11:05 Uhr
Auch die jüngsten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Frage der Haftung von Anschlussinhabern für Filesharingverletzungen, die über ihren Internetanschluss begangen wurden, haben an Grundsätzlichem nichts geändert:
» Wer darlegen kann, warum er selbst als Täter ausscheidet und wer stattdessen als Täter in Betracht kommt, kann sich auch weiterhin erfolgreich vor Gericht behaupten. «
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Rechtsanwalt Andreas Schwartmann
Robert-Perthel-Str. 45 | 50739 Köln
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Bericht (vom 30.05.2017)
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So hat das Amtsgericht Düsseldorf nun mit Urteil vom 13.04.2017 eine Klage der Hamburger Kanzlei .rka Rechtsanwälte für die Firma Koch Media GmbH abgewiesen, mit der meinem Mandanten vorgeworfen worden war, das Computerspiel „Dead Island“ unerlaubt öffentlich über seinen Internetanschluss zugänglich gemacht zu haben. In der mündlichen Verhandlung bestätigten die als Zeugen gehörten Familienmitglieder seinen im Rahmen der sekundären Darlegungslast abgegebenen Vortrag.
Es bleibt nun abzuwarten, ob die Gegenseite in Berufung zum Landgericht Düsseldorf geht oder die Entscheidung akzeptiert.
Natürlich könnte die Gegenseite nun den im Urteil genannten Zeugen als mutmaßlichen Täter abmahnen – aber der bestreitet die Rechtsverletzung und eine tatsächliche Vermutung für seine Täterschaft besteht nicht. Also wäre der Vollbeweis gegen ihn zu erbringen. Ich sehe nicht, wie das gelingen sollte.
AG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2017, Az. 14 C 66/16
(…) 14 C 66/16
Verkündet am 13.04 2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der GeschäftsstelleAmtsgericht Düsseldorf
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
Klägerin,Prozessbevollmächtigte. .rka Rechtsanwälte, Johannes-Brahms-Platz 1. 20355 Hamburg,
gegen
[Name],
Beklagter,Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Andreas Schwartmann, Robert-Perthel-Str 45. 50739 Köln,
hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vorn 13.02 2017 durch den Richter am Amtsgericht [Name]
für Recht erkannt
De Klage wird abgewiesen
Die Klägerin trägt de Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar Der Klägerin wird nachgelassen. die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten durch Leistung einer Sicherheit in Hohe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden. wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Hohe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen angeblichen Anbietens des Computerspiels „Dead Island“ im Internet im Wege des Filesharings in Anspruch.
Mit der Klage verlangt die Klägerin Erstattung anwaltlicher Abmahnkosten von 859.80 EUR netto, anteiliger Kosten des Auskunftsverfahrens und der Providerauskunft von 9,52 EUR und teilweisen Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanaloge von 500,00 EUR.
Die Klägerin behauptet, sie sei aufgrund vertraglicher Vereinbarung ausschließliche Nutzungsrechtsinhaberin des Computerspiels „Dead Island“. Der Beklagte habe das Computerspiel mindestens vom 22.10.2011 bis zum 09.08.2013 im Wege des Filesharings im Internet angeboten
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen.1. an sie einen Betrag von 859.80 EUR nebst jährlicher Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten aber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.01.2012 zu zahlen.
2. an sie 9.52 EUR nebst jährlicher Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sen Rechtsbangigkeit zu zahlen;
3. an Se einen weiteren Betrag aber 500,00 EUR nebst ehrlicher Zinsen in Hohe von fünf Prozentpunkten aber dem jeweiligen Basiszinssatz ab 10.01.2012 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Das Gericht hat über das behauptete Anbeten des Computerspiels durch den Beklagten Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen [Name]. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 13.02.2017 (Bl. 196 ff. GA) verwiesen. Im übrigen wird auf alle Schriftsatze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt verwesen.
Entscheidungsgrunde:
Die Klage ist unbegründet.
De Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch aus § 97a Abs. 1 S 2 UrhG a.F. auf Erstattung von Abmahnkosten. Die vorgenannte Vorschrift ist als lex specialis einzige Anspruchsgrundlage für de Erstattung von Abmahnkosten (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, 5 Aufl., zu § 97a n.F. Rn. 12). Ein entsprechender Anspruch setzt voraus, dass der Beklagte Verletzer im Sinne von § 97a Abs 1 UrhG a.F. ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht recht fest, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Urheberrechte der Klägerin verletzt hat. Es kann dahinstehen, ob das inkriminierte Anbieten zum Download tatsächlich von dem Internetanschluss des Beklagten aus erfolgt ist. Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet spricht eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen den Internetanschluss benutzen konnten (BGH. NJW 2016. 953, 955 – Tauschbörse III). Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde; in diesen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses eine sekundäre Darlegungslast (a.a 0.). Diese führt zwar weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für den Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (a.a 0 ). In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet, entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anspruchsinhaber als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen (a.a.0.).
Der Beklagte ist – unterstellt, die angeführte Verletzungshandlung am 22.10.2011 erfolgte über seinen Internetanschluss – vorliegend dementsprechend seiner sekundären Darlegungslast nachgekommen. Aus seinem Vortrag ergibt sich. dass der Zeuge [Name] als Täter der angeführten Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommt. Der Beklagte hat eine eigene Verletzungshandlung zunächst ausreichend bestritten, indem er auf Seite 2 der Klageerwiderung (Bl. 38 GA) darauf hinweist, dass auf dem von ihm benutzten Computer keine Filesharingsoftware installiert war und ist. Ferner stellt er dort das Nutzungsverhalten der weiteren Familienangehörigen ausreichend dar. denn er trägt vor, jedes weitere Familienmitglied habe einen eigenen Computer besessen und das Internet benutzt, auf Nachfrage hätten sämtliche Familienmitglieder de Vornahme der angeführten Verletzungshandlung bestritten. Mit Schriftsatz vom 14.04.2016, dort Seite 2 (Bl. 139 GA), behauptet der Beklagte weiter, der Zeuge [Name] sei zum angeführten Verletzungszeitpunkt zu Hause gewesen und dessen Computer sei mit dem Internet verbunden gewesen, ohne dass der Zeuge eine LAN-Party veranstaltet habe.
Die Klägerin muss daher beweisen, dass der Beklagte die Verletzungshandlung verübt hat. Diesen Beweis hat sie nicht führen können. Dazu musste nämlich zumindest feststehen, dass eine Verletzungshandlung durch den Zeugen [Name] auszuschließen ist, so dass zu Lasten des Beklagten weder eine tatsächliche Vermutung für dessen Täterschaft bestünde. Der Zeuge hat zwar ein Bereithalten des Spiels zum Download durch ihn selbst ausdrücklich verneint. Infolgedessen steht aber nicht zweifelsfrei fest, dass nur der Beklagte dies getan haben kann. An der Richtigkeit der Angaben des Zeugen bestehen nämlich Zweifel von Gewicht, soweit er ein eigenes entsprechendes Handeln verneint hat Nach den Angaben der Zeugen war das Spiel nämlich nur dem Zeugen [Name] bekannt und durch de Veranstaltung von LAN-Partys zeigte sich auch, dass er von allen Familienmitgliedern das größte Interesse an Computerspielen hatte. Seine ein eigenes Handeln bestreitenden Angaben können daher zwanglos als bloße Schutzbehauptung anzusehen sein.
Der Beklagte schuldet die Erstattung der Abmahnkosten auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung. Ob der Beklagte zur Verhinderung oder Kontrolle der LAN-Partys verpflichtet war, kann dahinstehen. Für eine solche Haftung musste nämlich zumindest feststehen, dass die Verletzungshandlung entweder durch ihn selbst oder durch die Teilnehmer der LAN-Partys begangen worden ist Daran fehlt es hier. Wie bereits ausgeführt, kommt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine Täterschaft des damals bereits volljährigen Zeugen [Name] ernsthaft in Betracht. Die Klägerin führt schließlich eine angeblich von ihr festgestellte weitere Verletzungshandlung am 09.08 2013 an. Ob der Beklagte für diese Verletzungshandlung als Störer haftet, kann aber dahinstehen Die eingeklagten Abmahnkosten sind nämlich durch de erste angeführte Verletzungshandlung entstanden.
De Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Anspruch aus § 97 Abs. 2 S. 1 und 3 UrhG auf Zahlung von Schadensersatz – der auch die verlangten Auskunftskosten umfassen wurde (vgl. Beck ’scher Online Kommentar Urheberrecht, Stand 01.10.2016, § 97 UrhG, Rn. 113) – bzw. Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 102a UrhG, 812 Abs 1 S. 1, 2 Alt. BGB nach den Gruix1satzen der Lizenzanaloge. Ein Anspruch nach § 97 Abs 2 S 1 und 3 UrhG setzt voraus, dass der Beklagte als Täter oder Teilnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Urheberrechte der Klägerin verletzt und ihr dadurch einen Schaden zugefügt hat.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht ein entsprechendes Handeln des Beklagten wie ausgeführt aber nicht fest. Da wie ausgeführt offen bleibt, ob der Beklagte auf das Computerspiel durch die Tauschbörse zugegriffen hat, hat er im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB auch nichts „erlangt „.
Die verlangten Zinsen entfallen mangels Begründetheit der Klage in der Hauptsache. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91. 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2 ZPO.
Streitwert bis 1.500,00 EUR. (…)
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AG Düsseldorf, Urteil vom 13.04.2017, Az. 14 C 66/16
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