NIMROD RECHTSANWÄLTE Bockslaff Strahmann GbR (Berlin): Neues Urteil aus Bielefeld- Schadensersatz wurde bestätigt (Faktor 400 für PC-Spiel)

18:59 Uhr

Nimrod Rechtsanwälte waren wieder einmal erfolgreich und konnten einen Rechtsverletzer vollumfänglich verurteilen lassen (AG Bielefeld, Urt. v. 14.06.2018 – 42 C 440/17).

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NIMROD RECHTSANWÄLTE
Bockslaff Strahmann GbR

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Bericht

Link:
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Urteil als PDF:
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Sachverhalt

Der Beklagte wurde mit an welchen Schreiben vom 18.08.2017 wegen des Anbietens des Computerspiels „Landwirtschafts Simulator 2013“ in einer Tauschbörse abgemahnt. Er wurde zur Freistellung von Anwaltskosten in Höhe von 1.336,90 EUR Zahlung von 5.000,00 EUR Schadensersatz aufgefordert. Der Beklagte, der Anschlussinhaber, gab eine unterlassen Erklärung ab, und trug vor, sein Sohn habe die Rechtsverletzung begangen, sei aber belehrt worden. Daher haftet er nicht. Ebenfalls trug er vor, die Klägerin habe keine Rechte an der fraglichen Datei, da diese „Farming Simulator 2013“ geheißen habe. Die Klägerin habe indes nur Rechte an der deutschen Sprachversion.

Es war abzusehen, dass dieser erste Prozess verloren wurde. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ist in diesem Zusammenhang eindeutig, auch wenn der Beklagte nicht in der Lage war, die Belehrung zu beweisen.

Sodann verklagten die Nimrod Rechtsanwälte den nunmehr volljährigen Sohn des Beklagten auf Schadensersatz, Erstattung der Abmahnkosten und Schaden in Höhe der nutzlos aufgewandten Prozesskosten für den ersten Prozess.

 

Das Urteil

Für das Gericht bestand kein Zweifel daran, dass die Klägerin ihrer Aktivlegitimation, die Inhaberschaft an den Rechten, darlegen konnte. Zum einen habe sie einen Lizenzvertrag für die Region D, A, CH vorlegen können und zum anderen habe sie auf den Copyright-Vermerk Bezug nehmen können. Aus letzterem würde sie sich ergeben.

Den Schaden berechnete das Gericht auf der Grundlage eines seinerzeitigen Verkaufspreis von 15,00 EUR beim Faktor von 400. Daraus ergibt sich ein Schadensersatz von 2.000,00 EUR. Ebenfalls konnte die Klägerin gegen den Beklagten grundsätzlich einen weiteren Schadensersatzanspruch geltend machen, da der Anschlussinhaber, der Beklagte des ersten Prozesses, bislang noch keine Kostenfestsetzung betrieb. Diese könne er jederzeit vornehmen, was zum Eintritt des Schadens führen würde.

 

 

 

AG Bielefeld, Urteil vom 14.06.2018 – 42 C 440/17

 

(…) – Beglaubigte Abschrift –

42 C 440/17

Verkündet am 14.06.2018
Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

 

Amtsgericht Bielefeld

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

 

In dem Rechtsstreit

der Astragon Entertainment GmbH, vertr. d. d. Gf., Limitenstraße 64 – 78, 41236 Mönchengladbach,
Klägerin,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte NIMROD Rechtsanwälte Bockslaff, Scheffen, Emser Straße 9, 10719 Berlin,

gegen

Herrn [Name],
Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte BGM Anwaltssozietät, Hafenweg 46-48, 48155 Münster,

 

hat das Amtsgericht Bielefeld durch den Richter am Amtsgericht [Name] auf die mündliche Verhandlung vom 04.06.2018

für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 281,30 EUR auf Grund der Abmahnung mit anwaltlichem Schreiben vom 18.08.2017 freizustellen.

Der Beklagte wird des weiteren verurteilt, an die Klägerin 2.662,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/4 und der Beklagte 3/4.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Schadensersatzansprüche wegen des Zurverfügungstellens des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ im Rahmen einer P2P-Tauschbörse geltend.

Der Beklagte wurde von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 18.08.2017 wegen des behaupteten Anbietens des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ im Rahmen einer Internet-Tauschbörse am 22.09.2013 um 17:43:12 Uhr abgemahnt und zur Freistellung hinsichtlich Anwaltskosten wegen der Abmahnung in Höhe von 1.336,90 EUR und Zahlung von 5.000,00 EUR Schadensersatz aufgefordert. Wegen des näheren Inhaltes der Abmahnung vom 18.08.2017 wird auf Blatt 220-222 aus 42 C 404/16 Bezug genommen. Der Beklagte gab eine Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin hatte zuvor in dem Verfahren des Amtsgerichts Bielefeld, 42 C 404/16, wegen des behaupteten Zurverfügungstellens des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ am 22.09.2013 und 25.09.2013 den Anschlussinhaber [Name] in Anspruch genommen. Nach Beweisaufnahme im dortigen Verfahren hat das Amtsgericht Bielefeld durch Urteil vom 28.09.2017 die Klage abgewiesen. Wegen des näheren Inhaltes des Vorverfahrens, des Protokolls und des Urteils wird auf die beigezogene Akte 42 C 404/16, die auch Gegenstand der mündlichen Erörterung im Verfahren 42 C 440/17 war, vollumfänglich Bezug genommen. Zum Zeitpunkt des fraglichen Anbietens des Computerspiels am 22.09.2013 und 25.09.2013 gab es keine Demo-Version des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“.

Die Klägerin behauptet, ihr stünden an dem Computerspiel „Landwirtschaftssimulator 2013“ sämtliche Vertriebs- und Nutzungsrechte zu. Das Computerspiel sei am 22.09.2013 um 17:43:13 Uhr und am 25.09.2013 um 17:33:13 Uhr und 16:45:00 Uhr von IP-Adressen [IP] und [IP], die nach Mitteilung des zuständigen Internet-Providers Herrn [Name] zugewiesen worden seien, im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten worden. Wegen der, Einzelheiten zum Erfassungszeitraum und zu den IP-Adressen wird auf Seite 2 der Klageschrift vom 15.11.2017 (Bl. 2 d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin trägt vor, das Spiel sei von der Firma [Name] GmbH entwickelt und einschließlich der Online-Rechte für das Gebiet D, A, CH, teils auch weltweit in exklusiver Form an die Klägerin lizenziert worden. Dies ergebe sich aus dem urheberrechtlichen Lizenzvertrag vom 28.02.2012. Wegen des näheren Inhaltes des Lizenzvertrages wird auf die Anlage K 13 zum Schriftsatz vom 26.01.2017 im Verfahren 42 C 404/16 (Bl. 73-87) Bezug genommen. Zudem seien auf allen Werkstücken Copyright-Vermerke angebracht, die die Klägerin als Berechtigte bezeichnen würden. Angesichts von drei Erfassungen lasse sich ein Ermittlungsfehler ausschließen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der einen Faktor von 400 als berechtigt ansehe und Durchschnittskosten des Spiels von 15,00 EUR belaufe sich der vom Beklagten zu ersetzende Lizenzschaden auf 6.000,00 EUR. Der geltend gemachte Betrag von 2.000,00 EUR als Schadensersatz sei daher angemessen. Darüber hinaus habe der Beklagte die Klägerin von Anwaltskosten für die Abmahnung nach einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR, der sich aus 1.000,00 EUR für den Unterlassungsanspruch und 2.000,00 EUR für den Schadensersatzanspruch ergebe, freizustellen. Der Beklagte sei hinsichtlich der Internetnutzung ausreichend belehrt worden. Darüber hinaus liege eine Einsichtsfähigkeit vor.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 281,30 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit freizustellen,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Schadensersatz von 2.000,00 EUR zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

festzustellen, dass der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlich begangene unerlaubten Handlung resultiert und

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.346,93 EUR an nutzlos aufgewandten Verfahrenskosten zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, er habe den streitgegenständlichen Download aus einer illegalen Tauschbörse nicht veranlasst, nicht begangen oder sonst zu vertreten. Ferner liege kein Verschulden des Beklagten vor. Der Schaden sei zu hoch. Im Vorprozess habe aus prozessökonomischen Gründen kein Anlass weiterer Erörterung und Aufklärung, ob und ggfls. von welcher IP-Adresse Daten zum Download bereitgehalten worden seien, bestanden. Die Klage sei abgewiesen worden, da der dortige Beklagte seinen Sohn ausreichend belehrt habe. Die auf Seite 3 benannten IP-Adressen ließen sich weder dem Beklagten, noch dessen gesetzlichen Vertreter zuordnen. Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da sie den ihr obliegenden Belegpflichten nicht nachgekommen sei. Er – der Beklagte – habe im Beisein seines Freundes [Name] den legalen Versuch unternommen, die kostenlose und entsprechend bestimmte Demo-Version herunterzuladen. Der Beklagte habe keine illegale Tauschbörse genutzt und Daten nicht heruntergeladen. Zudem habe der Beklagte nicht die erforderliche Einsicht nach § 828 BGB gehabt. Die Abmahnung der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich und entspreche nicht den formalen Voraussetzungen des § 97a UrhG. Ferner werde die Höhe des Schadens des Vorprozesses bestritten. Bislang sei dort kein Kostenfestsetzungsbeschluss ergangen. Die Klägerin habe daher auch bislang keine Kosten an Herrn [Name] gezahlt. Die Lizenzgebühr sei zu hoch. Auch seien hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung unzutreffende Werte angesetzt worden. Zudem sei der Anspruch verjährt. Die Einrede der Verjährung wird ausdrücklich erhoben. Mangels Vortrages zu den Ermittlungen lasse sich nicht feststellen, dass ein Download aus einer Tauschbörse stattgefunden habe. Zudem habe der Beklagte eine Demo-Version herunterladen wollen und sei insoweit einer Anleitung bei „YouTube“ gefolgt. Der Beklagte habe nicht gewusst, dass er eine Tauschbörse nutzte. Der Beklagte habe dies auch nicht erkennen können, da er nicht gewusst habe, was genau Tauschbörsen sind und wie diese funktionieren.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf das Vorbringen in dem beigezogenen Verfahren des Amtsgerichts Bielefeld, 42 C 404/16, Bezug genommen.

Das Gericht hat den’Beklagten persönlich angehört und Schriftstücke aus dem Verfahren 42 C 404/16 zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht. Wegen des Ergebnisses der Anhörung des Beklagten sowie der Beiziehung von Schriftstücken wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 14.06.2018 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung hinsichtlich vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung vom 18.08.2017 in Höhe von 281,30 EUR, auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 2.000,00 EUR und auf Zahlung nutzlos aufgewendeter Verfahrenskosten in Höhe von 662,00 EUR aus §§ 97, 97a Abs. 1 S. 2 UrhG.

Der Beklagte haftet für die begangene Urheberrechtsverletzung durch das Anbieten des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ im Rahmen einer Internet-Tauschbörse am 22.09.2013 um 17:43:13 Uhr. Der Beklagte hat zunächst vorgetragen, dass er den streitgegenständlichen Download aus einer illegalen Tauschbörse nicht veranlasst, nicht begangen oder sonst zu vertreten habe. Im Rahmen der persönlichen Anhörung hat der Beklagte nach Belehrung des Gerichtes über die strafrechtlichen Folgen eines wahrheitswidrigen Vorbringens eingeräumt, für das Anbieten der Datei mit dem Namen [R.G.Mechanics] Farming Simulator 2013 am 22.09.2013 um 17:43:12 Uhr verantwortlich zu sein. Der Beklagte hat daher die Begehung der Urheberrechtsverletzung eingeräumt. Ob der Beklagte auch für das Anbieten der vorgenannten Datei am 25.09.2013 um 14:33:13 Uhr und um 16:45:00 Uhr verantwortlich war, konnte vorliegend offen bleiben, da bereits der einmalige und vom Beklagten eingeräumte Verstoß ausreicht, um die ausgeurteilte Rechtsfolge zu rechtfertigen. Nach dem Parteivorbringen besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei der angebotenen Datei [R.G.Mechanics] Farming Simulator 2013 um eine Original-Version des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ gehandelt hat. Insoweit ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass zum damaligen Zeitpunkt, insbesondere am 22.09.2013 und 25.09.2013 eine Demo-Version des Computerspiels „Farming Simulator 2013“ nicht existierte. Der entsprechende Vortrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 14.03.2018, nach welchem es zu dem fraglichen Zeitpunkt keine Demo-Version des Computerspiels gab, wurde vom Beklagten nicht bestritten und ist daher unstreitig.

Der Klägerin stehen auch die Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel „Farming Simulator 2013“ zu. Die Klägerin hat im Rahmen der Klagebegründung zur Frage der Aktivlegitimation ausgeführt, dass das Computerspiel von der Firma [Name] GmbH entwickelt und einschließlich der Onlinerechte für das Gebiet D, A, CH, teils auch weltweit in exklusiver Form an die Klägerin lizenziert wurde. Die Klägerin hat auch im beigezogenen Verfahren den Lizenzvertrag vom 28.02.2012, der durch Beiziehung der Akte 42 C 404/16 zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht wurde, vorgelegt. Aus dem Vertrag ergibt sich zweifelsfrei, dass der Klägerin die Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Farming Simulator 2013“ zustehen. Darüber hinaus wird die Klägerin auf den Werkstücken als Berechtigte im Copyright-Vermerk benannt. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klägerin daher den ihr obliegenden Belegpflichten in ausreichendem Maße nachgekommen und hat die Aktivlegitimation ausreichend dargelegt. Für das Gericht bestehen keine Zweifel daran, dass der Klägerin die Nutzungsrechte an dem Computerspiel „Farming Simulator 2013“ zustehen.

Der Beklagte haftet für die begangene Rechtsverletzung, die darin zu sehen ist, dass er das urheberrechtlich geschützte Computerspiel „Farming Simulator 2013“ ohne Gestattung der Klägerin im Rahmen einer Internet-Tauschbörse zum Download angeboten hat. Der Beklagte hat insoweit fahrlässig gehandelt, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Wie im gewerblichen Rechtsschutz und dem Wettbewerbsrecht werden auch im Urheberrecht strenge Anforderungen an die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gestellt. Derjenige, der aus dem Internet Werke herunterlädt, die unter dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes stehen, hat sich vorher umfassend und sorgfältig darüber zu informieren, ob durch das Herunterladen, Nutzen und Verbreiten dieses Werkes nicht Urheberrechte Dritter verletzt werden. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass er entsprechende Erkundigungen und Überprüfungen vorgenommen hat. Der Beklagte beschränkt sich darauf, vorzutragen, er habe eine Demo-Version herunterladen wollen und sei dabei einer Anleitung bei „YouTube“ gefolgt. Aus dem. Vorbringen des Beklagten lässt sich nicht ansatzweise erkennen, auf Grund welcher objektiven Umstände er berechtigterweise davon ausgehen konnte, lediglich eine Demo-Version herunterzuladen und dabei auch keine Tauschbörse zu nutzen. Insoweit fehlt jegliches Vorbringen des Beklagten dazu, welche einzelnen tatsächlichen Schritte er durchgeführt hat, um den Download zu starten. Darüber hinaus hätte der Beklagte bei einer einfachen Internet-Recherche problemlos feststellen können, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine Demo-Version des Computerspiels „Landwirtschaftssimulator 2013“ gab. Auch das Vorbringen des Beklagten, er habe nicht gewusst, dass er eine Tauschbörse nutze, mag den Beklagten nicht zu entlasten. Der Beklagte wurde von seinem Vater [Name] ausdrücklich darüber belehrt, dass es ihm untersagt sei, Tauschbörsen zu nutzen. Im Rahmen der Vernehmung als Zeuge im Verfahren 42 C 404/16 gab der jetzige Beklagte an, dass ein IT-Experte im Rahmen einer schulischen Veranstaltung darauf hingewiesen habe, dass Tauschbörsen nicht genutzt werden sollten und diese gefährlich seien. Was Tauschbörsen genau seien und wie diese funktionierten, sei aber nicht näher erläutert worden. Dies stimmt im Übrigen mit dem Vorbringen des Beklagten in diesem Verfahren überein, dass er nicht habe erkennen können, eine Tauschbörse zu nutzen, da er nicht wisse, was genau Tauschbörsen sind und wie diese funktionieren. Dementsprechend hätte der Beklagte vor Starten eines Downloads und Installieren von Software, mittels derer der Download gestartet werden kann, nähere Überprüfungen vornehmen müssen, ob es sich nicht möglicherweise doch um eine Tauschbörse handelt. Diesen naheliegenden Sorgfaltsanforderungen hat der Beklagte nicht genügt und daher fahrlässig gehandelt.

Der Beklagte verfügte auch zum damaligen Zeitpunkt über die erforderliche Einsichtsfähigkeit. Der Beklagte hat keine objektiven Tatsachen vorgetragen, nach denen gemäß § 828 Absatz 3 BGB die Einsichtsfähigkeit ausgeschlossen gewesen sein könnte.

Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten ist auch nicht verjährt, da die Klägerin erst durch Schriftsatz vom 16.07.2017 im Verfahren 42 C 404/16 Kenntnis davon erlangt hat, dass der Beklagte für den streitgegenständlichen Download verantwortlich ist.

Auf Grund der begangenen Rechtsverletzung steht der Klägerin gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung mit Schreiben vom 18.08.2017 nach einem Gegenstandswert in Höhe von 3.000,00 EUR in Höhe von 281,30 EUR zu. Der Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren ist zutreffend mit einem Gesamtstreitwert von 3.000,00 EUR angesetzt, wobei der Gegenstandswert für das Unterlassungsbegehren von der Klägerin mit 1.000,00 EUR und der geltend gemachte Lizenzschaden mit 2.000,00 EUR bewertet wurde. Die Einwendungen des Beklagten, die Klägerin habe unzutreffende Wertangaben für die Rechtsanwaltsgebühren angesetzt, greife nicht durch.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten auf Grund der begangenen Urheberrechtsverletzung des weiteren ein Anspruch auf Zahlung einer Lizenzgebühr in Höhe von 2.000,00 EUR zu. Bei der Verletzung von Immaterial-Rechtsgütern ermöglicht die Rechtsprechung den Verletzten wegen der besonderen Schwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber fordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die angegebene Sachlage gekannt hätten. Bei der Ermittlung der Höhe der Lizenzgebühr kommt es auf die Aktualität des. Computerspiels, die Herstellungskosten des Computerspiels, den Kaufpreis des Computerspiels und die Zahl möglicher Zugriffe im Rahmen der Internet-Tauschbörse an. Dabei vertritt der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass bei kurzzeitigem Anbieten einer Datei ein Faktor von 400 zu berücksichtigen sei. Ausgehend von dem von der Klägerin angegebenen Verkaufspreis von 15,00 EUR und der Aktualität des Computerspiels zum Zeitpunkt des Anbietens am 22.09.2013 ist die von der Klägerin angesetzte Lizenzgebühr in Höhe von 2.000,00 EUR für das Computerspiel „Landwirtschaftssimulator 2013“ angemessen.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten des weiteren ein Anspruch auf Zahlung von 662,00 EUR für nutzlos aufgewendete Verfahrenskosten im Verfahren 42 C 404/16. Die Klägerin hat insoweit auf Seite 5 der Klagebegründung die ihr im vorgenannten Verfahren entstandenen Verfahrenskosten mit insgesamt 662,00 EUR ermittelt. Dieser Betrag setzt sich aus einer Verfahrensgebühr in Höhe von 195,00 EUR, einer Terminsgebühr in Höhe von 180,00 EUR und 20,00 EUR Auslagen sowie den gezahlten Gerichtskosten in Höhe von 267,00 EUR zusammen. Der Beklagte haftet für die nutzlos aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten, die dadurch entstanden sind, dass die Klägerin den Anschluss-Inhaber in Anspruch genommen hat. Hierbei handelt es sich nämlich um eine adäquat kausale Folge der vom Beklagten begangenen Rechtsverletzung. Mangels näherer Kenntnis des tatsächlichen Rechtsverletzers musste die Klägerin zunächst den Anschluss-Inhaber in Anspruch nehmen. Erst im Rahmen des Rechtsstreites im Verfahren 42 C 404/16 hat die Klägerin Kenntnis davon erlangt, dass der Beklagte für den Download vom 22.09.2013 verantwortlich war. Der Beklagte hat daher der Klägerin auch die insoweit bislang entstandenen Kosten zu ersetzen. Zu diesen Kosten gehören die von der Klägerin im Vorverfahren 42 C 404/16 gezahlten Gerichtskosten in Höhe von 267,00 EUR sowie die entstandene Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 395,00 EUR.

Daneben hat die Klägerin gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen auf den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 2.662,00 EUR.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren 684,95 EUR für nutzlos aufgewendete Rechtsverfolgungskosten. Die Klägerin hat die ihr entstandenen nutzlos aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten aus dem Vorverfahren 42 C 404/16 unter Zuhilfenahme eines Kostenrechnungsprogrammes mit 1.346,93 EUR ermittelt. Soweit die Klägerin fremde Rechtsanwaltskosten geltend macht, ist der Klägerin bislang ein Schaden nicht entstanden, da der Beklagte des Vorverfahrens, Herr [Name], bislang keine Kostenfestsetzung betrieben hat und dementsprechend der Klägerin auch kein Schaden entstanden ist. Im Übrigen hat die Klägerin in dem Ausdruck aus dem Kostenrechner lediglich eigene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 395,00 EUR und gezahlte Gerichtskosten in Höhe von 267,00 EUR nachvollziehbar dargelegt. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch in Höhe von 684,95 EUR besteht daher derzeit nicht.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Feststellung, dass der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus einer vorsätzlich begangenen, unerlaubten Handlung resultiert. Wie vorstehend ausgeführt wurde, hat der Beklagte die Rechtsverletzung lediglich fahrlässig begangen. Die Klägerin hat keine objektiven Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass der Beklagte vorsätzlich gehandelt hat.

Darüber hinaus hat die Klägerin keinen Anspruch auf Verzinsung des Freistellungsanspruches hinsichtlich der Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 281,30 EUR, da ein Freistellungsanspruch einer Verzinsung nicht zugänglich ist.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.928,23 EUR festgesetzt. Dabei entfallen auf den Freistellungsanspruch zu Ziffer 1) 281,30 EUR, auf den Zahlungsanspruch zu Ziffer 2) 2.000,00 EUR, auf den Feststellungsanspruch zu Ziffer 3) 300,00 EUR und auf den Zahlungsanspruch zu Ziffer 4) 1.346,93 EUR.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem

Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,

eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem

Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtsstraße 6,
33602 Bielefeld,

schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

[Name]

Beglaubigt
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Amtsgericht Bielefeld (…)

 

 

 

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AG Bielefeld, Urteil vom 14.06.2018 – 42 C 440/17

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