherheitslücke in dem von ihr verwendeten Router wertete das Amtsgericht Charlottenburg in diesem Zusammenhang daher als unerheblich:

„Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten sie habe einen Router der Firma Fritz!, nämlich eine Fritz!Box 7390 genutzt, bei dem im Jahr 2014 Sicherheitslücken bei der WPS-Verbindung bekannt gewesen seien, denn die Klägerin hat nicht einmal vorgetragen, dass die WPS-Verbindung am Router zur Tatzeit eingeschaltet war. […] Auch ist es nicht nachvollziehbar, dass eine Sicherheitslücke, die bereits 2013 bestanden haben soll erst 2014 entdeckt und veröffentlicht worden sein soll.“

 

Das Amtsgericht erachtete schließlich auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes für angemessen. Bei der Bemessung des Schadensersatzes sei zu berücksichtigen, „dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Films die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren“. Maßgeblich war zudem, „dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz weithin bekannter Darsteller hergestellt worden ist“.

Das Amtsgericht verurteilte daher die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.

 

 

AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2017, Az. 203 C 173/17

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

 

Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil

 

Geschäftsnummer: 203 C 173/17
verkündet am: 29.08.2017

In dem Rechtsstreit

[Name],
Klägerin,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München, –

gegen

die Frau [Name], 10961 Berlin,
Beklagte,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 14052 Berlin, –

 

hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 203, auf die mündliche Verhandlung vom 20.07.2017 durch die Richterin am Amtsgericht [Name]

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 506,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2015 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Verwertungsrechte an dem Film [Name] für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

Die Firma Digital Forensics GmbH ermittelte, dass von der IP-Adresse [IP] am [Datum] [Uhrzeit]Uhr und um [Uhrzeit] Uhr der Film [Name] zumindest in Teilen zum öffentlichen Download angeboten wurde. Die Klägerin beantragte sodann beim Landgericht [Name] die Auskunft des Providers [Name] wer zu den vorgenannten Zeiten Inhaber des Anschlusses mit ermittelten IP-Adressen gewesen sei. Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts [Name] zum Geschäftszeichen [Az.] erteilte der Provider zu den Anfragen, dass die Beklagte Anschlussinhaberin sei.

Mit Schreiben vom [Datum] (Bl. 38 bis 43 d.A.) mahnte die Klägerin die Beklagte wegen der o.g. Rechtsverletzung ab und verlangte Schadenersatz in Höhe von 450,00 EUR sowie Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR. Am [Datum] gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab (Bl. 48 d.A.). Mit Schreiben vorn 10.09.2015 (Bl. 56 bis 58 d.A.) mahnte die Klägerin gegenüber den Prozessbevollmächtigten die Zahlung eines Lizenzschadens sowie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bis zum 17.09.2015 an.

Der Anschluss der Beklagten war damals mittels WPA2 Verschlüsselung durch Eingabe des werksseitigen Passworts des Routers gesichert. Es handelt sich bei dem Anschluss um den Anschluss des Juweliergeschäfts der Beklagte, in welchem sie u.a. auch Geldtransfergeschäfte anbietet. Der Anschluss war daher neben der Verschlüsselung auch durch ein umfangreiches Sicherheitspaket gesichert. Neben der Beklagten hatte noch ihr Ehemann Zugriff auf den Computer. Dieser hat die Rechtsverletzung jedoch nicht begangen.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte wie erkannt zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie behauptet zur Tatzeit nicht zuhause gewesen zu sein. Sie sei mit ihrem Ehemann bei ihrem Bruder und dessen Frau in [Name] gewesen. Sie bestreitet die Richtigkeit der Ermittlungen. Das Geschäft sei verschlossen gewesen. Es müsse sich um einen Hackerangriff handeln. Die von ihr verwendete Fritz!Box7390 habe eine Sicherheitslücke gehabt. So habe der Fachverlag Heise Online im Februar 2014 von erheblichen Sicherheitslücken berichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vorn 20.07.2017 (Bl. 126 bis 127 d.A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR sowie einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR.

Der Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz in Höhe von 600,00 EUR folgt aus § 97 Abs. 2 UrhG. Danach kann der Rechteinhaber vom Anspruchsgegner Ersatz eines angemessenen Schadens verlangen, der durch die Verletzung des Urheber- oder eines anderen nach dem UrhG geschützten entsteht.

Vorliegend ist unstreitig, dass die Klägerin Rechteinhaber im Sinne dieser Norm ist. Rechteinhaber ist dabei nicht nur der Urheber selbst, sondern auch derjenige, dem vom Urheber wirksam ein dingliches Nutzungsrecht eingeräumt wurde.

Ferner ist es nach Auffassung des Gerichts unstreitig, dass die streitgegenständliche Rechtsverletzung am [Datum] vom Anschluss der Beklagte aus begangen wurde. Das Bestreiten der Richtigkeit der Ermittlungen der IP-Adresse und das Bestreiten der Auskunft des Providers durch die Beklagte sind unerheblich. Die IP-Adresse [IP] wurde durch die von der Klägerin beauftragte Firma zu zwei nahe beieinander liegenden Zeitpunkten ermittelt. Dies ist bei dynamisch vergebenen IP-Adressen typisch, denn die IP-Adresse wird je nach Anbieter regelmäßig erst nach mehreren Stunden bzw. am nächsten Tag neu vergeben. Wenn bei der Ermittlung der IP-Adresse ein Fehler passiert wäre, ist es unwahrscheinlich, dass trotzdem zwei Mal die gleiche IP-Adresse ermittelt wurde. Zwar handelt es sich nicht um eine sog. „echte“ Mehrfachermittlung im Fall des OLG Köln (Urteil vom 16. Mai 2012 – Az. I-6 U 239/11 -), jedoch liegt auch hier aus dem oben genannten Grund ein Fehler bei der Ermittlung des Anschlusses so fern, dass Zweifel an Richtigkeit der Anschlussidentifizierung schweigen (§ 286 ZPO; vgl. OLG Köln, Urteil vom 16. Mai 2012 – Az.I-6 U 239/11 -, Rn. 4, juris).

Gleiches gilt für die Richtigkeit der vom Provider erteilten Auskunft. Hier hat die Klägerin den Anschlussinhaber der IP-Adresse [IP] zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten abgefragt. Bei beiden Zeitpunkten erteilte der Provider ausweislich der Anlage K 2 die Auskunft, dass es sich um den Anschluss der Beklagten handele. Auch hier liegt es fern, dass ein Fehler vorgelegen haben soll, der zwei Mal zum Anschluss der Beklagten geführt haben soll. Darüber hinaus ist auch zu beachten, dass die Beklagte damals unstreitig ihren Internetanschluss über den Provider [Name] nutzte. Angesichts dessen ist ein Fehler in der Ermittlung und Beauskunftung äußerst unwahrscheinlich. Konkrete Anhaltspunkte für eine Falschermittlung trägt die Beklagte nicht vor.

Die Beklagte ist auch als Täterin für die Rechtsverletzung verantwortlich. Zu ihren Lasten streitet die sog. Anschlussinhabervermutung. Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchsstellerin zwar die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 – Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 – BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 – Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 – Everytime we tauch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 – BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 – Tauschbörse III).

Die Beklagte hat diese tatsächliche Vermutung nicht entkräftet. Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der konkreten Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. – BearShare, m.w.N.; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 – Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 – Everytime we touch, BGH, Urteil vom 06. Oktober 2016 – I ZR 154/15 -, Rn. 15, juris).

Es kann weder festgestellt werden, dass der Anschluss der Beklagte nicht hinreichend gesichert ist noch, dass der Anschluss zur Tatzeit von der Beklagten Dritten zur Nutzung überlassen wurde. Vorliegend ist unstreitig, dass die Beklagte alleinige Anschlussinhaberin ist und dass sie ihr WLAN mittels Verschlüsselung über WPA 2 gesichert hat und zudem weitere Sicherheitspakete auf dem Computer installiert waren. Es ist daher unstreitig, dass der Anschluss der Beklagten hinreichend gesichert war.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Beklagten sie habe einen Router der Firma Fritz!, nämlich eine Fritz!Box 7390 genutzt, bei dem im Jahr 2014 Sicherheitslücken bei der WPS-Verbindung bekannt gewesen seien, denn die Klägerin hat nicht einmal vorgetragen, dass die WPS-Verbindung am’Router zur Tatzeit eingeschaltet war. Andere Personen, denen die Beklagte Zugang zu ihrem Internetanschluss gewährt hätte und die ‚konkret die Möglichkeit zur Begehung der Rechtsverletzung gehabt hätten sind nicht feststellbar, denn die Klägerin hat unstreitig gestellt, dass der Ehemann der Beklagten den Internetanschluss zur Tatzeit nicht genutzt habe. Auch die Vorlage der Anleitung zum „Hacken“ einer Fritz!Box (Bl. 121ff. d.A.) hilft nicht weiter, da diese Anleitung davon ausgeht, dass der Fernwartungszugriff aktiviert wurde oder man bereits Zugang zum Netzwerk hat. Auch hierzu hat die Beklagte jedoch konkret nichts vorgetragen. Auch ist nicht nachvollziehbar, dass eine Sicherheitslücke, die bereits 2013 bestanden haben soll erst 2016 entdeckt und veröffentlicht worden sein soll.

Durch die Rechtsverletzung ist der Klägerin ein Schaden – berechnet nach der Lizenzanalogie – in Höhe von 600,00 EUR entstanden. Die Festlegung der Höhe beruht auf einer Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO.

Der Rechteinhaber hat zunächst die Wahl, wie er den ihm entstandenen Schaden berechnet wissen möchte. An diese Wahl ist das Gericht gebunden. Die Klägerin hat sich insoweit auf die Berechnung nach der Lizenzanalogie berufen. Demnach ist der Schaden danach zu bemessen, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der Umstände des Einzelfalls als angemessenes Lizenzentgelt vereinbart hätten (Dreier / Schulze UhrG 4. Aufl., § 97 Rdnr. 61), ohne dass es darauf ankäme, ob der Rechteinhaber überhaupt zum Abschluss eines solchen Vertrages bereit gewesen wäre.

Vorliegend ist insoweit zu berücksichtigen, dass schon wegen der fehlenden Begrenzbarkeit der Weitergabe des Films die Klägerin keinesfalls bereit gewesen wäre, die kostenlose Weitergabe im Internet zu lizenzieren. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass – theoretisch jeder Tauschbörsenteilnehmer entdeckt und auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden könnte. Maßgeblich ist weiter, dass der Film mit einigem finanziellen Aufwand, insbesondere unter Einsatz weithin bekannter Darsteller hergestellt worden ist und zu einer weltweit bekannten und erfolgreichen Reihe von Comicverfilmungen’mit hohem Produktionsaufwand gehört. Andererseits befand sich der 2012 hergestellte Film zum Zeitpunkt der Rechtsverletzungen nicht mehr in der eigentlichen Verwertungsphase. Berücksichtigt wurde schließlich, dass die Klägerin vorprozessual einen Schadensersatzanspruch von 450,00 EUR geltend gemacht hat.

Die Beklagte haftet als Täterin auch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 506,00 EUR nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Grundsätzlich kann der Aufwendungsersatz für eine anwaltliche Abmahnung anhand RVG berechnet werden (BGH Urteil vom 11.06.2015 AZ I ZR 75/14 – Tauschbörse III – zitiert nach der Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 92/2015). Die Berechnung ist nicht zu beanstanden. Der Gegenstandswert für den Anspruch auf Unterlassung bzgl. des streitgegenständlichen Films ist mit 10.000,00 EUR anzusetzen. Maßgeblich ist das Interesse der Klägerin an der Unterlassung. Und dieses schätzt das Gericht auf den angegebenen Betrag (vgl. auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 -I ZR 272/14 -, juris).

Die in Ansatz gebrachte 1,0-fache Gebühr ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Gericht hat die Berechnung überprüft, sie ist ordnungsgemäß erfolgt.

Da die Beklagte Täterin der Rechtsverletzung ist, besteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis. Da die Klägerin die Zahlung des Schadenersatzes in der beantragten Höhe mit Schreiben vom 10.09.2015 bis zum 17.09.2015 angemahnt hat, ist die Klageforderung gemäß §§ 280, 286, 288 BGB ab dem 18.09.2015 mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nummer 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder die Berufung vom Gericht, das die Entscheidung getroffen hat, zugelassen worden ist, Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.
Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

Dies gilt für das Einlegen der Berufung und die Begründung. Die Berufung muss schriftlich in deutscher Sprache durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

Landgericht Berlin
Littenstraße 12-17
10179 Berlin

oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin

oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin

eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Berufung ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem oben genannten Gericht einzulegen.

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung der Entscheidung, wenn die Entscheidung nicht zugestellt werden konnte. Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist beim Gericht eingegangen sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

[Name]
Richterin am Amtsgericht

Für die Richtigkeit der Abschrift
Berlin, den 31.08.2017
[Name], Justizbeschäftigte
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt – ohne Unterschrift gültig. (…)

 

 

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AG Charlottenburg, Urteil vom 29.08.2017, Az. 203 C 173/17

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