15:38 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Das Landgericht Düsseldorf hat sich im genannten Verfahren erneut mit dem Umfang der sekundären Darlegungslast und den Nachforschungspflichten eines Anschlussinhabers auseinandergesetzt.
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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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Bericht
Urteil als PDF:
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2017, Az. 12 S 5/16
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AG Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2015, Az.10 C 84/15
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http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2016/01/AG_Duesseldorf_10_C_84_15.pdf
Autorin:
Rechtsanwältin Carolin Kluge
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Die beklagte Anschlussinhaberin hatte vorgetragen, dass sowohl ihr Lebensgefährte als auch dessen Bruder, der zu Besuch gewesen sei, Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten. Beide kämen daher theoretisch als Täter in Betracht. Vermutlich sei die Rechtsverletzung jedoch von dem Bruder des Lebensgefährten begangen worden, der die Nutzung einer Tauschbörse eingeräumt habe.
Die Darlegungen der Anschlussinhaberin sowohl im Hinblick auf den zeitlichen Verlauf als auch auf die behaupteten Nachforschungsbemühungen waren dabei jedoch undurchschaubar und sehr widersprüchlich. Vor diesem Hintergrund sah das Amtsgericht Düsseldorf die sekundäre Darlegungslast der Anschlussinhaberin nicht als erfüllt an und verurteilte sie zur Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sowie zur Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 506,00 EUR.
Auf die Berufung der Anschlussinhaberin bestätigte das Landgericht Düsseldorf nun das erstinstanzliche Urteil. Auch nach Auffassung des Landgerichts habe die Anschlussinhaberin ihre sekundäre Darlegungslast nicht erfüllen können. Mit ihrem widersprüchlichen Vortrag habe die Anschlussinhaberin nämlich keine plausible Erklärung dafür abgeben können, weshalb der Bruder als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen könnte.
„Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, da sie ihre diesbezügliche Nachforschungs- und Mitteilungspflicht nicht hinreichend erfüllt hat. Die Darstellung der Beklagten zu der möglichen Täterschaft des Zeugen [Name] zwischen dem 22.07. und 30.07.2012 ist nicht nachvollziehbar und widersprüchlich.“
Auch in Bezug auf den Lebensgefährten sei die Anschlussinhaberin ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, da sich das dahingehende Vorbringen auf die bloß generelle Nutzungsmöglichkeit beschränkt habe.
„Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt der Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht […]. Entsprechend der oben genannten Grundsätze hätte die Beklagte vielmehr darlegen müssen, warum auch ihr Lebensgefährte als Täter der Urheberrechtsverletzung ernsthaft in Betracht kam, welche Nachforschungen sie in Bezug auf eine eventuelle Verletzungshandlung durch ihren Lebensgefährten unternommen und welche Erkenntnis sie hieraus gewonnen hat.“
Letztlich bestätigt das Landgericht auch die Angemessenheit der Anspruchshöhe. Insbesondere der vom Amtsgericht erhöhte Schadensersatzbetrag in Höhe von 1.000,00 EUR sei nicht zu beanstanden. Die Anschlussinhaberin hat nun neben den geltend gemachten Ansprüchen auch die Kosten beider Instanzen zu zahlen.
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2017, Az. 12 S 5/16
(…) Beglaubigte Abschrift (Telekopie gemäß § 169 Abs. 3 ZPO)
12 S 5/16
10 C 84/15
Amtsgericht DüsseldorfVerkündet am 22 02 2017
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der GeschäftsstelleLandgericht Düsseldorf
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name]
Beklagten und Berufungsklägerin,Prozessbevollmächtigte: [Name],
gegen
[Name],
Klägerin und Berufungsbeklagte,Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer,
hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 25.01.2017 und den Richter am Landgericht [Name], durch den Richter [Name] und den Richter am Landgericht [Name]
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 09.12.2015, Az. 10 C 84/15, wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten lizenzanalogen Schadensersatz sowie Ersatz von Abmahnkosten wegen von ihr behaupteter öffentlicher Zugänglichmachung des Films [Name] in einem Internet-Filesharing-Netzwerk.
Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zur Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes, mindestens 600,00 EUR, und zum Ersatz weiterer 506,00 EUR Abmahnkosten (ausgehend von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR und unter Ansatz einer 1,0 Geschäftsgebühr), jeweils nebst Zinsen, zu verurteilen. Mit dem am 09.12.2015 verkündeten Urteil hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung eines angemessenen Schadensersatzes in Höhe von 1.000,00 EUR sowie zur Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten, jeweils nebst Zinsen, verurteilt.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichtes und verfolgt ihr erstinstanzliches Begehren der Klageabweisung in vollem Umfang weiter.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet, da die angegriffene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).
1.
Die Klägerin hat einen Schadenersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG in Höhe von 1.000,00 EUR.
a.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert gemäß § 94 Abs. 1 UrhG.
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergibt sich nicht schon aus der Vermutungswirkung des § 10 UrhG wegen des Copyright-Vermerks auf der von der Klägerin vorgelegten DVD bzw. dem DVD-Cover. Denn die Vermutungswirkung eines ©-Vermerks, die sich auch auf die Inhaberschaft an Filmherstellerrechten beziehen kann (vgl. OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379; Dreier / Schulze, a.a.O., § 10, Rn. 44), gilt ausweislich der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 1 UrhG nur für die Geltendmachung von Unterlassungs-, nicht aber von Schadensersatzansprüchen (so BGH NJW 2016, 942 – Tauschbörse I; GRUR 2016, 1280 – Everytime we touch, wonach in den entschiedenen Fällen § 10 Abs. 3 UrhG auf die dort jeweils geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht anwendbar sei). § 10 Abs. 3 S. 1 UrhG ist trotz des unterbliebenen Verweis in § 94 Abs. 4 UrhG und entgegen der Auffassung der Klägerin auch bei einem Vorgehen aus (übertragenen) Leistungsschutzrechten einschlägig. Dies ergibt sich bereits aus § 10 Abs. 3 S. 2 UrhG (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 10, Rn. 37 ff., 56 ff.; § 94, Rn. 62a).
Auf die Rechteinhaberschaft der Klägerin kann jedoch im Wege der freien Beweiswürdigung aufgrund des ©-Vermerks gemäß § 286 ZPO geschlossen werden (vgl. zur Zulässigkeit eines Indizienbeweises, teilweise unter Annahme einer über § 10 Abs. 3 UrhG hinausgehenden Vermutung: BGH NJW 2016, 942 – Tauschbörse I; BGH GRUR 2016, 1280 – Everytime we touch; OLG Köln ZUM-RD 2012, 256; LG Frankfurt MMR 2007, 675; Dreier / Schulze, a.a.O.; Wandtke / Bullinger, UrhR, 4. Aufl., § 10, Rn. 53).
Die Klägerin ist auf dem Online-Portal des Anbieters „iTunes“ für den entgeltlichen elektronischen Download zu dem streitgegenständlichen Film als Rechteinhaberin angegeben: „© Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte ist die [Name]“ (vgl. BI. 318 GA). Da keine konkreten Umstände ersichtlich sind, dass hier ein unbekannter Dritter Inhaber der Online-Nutzungsrechte sein könnte, ist die Indizwirkung ausreichend, um auf die Rechteinhaberschaft der Klägerin zu schließen (§ 286 ZPO).b.
Das Filmwerk wurde durch die Beklagte ohne Berechtigung im Internet zum Download angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht, so dass die Rechte der Klägerin aus §§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19a UrhG verletzt wurden.
(1)
Die IP-Adresse der Beklagten wurde durch die Firma „ipoque GmbH“ zutreffend ermittelt. Im Rahmen des § 286 ZPO hat die Kammer sämtliche Umstände zu würdigen; diese Würdigung ergibt die ordnungsgemäße Ermittlung des Anschlusses. Die Ermittlungssoftware hat die Downloadmöglichkeit des streitgegenständlichen Films zu fünf verschiedenen Zeitpunkten anhand von drei verschiedenen IP-Adressen festgestellt. Die [Name] hat für diese drei verschiedenen IP-Adressen an fünf verschiedenen Zeitpunkten jeweils die Beklagte als Anschlussinhaberin der IP-Adresse ermittelt, von der aus der streitgegenständliche Film im Internet angeboten wurde. Dass es sich hierbei jeweils um Zuordnungsfehler bei der Ermittlungssoftware beziehungsweise bei der [Name] handelt, ist derart unwahrscheinlich, dass die Kammer von der ordnungsgemäße Ermittlung des Anschlusses ausgeht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16. Mai 2012 – 1-6 U 239/11, 6 U 239/11 -, juris Rn. 4).
(2)
Zugunsten der Klägerin wird vermutet, dass die Beklagte Täterin der Urheberrechtsverletzung ist. Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist (BGH, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 74/12 – Morpheus, juris R. 33).
Diese tatsächliche Vermutung ist im Streitfall nicht entkräftet, da die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist.
Die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers ist entkräftet, wenn er vorträgt, dass zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten; diesbezüglich trifft den Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Every time we touch, Rn. 33, juris). Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung ernsthaft in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber allerdings im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Every time we touch, Rn. 33, juris).
(a)
Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, da sie ihre diesbezügliche Nachforschungs- und Mitteilungspflicht nicht hinreichend erfüllt haben. Die Darstellung der Beklagten zu der möglichen Täterschaft des Zeugen [Name] zwischen dem 22.07. und 30.07.2012 ist nicht nachvollziehbar und widersprüchlich.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass der Zeuge [Name] kurze Zeit vor den Rechtsverletzungen vor dem Antritt einer Haftstrafe gestanden habe (Ss. vom 02.10.2015, S. 12, vorletzter Absatz, BI. 99 GA), zu der Rechtsverletzung sei es aber erst nach seiner Freilassung gekommen, als dieser für zwei Wochen bei der Beklagten gewohnt habe (Ss. vom 02.10.2015, S. 12, letzter Absatz, BI. 99 GA). Ist davon auszugehen, dass die Haftstrafe kurz vor dem Zeitpunkt der Rechtsverletzungen bevorstand, wäre zu erwarten gewesen, dass Herr [Name] zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung gerade seine Haftstrafe verbüßt hätte, so dass die Anwesenheit des Zeugen [Name] von Mitte Juli bis zur ersten Woche im August 2012 (Berufungsbegründung vom 10.02.2016, S. 13, BI. 249 GA) nicht nachvollziehbar ist, zumal die Beklagte noch in erster Instanz (Ss. vom 09.11.2015, S. 2, BI. 180 GA) behauptet hat, der Zeuge habe Mitte Juli und Anfang August 2012 bei ihr gewohnt (Hervorhebung diesseits).
Zudem ist der Vortrag der Beklagten auch widersprüchlich. Sie hat vorgetragen, dass sie den Zeugen [Name] mit dem in der Abmahnung vom 23.08.2012 beschriebenen Vorwurf bereits am 21.08.2012 konfrontiert habe. Woher die Beklagte von den in der Abmahnung erhobenen Vorwürfen vor dem 23.08.2012 Kenntnis erlangt hat, hat sie bislang nicht aufklären können; auch auf den Hinweis des Amtsgerichts (Blatt 199 GA) ist der Vortrag der Beklagten nicht klar gestellt worden.
(b)
Im Übrigen ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast in Bezug auf eine Täterschaft ihres Lebensgefährten nicht nachgekommen. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt der Beklagten lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss wird an die Erfüllung der sekundären Darlegungslast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 48/15 – Every time we touch, juris Rn 33). Entsprechend der oben genannten Grundsätze hätte die Beklagte vielmehr darlegen müssen, warum auch ihr Lebensgefährte als Täter der Urheberrechtsverletzung ernsthaft in Betracht kam, welche Nachforschungen sie in Bezug auf eine eventuelle Verletzungshandlung durch ihren Lebensgefährten unternommen und welche Erkenntnis sie hieraus gewonnen hat.
c.
Die öffentliche Zugänglichmachung der urheberrechtlich geschützten Musikwerke, ohne die entsprechende Lizenzierung sichergestellt zu haben, stellt ein fahrlässiges Verhalten dar (§ 276 Abs. 2 BGB).
d.
Die Klägerin kann von der Beklagten den geltend gemachten Schadensersatz in Höhe von 1.000,00 EUR verlangen.
Bei der – von der Klägerin gewählten – Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner bei Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung für die Benutzungshandlung des Verletzers vereinbart hätten (BGH GRUR 2009, 660 – Resellervertrag). Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln. Dieser besteht in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr (BGH, a.a.O.). Die Höhe der danach als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, a.a.O.).
Das Amtsgericht hat den lizenzanalogen Schaden zutreffend mit 1.000,00 EUR bewertet, die Berechnung der fiktiven Lizenzgebühr in Höhe von 1.000,00 EUR für einen Spielfilm, der sich in seiner aktuellen Verwertungsphase befindet, ist im Ergebnis angemessen.
Bei Ausgestaltung eines Lizenzvertrages, der die Beklagte dazu berechtigt hätte, den Spielfilm zum unentgeltlichen Download im Rahmen eines Filesharing-Netzwerkes zur Verfügung zu stellen, hätten die Parteien einerseits den Netto-Verkaufspreis des streitgegenständlichen Spielfilms berücksichtigt. Dabei kann der Vortrag der Klägerin zu den durchschnittlichen Netto-Verkaufspreisen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zugrunde gelegt werden, da er gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist. Die Klägerin hat substantiiert zu den durchschnittlichen Netto-Verkaufspreisen in Höhe von über 9,41 EUR unter Bezugnahme auf Daten der „Filmförderungsanstalt“ sowie einem ausschnittsweisen Screenshot eines Internetvergleichsportal vorgetragen. Ferner ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten aktuellen Screenshot des Anbieters „iTunes“ (BI. 318 GA) ein Online-Verkaufspreis in Höhe von 9,99 EUR. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht in der gemäß § 138 Abs. 2 ZPO erforderlichen Weise bestritten; ihr oblag es substantiiert zu bestreiten, dass die von der Klägerin vorgetragenen Netto-Verkaufspreise nicht der Wirklichkeit entsprechen; das pauschale Bestreiten der Beklagten genügt insofern nicht (Musielak – Stadler, ZPO, 13. Auflage 2016, § 138 Rn. 10).
Die Lizenzgebühr hätte sich andererseits an dem Umfang der Weiterverbreitung der Filmdatei in dem Filesharing-Netzwerk orientiert. Aufgrund der exponentiellen Verbreitungsmöglichkeit des Spielfilms innerhalb der Tauschbörse ist es wahrscheinlich, dass die Parteien von voraussichtlich 200 Downloadvorgängen innerhalb des Filesharing-Netzwerkes ausgegangen wären.
Gemessen daran ist es wahrscheinlich, dass die Parteien eine Lizenzgebühr in Höhe von 5,00 EUR pro Download bei 200 Downloads vereinbart hätten (200 x 5,00 EUR = 1.000,00 EUR).
2.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 97a Abs. 2 a.F. UrhG in Höhe von 506,00 EUR.
a.
Anzuwenden ist die bis September 2013 geltende Fassung des § 97a UrhG, weil es für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (BGH, GRUR 2010, 1120; OLG Köln, Urteil vom 14. März 2014 -1-6 U 109/13, 6 U 109/13 – juris).
Gemäß § 97a Abs. 2 UrhG a.F. ist der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,00 EUR beschränkt. Nach Auffassung der Kammer greift die Begrenzung des § 97a Abs. 2 UrhG a.F. vorliegend nicht, weil die Rechtsverletzung nicht unerheblich war. Eine unerhebliche Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs setzt ein geringes Ausmaß der Verletzung in qualitativer wie quantitativer Hinsicht, also ein Bagatelldelikt, voraus (OLG Frankfurt, Urteil vom 15. Juli 2014 – 11 U 115/13 -, juris Rn. 33, m.w.N.). Aufgrund der exponentiellen Verbreitungsmöglichkeit des Spielfilms innerhalb der Tauschbörse ist Ausmaß der Verletzung nicht als gering zu bemessen.
b.
Der Anspruch besteht in Höhe von 506,00 EUR. Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert in Höhe von 10.000,00 EUR ist angemessen. Zu berücksichtigen waren insbesondere die mehrstündige Dauer der Rechtsverletzung und die Aktualität des zugänglich gemachten Spielfilms (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – I ZR 1/15 – Tannöd, juris Rn. 59).
c.
Der Einwand der Beklagten, es bestehe eine Gebührenverzichtsabrede, greift nicht durch, da sich der Vortrag insofern nur auf Mutmaßungen beschränkt. Ohnehin ist eine behauptete Gebührenverzichtsabrede für den Fall, dass keine Rechtsverletzung durch das Gericht festgestellt wird, ohne Bedeutung, wenn – wie hier – die Beklagte als Rechtsverletzer haftet. Dass auch für diesen Fall vereinbart ist, dass etwa bei Uneinbringlichkeit der Forderung keine Inanspruchnahme der Klägerin als Auftraggeberin vereinbart ist, ist nicht vorgetragen.
3.
Die Zinsforderung ist aus einem Betrag in Höhe von 1.506,00 EUR gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB, seit dem 25.03.2015 begründet (Verzugszinsen).
4.
Die Kostenentscheidung bezüglich des Berufungsverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Vollstreckungsentscheidung folgt §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Es liegt, obwohl die Klägerin ihre Nennung in der Datenbank iTunes erst im Berufungsrechtszug dargelegt und glaubhaft gemacht hat, kein Fall des § 97 Abs. 2 ZPO vor, da das Amtsgericht unproblematisch von der umfänglichen Berechtigung der Klägerin ausgegangen ist und sie daher keinen Anlass hatte ergänzend vorzutragen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
Streitwert (Berufung): 1.506,00 EUR.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem
Landgericht Düsseldorf,
Werdener Straße 1,
40227 Düsseldorf,schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
[Name]
[Name]
[Name]
Beglaubigt
[Name], Justizbeschäftigte (…)
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LG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2017, Az. 12 S 5/16
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