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Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. Der Beklagte hatte in dem Verfahren bestritten, für die streitgegenständliche Rechtsverletzung verantwortlich zu sein. Neben ihm hätten allerdings noch seine Ehefrau, deren Bruder sowie zwei Nachbarn auf den Internetanschluss zugreifen können.
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Bericht
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Autorin:
Rechtsanwältin Linda Kirchhoff
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Während der beklagte Anschlussinhaber außergerichtlich noch mitteilte, er könne sich die Rechtsverletzung nicht erklären, hieß es in einem späteren Schriftsatz an das Gericht, er halte eine Täterschaft des Bruders, der mittlerweile nach Lettland verzogen sei, für wahrscheinlich. Auf Nachfrage habe dieser jedoch – wie auch die weiteren Nutzungsberechtigten – die Tatbegehung abgestritten. Dennoch gehe der Beklagte von einer Täterschaft des Bruders aus, da dieser aufgrund seines Alters in die Zielgruppe des streitgegenständlichen Werks falle und Englisch spräche. Zudem verweigere er nunmehr jegliche Kontaktaufnahme mit dem Beklagten. Es sei allerdings auch nicht unwahrscheinlich, dass eine türkische Familie im Nachbarhaus die Internetleitung „angezapft“ habe. Letztendlich würden aber auch zwei nutzungsberechtigte Nachbarn als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Eine Täterschaft dieser zwei Personen hielt die Beklagtenseite jedoch anfänglich noch für unwahrscheinlich.
Das Gericht urteilte zutreffend, dass das Aufstellen bloßer Vermutungen durch die Beklagtenseite den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht gerecht werde. Ein ernsthaft in Betracht kommender alternativer Geschehensablauf sei nicht dargelegt worden. Die Beklagtenseite hafte daher als Täter der Rechtsverletzung:
„Soweit der Beklagte erklärt hat, dass es nicht unwahrscheinlich sei, dass seine Internetleitung durch die türkisch-stämmige Nachbarfamilie „angezapft“ worden sei, da die Internetleitung durch die Wand zum Nachbarhaus verläuft, so sind hierfür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
Umstände, die für diesen Vortrag sprechen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Der Beklagte stellt hier lediglich Vermutungen an, ohne diese in irgendeiner Weise zu belegen.“
Das Gericht hatte zudem weder Zweifel an der zutreffenden Ermittlung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung, der richtigen Zuordnung der IP-Adresse zu dem Anschluss des Beklagten, noch der Anspruchsbefugnis der Klägerseite. Das Amtsgericht verurteilte den Beklagten daher zur Leistung von Schadenersatz i.H.v. 1.000,00 EUR, Erstattung der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der gesamten Verfahrenskosten.
AG Bielefeld, Urteil vom 18.04.2018 – 42 C 308/17
(…) – Beglaubigte Abschrift –
42 C 308/17
Verkündet am 18.04.2018
[Name], Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
Amtsgericht Bielefeld
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
[Name],
Klägerin,Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf und Kollegen, Beethovenstraße 12, 80336 München,
gegen
Herrn [Name], 48351 Everswinkel,
Beklagten,Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte [Name], 48143 Münster,
hat das Amtsgericht Bielefeld auf die mündliche Verhandlung vom 28.03.2018 durch den Richter am Amtsgericht [Name]
für Recht erkannt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 600,00 EUR seit dem 09.09.2016 und auf einen Betrag in Höhe von 400,00 EUR seit dem 18.08.2017 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 107,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2017 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin weitere 107,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.09.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen unerlaubter Verwendung des Filmwerkes [Name] in einer Internettauschbörse geltend.
Zum Zweck der Verfolgung widerrechtlicher Verbreitungen von geschützten Werken beauftragte die Klägerin die ipoque GmbH mit der Überwachung bestimmter Peer-to-Peer-Netzwerke durch das System, Peer-to-Peer Forensic System.
Die ipoque GmbH teilte der Klägerin mit, dass das streitgegenständliche Filmwerk zu mehreren Zeiträumen von unbekannten Nutzern mit verschiedenen IP-Adressen zum Download angeboten worden sei. Als genaue Zeiträume nannte die ipoque GmbH den [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (IP-Adresse: [IP]), den [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (IP-Adresse: [IP]) und den [Datum] zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (IP-Adresse: [IP]) und zwischen [Uhrzeit] Uhr und [Uhrzeit] Uhr (IP-Adresse: [IP]).
Die Klägerin erwirkte beim Landgericht Köln gegenüber dem Provider die Gestattung Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift der Nutzer, denen die aufgeführten IP-Adressen zu insgesamt zehn Zeitpunkten in den streitgegenständlichen Zeiträumen zugewiesen waren.(LG Köln [Aktenzeichen]). Der Provider erteilte sodann die Auskunft, dass die benannten IP-Adressen zu diesen Zeitpunkten innerhalb der streitgegenständlichen Zeiträume dem Beklagten als Anschlussinhaber zugewiesen gewesen seien.
In den streitgegenständlichen Zeiträumen hatte auch die Ehefrau des Beklagten, die Zeugin [Name] Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten. Die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen beging die Zeugin [Name] nicht. Der Anschluss des Beklagten war zu den streitgegenständlichen Zeiträumen passwortgesichert.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] ließ die Klägerin den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum [Datum] und zur Zahlung von 600,00 EUR Schadensersatz und 215,0.0 EUR Aufwendungsersatz bis zum [Datum] auffordern (Anlage K4-1 Bl. 53 d.A.).
Mit außergerichtlichem anwaltlichem Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten an die Klägervertreter vom 26.04.2016 ließ dieser mitteilen, dass weder er noch eine andere Person, die in den streitgegenständlichen Zeiträumen Zugriff auf den Internetanschluss gehabt haben die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen haben und das er damit. auch nicht als Störer hafte (Anlage K4-5 Bl. 78 d.A.).
Der Beklagte gab keine Unterlassungserklärung ab, eine Zahlung erfolgte nicht.
Die Klägerin behauptet, sie sei Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrecht am streitgegenständlichen Filmwerk. Sowohl die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adressen als auch die Zuordnung zum Anschluss des Beklagten seien korrekt erfolgt.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen und hafte als Täter. Ihr stehe gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG ein Schadensersatz in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR zu. Sie habe ferner Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 215,00 EUR.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagtenseite zu verurteilen,
1. an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt. wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 1.000,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.09.2016,
2. 107,50 EUR als Hauptforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.09.2016, sowie
3. 107,50 EUR als Nebenforderung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 09.09.2016 zu zahlen.Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.Er trägt vor, er habe die streitgegenständliche Rechtsverletzung nicht begangen. Er nutze das Internet nur für einfache Anwendungen wie das Versenden und Empfangen von E-Mails. Ihm sei nicht bekannt was eine Filesharing Software ist. Genutzt habe er eine Filesharing Software nicht, hierfür seien seine Computerkenntnisse nicht ausreichend. Weiterhin sei eine solche Software auch nicht auf den von ihm genutzten Endgeräten installiert gewesen. Neben ihm und seiner Ehefrau der Zeugin [Name] habe auch sein Bruder[Name] und die Herren [Namen] dauerhaft in dem gleichen Haus wie die Familie des Beklagten gelebt und mit eigenen Endgeräten Zugriff auf seinem Internetanschluss gehabt. Auf Nachfrage der Zeugin [Name] stritten alle weiteren Personen – was zwischen den Parteien unstreitig ist – die Tatbegehung ab.
Eine Tatbegehung durch die Brüder [Name] sei unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen. Als Täter komme eher der Bruder in Betracht. Dieser falle vom Alter her in die Zielgruppe des Films. Weiterhin verweigere er nunmehr jegliche Kontaktaufnahme mit dem Beklagten. Schließlich spreche der Bruder, anders als der Beklagte, auch Englisch. Er habe im Jahres Probleme mit der Internetverbindung gehabt, sodass nur das Empfangen und Versenden kleinerer Datenpakete möglich gewesen sei. Es sei auch zu häufigen Verbindungsunterbrechungen gekommen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass die türkische Familie im Nachbarhaus die Internetleitung angezapft habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin [Name].
Zum Inhalt und Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.03.2018 verwiesen.
Am 10.04.2017 hat die Klägerin den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides bezüglich der streitgegenständlichen Forderungen gestellt. Der Mahnbescheid ist dem Beklagten am 15.04.2017 zugestellt worden. Am 25.04.2017 ist der Widerspruch des Beklagten beim Mahngericht eingegangen und die Nachricht über den Widerspruch an die Klägerin abgesandt worden. Am 11.08.2017 erfolgte, nach Einzahlung der Gerichtskosten die Abgabe an das Amtsgericht Bielefeld, wo die Akte am 18.08.2017 eingegangen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist bis auf einen geringen Teil der Zinsen begründet.
I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzbetrages in Höhe von 1.000,00 EUR gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG.
1.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert.Für den Rechteinhaber besteht häufig die Schwierigkeit des Nachweises der Urheberschaft oder der Inhaberschaft von ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten. Demjenigen der behauptet ausschließliche Nutzungs- und Verwertungsrechte innezuhaben steht es offen Indizien anzuführen, die auf die Rechteinhaberschaft schließen lassen.
Im iTunes Store ist zugunsten der Klägerin ein c-Vermerk vorhanden (Anlage K1 Bl. 41 d.A.). Weitere Hinweise auf die Rechtsinhaberschaft der Klägerin ergeben sich, daraus, dass diese auch im maxdome Store und bei Amazon als Rechteinhaberin bzw. Studio bezeichnet wird. Die Eintragung als Rechteinhaber in einer Internetdatenbank kann ein erhebliches Indiz der Rechteinhaberschaft darstellen. Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch für einen Händler, bei dem Online Filmwerke gekauft werden können (BGH – Tauschbörse III, Urteil vom 11.6.2015 – I ZR. 75/14).
Substantiierte Einwendungen, die gegen die Rechteinhaberschaft der Klägerin sprechen hat der Beklagte nicht vorgebracht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin, sollte sie nicht Rechteinhaberin sein, im iTunes Store als solche angegeben ist.
2.
Das Gericht hat keinerlei Zweifel daran, dass von dem Anschluss des Beklagten das streitgegenständliche Filmwerk in einer Filesharing-Tauschbörse öffentlich zugänglich gemacht wurde.
a.
Zunächst einmal hat die Klägerin ausreichend, überzeugend und. umfänglich zum Ermittlungsvorgang und zur Funktionsweise der Ermittlungssoftware vorgetragen. Dem Gericht ist die grundsätzlich Funktionsweise der streitgegenständlichen Ermittlungssoftware auch aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt.
Soweit der Beklagte die Richtigkeit der Ermittlungen bestreitet verfängt dies nicht. Selbst wenn möglicherweise nicht ausgeschlossen werden könnte, dass es bei der Ermittlung des jeweiligen Anschlussinhabers zu Fehlern kommen kann, ist es jedenfalls sehr unwahrscheinlich, dass mehrere IP-Adressen zu zehn unterschiedlichen Zeitpunkten durch die Ermittlungssoftware ermittelt und jeweils dem Anschluss des Anschlussinhabers zugeordnet werden.
Da es, aufgrund der Vielzahl der Ermittlungen, wie oben dargestellt, nicht auf einen vollständigen Ausschluss der Fehlerhaftigkeit der Ermittlungen ankommt, war auch das vom Beklagten angebotene Sachverständigengutachten nicht einzuholen.
b.
Soweit der Beklagte bestreitet, dass die Gestattungsverfahren vor dem Landgericht Köln ergeben hat, dass die streitgegenständlichen IP-Adressen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten dem Anschluss des Beklagten zugewiesen gewesen waren, so ist dies korrekt. Eine Zuordnung der IP-Adressen erfolgt nicht im Gestattungsverfahren vor dem zuständigen Gericht. Das Gestattungsverfahren führt lediglich dazu, dass der Provider verpflichtet wird die Auskunft hinsichtlich der Personen denen bestimmte IP-Adressen zugeordnet waren, zu erteilen.
Die Zuordnung erfolgt sodann durch den Provider.
Hierzu hat die Klägerin umfassend vorgetragen und die Auskunft auch des Providers auch in Anlage K2 (Bl. 42 d.A. ff.) zur Gerichtsakte gereicht. In dieser ist Name und Anschrift des Beklagten mehrmals genannt.
c.
Auch der zunächst geltend gemachte Einwand, aufgrund von Störungen seien lediglich das Senden und Empfangen kleinerer Datenpakete möglich gewesen, ist unbeachtlich.
Selbst das bloße Herunterladen von Dateifragmenten stellt bereits ein Urheberrechtsverletzung dar (BGH – Konferenz der Tiere, Urteil vom 06.12.2017 – I ZR 186/16).
Weiterhin hat der Beklagten in seiner mündlichen Anhörung auch erklärt, dass er sich selbst nicht daran erinnern könne, dass es eine Störung des Internetanschlusses gegeben habe.
d.
Soweit der Beklagte erklärt hat, dass es nicht unwahrscheinlich sei, dass seine Internetleitung durch die türkisch-stämmige Nachbarfamilie „angezapft“ worden sei, da die Internetleitung durch die Wand zum Nachbarhaus verläuft, so sind hierfür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.
Umstände die für diesen Vortrag sprechen hat der Beklagte nicht vorgetragen. Der Beklagte stellt hier lediglich Vermutungen an, ohne diese in irgendeiner Weise zu belegen.
Soweit zunächst in den anwaltlichen Schriftsätzen Störungen des Internetanschlusses vorgetragen wurden, so waren solche dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr in Erinnerung.
3.
Der Beklagte ist auch als Täter anzusehen.
Nach den allgemeinen Grundsätzen trägt die Klägerin als Anspruchstellerinnen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (BGH – Everytime we touch, Urteil vom 12.05.2016 – I ZR 48/15).
Dem Beklagten obliegt jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Dieser genügt er dadurch, dass er dazu vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Beklagte im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloßen theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Beklagte hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne ihr Wissen und Zutun zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH – Loud, Urteil vom 30.03.2017 – I ZR 19/16).
Diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast wird der Vortrag des Beklagten nicht gerecht.
Zunächst ist der gesamte außergerichtliche und gerichtliche Vortrag des Beklagten für das Gericht als Gesamtes betrachtet nicht glaubhaft. Der vorgerichtliche Vortrag des Beklagten steht im Widerspruch zum Vortrag im vorliegenden Verfahren. Der Beklagte scheint seinen Vortrag an die höchstrichterliche Rechtsprechung anzupassen zu wollen.
Vorgerichtlich hat der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 26.04.2016 gegenüber der Klägerin vortragen lassen, dass keiner der Personen, die im streitgegenständlichen Zeitraum Zugriff auf den Internetanschluss des Beklagten hatten die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen begangen hat und er damit nicht als Störer haften könne. Eine Täterschaft einer der zugriffsberechtigten Personen hat der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt somit ausgeschlossen. Im vorliegenden Verfahren hat der Beklagte zunächst erklärt, dass neben ihm und seiner Ehefrau auch sein Bruder und die Herren [Namen] Zugriff auf den Internetanschluss hatten, diese die Täterschaft aber verneint hätten und er sich die Urheberrechtsverletzung nicht erklären könne. In einem späteren Schriftsatz ließ der Beklagte mitteilen, dass er eine Täterschaft der Gebrüder [Name] für unwahrscheinlich halte und wahrscheinlich sein Bruder als Täter in Betracht komme.
Nach dem außergerichtlichen Vortrag des Beklagten kommt keine andere Person als Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung in Betracht. Warum der Beklagte nun doch – entgegen seines außergerichtlichen Vortrages – von einer möglichen Täterschaft seines Bruders ausgeht ist nicht nachvollziehbar. Soweit er erklärt, dass er vorgerichtlich die Täterschaft einer anderen Person nie ausgeschlossen habe ist dies mit Blick auf das außergerichtlich Schreiben vom 26.04.2016 nicht korrekt.
Auch lediglich den Vortrag des Beklagten im streitgegenständlichen Verfahren zugrundegelegt kommt der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nach. Die Ehefrau des Beklagten scheidet nach dem eigenen Vortrag als Täterin aus. Der Beklagte selbst hält die Tatbegehung durch die Herren [Namen] ebenfalls für unwahrscheinlich. Aus welchem Grund diese trotzdem als Täter in Betracht kommen können, ist nicht nachvollziehbar.
Zum Nutzungsverhalten seines Bruders trägt der Beklagte nichts vor. Auch konnte der Beklagte in seiner mündlichen Anhörung auch nichts dazu sagen, ob und welche Nachforschungen hinsichtlich der Täterschaft des Bruders nach Erhalt der Abmahnung durchgeführt würden. Er hat lediglich auf seine Ehefrau ,verwiesen und erklärt, dass diese wohl mit dem Bruder gesprochen habe. Die Ehefrau des Beklagten – die Zeugin [Name] – hat in ihrer Vernehmung ebenfalls lediglich angegeben, dass sie den Bruder des Beklagten gefragt, dieser die Tatbegehung aber abgestritten habe.
Aus dem Vortrag des Beklagten lässt sich ein Alternativsachverhalt nicht entnehmen. Dass der Bruder nunmehr jegliches Gespräch mit dem Beklagten und dessen Ehefrau ablehnt, lässt nicht auf eine Täterschaft des Bruders schließen. Auch die Tatsache, dass der Bruder des Beklagten nach Ansicht des Beklagten in die Altersgruppe fällt, die der streitgegenständliche Film anspricht, zeigt noch keinen Alternativsachverhalt auf. Auch die Tatsache, dass der Bruder des Beklagten nach dessen Vortrag im Gegensatz zu ihm der englischen Sprache mächtig ist, stellt noch keinen Sachverhalt dar, der auf die Täterschaft des Bruders schließen lässt. Da der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist, waren auch die von ihm angebotenen Zeugen nicht zu vernehmen.
4.
Auch die Höhe des geltend gemachten Lizenzschadens ist nicht zu beanstanden. Gibt es wie im vorliegenden Fall keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife, ist die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 7/14).
Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint ein Lizenzschaden in Höhe von 1.000,00 EUR als angemessen (§ 287 ZPO).
Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH – Tauschbörse I,Urteil vom 11.06.2016 – I 19/14) ist für ein Album mit 15 Titeln ein Schadensersatzanspruch von 3.000,00 EUR angemessen. Bei einem Spielfilm der im Kino ausgestrahlt wurde, ist zu beachten, dass ein solcher hohe Produktionskosten verursacht. Weiterhin ist auch zu beachten, dass mehrere Ermittlungszeiträume verteilt über knapp zwei Wochen streitgegenständlichen sind und damit ein Anbieten über einen längeren Zeitraum stattgefunden hat. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass über eine Tauschbörse eine unkontrollierte Verbreitung an eine Vielzahl von Nutzern weltweit erfolgt.
5.
Der Zinsanspruch ergibt sich jedoch lediglich in Höhe von 600;00 EUR aus §§ 286, 288 BGB. Im Übrigen kann die Klägerin lediglich Rechtshängigkeitszinsen nach §§ 288, 291 BGB verlangen.
Der Beklagte wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 02.09.2014 lediglich zur Zahlung von 600,00 EUR Schadensersatz bis zum 22.09.2014 aufgefordert und befand sich demnach in Höhe von 600,00 EUR seit dem 23.09.2014 in Verzug. Auch in den übrigen außergerichtlichen Schreiben hat die Klägerin immer wieder auf diese Forderungshöhe verwiesen.
Im Übrigen ist kein Verzugseintritt ersichtlich, sodass lediglich Rechtshängigkeitszinsen beanSprucht werden können.
Nach § 696 Abs. 3.ZPO gilt die Streitsache als mit Zustellung des Mahnbescheids rechtshängig geworden, wenn sie alsbald nach der Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.
Wenn kein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt oder die weiteren Gerichtskosten nicht innerhalb der bei § 167 ZPO üblichen Frist von zwei Wochen bezahlt werden, liegt keine alsbaldige Abgabe mehr vor (MüKoZPO / Schüler ZPO § 696 Rdnr. 19).
Vorliegend ist der Widerspruch am 25.04.2017 beim Mahngericht eingegangen. Die Abgabe erfolgte aufgrund des Einganges der weiteren Gerichtskosten erst am 11.08.2017.
Wird die Streitsache nicht alsbald abgegeben, tritt Rechtshängigkeit mit dem Eingang der Akten beim Prozessgericht ein (MüKoZPO / Schüler ZPO § 696 Rdnr. 21).
Der Akteneingang beim Amtsgericht Bielefeld erfolgte am 18.08.2017.
II.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 107,50 EUR für das vorgerichtliche Abmahnschreiben gemäß § 97a Abs. 3 S. 1 UrhG.
Hiernach kann im Falle einer berechtigten Abmahnung die verletzte Partei von dem Verletzter den Ersatz der für das Abmahnschreiben angefallenen erforderlichen Aufwendungen verlangen.
1.
Die Abmahnung war im vorliegenden Fall berechtigt, da wie oben ausgeführt, der Beklagte als Täter haftet.
2.
Auch der vorliegend den Abmahnkosten zugrundegelegte Gegenstandswert in Höhe von 1.000,00 EUR ist nicht übersetzt.
Ausgangspunkt für die Bemessung des Gegenstandswertes ist das Interesse der Klägerin an einer wirkungsvollen Abwehr von Urheberrechtsverletzungen.
Vorliegend handelt, es sich um eine erhebliche Urheberrechtsverletzung, da ein bekannter Film betroffen ist. Das Anbieten von Filmwerken in einer Filesharing-Börse ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts geeignet zu erheblichen. Umsatzeinbußen der Filmindustrie zu führen.
3.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
Der Beklagte ist durch das anwaltliche Schreiben vom [Datum] hinsichtlich der vorgerichtlichen Abmahnkosten ab dem [Datum] in Verzug gesetzt worden.
III.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Ersatz von weiteren vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 107,50 EUR aus § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben den Beklagten mit Abmahnschreiben vom 02.09.2014 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 600,00 EUR aufgefordert, sodass diesbezüglich ein Anspruch der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen die Klägerin besteht und der Klägerin damit ein Schaden entstanden ist.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
IV.
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägervertreter vom 16.04.2018 wurde nicht mehr berücksichtigt (§ 296a ZPO).
V.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.107,50 EUR festgesetzt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
1. wenn der Wert des ‚Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem
Landgericht Bielefeld,
Niederwall 71,
33602 Bielefeld,eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bielefeld zu begründen.
Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bielefeld durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Bielefeld statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem
Amtsgericht Bielefeld,
Gerichtstraße 6,
33602 Bielefeld,schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
[Name]
Richter am AmtsgerichtBeglaubigt
[Name]
Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle
Amtsgericht Bielefeld (…)
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AG Bielefeld, Urteil vom 18.04.2018 – 42 C 308/17
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