.rka Rechtsanwälte Reichelt Klute GbR (Hamburg): Oberlandesgericht Celle (Urt. v. 26.01.2017, Az. 13 U 113/16) – Fragmente reichen für Bejahung der Verletzungshandlung nach § 97 UrhG aus – Koch Media GmbH aktivlegitimiert!

22:31 Uhr

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Rechtsanwalt Nikolai Klute
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

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Bericht

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Hamburg, 31.10.2017 (eig.). Der Copyrightvermerk, der die Klägerin auf Umverpackung und Datenträger eines Computerspieles als Rechteinhaberin ausweist, langt aus, um die Aktivlegitimation nach § 10 Abs. 3 UrhG im Prozess zu vermuten. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden (Urt. v. 26.01.2017, Az. 13 U 113/16).

Diese gesetzliche Vermutung kann nur durch den Beweis des Gegenteils erschüttert werden, den die Beklagte in der streitigen Auseinandersetzung nicht hat führen können. Nach umfassender Beweisaufnahme der für die Ermittlung Verantwortlichen der Ermittlungsfirma Excipio stand zudem fest, dass die vom Anschluss der Beklagten angebotenen Dateifragmente solche waren, die geeignet waren, den illegalen Download des Computerspieles insgesamt zu ermöglichen. Im Ergebnis ist daher eine Rechtsverletzung nach der zutreffenden Auffassung des OLG Celle auch dann zu bejahen, wenn nur Dateifragmente öffentlich zugänglich gemacht werden (mit Hinweis auf OLG Köln, Beschl. v. 20.04.2016, Az. 6 W 37/16 juris, Rn. 18 ff.; Heckmann/ Nordmeyer, CR 2014, 41 [43]).

 

 

OLG Celle, Urteil vom 26.01.2017, Az. 13 U 113/16

 

(…) Oberlandesgericht Celle

 

Im Namen des Volkes
Urteil

 

13 U 113/16
18 0 44/16 Landgericht Hannover

Verkündet am
26.01.2017

[Name],
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

[Name],
Beklagte und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte: [Name],

gegen

[Name],
Klägerin und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte: Anwaltsbüro .rka Rechtsanwälte Reichelt, Klute, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg,

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. [Name], die Richterin am Oberlandesgericht [Name] und den Richter am Oberlandesgericht [Name] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2017

 

für Recht erkannt:

 

Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.06.2016 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

 

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Unterlassung wegen des behaupteten Hochladens des Computerspiels „[Name]“ am 13. Dezember, 14. Dezember, 15. Dezember, 17. Dezember und 21. Dezember 2012 zum Filesharing in einem Peer-to-Peer-Netzwerk. Die Beklagte finanziert ihrem volljährigen Enkel [Name] einen Internetanschluss in dessen Wohnung und hat insoweit mit der 1&1 AG einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat der auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 859,80 EUR gerichteten Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte als Störerin auf Unterlassung hafte. In der Vergangenheit habe es bereits Abmahnungen der Klägerin wegen des illegalen Hochladens von Computerspielen durch ihren Enkel gegeben, so dass Anlass bestanden habe, die Internetnutzung ihres Enkels auf mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überwachen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Das Landgericht habe verkannt, dass sie umfangreich und substantiiert die Rechteinhaberschaft der Klägerin an dem streitgegenständlichen Computerspiel „[Name]“ bestritten habe. Die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 3 UrhG greife hier nicht ein. Im Übrigen habe sie bestritten, dass die von der Klägerin angeblich ermittelte IP-Adresse zur behaupteten Tatzeit dem Internetanschluss ihres Enkels zugehörig gewesen sei. Ebenso bestritten habe sie die Behauptung, das Computerspiel „[Name]“ sei zum Download angeboten worden. Soweit die Klägerin die Excipio GmbH zur Ermittlung der IP-Adressen beauftragt habe und diese sich dafür der Software NARS bedient haben will, habe sie dies umfänglich bestritten.’Dies gelte auch für die ordnungsgemäße Funktionsweise der Software NARS. Ferner sei streitig, dass das Computerspiel „[Name]“ in einer funktions- und ablauffähigen Fassung hochgeladen worden sei. Im Übrigen sei sie lediglich Vertragspartner der 1&1 gewesen und nicht Inhaberin des Internetanschlusses ihres Enkels. Die tatsächliche Herrschaft über den Internetanschluss habe ihr Enkel innegehabt, ohne dass sie eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit darauf gehabt habe. Mit der Finanzierung des Internetanschlusses habe sie keinen kausalen Beitrag zur Begehung einer Urheberrechtsverletzung geleistet.

Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Hannover vom 06.06.2016 (Az. 18 0 44/16) die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 05.09.2016 durch Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name] sowie durch Verwertung des in dem vom Amtsgericht Bretten in dem Rechtsstreit Az. 1 C 52/14 eingeholten schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen [Name] vom 24.08.2014. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2017 sowie auf den Inhalt des schriftlichen Sachverständigengutachtens verwiesen.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Beklagte haftet als Inhaberin des von ihrem Enkel genutzten Internetanschlusses als Störerin gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung wegen der Verletzung der ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin an dem Computerspiel „[Name]“ am 13. Dezember, 14. Dezember, 15. Dezember, 17. Dezember und 21. Dezember 2012.

1.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Ihr sind die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Computerspiel „[Name]“ durch die [Name] übertragen worden, so dass sie als Rechteinhaberin aktivlegitimiert ist (von Wolff in Wandtke / Bullinger, UrhR, 4. Aufl., § 97 Rdnr. 9).

a)

Für die Rechteinhaberschaft der Klägerin spricht die Vermutung des § 10 Abs. 3 UrhG.

Die Klägerin ist sowohl auf der DVD als auch auf dessen Umschlag durch einen Copyright-Vermerk als Inhaberin ausschließlicher Rechte ausgewiesen, so dass von Rechts wegen die Rechtsinhaberschaft zu ihren Gunsten vermutet wird (§§ 69a Abs. 4, 10 Abs. 3 UrhG). Die Vermutung des § 10 UrhG gilt auch bei Computerprogrammen (Grützmacher in Wandtke / Bullinger, a. a. 0., § 69a Rdnr. 47). Zwar können Urheber i.S.d. § 7 UrhG nur natürliche Personen sein, da juristische Personen öder Personengesellschaften keine geistigen Tätigkeiten entfalten (Thom in Wandtke / Bullinger, § 7 Rdnr. 1). Es gilt hier aber nach § 10 Abs. 3 UrhG die Vermutung für den Inhaber ausschließlicher Nutzungsrechte im Rahmen der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen. Die Vermutungswirkung tritt ein, wenn die Bezeichnung die Rechtsinhaberschaft auf den Vervielfältigungsstücken einwandfrei erkennen lässt. Dies ist bei einem Copyright-Vermerk der Fall (Ahlberg in BeckOK UrhR, 13. Edition, § 10 Rdnr. 54). Nach der von der Klägerin vorgelegten Anlage K5 befindet sich sowohl auf der DVD-ROM als auch auf der Hülle der Umverpackung der Vermerk:

„Deep Silver, a division of Koch Media GmbH, Gewerbegebiet 1, 6604 Höfen, Austria. Dolby and the double-D symbol are trademarks of Dolby Laboratories. © Copyright 2011 and Published by Deep Silver, a division of Koch Media GmbH, Gewerbegebiet 1, 6604 Höfen, Austria. Developed 2011 Techland Sp. z o.o., Poland. © Copyright 2011 Chrome Engine, Techland Sp. z o.o.“

Dies reicht aus, die Klägerin als Inhaberin ausschließlicher vertraglicher Nutzungsrechte anzusehen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.10.1991 – Az. 6 U 58/91, juris Rdnr. 35, 36). Unbeachtlich ist dabei, dass neben der Klägerin auch die [Name] aufgeführt ist. Werden auf den Vervielfältigungsstücken sowohl der originär Berechtigte als auch der Rechtsinhaber genannt, so hat das auf die Vermutungswirkung des § 10 Abs. 3 UrhG keinen Einfluss (Ahlberg in BeckOK UrhR, a. a 0., § 10 Rdnr. 55).

Die Vermutung beschränkt sich nicht nur darauf, dass der auf den Vervielfältigungsstücken Bezeichnete Inhaber von ausschließlichen Rechten ist. Vielmehr erstreckt sich diese auch darauf, dass er frei von räumlichen, zeitlichen oder inhaltlichen Beschränkungen Inhaber sämtlicher Nutzungsrechte ist (Ahlberg in BeckOK UhrR, a. a. 0., § 10 Rdnr. 56) Einen weitergehenden Nachweis ihrer Rechtsinhaberschaft muss die Klägerin nicht führen, so dass es auf den Inhalt des von der Klägerin vorgelegten exklusiven Publishing-Vertrags vom 10.11.2008 (Anlage K7) sowie der Änderungsvereinbarung „IV-[Name] nicht ankommt. Die sich aus § 10 UrhG ergebende Vermutung kann nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegt werden. Wer die zu vermutende Rechtsinhaberschaft bestreitet, trägt daher die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Rechtsinhaberschaft (BGH, Urteil vom 26.02.2009 – I ZR 142/06 – Kranhäuser, juris Rdnr. 42). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht entkräftet. Die Beklagte hat insbesondere nicht dargelegt, dass es sich bei der Bezeichnung „[Name]“ um eine eigenständige juristische Persönlichkeit handelt. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass [Name] ein Tochterunternehmen der Klägerin sei (51. 48 d. A.), ist der Hinweis auf den Eintrag bei Wikipedia nicht ausreichend, um substantiierten Vortrag zu ersetzen. Ein Handelsregisterauszug, aus dem sich Gegenteiliges ergeben würde, ist nicht vorgelegt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass [Name] keine eigene Rechtspersönlichkeit ist, sondern vielmehr eine eingetragene Gemeinschaftsmarke unter der die Klägerin ihre Vertriebsaktivitäten wahrnimmt (Bl. 142 d.A.). Der Ausdruck „Devision“, der bei dem Copyright-Vermerk verwandt wird, spricht auch dafür, dass es sich um eine unselbstständige Abteilung der Klägerin handelt.

Ferner ist unerheblich, wenn für das Computerspiel „[Name]“ in den USA und Taiwan mit der [Name] ein anderer Rechtsinhaber existiert (Bl. 107 d.A.).

Vorliegend geht es um eine Urheberrechtsverletzung in Deutschland.

b)

Des Weiteren hat die Klägerin – ohne dass es im Ergebnis darauf ankommt – ihre Rechteinhaberschaft zu durch den vorgelegten „Exklusiven Publishing-Vertrag“ vom 10.11.2008 zwischen der [Name] und ihr nachweisen können, der die Übertragung ausschließlicher Nutzungsrechte auf die Klägerin zum Gegenstand, hat. Für die [Name] als Urheber des Computerspiels i.S.d. § 69b Abs. 1 UrhG spricht gleichfalls der vorgenannte Copyright-Vermerk, so dass zu deren Gunsten die Vermutung nach § 10 Abs. 1 UrhG i. V. m. § 69a Abs. 4 UrhG eingreift. Das pauschale Bestreiten, der Beklagten ist insoweit nicht ausreichend, um die Vermutungswirkung zu entkräften.

2.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Vernehmung der Zeugen [Name] und [Name] sowie des gem. § 411a Abs. 2 ZPO verwerteten Gutachtens des Sachverständigen [Name] vom 24.08.2014 kann der Senat mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Enkel der Beklagten [Name] Datenteile des Computerspiels „[Name]“ durch den Upload in ein Peer-to-Peer-Netzwerk i.S.d. § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht hat.

a)

Die Zeugen [Name] und [Name] haben übereinstimmend bestätigt, dass sie im Frühjahr 2012 von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter anderem damit beauftragt worden seien, in Filesharing-Netzwerken nach dem Computerspiel „[Name]“ zu suchen. Dabei sei die von dem Zeugen [Name] mitentwickelte Software NARS eingesetzt worden. Die Zeugen haben insoweit bekundet, dass die Software NARS seit 2010 laufe, ohne dass Fehler aufgetreten seien. Die Software benutze zwei parallel laufende Systeme, die sich gegenseitig überprüfen, so dass Fehler bei der Ermittlung der IP-Adressen nahezu ausgeschlossen seien. Mit der Software sei es möglich, von einzelnen IP-Adressen hochgeladene Dateiteile eines Computerspiels mit dem Originalwerk zu vergleichen und auf Übereinstimmung zu prüfen. Um die in einem Filesharing- Netzwerk hochgeladenen Dateiteile zu überprüfen, werde zunächst das vollständige Computerspiel aus dem Netzwerk heruntergeladen, um es mit dem bereitgestellten Originalwerk zu vergleichen. Nach erfolgreicher Verifikation werde die mit einem spezifischen Hashwert versehene Datei im Ermittlungssystem freigegeben. Von jedem ermittelten Anschluss werde ein Teilstück der angebotenen Datei heruntergeladen und mittels eines von der Ermittlungssoftware automatisch durchgeführten Fingerprinting-Verfahrens eine Authentifizierung desselben durchgeführt. Hash-Kollisionen seien dadurch ausgeschlossen.

Der Sachverständige [Name] hat sich in seinem schriftlichen Gutachten in dem Verfahren vor dem Amtsgericht Bretten (Az. 1 C 52/14) vom 24.08.2014 (Anlage K 22) mit der Funktionsweise der eingesetzten NARS-Software bei der Ermittlung der IP-Adressen auseinandergesetzt und festgestellt, dass es sich bei dem eingesetzten Identifikationsverfahren mittels von Hashwerten um ein anerkanntes Verfahren handele, die eine eindeutige Identifikation des Anschlussinhabers auf der Basis der IP-Adresse zulasse.

Der Senat ist davon überzeugt, dass die von der Klägerin beauftragte [Name] UG, die nunmehr unter [Name] firmiert, zutreffend und fehlerfrei die IP-Adresse des Enkels der Beklagten im Hinblick auf den Upload von Dateiteilen des Computerspiels „[Name]“ ermittelt hat. Die Zeugen haben die Arbeitsweise des von ihnen eingesetzten Programms zur Ermittlung der IP-Adressen umfangreich und nachvollziehbar beschrieben. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Programms bei der Ermittlung der IP-Adressen haben die Zeugen ausgeschlossen. Die Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses wird durch das Gutachten des Sachverständigen [Name] vom 24.08.2014 bestätigt. Zudem hatte die Klägerin durch Vorlage des Privatgutachtens des Prof. Dr. [Name] vom ein 31.01.2014 (Anlage K 21) substantiiert zur Funktionsfähigkeit und Zuverlässigkeit der in NARS-Software vorgetragen. Durchgreifende Einwendungen gegen dieses Beweisergebnis hat die Beklagte nicht vorgebracht.

Der Sachverständige [Name] war auch nicht auf den Antrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.09.2016 zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.01.2017 zu laden, Der Senat hat mit Beschluss vom 05.092016 die Ladung des Sachverständigen von der Zahlung eines Auslagenvorschusses in Höhe von 1.000,00 EUR abhängig gemacht. Gem. §§ 402, 379 Satz 2 ZPO unterbleibt die Ladung des Sachverständigen, wenn die Vorschusszahlung nicht innerhalb der gesetzten Frist erfolgt, so dass das Verfahren dann ohne die entsprechende Beweiserhebung fortgesetzt wird.

Für die Zuverlässigkeit der eingesetzten Software und die zutreffende Ermittlung der IP-Adresse des Enkels der Beklagten spricht ferner der Umstand, dass an den einzelnen Tagen, an denen Datenteile der [Name] hochgeladen wurden, die jeweils unterschiedlichen IP-Adressen dem Internetanschluss der Beklagten zugerechnet werden konnten. Die Klägerin hat das Schreiben der 1&1 Internet AG vom 17.07.2013 vorgelegt (Anlage K 6), mit dem die 1&1 AG die ermittelten IP-Adressen den Internetanschluss der Beklagten zugeordnet hat. Fehlt es – wie hier – an konkreten Anhaltspunkten für eine Fehlzuordnung, ist es nicht erforderlich, dass der Kläger nachweist, dass die durch den Internet-Provider vorgenommenen Zuordnungen stets absolut fehlerfrei sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.0., Leitsatz Nr. 3, juris).

b)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann der Senat gleichfalls feststellen, dass sich die von dem Internetanschluss der Beklagten an den einzelnen Tagen öffentlich zugänglich gemachten Dateifragmente nicht nur als „Datenmüll“ darstellten, sondern bereits geschützte Werkqualität umfasst haben. Denn die Klägerin hat bewiesen, dass in dem Peer-to-Peer-Netzwerk der Download des Computerspiels „[Name]“ möglich war, so dass sich daraus ableitet, dass von dem Enkel der Beklagten zum Hochladen bereitgestellte Dateifragmente geeignet waren, den illegalen Download des Gesamtwerks zu ermöglichen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind verschiedene Teile eines Werkes nach der Urheberrechtsrichtlinie unter der Voraussetzung geschützt, wenn sie Elemente enthalten, die die eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers zum Ausdruck bringen, so dass auch sequenzielle Fragmente eines Werkes geschützt sind (EuGH, Urteil vom 04.10.2011- C-403/08, Tz. 156, 157). Dem entspricht § 69a UrhG, nachdem schon einzelne Programmteile eines Computerprogramms, sofern sie individuell und nicht von untergeordneter Bedeutung sind, schutzfähig sind, Ohne dass es dabei darauf ankäme, dass die Datenteile autonom funktions- und ablauffähig sind (Grützmacher in Wandtke / Bullinger, a. a. 0., § 69a Rn. 12).

Im Ergebnis ist eine Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 97 Abs. 1 UrhG bereits dann zu bejahen, wenn – in dem vorgenannten Umfang – Dateifragmente öffentlich zugänglich gemacht werden (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 20.04.2016 – Az. 6 W 37/16, juris Rn: 18 ff.; Heckmann / Nordmeyer, CR 2014, 41 [43]; Woitkewitsch, MDR 2016,1117 [1119]; a. A. LG Frankenthal, Urteil vom 22.07.2016 – Az. 6 S 22/15, juris Rn. 27). Im Übrigen dürfte auch zugunsten der Rechteinhaber auf eine mittäterschaftlich begangene Rechtsverletzung durch die an dem jeweiligen Zugänglichmachen eines Computerspiels beteiligten Tauschbörsennutzer abgestellt werden können (vgl. Heckmann / Nordmeyer, a.a.0., 41 [43]), ohne dass der Senat dies hier abschließend entscheiden müsste.

Damit setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Sampling durch die Kunstfreiheit (Urteil vom 03.05.2016 – 1 BvR 1585/13, juris Rn. 84 ff.). Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit der vorgenannten Entscheidung nicht verneint, dass „Fragmente“ eines Musikstücks dem Schutz des Urheberrechtsgesetzes genießen, sondern vielmehr eine Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht des Urhebers und der Kunstfreiheit im Rahmen des Sampling vorgenommen.

3.

Die Beklagte haftet als Störerin für von ihrem Enkel begangene Urheberrechtsverletzungen.

a)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der Inanspruchgenommene die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die weder als Täter noch als Teilnehmer für die begangene Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden können, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGH, Urteil vom 8. Januar 2014 – I ZR 169/12 – BearShare, juris Rdnr. 22).

Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den Rechtsverletzungen begangen werden, haftet daher als Störer, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch den Nutzer des Internetanschlusses bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015 -1 ZR 7/14 – Tauschbörse II, juris Rdnr. 32; Reber in BeckOK UrhR, a.a.0., § 97 Rdnr. 72).

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese Inhaberin des Internetanschlusses. Die Beklagte ist Vertragspartnerin bei der 1&1 AG. Die 1&1 AG schuldet aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Vertrags die Bereitstellung eines Internetzugangs. Dafür erbringt die Beklagte die vereinbarte Vergütung. Es kommt bei der Bestimmung des Inhabers des Internetanschlusses nicht darauf an, wer den Internetanschluss tatsächlich nutzt. Denn der tatsächliche Nutzer, der mit dem Vertragspartner nicht identisch ist, hat kein Recht auf Bereitstellung des Internetanschlusses.

Zwar ist es richtig, dass die Beklagte grundsätzlich nicht verpflichtet ist, ihren Enkel, von dessen Volljährigkeit der Senat ausgeht, über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren und ihm eine Teilnahme daran zu verbieten. Die Beklagte hatte hier allerdings durch die vorausgehenden Abmahnungen der Klägerin in Bezug auf die Computerspiele „[Name]“ und „[Name]“ Kenntnis davon, dass ihr Enkel an Internettauschbörsen teilnimmt und urheberrechtlich geschützte Werke dort einstellt. Die Beklagte hat sich mit Anwaltsschreiben vom 14.04.2011 (Anlage K14) und vom 02.072012, (Anlage K16) insoweit gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet. Vor diesem Hintergrund hätte sie tätig werden müssen, um weitere Rechtsverletzungen zum Nachteil der Klägerin durch ihren Enkel zu verhindern. Ihr hätte es daher oblegen, ihrem Enkel keinen Internetanschluss mehr zur Verfügung zu stellen.

b)

Die Störerhaftung ist gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz auch nicht subsidiär (BGH, Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 3/14, juris Rdnr. 69).

4.

Die Beklagte ist nicht nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die von ihr geforderte Unterlassung zu verweigern.

Unterlassungsansprüche nach § 97 Abs. 1 UrhG verjähren nach § 102 Satz 1 UrhG i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB binnen drei Jahren, nach Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Kenntnis von der Person der Beklagten als Störerin hat die Klägerin erst durch die Schreiben der 1&1 AG vom 17.07.2013 (Anlage K6) erhalten, so dass die Verjährungsfrist am 01.01.2014 zu laufen begann und mit der Klageerhebung am 08.02.2016 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt wurde. Dass eine frühere Kenntnis der Klägerin im Jahr 2012 nicht möglich war, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Rechtsverletzungen erst im Dezember 2012 – begangen wurden und die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 19.12.2012 in der Folge umgesetzt werden mussten.

5.

Die Abmahnkosten sind nach §§ 97 Abs. 1, 97a UrhG zu erstatten.

6.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 17.01.2017 und vom 23.01.2017 boten keinen Anlass gemäß § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gründe, die Revision gern. § 543 ZPO zuzulassen, lagen nicht vor.

Dr. [Name]

[Name]

[Name] (…)

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OLG Celle, Urteil vom 26.01.2017, Az. 13 U 113/16

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