WALDORF FROMMER: AG München verurteilt Anschlussinhaber in Tauschbörsenverfahren – Spekulationen zu vermeintlichem Hackerangriff reichen nicht aus

20:25 Uhr

Gegenstand des Verfahrens: Illegales Tauschbörsenangebot urheberrechtlich geschützter Filmaufnahmen. In diesem Verfahren hat das Amtsgericht München den Inhaber des Internetanschlusses zur Leistung von Schadensersatz, zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie zur Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt.

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Bericht

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Urteil als PDF:
http://news.waldorf-frommer.de/wp-content/uploads/2017/02/AG_Muenchen_242_C_18776_16.pdf

Autor:
Rechtsanwalt David Appel

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Maßgeblicher Einwand des beklagten Anschlussinhabers war, dass womöglich unbekannte Dritte seinen geschützten Internetanschluss widerrechtlich genutzt und die Rechtsverletzung begangen hätten. Zudem sei es nicht auszuschließen, dass es bei der Ermittlung der Rechtsverletzung und der Zuordnung der IP-Adresse durch den Provider zu Fehlern gekommen sei.

Das erkennende Gericht sah den Vortrag des Beklagten als nicht geeignet an, die klägerischen Ansprüche zu erschüttern. An der Fehlerfreiheit der Ermittlungen konnte kein Zweifel bestehen:

„Die Richtigkeit der technischen Ermittlungen durch die Firma Digital Forensics GmbH, die zu den IP-Adressen führten, die dem Rechner des Beklagten zu den zwei Uploadzeitspannen zugeordnet wurden, steht aus Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die richtige Anschlussinhaberermittlung […]

Die Beauskunftung der so ermittelten IP-Adressen führte zum Anschluss des Beklagten.

Wurden in vielfachen Fällen, die sich zeitlich zueinander fügen, stets der gleiche Anschlussinhaber ermittelt, ist nach Ansicht des Gerichts von einer richtigen Anschlussinhaberermittlung über zutreffende technische Ermittlungen der IP-Adressen auszugehen, da ein Übertragungsfehler angesichts von zwei zeitlich nahe beieinander liegenden Ermittlungen, die jeweils unabhängig voneinander zu Beauskunftungen mit jeweils gleichem Ergebnis führten, ausgeschlossen erscheint […]“

In seiner Urteilsbegründung führte das Gericht weiterhin aus, dass Spekulationen über vermeintliche Hacker keine ernsthafte und wahrscheinliche Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs begründen. Es sei nicht ersichtlich, wie,

„wenn nicht durch den Beklagten, es zu den gegenständlichen Rechtsverletzungen gekommen sein kann. Zugriff anderer Personen, die Zugang zu seiner Wohnung hatten, schließt der Beklagte selbst ausdrücklich aus. Zwar hat der Beklagte darauf verwiesen, dass kein WLAN-Netzwerk sicher sei und man daher einen Fremdzugriff nicht ausschließen könne. Auch im Hinblick auf die hohe Sicherung des Anschlusses erscheint aber ein derartiger Missbrauch durch unbefugte Dritte nicht ernsthaft wahrscheinlich […]“

Sowohl den beantragten Mindestschadensersatz als auch den angesetzten Gegenstandswert von 10.000,00 EUR erachtete das Gericht als angemessen.

 

AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16

 

(…) Beglaubigte Abschrift

Amtsgericht München

Az. 242 C 18776/16

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

In dem Rechtsstreit

[Name],
– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Waldorf Frommer, Beethovenstraße 12, 80336 München,

gegen

[Name],
– Beklagter –

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht [Name] am 04.01.2017 auf Grund des Sachstands vom 20.12.2016 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes

 

Endurteil

 

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 970,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.02.2016 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 970,20 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

 

Die Parteien streiten um Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche wegen des Angebots eines urheberrechtlich geschützten Spielfilms in einer Internettauschbörse.

Die Klägerin ist Inhaberin der exklusiven Rechte an dem Spielfilm [Name].

Zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen hat die Klägerin die Firma Digital Forensics GmbH mit der Überwachung der P2P Internet-Tauschbörsen beauftragt. Die Firma Digital Forensics GmbH ermittelte Urheberrechtsverletzungen an dem Werk, begangen am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr sowie am gleichen Tag zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr, jeweils unter der IP-Adresse [IP].

Der WLAN-Anschluss des Beklagten war mit einem 16-stelligen WPA2-Passwort verschlüsselt.

Aufgrund eines Beschlusses des Landgericht München I, Az. 7 0 17063/13, wurde der Beklagte durch seinen Internetprovider Telefónica als Inhaber des betreffenden Internetanschlusses identifiziert.

Die Bevollmächtigten der Klägerin mahnten den Beklagten wegen dieser Urheberrechtsverletzungen an dem gegenständlichen Werk mit Schreiben vom [Datum] ab und forderten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, Zahlung von Schadensersatz und den Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung. Der Beklagte gab die Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht ab und zahlte Schadensersatz in Höhe von 65,00 EUR sowie anteilige Rechtsanwaltskosten in Höhe von 142,80 EUR. Weiter Zahlungen wurden nicht geleistet.

Die Klägerin hält den Beklagten als Anschlussinhaberin für die Rechtsverletzungen verantwortlich. Sie verlangt weitere 535,00 EUR Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie sowie Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 435,20 EUR, wobei sie eine 1,0-Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR zugrunde legt, zuzüglich Auslagenpauschale.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO einverstanden erklärt.

Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagtenseite wird verurteilt, an die Klägerseite einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 535,00 EUR betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.02.2016 sowie
2. 435,20 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.02.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.

Der Beklagte trägt vor, er habe die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung nicht begangen. Er sei seit Ende April [Jahreszahl] im Besitz der Blu-ray [Name] und sei nicht darauf angewiesen, den Titel herunterzuladen. Es sei technisch für Privatanwender nicht möglich, den Missbrauch eines Internetanschlusses per WLAN abzuwehren. Es sei für einen Hacker möglich, sich in jedes WLAN-Netzwerk einzuschalten Er könne keine konkrete Person als möglichen Täter benennen.

Zur Ergänzung des jeweiligen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 UrhG auf Schadensersatz in Höhe von weiteren 535,00 EUR.

1.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie verfügt über die Rechte an dem Spielfilm [Name] und ist damit ausschließlich zur Vervielfältigung und ordentlichen Zugänglichmachung befugt.

2.

Das Recht der Klägerin zur öffentlichen Zugänglichmachung des Spielfilms wurde durch den Beklagten verletzt.

a)

Die Teilnahme an Internettauschbörsen beinhaltet eine Vervielfältigungshandlung wie auch eine öffentliche Zugänglichmachung des betroffenen Films, § 19 a UrhG. Beim sog. Filesharing werden Dateien, die sich ein Nutzer herunterlädt zeitgleich im Rahmen eines Uploads den anderen Netzwerkteilnehmern zum Download angeboten. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Beklagte eine Blu-ray des streitgegenständlichen Films besitzt. Anders als beim sog Streaming, bei dem das betroffenen Werk im Regelfall nur kurzzeitig und in Teilen im Arbeitsspeicher des Internetnutzers gespeichert ist und damit eine Vervielfältigungshandlung i.S.v. § 16 UrhG im Regelfall nicht gegeben sein wird, wird beim Filesharing die Datei auf den persönlichen Rechner heruntergeladen und verbleibt dort mit der Möglichkeit der Nutzung auch zu späteren Zeitpunkten.

Zugleich findet eine öffentliche Zugänglichmachung statt, indem die Datei bereits im Zeitpunkt des Herunterladens anderen Netzwerkteilnehmern zum Download und damit zur Vervielfältigung angeboten wird. Dieser Vorgang fällt nicht unter die Schranke von § 44a UrhG. Ungeachtet der Frage, ob der Upload integraler und wesentlicher Teil des technischen Verfahrens des Downloads i.S.v. § 44a UrhG ist, wird beim Filesharing eine offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet. Diese Schranke des § 53 UrhG ist insoweit in § 44a UrhG hineinzulesen. Wahrend bei anderen visuellen Angeboten im Internet, wie z.B. dem Streaming, im Regelfall nicht per se davon ausgegangen werden kann, dass eine rechtswidrig öffentlich zugänglich gemachte Quelle in das Internet eingestellt wurde und zur visuellen Betrachtung angeboten wird, ist beim Filesharing hinlänglich bekannt, dass ganz überwiegend der Uploader nicht über die entsprechenden Nutzungsrechte verfügte. Durch die Teilnahme an dem Filesharing-Netzwerk, das ein aktives Handeln des Users, mithin das Herunterladen eines entsprechenden Filesharing-Programms erfordert, muss ihm im Sinne zumindest von Fahrlässigkeit bewusst sein, dass Urheberrechte verletzt werden können. Anders wäre der Fall beim Streaming zu beurteilen, dass idR abgesehen von der allgemeinen Internetnutzung keine besonderen Aktionen des Users erfordert, die ihm die potentielle Gefahr einer Urheberrechtsverletzung erkenntlich machen würden.

b)

Die Richtigkeit der technischen Ermittlungen durch die Firma Digital Forensics GmbH, die zu den IP-Adressen führten, die dem Rechner des Beklagten zu den zwei Uploadzeitspannen zugeordnet wurden, steht aus Überzeugung des Gerichts ebenso fest wie die richtige Anschlussinhaberermittlung: Zu zwei unterschiedlichen, sich jedoch zeitlich aneinander anfügenden Zeitspannen am [Datum] zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr sowie am gleichen Tag zwischen [Uhrzeit] und [Uhrzeit] Uhr wurde durch die Ermittlungssoftware der Firma ipoque, deren grundsätzlich korrekte Funktionsweise bereits in mehreren gerichtlichen Sachverständigengutachten nachgewiesen wurde (z.B. Az. 155 C 20289/12, Az. 158 C 17155/12) , Verletzungshandlungen festgestellt. Die Beauskunftung der so ermittelten IP-Adressen führte zum Anschluss des Beklagten. Wurden in vielfachen Fällen, die sich zeitlich zueinander fügen, stets der gleiche Anschlussinhaber ermittelt, ist nach Ansicht des Gerichts von einer richtigen Anschlussinhaberermittlung über zutreffende technische Ermittlungen der IP-Adressen auszugehen, da ein Übertragungsfehler angesichts von zwei zeitlich nahe beieinander liegenden Ermittlungen, die jeweils unabhängig voneinander zu Beauskunftungen mit jeweils gleichem Ergebnis führten, ausgeschlossen erscheint (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 01.10.2012, Az. 6 W 1705/12; OLG Köln, 15.05.2012, Az 6 U 239/11). Diese Annahme kann auch der Vortrag des Beklagten, der pauschal Ermittlungsfehler in den Raum stellt, nicht entkräften.

c)

Steht die Begehung der streitgegenständlichen Rechtsverletzung über den Anschluss des Beklagten damit fest, so besteht die tatsächliche Vermutung, dass der Beklagte als Inhaber des Anschlusses auch für hierüber begangene Rechtsverletzungen persönlich verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2010, Az. I ZR 121/08, „Sommer unseres Lebens“). Aus dieser Vermutung ergibt sich für die Beklagte zwar keine Beweislastumkehr, wie der Beklagte zu Recht vorträgt, sondern eine sekundäre Darlegungslast, die es ihm verwehrt, sich auf ein an sich zulässiges einfaches Bestreiten der Rechtsverletzung zu beschränken. Eine Entkräftung der tatsächlichen Vermutung erfordert vielmehr hinsichtlich aller fraglicher Tatzeitpunkte Sachvortrag, nach dem die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass allein ein Dritter und nicht auch der Anschlussinhaber den Internetzugang für die behauptete Rechtsverletzung genutzt hat (vgl. BGH, 15.11.2012, Az. ZR 74/12, „Morpheus“). Der Anschlussinhaber muss seine Verantwortlichkeit deshalb im Rahmen des im Zumutbaren substantiiert bestreiten sowie Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs – nämlich die Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des besagten Internetanschlusses – ergibt (OLG Köln, 02.08.2013, Az. 6 U 10/13). An die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen ist hierbei bezüglich Detailgrad und Plausibilität ein strenger Maßstab anzulegen (LG München I, 22.03.2013, Az. 21 S 28809/11). Den so skizzierten Anforderungen genügt der Vortrag des Beklagten nicht.

(1)

Der Beklagte hat die Unterlassungserklärung – ebenso wie auch die Vornahme der Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 65,00 EUR und Anwaltskosten in Höhe von 142,80 EUR ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegeben. In diesen Erklärungen liegt deshalb kein Anerkenntnis des zugrundeliegenden Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten (BGH, 24.9.2013, Gz. I ZR 219/12).

(2)

Der Beklagte behauptet, in seinem Haushalt habe niemand den Film über die Internet-Tauschbörse heruntergeladen, vielmehr sei ein Fremdzugriff möglich gewesen. Dem Beklagten war bekannt, dass dieser Vortrag den Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt. Der Vortrag ist nicht hinreichend detailliert und kann die feststehenden Rechtsverletzungen über den Anschluss des Beklagten nicht plausibel erklären. Es ist nicht ersichtlich, wie, wenn nicht durch den Beklagten, es zu den gegenständlichen Rechtsverletzungen gekommen sein kann Zugriff anderer Personen, die Zugang zu seiner Wohnung hatten, schließt der Beklagte selbst ausdrücklich aus. Zwar hat der Beklagte darauf verwiesen, dass kein WLAN-Netzwerk sicher sei und man daher einen Fremdzugriff nicht ausschließen könne. Auch im Hinblick auf die hohe Sicherung des Anschlusses erscheint aber ein derartiger Missbrauch durch unbefugte Dritte nicht ernsthaft wahrscheinlich, zumal dieser unbekannte Dritte im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich eine Urheberrechtsverletzung begangen hat – weitere Manipulationen an seinem Netzwerk, die auf einen Hackerangriff schließen lassen, hat der Beklagte nicht vorgetragen. Dieser Vortrag ist überdies auch deshalb wenig plausibel, da kaum anzunehmen ist, dass der Beklagte – wenngleich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – 207,80 EUR an die Klägerin zugunsten eines unbekannten Dritten, der seinen Anschluss gehackt hat, gezahlt hat.

Eine ernsthafte und plausible Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs besteht somit nicht. Ist der Beklagte damit den Anforderungen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, gilt der Vortrag der Klägerin gem. §138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (Greger in Zähler, ZPO, §138, Rz. 8b).

3.

Der Beklagte handelt auch fahrlässig, da er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ. Wer ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk nutzen will, muss sich über den Bestand des Schutzes wie auch über den Umfang der Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen. Insoweit bestand eine Prüf- und Erkundigungspflicht des Beklagten (vgl. Dreier / Schulze, UrhG, §97, Rdn. 57). Der Beklagte hätte sich daher über die Funktionsweise einer Internet-Tauschbörse und auch über die Rechtmäßigkeit der Angebots kundig machen und vergewissern müssen. Hierzu wird vom Beklagten nichts vorgetragen.

4.

Durch das Angebot zum Herunterladen des streitgegenständlichen Spielfilms verursachte der Beklagte einen Schaden, den das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 600,00 EUR schätzt. Bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten ermöglicht die Rechtsprechung dem Verletzten wegen der besonderen Beweisschwierigkeiten neben dem Ersatz des konkreten Schadens weitere Wege der Schadensermittlung. Danach kann der Schaden auch in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr berechnet werden (BGH GRUR 1990, 1008, 1009 – Lizenzanalogie). Der Verletzte hat das Wahlrecht, wie er seinen Schadensersatz berechnen will. Vorliegend hat die Klägerin die Berechnung im Wege der Lizenzanalogie gewählt. Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist rein objektiv darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung der Rechte ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide im Zeitpunkt der Entscheidung die gegebene Sachlage gekannt hätten. Diese Schadensberechnung beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der ausschließliche Rechte anderer verletzt, nicht besser stehen soll, als er im Falle einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechteinhaber gestanden hätte. Damit läuft die Lizenzanalogie auf die Fiktion eines Lizenzvertrages der im Verkehr üblichen Art hinaus. In welchem Ausmaß und Umfang es konkret zu einem Schaden gekommen ist, spielt keine Rolle. Der Sachvortrag der Klägerseite in der Klage bietet hierzu eine ausreichende Schätzungsgrundlage. Der angesetzte Betrag ist angesichts der gerichtsbekannten Funktionsweise einer Internettauschbörse, die mit jedem Herunterladen eine weitere Downloadquelle eröffnet, angemessen. Das Gericht schätzt daher die angemessene Lizenz gemäß § 287 ZPO auf weitere 535,00 EUR.

II.

Daneben kann die Klägerin von dem Beklagten Ersatz von Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung in Höhe von weiteren 435,20 EUR gemäß § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen.

1.

Eine Urheberrechtsverletzung des Beklagten hinsichtlich des Leistungsschutzrechtes der Klägerin liegt, wie oben dargestellt, vor. Der Beklagte wurde daraufhin mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom [Datum] zu Recht abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewerten Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Damit kann die Klägerin von dem Beklagten die Kosten der Abmahnung nach § 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG verlangen, da dies die erforderlichen Aufwendungen für die berechtigte Abmahnung darstellen.

2.

Der Streitwert eines Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem Interesse des geschädigten Rechteinhabers an der künftigen Unterlassung gleichartiger Verletzungshandlungen. Im Hinblick auf das hohe Verletzungspotential, dem die Urheberrechte in Filesharing-Netzwerken ausgesetzt sind, erscheint vorliegend ein Streitwert von 10.000,00 EUR angemessen (§ 287 ZPO). Gegen die geltend gemachte 1,0-Geschäftsgebühr bestehen im Hinblick darauf, dass die Abmahnung in Bezug auf ein vollständiges Album erfolgte, Unterlassungserklärung sowie auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht wurden, keinerlei Bedenken.

III.

Die Entscheidung zu den Nebenforderungen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 288 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO.

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

 

Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600,00 EUR übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem

Landgericht München l
Prielmayerstraße 7
80335 München

einzulegen

Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.

Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.

Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

gez.
[Name],
Richterin am Amtsgericht (…)

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AG München, Urteil vom 04.01.2107, Az. 242 C 18776/16

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