19:26 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Im vorstehenden Verfahren wurde der beklagte Anschlussinhaber aufgrund des illegalen Tauschbörsenangebots eines Filmwerks auf Erstattung von Schadensersatz sowie anwaltlicher Abmahnkosten in Anspruch genommen.
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Bericht
Urteil als PDF:
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Autorin:
Rechtsanwältin Cornelia Raiser
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Im Rahmen des Gerichtsverfahrens behauptete der Beklagte, die Rechtsverletzung nicht selbst begangen zu haben, da er zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht zu Hause gewesen sei. Allerdings seien weitere zugriffsberechtigte Familienmitglieder, insbesondere seine Kinder, welche über eingehende Computerkenntnisse verfügten, anwesend gewesen. Obgleich allesamt auf Nachfrage des Beklagten ihre jeweilige Verantwortlichkeit abgestritten hätten, könne er deren Täterschaft nicht ausschließen. Auch sei nicht auszuschließen, dass die Kinder das WLAN-Passwort an Freunde weitergegeben hätten.
Das Amtsgericht sah diesen Vortrag als nicht ausreichend an und verurteilte den Beklagten daher vollumfänglich.
Zur Begründung führte das Gericht aus, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spreche eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung zu Lasten des Beklagten. Diese Vermutung habe der Beklagte jedoch nicht widerlegen können.
Insbesondere kämen weitere Personen als Täter der Rechtsverletzung nicht ernsthaft in Betracht, da der dahin gehende Vortrag zu allgemein gehalten gewesen sei:
„Soweit er [der Beklagte] auf weitere Personen, die sich zum Tatzeitpunkt in seinem Haus aufgehalten haben verweist, bleibt der Beklagte bei allgemeinen Ausführungen. Er verweist lediglich darauf, dass als mögliche Täter Frau [Name], Herr [Name] und Herr [Name] in Betracht kommen. Diese pauschalen Ausführungen reichen nicht aus, um die Vermutungswirkung der eigenen Täterschaft zu entkräften. Allein der Umstand, dass diese Personen über bessere Computerkenntnisse verfügen, genügt nicht. […] Erforderlich ist vielmehr, dass der Beklagte eine andere Person als möglichen Täter hinreichend plausibel beschreibt.“
Im Übrigen erachtete das Gericht den klägerseits geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR als angemessen.
AG Leipzig, Urteil vom 20.06.2017, Az.106 C 1599/17
(…) Ausfertigung
Amtsgericht Leipzig
Zivilabteilung 1Aktenzeichen: 106 C 1599/17
Verkündet am: 20.06.2017
[Name],
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Unterbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 04229 Leipzig.
Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
[Name], 02979 Elsterheide,
– Beklagter –Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt [Name], 02977 Hoyerswerda,
Unterbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 04107 Leipzig,
wegen Urheberrecht
hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 am 20.06.2017
für Recht erkannt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.04.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 215,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2016 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Gegenseite zuvor Sicherheit in selber Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatz aus Urheberrechtsverletzung. Die Klägerin wertet zahlreiche nationale und internationale Bild-/ Tonaufnahmen in Deutschland exklusiv aus. Darunter befindet sich der Film mit dem Titel [Name]. Die Bild-/Tonaufnahmen der Klägerin werden regelmäßig im Kino, auf DVD/Blu-Ray und über kostenpflichtige Download und Streaming Portale im Internet ausgewertet.
Die Klägerin behauptet,
mittels des Peer-to-Peer Forensic Systems (PFS) sei festgestellt worden, dass der Beklagte am [Datum], [Uhrzeit] Uhr bis [Uhrzeit] Uhr den Film [Name] zum Download angeboten habe. Mit Schreiben vom [Datum] wurde der Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung von Schadensersatz und der Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert. Der Beklagte hat daraufhin eine Unterlassungserklärung abgegeben. Eine Zahlung von Schadensersatz erfolgte nicht. Der Beklagte wurde mehrfach gemahnt.Die Klägerin behauptet,
dass die Rechtsverletzung über den Internetanschluss des Beklagten erfolgt sei. Auf seinem Rechner sei eine Tauschbörsensoftware installiert, die für die Rechtsverletzung genutzt worden sei. Es bestehe daher die Vermutung der Täterschaft. Mit dem Angebot zum elektronischen Abruf des Filmwerks über das Internet habe er dieses öffentlich zugänglich gemacht. Die Klägerin begehrt einen Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR.Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen angemessenen Schadenersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016, sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.04.2016 zu zahlen.Der Beklagte bestreitet,
dass er den ihm nicht näher bekannten Film [Name] über eine Filesharing-Software Dritten zum Download angeboten habe. Er habe einen Film mit diesem Namen nicht als Video-Datei auf seinem eigenen Rechner gehabt. Er habe auf seinem Rechner weder eine Filesharingsoftware installiert noch betrieben. Der Beklagte könne es nicht ausschließen, dass das Tochter und dem Sohn mitgeteilte WLAN-Passwort von diesen ggf. guten Freunde weitergegeben wurden, zwecks Zugriff auf das Internet. Zum Tatzeitpunkt sei der Beklagte nicht zu Hause gewesen. Der PC habe eine Energiespareinrichtung, welche sich automatisch nach einiger Zeit abstellt.Seine Angehörigen habe der Beklagte zu den erhobenen Vorwürfen befragt. Diese haben mitgeteilt, dass sie eine entsprechende Software nicht benutzen bzw. den fraglichen Film nicht zum Download angeboten hätten.
Der Beklagte bestreitet, dass der Hersteller – oder Urhebervermerk die Klägerin als Rechteinhaberin ausweise.
Vorsorglich wird der Einwand der Verjährung und Verwirkung erhoben.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Beklagte schuldet Schadensersatz für eine Urheberrechtsverletzung am [Datum].
Eine Verjährung der streitgegenständlichen Forderungen liegt nicht vor. Verjährungsbeginn ist die Kenntnis der Klägerin vom Urheberrechtsverstoß. Erste Kenntnis entstand am [Datum]. Eine sichere Kenntnis von der Identität des Beklagten hatte die Klägerin aber erst nach dem Beschluss des Landgerichts Köln vom 03.01.2014 (Bl. 48 ff.). Damit beginnt die Verjährung am 31.12.2014 zu laufen. Der Mahnbescheid ist im Oktober 2016 bei Gericht eingereicht worden. Damit liegt eine unverjährte Forderung vor.
Zu Gunsten der Klägerin streitet eine Vermutung für die tatsächliche Täterschaft des Beklagten. Die Klägerin hat die Verletzungshandlung und deren Ermittlung durch das Peer-to-Peer Forensic System (PFS) dargestellt. Die Ausführungen sind plausibel und nachvollziehbar. Begründete Zweifel an der Richtigkeit des gewonnenen Ergebnisses besteht nicht. Die ermittelte IP-Adresse ist dem Beklagten zuzuordnen. Hinsichtlich des begangenen Urheberrechtsverstoßes vom Rechner des Beklagten hat das Gericht keine Zweifel.
Die Klägerin ist berechtigter Urheberrechtsinhaber. Der Aufdruck auf der DVD weist auf die Firma der Klägerin hin. Dort ist [Name] unmittelbar auf die DVD selbst aufgedruckt. Auf der 3. Seite der Anlage K1 wird die Firma der Klägerin in dem Copyright-Vermerk aufgeführt. Damit ist das Urheberrecht der Klägerin hinreichend dargelegt und nachgewiesen.
Aufgrund der aktuellen BGH Rechtsprechung (Tauschbörse I – III) spricht eine Vermutung für die Täterschaft hinsichtlich der Urheberrechtsverletzung gegen den Beklagten. Diese Vermutung hat der Beklagte nicht zu entkräften vermocht. Soweit er auf weitere Personen, die sich zum Tatzeitpunkt in seinem Haus aufgehalten haben verweist, bleibt der Beklagte bei allgemeinen Ausführungen. Er verweist lediglich darauf, dass als mögliche Täter Frau [Name], Herr [Name] und Herr [Name] in Betracht kommen. Diese pauschalen Ausführungen reichen nicht aus, um die Vermutungswirkung der eigenen Täterschaft zu entkräften. Allein der Umstand, dass diese Personen über bessere Computerkenntnisse verfügen, genügt nicht. Ein Bestreiten der Täterschaft anderer ist unzureichend. Erforderlich ist vielmehr, dass der Beklagte eine andere Person als möglichen Täter hinreichend plausibel beschreibt. Gerade dies ist in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 14. Juni 2017 nicht erfolgt.
Die Höhe des geltend gemachten Schadens erachtet das Gericht mit 1.000,00 EUR für sachgerecht und angemessen.
Die weiteren Forderungen ergeben sich aus Verzug.
Der Beklagte trägt gemäß § 91 ZPO als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 i.V.m. § 711 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrungen:
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim
Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzigeingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
[Name]
Richter am Amtsgericht (…)
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AG Leipzig, Urteil vom 20.06.2017, Az.106 C 1599/17
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