Waldorf Frommer Rechtsanwälte (München): Das Amtsgericht Leipzig verurteilt Anschlussinhaberin zur Zahlung eines Lizenzschadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sowie zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten

17:07 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Die vor dem Amtsgericht Leipzig gerichtlich in Anspruch genommene Anschlussinhaberin hatte die persönliche Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung lediglich pauschal bestritten und zudem gemutmaßt, an besagtem Tag der Rechtsverletzung arbeitsbedingt ortsabwesend gewesen zu sein. Zum Verletzungszeitpunkt habe sich möglicherweise jedoch der damalige Freund der Beklagten in der Wohnung aufgehalten.

 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

WALDORF FROMMER Rechtsanwälte

Beethovenstraße 12 | 80336 München
Telefon: 089 / 52 05 72 10 | Telefax: 089 / 52 05 72 30
E-Mail: web@waldorf-frommer.de | Web: www.waldorf-frommer.de

Bericht

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/waldorf-frommer-ag-leipzig-verurteilt-anschlussinhaberin-zur-zahlung-eines-lizenzschadensersatzes-in-hoehe-von-eur-1-00000-sowie-zur-erstattung-der-aussergerichtlichen-rechtsverfolgungskosten/

Urteil als PDF:

Link:
https://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2018/02/AG_Leipzig_118_C_1743_17.pdf

Autor:
Rechtsanwalt David Appel

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

 

Das Amtsgericht erachtete dieses Vorbringen als unzureichend, da es nicht den vom Bundesgerichtshof postulierten Anforderungen an die dem Anschlussinhaber obliegende sekundäre Darlegungslast genüge. Insoweit bemängelte das Amtsgericht:

„Den Anschlussinhaber trifft in einem solchen Fall eine Nachforschungspflicht und damit verbunden eine sekundäre Darlegungslast. Es ist daher Sache des Anschlussinhabers in einem solchen Fall konkret zu den Nutzern, zum Nutzungsverhalten und zur Anschlusssituation, das heißt den von den jeweiligen Nutzern betriebenen Geräten, vorzutragen. Diesbezüglicher Vortrag fehlt auf Seiten der Beklagten vollständig. Die reine Mutmaßung an diesem Tag arbeiten gewesen zu sein und das möglicherweise der (unbenannte) Freund in der Wohnung anwesend gewesen sei, genügt den diesbezüglichen Anforderungen nicht im Ansatz.“

In Bezug auf die Angemessenheit der Höhe des geltend gemachten Lizenzschadensersatzes hatte das Amtsgericht ebenfalls keine Zweifel. Vielmehr bedürfe es vor dem Hintergrund der Grundsätze zur Lizenzanalogie „keiner näheren Erörterung, dass die geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 1.000,00 EUR nicht unangemessen ist.“

Die Beklagte wurde daher antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, zum Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten verurteilt.

 

 

AG Leipzig, Urteil vom 22.12.2017, Az. 118 C 1743/17

 

(…) – Ausfertigung –

 

Amtsgericht Leipzig

Zivilabteilung I

Aktenzeichen: 118 C 1743/17
Verkündet am: 22.12.2017
[Name], Justizobersekretärin
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle

 

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Waldorf Frommer Rechtsanwälte, Beethovenstraße 12, 80336 München,

gegen

[Name], 01471 Radeburg,
– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin [Name], 01277 Dresden,

 

hat das Amtsgericht Leipzig durch Richter am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2017 am 22.12.2017

für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des AG Coburg, Az.: [Aktenzeichen] wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet

 

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Bezahlung von Schadensersatz wegen der Verletzung von Urheberrechten.

Die Klägerin behauptet Inhaberin der Rechte am Film [Name] zu sein. Die Beklagte habe diesen Film unter Nutzung einer Filesharingsoftware am [Datum] einer unbegrenzten Vielzahl anderer Internetnutzer zur Verfügung gestellt. Sie habe dadurch in die Rechte der Klägerin eingegriffen weswegen der Klägerin die Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung der Klägerin teilweise als Haupt- teilweise als Nebenforderung zustünden. Darüber hinaus stehe der Klägerin ein Anspruch auf Bezahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR im Wege der Lizenzanalogie zu.

Die Klägerin hat das gerichtliche Mahnverfahren betrieben und mit diesem Rechtsanwaltskosten in Höhe von 107,50 EUR und Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR sowie als Nebenforderung Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit in Höhe von 107,50 EUR geltend gemacht. Gegen den antragsgemäß am 02.03.2017 erlassenen Vollstreckungsbescheid hat die Beklagte am 08.03.2017 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Vollstreckungsbescheid des AG Coburg aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet zum damaligen Zeitpunkt vermutlich auf der Arbeit gewesen zu sein. Möglicherweise sei zum Tatzeitpunkt ihr damaliger Freund in der Wohnung anwesend gewesen. Der Internetanschluss sei hinreichend gesichert gewesen. Auf Grund der Nutzung durch einen weiteren Nutzer, käme eine Haftung der Beklagten nicht in Betracht. Die Beklagte habe auf ihrem Rechner auch keine Filesharingprogramme installiert gehabt. Letztlich stelle der Streitwert von 1.000,00 EUR für die Verfolgung der Rechtsverletzung eine Obergrenze dar, die bei Unbilligkeit anzupassen sei. Es sei auch nicht erkennbar, warum eine 1,3 Gebühr verlangt werden könne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die von diesen zur Akte gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, weshalb auf den zulässigen, insbesondere fristgemäßen Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid des AG Coburg, dieser wie geschehen, aufrechtzuerhalten war.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Bezahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 107,50 EUR und darüber hinaus ein Anspruch auf Bezahlung von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 107,50 EUR als Nebenforderung zu.

Die Ansprüche von der Klägerin ergeben sich dabei aus §§ 97, 97 a UrhG.

Die Klägerin ist Urheberin des Filmwerkes [Name]. Die Klägerin ist im Internet auf der Verbreitungsplattform als Rechteinhaberin vermerkt. Nach § 10 Abs. 1, 94 Abs. 4 wäre es Sache der Beklagten gewesen die Vermutung zugunsten der Klägerin zu entkräften. Das einfache Bestreiten der Rechteinhaberschaft genügt hierfür nicht.

Die Beklagte hat in die Rechte der Klägerin widerrechtlich eingegriffen, indem sie unter Nutzung einer Filesharingsoftware den Film [Name]herunterlud und damit gleichzeitig einer potenziell unbegrenzten Anzahl von Nutzern im Internet zur Verfügung stellte. Die Beklagte hat diese Handlung auch mindestens fahrlässig begangen, so dass sie der Klägerin nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet ist. Die bloße Behauptung der Beklagten, den Verstoß nicht begangen zu haben, ist gegenüber dem Klageanspruch nicht erheblich. Auch bei mehreren Nutzern eines Internetanschlusses gilt zunächst eine tatsächliche Vermutung zu Lasten des Anschlussinhabers.

Den Anschlussinhaber trifft in einem solchen Fall eine Nachforschungspflicht und damit verbunden eine sekundäre Darlegungslast. Es ist daher Sache des Anschlussnehmers in einem solchen Fall konkret zu den Nutzern, zum Nutzungsverhalten und zur Anschlusssituation, das heißt den von den jeweiligen Nutzern betriebenen Geräten, vorzutragen. Diesbezüglicher Vortrag fehlt auf Seiten der Beklagten vollständig. Die reine Mutmaßung an diesem Tag arbeiten gewesen zu sein und das möglicherweise der (unbenannte) damalige Freund in der Wohnung anwesend gewesen sei, genügt den diesbezüglichen Anforderungen nicht im Ansatz.

Der Schadensersatz, den die Beklagte zu zahlen hat richtet sich nach Abs. 2 Satz 3 nach dem Betrag, den man als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn man die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechtes eingeholt hätte. Wenn in der ersten Stunde nur 10 Nutzer den Film vom Rechner der Beklagten herunterladen und anbieten und in der nächsten Stunde wieder jeweils 10 Nutzer und diese wiederum von jeweils 10 Nutzern heruntergeladen werden, ergeben sich schon innerhalb von 3 Stunden 10.000 Nutzer. Unter diesen Umständen bedarf es keiner näheren Erörterung, dass die geltend gemachte Schadensersatzforderung in Höhe von 1.000,00 EUR nicht unangemessen ist.

In voller Höhe besteht auch der sich aus § 97a Abs. 3 UrhG ergebende Erstattungsanspruch hinsichtlich der Kosten der Rechtsverfolgung. Diese sind betreffend den nun nicht mehr im Verfahren streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch auch Hauptforderung. Lediglich hinsichtlich des im Verfahren geltend gemachten Schadensersatzanspruches handelt es sich um eine Nebenforderung.

Die Nebenforderungen im Übrigen ergeben sich aus §§ 286, 288, 249 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrungen:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
b) wenn die Berufung durch das Amtsgericht Leipzig zugelassen worden ist Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten Signatur im Sinne des Signaturgesetzes beim

Landgericht Leipzig,
Harkortstraße 9,
04107 Leipzig

eingegangen sein.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich oder in elektronischer Form gegenüber dem Landgericht Leipzig zu begründen. Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Leipzig durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mt der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Soweit in diesem Urteil der Streitwert festgesetzt wurde, ist gegen diesen Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde für jede Partei, die durch diesen Beschluss in ihren Rechten benachteiligt ist, zulässig,
– wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder
– das Amtsgericht Leipzig die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat.

Die Beschwerde ist schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle beim

Amtsgericht Leipzig,
Bernhard-Göring-Straße 64,
04275 Leipzig

einzulegen. Die Beschwerdeschrift ist zu unterzeichnen. Die Erklärung über die Beschwerde kann auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden anderen Amtsgerichts abgegeben werden, wobei die Beschwerdefrist nur dann als gewahrt gilt, wenn die Erklärung rechtzeitig bei dem Amtsgericht Leipzig eingeht. Die Beschwerde kann auch in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes eingereicht werden. Eine bloße E-Mail genügt hierfür nicht Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den sie gerichtet ist, sowie die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Beschwerdefrist:

Die Beschwerde muss binnen sechs Monaten nach Rechtskraft der Hauptsache oder deren anderweitiger Erledigung bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, muss sie innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses bei dem Amtsgericht Leipzig eingegangen sein. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

[Name],
Richter am Amtsgericht

Für den Gleichlaut der Ausfertigung mit der Urschrift
Leipzig, 27.12.2017
[Name], Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (…)

 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

AG Leipzig, Urteil vom 22.12.2017, Az. 118 C 1743/17

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~