17:34 Uhr
Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen. Der beklagte Anschlussinhaber hatte im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung abgestritten und zudem behauptet, dass er keine Internet-Tauschbörse genutzt habe. Eine fallbezogenen Auseinandersetzung mit der konkreten Rechtsverletzung – streitgegenständlich war die illegale Tauschbörsennutzung bezüglich eines kompletten Musikalbums – erfolgte indes nicht. Vielmehr wurde an der Sache vorbei argumentiert, er habe weder „Filme gestreamt, noch jemals heruntergeladen oder angeboten“. Zudem sei er zum Tatzeitpunkt auf einer Geburtstagsfeier gewesen.
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WALDORF FROMMER Rechtsanwälte
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Bericht
Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2017/01/AG_Augsburg_72_C_822_16.pdf
Autor:
Rechtsanwalt David Appel
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Zum Tatzeitpunkt hätten jedoch auch seine Ehefrau und sein volljähriger Sohn uneingeschränkten und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss nehmen können. Auf Nachfrage habe weder die Ehefrau noch der Sohn des Beklagten die Begehung der Tat zugegeben.
Bei der sodann durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes gaben beide Zeugen an, dass sie das streitgegenständliche Musikalbum nicht über eine Tauschbörse angeboten hätten. Zwar gab der Sohn des Beklagten an, den Künstler und das Musikalbum zu kennen, jedoch habe er dieses nicht über illegales Filesharing bezogen.
In Widerspruch zum Vortrag des Beklagten gab die Ehefrau des Anschlussinhabers an, dass sie mit ihrem Mann am Tag der Rechtsverletzung zum „Fliegenfischen“ gewesen sei. Sie seien morgens losgefahren und erst am Abend nach Hause zurückgekommen.
Das Amtsgericht Augsburg hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und den Anschlussinhaber antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz, der Rechtsverfolgungskosten sowie der gesamten Verfahrenskosten in Höhe von über 1.500,00 EUR verurteilt.
In seiner Begründung führte das Amtsgericht Augsburg wörtlich aus:
„Der Beklagte hat bestritten, einen Film gestreamt oder heruntergeladen zu haben. Streitgegenständlich ist der Urheberrechtsverstoß hinsichtlich eines Musikalbums. Hierzu hat er überhaupt nicht Stellung genommen. Er ist auch seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Insbesondere hat er die beiden anderen Familienmitglieder nicht einmal ernsthaft als Täter in Betracht gezogen. Zudem ist seine Einlassung unglaubwürdig, nachdem er schriftsätzlich behauptete, am […] auf einer Geburtstagsfeier in […] gewesen zu sein. Seine Ehefrau hingegen gab an, an dem Tag, dem Geburtstag ihres Ehemannes, morgens losgefahren zu sein zum Fliegenfischen in […] und erst abends nach Hause gekommen zu sein.“
Nach Vernehmung der Ehefrau und des Sohnes des Beklagten scheiden beide Personen als Täter der Rechtsverletzung aus, so das Gericht in seinen Entscheidungsgründen.
Im Hinblick auf den eingeklagten Lizenzschadensersatz und den geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung führte das Gericht wie folgt aus:
„Nach § 97 Abs. 2 S.3 UrhG schuldet der Beklagte daher Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung nach Lizenzanalogie. Der Schadensersatzanspruch kann auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
Jeder Abruf führt über die Filesharingprogramme zu einer ungeschützten lawinenartigen Weiterverbreitung. Die verlangten 600,00 EUR sind angemessen, da diese Summe bereits bei 100 Downloads erreicht wird. […] Bei einem Album kann ohne Weiteres von einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR ausgegangen werden (z.B. LG München, Az. 21 O 13175/13). Die unter der Mittelgebühr von 1,3 hegende verlangte Gebühr von 1,0 ist nicht zu beanstanden. Die vorgerichtlichen Kosten sind nach der bis 01.08.2013 geltenden RVG-Gebührentabelle netto in der Klage richtig berechnet.“
AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16
(…) – Beglaubigte Abschrift –
Amtsgericht Augsburg
Az. 72 C 822/16
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
[Name],
– Klägerin –Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
[Name],
– Beklagter –wegen Urheberrecht
erlässt das Amtsgericht Augsburg durch die Richterin am Amtsgericht [Name] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2016 folgendes
Endurteil
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,00 EUR Schadensersatz sowie 506,00 EUR Abmahnkosten nebst Zinsen aus 1.106,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.12.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.106,00 EUR festgesetzt.Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten geltend gegen den Beklagten als Anschlussinhaber.
Die Klägerin verfügt als Tonträgerherstellerin über das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Zugänglichmachung für das Album von [Name] mit dem Titel [Name] (Bonus- DVD mit insgesamt 17 Titeln, Anlage K1).
Dieses Album wurde nach dem Ermittlungssystem der Fa. ipoque GmbH über die Tauschbörse BitTorrent am [Datum] um [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr über die IP-Adresse [IP] ungenehmigt über Filesharing zum Download bereitgestellt. Die Auskunft nach § 101 IX UrhG ergab, dass der Beklagte Anschlussinhaber bezüglich der für die Tatzeit ermittelten IP-Adresse ist ( Anlage K 4-1).
Der Beklagte wurde abgemahnt mit Anwaltsschreiben vom [Datum] (Anlage K4-1). Mit Mail vom 10.12.15 an seinen Anwalt wurde dem Beklagten zuletzt eine Zahlungsfrist zum 17.12.15 gesetzt.
Hinsichtlich des Klägervortrages zur Lizenzpraxis sowie der Preise der Musikportale wird auf Seite 4 und 5 der Klage Bezug genommen. Ausgehend von einem gemittelten Downloadverkaufspreis von 9,00 EUR erhielte die Klägerin mit Verletzerzuschlag durchschnittlich 6,05 EUR.
Hinsichtlich des Gegenstandswerts verlangt die Klägerin aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR eine 1,0 Gebühr zzgl. Postpauschale, mithin 506,00 EUR.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite
1. ein angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 600,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.12.2015 sowie
2. 506,00 EUR zuzüglich Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit 18.12.2015 zu zahlen.Der Beklagte beantragt
Klageabweisung .Der Beklagte bestreitet seine Täterschaft.
Er habe keine Kenntnis von einem Filesharing-Netz. Er habe weder Filme gestreamt noch heruntergeladen oder angeboten.
Er habe sich zum Tatzeitpunkt auf einer Geburtstagsfeier in [Name Ort 1] befunden. Sein PC sei während seiner Abwesenheit abgeschaltet gewesen. Zum Tatzeitpunkt hatten seine Ehefrau, die Zeugin [Name], sowie sein Sohn [Name], geboren [Datum], uneingeschränkten und selbstständigen Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten gehabt. Beide hätten über einen eigenen PC verfügt. Er vermute, dass einer der beiden Zeugen für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sei, zugegeben habe die Tat auf Nachfragen des Beklagten keiner der Zeugen.
Nachdem gegenüber dem volljährigen Kind und der Ehefrau keine Belehrungs- und Überwachungspflichten bestünden entfalle auch eine Störerhaftung.
Das Gericht hat die beiden Zeugen [Name] und [Name] uneidlich zu einer behaupteten Täterschaft vernommen. Wegen des Ergebnisses wird auf das Protokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet, §§ 97, 97a I S 2 UrhG. Der Beklagte hat das Urheberecht der Klägerin schuldhaft verletzt.
1.
Es spricht die tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, des Beklagten. Ihn eine sekundäre Darlegungslast. Er muss vortragen, wer selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatte und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommt. Er ist im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet und zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Rechtsverletzung gewonnen hat. Mit der pauschalen Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs auf seinen Internetanschluss wird er den an die Erfüllung der sekundären Darlegungs- und Beweislast zu stellenden Anforderungen nicht gerecht (BGH, 12.05.2016, I ZR 48/15 – Everytime we touch, Leitsatz und Rn 37 bei Beck).
Der Beklagte hat bestritten, einen Film gestreamt oder heruntergeladen zu haben. Streitgegenständlich ist der Urheberrechtsverstoß hinsichtlich eines Musikalbums. Hierzu hat er überhaupt nicht Stellung genommen.
Er ist auch seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Insbesondere hat er die beiden anderen Familienmitglieder nicht einmal ernsthaft als Täter in Betracht gezogen.
Zudem ist seine Einlassung unglaubwürdig, nachdem er schriftsätzlich behauptete, am [Datum] auf einer Geburtstagsfeier in [Name Ort 1] gewesen zu sein. Seine Ehefrau hingegen gab an, an dem Tag, dem Geburtstag ihres Ehemannes, morgens losgefahren zu sein zum Fliegenfischen in [Name Ort 2] und erst abends nach Hause gekommen zu sein.
Nach der Vernehmung der beiden Zeugen scheiden zur Überzeugung des Gerichts die Zeugen zudem als Täter aus.
2.
Nach § 97 Abs. 2 S.3 UrhG schuldet der Beklagte daher Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung nach Lizenzanalogie. Der Schadensersatzanspruch kann auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte.
Jeder Abruf führt über die Filesharingprogramme zu einer ungeschützten lawinenartigen Weiterverbreitung. Die verlangten 600,00 EUR sind angemessen, da diese Summe bereits bei 100 Downloads erreicht wird.
3.
Nach § 97a Abs. 1 S. 2 UrhG in der bis 8.10.13 gültigen Fassung kann, soweit die Abmahnung berechtigt ist, der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.
Die Abmahnung war hier berechtigt.
Die Beschränkung nach Abs 2 greift hier nicht, da beim Filesharing keine nur unerhebliche Rechtsverletzung vorliegt. Denn von einer unerheblichen Rechtsverletzung ist nur auszugehen, wenn die Rechtsverletzungen sich nach Art und Ausmaß auf einen eher geringfügigen Eingriff in die Rechte des Abmahnenden beschränken und deren Folgen durch die schlichte Unterlassung beseitigt werden können (Wandtke / Bullinger, Urheberrecht, 3 A. 2009, § 97 UrhG , Rn 36) Angesichts der zahlenmäßig unbegrenzten Möglichkeit des Downloads des geschützten Werks beim Filesharing liegt für den Abmahnenden kein geringfügiger Eingriff vor.
Die gesetzliche Beschränkung des Gegenstandswerts nach § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG der neuen Fassung ist auf den Altfall nicht anwendbar.
Bei einem Album kann ohne Weiteres von einem Gegenstandswert von 10 000,00 EUR ausgegangen werden (z.B. LG München, Az. 21 0 13175/13). Die unter der Mittelgebühr von 1,3 liegende verlangte Gebühr von 1,0 ist nicht zu beanstanden. Die vorgerichtlichen Kosten sind nach der bis 010.8.2013 geltenden RVG- Gebührentabelle netto in der Klage richtig berechnet.
Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landgericht München I
Prielmayerstraße 7,
80335 Müncheneinzulegen
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Amtsgericht Augsburg
Am Alten Einlaß 1
86150 Augsburgeinzulegen
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
gez. [Name],
Richterin am AmtsgerichtVerkündet am 16 12.2016
gez.[Name] JSekrAnw’in
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (…)
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AG Augsburg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 72 C 822/16
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